Aus Holz wird Strom

Umweltverantwortung zeigt sich auf unterschiedliche Weise. Bei der Zellstoff- und Papierfabrik Rosenthal GmbH wird beispielsweise überschüssige Energie in das öffentliche Stromnetz eingespeist.

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Umweltverantwortung zeigt sich auf unterschiedliche Weise. Bei der Zellstoff- und Papierfabrik Rosenthal GmbH wird beispielsweise überschüssige Energie in das öffentliche Stromnetz eingespeist.

Zu Beginn desComputerzeitalters schien das papierlose Büro in greifbare Nähe gerückt zu sein. Es kam jedoch anders. In den vergangenen drei Jahrzehnten hat sich nach Angaben der UN-Organisation für Ernährung und Landwirtschaft (FAO) der Papierverbrauch weltweit nahezu verdreifacht.

Holz ist der Rohstoff für Papier, entweder in Form von Hackschnitzeln oder von Baumstämmen. Es wird zunächst zu Zellstoff verarbeitet, aus dem in Papierfabriken Papier- und Kartonprodukte hergestellt werden. Die Zellstoff- und Papierfabrik Rosenthal GmbH oder kurz ZPR gehört zu den modernsten und umweltfreundlichsten Zellstoffproduzenten der Welt. Das Werk liegt außerhalb des kleinen thüringischen Orts Blankenstein direkt an der Saale, unweit der Grenze zur Tschechischen Republik.

Ursprünglich 1883 als Privatunternehmen gegründet, wurde es 1948 in der DDR verstaatlicht. Das DDR-Regime war für sein mangelndes Umweltbewusstsein in seinen vielen staatlichen Betrieben bekannt, und die Zellstofffabrik Rosenthal machte da keine Ausnahme. Nach der Vereinigung Deutschlands wurde das Unternehmen 1994 an die Mercer International Group mit Sitz im kanadischen Vancouver verkauft. Seitdem genießt der Schutz der Umwelt bei ZPR höchste Priorität.

Ein deutliches Zeichen dafür ist die Tatsache, dass ZPR praktisch keinen Strom aus dem öffentlichen Netz bezieht. Das eigene Kraftwerk deckt zum größten Teil den Energiebedarf des Unternehmens. Außerdem wird ungefähr ein Drittel des dort erzeugten Stroms in das öffentliche Stromnetz eingespeist. Wie ist das möglich?

„Bei den Holzaufschluss- und Bleichverfahren fallen Flüssigkeiten an, die wertvolle Chemikalien und Extraktionsmittel enthalten“, erklärt Günter Brunner, der bei ZPR als Werksingenieur tätig ist. „Diese Flüssigkeiten werden in einem Rückgewinnungskessel verbrannt, und mit der dabei entstehenden Wärme produzieren wir Dampf. Die Verbrennungsrückstände werden weiterverarbeitet und zum ‚Kochen‘ des Holzes erneut verwendet. Der Dampf treibt eine Turbine an, die 42 bis 46 Megawatt Leistung hat, genug, um damit 135.000 Haushalte zu versorgen.

Wir brauchen rund zwei Drittel des erzeugten Stroms in unserem Werk. Der Rest wird in das öffentliche Netz eingespeist. Die andere deutsche Mercer-Fabrik in Stendal circa 250 Kilometer weiter nördlich arbeitet in etwa auf die ähnliche Weise.

98 Prozent der gesamten im Werk erzeugten Wärmeenergie stammen von erneuerbaren Biobrennstoffen – von Prozessflüssigkeiten sowie von Holz- oder Rindenabfällen“, sagt Brunner. „Die restlichen zwei Prozent, die aus fossilen Brennstoffen wie Erdgas und Heizöl produziert werden, brauchen wir nur zum Anfahren und Abschalten sowie als Reserve bei Spitzenbelastungen.“

Rosenthal und Stendal liefern mit ihrem Energiebeitrag 16 Prozent des gesamten aus fester Biomasse erzeugten Stroms im deutschen Stromnetz und ersparen somit der Umwelt 1,2 Millionen Tonnen Kohlendioxid, die ansonsten in die Atmosphäre gelangt wären.

 

Eine zentrale Rollespielen dabei erneuerbare Ressourcen. „Vier Fünftel unserer Hackschnitzel und Baumstämme erhalten wir von PEFC-zertifizierten Lieferanten“, betont Brunner. PEFC steht für Programme for the Endorsement of Forest Certification und ist ein internationales Forstzertifizierungssystem zur Sicherstellung einer nachhaltigen Waldbewirtschaftung. Es wurde 1999 ins Leben gerufen und ist das Produkt einer unabhängigen, nicht-staatlichen, gemeinnützigen Organisation mit Sitz in Luxemburg. Sie fungiert als Dachorganisation für die Bewertung und gegenseitige Anerkennung von nationalen Waldzertifizierungsprogrammen, die in den einzelnen Ländern unter Beteiligung einer Vielzahl von Interessenten erarbeitet wurden. Mit insgesamt 25 solcher nationalen Zertifizierungsprogramme, die über eine Million Quadratmeter Waldfläche abdecken, ist PEFC zurzeit das umfassendste Zertifizierungssystem der Welt.

„Die Wälder, aus denen wir unsere Rohstoffe beziehen, werden nach einem klar definierten Verfahren bewirtschaftet und abgeholzt“, so Brunner. „Dadurch wird biologische Vielfalt gewährleistet. Der Wald erhält die Möglichkeit, sich zu verjüngen und nachzuwachsen, und kann so wichtige ökologische, wirtschaftliche und soziale Funktionen erfüllen – nicht nur heute, sondern auch in Zukunft.“

Die Umweltverantwortung von ZPR zeigt sich auch in anderen Bereichen. „Ohne entsprechende Vorkehrungen würde eine Zellstofffabrik eine Menge gefährlicher Schadstoffe in die örtlichen Gewässer einleiten“, meint Brunner. „Unser Werk steht direkt an der Saale, die in Deutschlands größten künstlichen Stausee, die Bleichlochtalsperre, fließt. Es ist ein beliebtes Freizeit- und Wassersportgebiet, weswegen wir mit unserem Schadstoffeintrag sehr vorsichtig sein müssen. In unserem Kreislaufsystem werden 99 Prozent der bei der Zellstoffherstellung verwendeten Chemikalien rückgewonnen und dem Produktionsprozess wieder zugeführt. Darüber hinaus haben wir eine effiziente Abwasserreinigungsanlage, deren Kapazität für die Abwässer einer Kleinstadt ausreichen würde. Dank dieser Anlage konnten wir den chemischen Sauerstoffbedarf unserer Abwässer, also jene Menge Sauerstoff, die zur Oxidation der gesamten darin enthaltenen organischen Stoffe verbraucht wird, von über 90 Kilogramm pro Tonne Produktion im Jahre 1991 auf weniger als acht Kilogramm reduzieren. Das erreichte Niveau liegt deutlich unter den in Deutschland zulässigen Grenzwerten, die ohnehin schon zu den strengsten in der Welt gehören.“

Die chemischen Prozesse in einer Zellstofffabrik verursachen übel riechende Gase, hauptsächlich Schwefeldioxid. „Abgesehen von dem beißenden Geruch ist Schwefeldioxid ein gefährlicher Luftschadstoff und Hauptbestandteil von saurem Regen“, fährt Brunner fort. „Zu DDR-Zeiten lag der Schwefeldioxidausstoß von ZPR bei über 3.000 Tonnen pro Tag. Heute beträgt er dank unserer hochmodernen Filtervorrichtungen, die die Schadstoffe auffangen und vernichten, nur noch ein Tausendstel davon und ist kaum noch messbar.“

 

Brunner begann1968 bei ZPR. „Ich habe so manche Veränderung miterlebt“, sagt er. „So waren zum Beispiel am Ende der DDR-Ära bei uns 1.600 Leute beschäftigt. Heute haben wir weniger als ein Viertel davon und produzieren vier Mal mehr Zellstoff.“

ZPR feiert 2008 sein 125-jähriges Bestehen und Brunner seine 40-jährige Betriebszugehörigkeit. „Mein Vater arbeitete hier 47 Jahre und mein Großvater 46 Jahre. Meine Tochter ist jetzt die vierte Generation, die für die Zellstofffabrik tätig ist. Sie ist Leiterin des Rechnungswesens und schon seit acht Jahren hier beschäftigt. Insgesamt bringt es meine Familie auf 141 Dienstjahre in diesem Werk. Das dürfte ein Rekord sein.“

 


Nachhaltige Partner

Nachhaltigkeit steht im Mittelpunkt der vielschichtigen Partnerschaft zwischen ZPR und SKF. SKF ist alleiniger Lieferant von Austauschlagern bei ZPR. Die drei Mercer-Zellstoffwerke, ZPR, das Schwesterunternehmen in Stendal und die Fabrik im kanadischen Celgar, arbeiten standardmäßig mit der SKF Lagernomenklatur. Darüber hinaus stellt SKF Linearsysteme und Produkte für die Kraftübertragung sowie verschiedene Wartungs- und Analysedienstleistungen für ZPR bereit. ZPR verwendet ausschließlich SKF Zustandsüberwachungssysteme zur Analyse des Schwingungsspektrums an über 4.000 Messpunkten in der Fabrik. SKF hat eine Kundenbedarfsanalyse (CNA) für das Anlagenmanagement des Unternehmens durchgeführt. Eine ähnliche Analyse (CNA-ES) für den Energiebedarf und für längerfristige Bedürfnisse ist geplant.

Bisher wurden rund 30 Ingenieure und Wartungstechniker von ZPR auf SKF Seminaren geschult. „Technische Fachkräfte sind knapp“, sagt Adolf Korn, Kundenbetreuer bei der SKF Service Division in Schweinfurt. „Der beste Weg, um an qualifiziertes Personal zu kommen, ist die Fortbildung der eigenen Mitarbeiter. Unsere Seminare sind da eine effiziente und kostengünstige Lösung.“ SKF hat ein breites Angebot an qualifizierten Schulungen, die technisches und wartungsspezifisches Know-how vermitteln. Die SKF Schulungszentren bieten praktischen und theoretischen Unterricht in Seminarräumen und Werkstätten an hochmodernen Maschinen, Rechnern und anderen technischen Hilfsmitteln.

 

 

 

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