Herr der Winde

Prokon ist einerder größten Windparkbetreiber Deutschlands mit einer Vielzahl erfolgreicher Projekte in allen Teilen des Landes. Laut Prokons Unternehmenspräsentation begann alles mit Käthe und Paul.

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Beim deutschen Windparkbetreiber Prokon bleibt alles im eigenen Unternehmen – von der Planung einer Windkraftanlage bis zu ihrer Demontage. Das ist das Geheimnis des Erfolgs. Besonders wichtig ist
dabei die Wartung

Prokon ist einerder größten Windparkbetreiber Deutschlands mit einer Vielzahl erfolgreicher Projekte in allen Teilen des Landes. Laut Prokons Unternehmenspräsentation begann alles mit Käthe und Paul.

Käthe und Paul hießen die ersten Windkraftanlagen, die der Gründer Carsten Rodbertus 1993 auf der Dithmarscher Geest im Westen Schleswig-Holsteins errichtete. Die beiden kleinen 110-kW-Windturbinen waren eine Reaktion auf den Reaktorunfall in Tschernobil 1986. Käthe und Paul drehen sich immer noch, sind jedoch inzwischen das Privatvergnügen von Rodbertus, der als Geschäftsführer das auf 150 Beschäftigte angewachsene Unternehmen leitet. Prokon betreibt heute 162 Windkraftanlagen verteilt auf 20 Windparks in verschiedenen Regionen Deutschlands.

An Windkraftprojekten mangelt es dem Unternehmen nicht. Es wird jedoch immer schwieriger, geeignete Standorte zu finden. Deshalb hat man als weiteres Standbein biogene Kraftstoffe gewählt. Prokon ist Teilhaber an einem Unternehmen, das eine Pflanzenölmühle betreibt, sowie an einem Betrieb, der Fahrzeuge auf Biokraftstoff umstellt. Außerdem ist Prokon an einem Joint Venture beteiligt, das die für die Rapsölproduktion erforderlichen Pflanzen in Ländern mit großen landwirtschaftlichen Nutzungsflächen anbaut.

Prokons Hauptverwaltung ist in einem ovalen holzverkleideten Gebäude in der schleswig-holsteinischen Kleinstadt Itzehoe untergebracht. Nebenan wird ein weiteres holzverkleidetes Gebäude errichtet, teilweise um der enormen Nachfrage nach biogenen Kraftstoffen Rechnung zu tragen. Prokon fördert auch ein Biokraftstoffprojekt in Mpanda, Tansania, und beteiligt sich dort an einer Kampagne zur Finanzierung einer weiterführenden Schule.

Bei den biogenen Kraftstoffen ebenso wie bei der Windkraft koordiniert Prokon sämtliche Schritte der Tätigkeit. Das heißt, im Falle der Windkraft werden Projektplanung, Finanzierung, Bau, Betrieb und Wartung der Windparks sowie schließlich die Demontage ausrangierter Anlagen und der Verkauf der recycelbaren Rohstoffe im eigenen Haus durchgeführt. Viele Unternehmen planen und betreiben Windparks, aber nur wenige sind in der Lage, nahezu alle mit der Stromerzeugung aus Windkraft verbundenen Aufgaben selbst zu übernehmen. Besonders wichtig ist für Prokon die Wartung.

Laut Michael Wika, der bei Prokon in der Qualitätssicherung tätig ist, ergreift seine Abteilung noch während der Garantiezeit der Ausrüstung erste Maßnahmen.

„Wir erhalten zu Beginn vom Hersteller eine Wartungsschulung und nehmen parallel zu seinen Kontrollen eigene Tests vor“, erzählt er. „Das macht uns unabhängig, und wir lernen auf diese Weise die Ausrüstung gründlich kennen, bevor wir nach Ablauf der Garantie die Verantwortung übernehmen.“

 

Das Engagementgeht allerdings noch weiter. Wikas Kollege, Lars Jenzevski, erzählt uns, Prokon erstelle als Ergänzung zu den Wartungshandbüchern der Hersteller eine eigene Dokumentation, die auf den persönlichen Erfahrungen basiert. „Viele unserer Lösungen kosten nur ein paar Euro“, meint er, „und dienen meist dazu, zukünftige Probleme zu verhindern.“ Jenzevski ist völlig begeistert von all den kleinen Tricks, die er und sein Kollege herausgefunden haben. Oft handelt es sich um extrem einfache Lösungen“

Andere Lösungen sind komplizierter. An den Pitch-Zylindern, die den Anstellwinkel der Rotorblätter steuern, traten zum Beispiel häu Ölleckagen auf. Außerdem kam es vor, dass die Zylinder von Partikeln, die sich in der Rotornabe gelöst hatten, beschädigt wurden. Prokon entwickelte in Zusammenarbeit mit einem Lieferanten einen verbesserten Pitch-Zylinder mit besseren Dichtungen und einem Schutz gegen das Eindringen von Fremdkörpern.

Wartung hat bei Prokon einen sehr hohen Stellenwert, und das hat zwei wesentliche Gründe: Zum einen spart man dadurch Geld und zum anderen – und das ist noch wichtiger – hält man die Windkraftanlagen in Gang. Wenn eine Windkraftanlage nämlich keinen Strom produziert, ist sie nichts weiter als eine kostspielige Art, die Landschaft zu verunstalten. Prokon will die Verfügbarkeit seiner Anlagen optimieren. Deshalb wird die gesamte Wartungsarbeit mit werkseigenen Ressourcen durchgeführt. „Wir können die Wartung flexibel gestalten und weniger dringende Aufgaben an windstilleren Tagen durchführen“, so Jenzevski. „Wenn wir mehr daran verdienen, dass eine Windkraftanlage läuft, warum also nicht Reparaturen an einem anderen Tag durchführen?“ Und Wika fügt hinzu: „Unsere Reaktionszeiten sind sehr kurz. Wenn irgendetwas Akutes eintritt, können wir rasch Wartungspersonal, das irgendwo einen Turm streicht, abziehen und zu der betroffenen Anlage schicken.“

 

Prokon hatServiceteams in allen drei Gebieten, in denen sich große Windparks befinden. Die Tatsache, dass die Wartungstechniker oft persönlich in die Windparks investiert haben, erhöht die Motivation, die Ausfallzeiten auf ein Minimum zu begrenzen. Im Rahmen der Qualitätssicherung schickt Prokon darüber hinaus alle drei Monate Personal von der Hauptverwaltung zu jedem Winkpark, damit sichergestellt ist, dass die Situation auch von einem externen Experten beurteilt wird.

Wie die meisten Windparks in Deutschland werden auch Prokons Anlagen von privaten Anlegern finanziert, die von einer Verdoppelung des investierten Kapitals als Sicherheit für Bankdarlehen ausgehen. Prokons Aufgabe ist es, Interessenten zu finden und Darlehen zu organisieren. Die Gewinne hängen von den Erträgen aus der Stromerzeugung ab. Eine schlechte Windsaison wie der Winter 2005/2006 kann die Einnahmen drastisch senken. Manchmal reicht es nicht einmal für die Ratenzahlungen an die Bank, geschweige denn für eine Gewinnausschüttung an die Investoren. Als einziger deutscher Windparkbetreiber garantiert Prokon seinen Aktionären Auszahlungen. Laut Jennifer Rehse-Behling von Prokons PR-Abteilung ist das möglich, weil das Unternehmen heute groß genug ist, um das Risiko auf alle Windparks und über die gesamte Lebensdauer von circa 20 Jahren zu verteilen. Ein weiterer Grund dafür ist das Wartungskonzept. „Wir garantieren eine hohe Betriebssicherheit, weil wir die Wartung selbst übernehmen“, erklärt sie. Und wenn alles schief geht, steht Rodbertus mit seinem Privatvermögen als
Garant.

 

Deutschland istbei Windkraft führend in Europa, was zum Teil auf die gesetzlichen und finanziellen Voraussetzungen zurückzuführen ist, die es der Industrie ermöglicht haben, sich in einer Art künstlichen Schutzzone zu entwickeln. Jetzt, da die Preise für fossile Brennstoffe steigen, wird Windkraft relativ billiger und damit für Investoren noch attraktiver, vor allem da es sich um eine Technologie handelt, die nicht zum Treibhauseffekt beiträgt. Deutschlands Vorreiterrolle bei der Windkraft hängt jedoch auch vom Engagement einzelner Enthusiasten ab, die aus ihrer Ideologie einen Geschäftserfolg gemacht und ihre Mitstreiter mit ihrer Begeisterung angesteckt haben.


Frühe Warnung

„Das ist das Gute daran, wenn man die Wartung selbst übernimmt“, sagt Michael Wika, der bei Prokon in der Qualitätssicherung tätig ist. „Man kann sich aussuchen, welche Ersatzteile man kaufen will.“

SKF beliefert Prokon nicht nur mit ver­-schiedenen Lagern, sondern arbeitet auch zusammen mit dem Kunden daran, die Windparks mit SKF WindCon auszurüsten, einem Zustandsüberwachungssystem für Windkraftanlagen. SKF WindCon überwacht verschiedene Parameter in Bezug auf die beweglichen Teile einer Windturbine. Die Messergebnisse können über das Internet mit Hilfe von WebCon, einem Datenspeicher- und Webhosting-System von SKF, abgerufen werden. WindCon liefert auch Warnsignale, wenn ein Problem auftritt, das näher untersucht werden sollte. „Wir haben bereits ferngesteuerte Überwachung, aber das neue System ist erheblich konkreter“, meint Wika. „Es ist sehr empfindlich, und wir können zu einem früheren Zeitpunkt feststellen, ob eine Sache in Zukunft einer Wartungsmaß­nahme bedarf. Es kann uns sogar mitteilen, dass bis zur nächsten Wartung nichts unternommen werden muss.“ Die Möglichkeiten von SKF Wind Con passen ausgezeichnet in Prokons Wartungskonzept. Wikas Kollege, Lars Jenzevski, fügt hinzu: „Die Zustandüberwachung zeigt uns die Probleme früher an, so dass wir bis zum nächsten windstillen Tag die richtigen Ersatzteile zur Verfügung haben, um die Reparatur durchzuführen.“

 

 

 

 

 

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