Hubschrauberanwendung setzt keramisch beschichtete Gelenklager auf den Prüfstand

Ein Gelenklager mit keramisch beschichtetem Innenring für Hubschrauber-Hauptrotoren wurde umfangreichen Tests zur Prüfung einer verbesserten Gebrauchsdauer und sich daraus ergebenden reduzierten Instandhaltungskosten unterzogen

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Ein Gelenklager mit keramisch beschichtetem Innenring für Hubschrauber-Hauptrotoren wurde umfangreichen Tests zur Prüfung einer verbesserten Gebrauchsdauer und sich daraus ergebenden reduzierten Instandhaltungskosten unterzogen

Das von Ampep,einem Unter­nehmen der SKF Aerospace, entwickelte XLNT Gelenklager mit keramisch beschichtetem Innenring wurde besonders dafür konzipiert, Hubschrauber­herstellern und ihren Kunden eine Komponente mit mehr Betriebssicherheit anzubieten. Denn das bedeutet weniger Wartung, weniger Ausfallzeiten und geringere Kosten über die Lebensdauer. Die britische Ampep mit Sitz in Clevedon bei Bristol stellt seit über 40 Jahren selbstschmierende Gleitlager her.

Die Gelenklager bestehen aus hochwertigen korrosionsbeständigen Stählen und sind selbstschmierend sowie wartungsfrei. Sie sind kompakt, haben ein sehr günstiges Verhältnis von Tragfähig­keit zu Gewicht und kommen sowohl in Primär- als auch in Sekundärflugsteuerungen zum Einsatz. In der Regel handelt es sich dabei um Kugelkopfkon­struktionen. Der Innenring ist durchgehärtet, und die kugelige Fläche hat eine Keramikbeschich­tung, die im Thermosprayver­fahren aufgebracht wird. Der Außenring besteht aus einem Gewebe aus PTFE/Glasfaser, das mit der inneren sphärischen Fläche laminiert ist. Der Außen­-ring wird während der Fertigung kalt um die Form des sphärischen Innenrings herum geformt, so dass sich eine optimale Gleitschicht ergibt.

Der Verschleiß der PTFE-Beschichtung ist eine Funktion von Belastung und Gleitweg an der Schnittstelle, wobei jede Drehbewegung unter Belastung zu – wenn auch sehr geringem – Verschleiß der Beschichtung führt. Der Verschleißprozess vollzieht sich in drei Phasen.

 

1.Als erstes erfolgt die sog. Einlaufphase. Hier wird ein PTFE-Film (das Schmiermittel) gebildet.

 

2.Je mehr sich der PTFE-Film verfestigt, umso geringer ist die Verschleißrate.

 

3.Sobald die Beschichtung deut­lich erkennbar verschlissen ist, setzt die Endphase mit schnellem Verfall ein. Bei Flug­zeugen darf es niemals so weit kommen, weil die Flug­sicherheit von aller­größter Bedeutung ist.

 

Das Ampep XLNTSystem ist die neueste Entwicklung bei sphärischen Gleitlagern für die Luft- und Raumfahrt mit dem Ziel einer längeren Gebrauchs­dauer. Im Ampep-Werk in Clevedon wurde das Produkt bereits umfangreichen Tests unterzogen, die von allen großen europäischen Hubschrauber­herstellern anerkannt wurden.

SKF ist der Ansicht, dass das Ampep XLNT System das Problem der relativ kurzen Lebensdauer der derzeit am Markt angebotenen Produkte lösen kann.

Eine der Anwendungen für diese Lager ist die ständige Verstellung des Anstellwinkels der Hauptrotorblätter. Diese Veränderung des Anstellwinkels ist zusammen mit den sich drehenden Rotoren für die Flug- und Manövrierfähigkeit des Hubschraubers verantwortlich.

Interessiert am Potenzial der keramikbeschichteten Ampep XLNT Lager, baten einige SKF Kunden um Muster für eigene Prüfstandtests und Testflüge mit Prototypen und vorhandenen Hubschrauber­modellen. Dies führte dazu, dass Ampep XLNT Lager jetzt serienmäßig eingebaut werden.

Möglichkeiten für diese neue Lagertechnologie gibt es weltweit, aber bis auf weiteres setzt man auf Nordamerika als potenziellen Markt für den Einsatz dieses Produkts in Hubschrauberflugsteuerungen.

Nach weiteren umfangreichen Prüfstandtests mit viel versprechenden Ergebnissen zeigte sich ein Unter-nehmen, die MD Helicopters Inc. (MDHI), interessiert an der Möglichkeit, dieses Produkt in die Gestänge des Hauptrotors seines Hub­schraubermodells Explorer einzubauen. Momentan wird die Leistung der SKF Lösung im Feld beobachtet.

Der MD Explorer ist ein zweimotoriger Mehrzweck­hubschrauber mit fünf Rotor­blättern. Er hat ein voll ausge­bautes Hauptrotorsystem, lagerlose Glasfaserteile und eine Rotornabe. Dank Anti-Torque-Control durch das patentierte NOTAR™ System lässt sich der Hubschrauber einfacher fliegen, der Lärmpegel ist wesentlich geringer und die Sicherheit in abgegrenzten Bereichen höher. Typische Einsatzbereiche für diesen Hub­schraubertyp sind Offshore/Onshore-Passagiertransporte, Rettungs- und Polizeieinsätze.

 

Die Steuergestänge verändernden Anstellwinkel der Haupt­-rotorblätter mit jeder Drehung des Hauptrotorkopfs. Das eine Ende ist mit der Taumelscheibe und das andere mit der Blattan­steuerung verbunden. Dieser Dauerbetrieb ist für Gelenk­lager eine schwierige Anwen­dung, und die mittlere Lebens­dauer der beim MD Explorer verwendeten Lager wurde mit ca. 300 Betriebs­stunden angegeben. Da zahlreiche Hubschrauber dieses Modells in Großbritannien im Einsatz sind, bot SKF die Über­wachung seiner Produkte in einigen dieser Hubschrauber an.

Verschiedene Firmen und Organisationen waren in dieses Überwachungsprojekt mit einbezogen. Ein erster Kontakt wurde mit der Firma Specialist Aviation Services (SAS) mit Sitz auf dem Flugplatz von Staverton in Gloucester geknüpft. Das Unternehmen ist eine MDHI-Vertretung und führt zudem Wartungsdienste für Hubschrauberbetreiber durch. Man wurde bei SAS vorstellig, und die Möglichkeit eines Überwachungsprojektes wurde diskutiert. Nach Beratungen mit den Betreibern bot SAS drei seiner Hubschrauber für das Programm an. Der Vorschlag wurde dem Hubschrauber­hersteller MDHI. unterbreitet, der in das Projekt unter der Bedingung einwilligte, dass ein besonderer Hubschrauber, nämlich der Virgin HEMS London Air Ambulance, in das Programm aufgenommen wurde, da er für die hohen Abriebwerte der Gestängelager bekannt war.

Das Projekt kam zustande, die Lager wurden hergestellt, an MDHI geliefert und zur Montage an SAS gesandt. Insgesamt wurden vier Hub­-schrauber in das Überwa­chungs­programm aufgenommen, nämlich zwei Polizei-Einsatzhubschrauber mit je ca. 100 Flugstunden/Monat der West Midlands Police und West Yorkshire Police, ein kombinierter Einsatzhubschrauber der Wiltshire Police and Air Ambulance sowie der Virgin HEMS London Air Ambulance, der es auf ca. 40 Std./Monat bringt, da er im Schnitt nur jeweils 6 Minuten in der Luft ist. Hier waren harte Testbedin­gungen für die Lager gegeben, und die Überwachung dieser vier Hubschrauber sollte einen guten Querschnitt der Lager­leistung für die MD Explorer-Staffel ergeben.

 

Die Lager derMD Explorer gelten als sog. ‚on-condition‘- Teile, das bedeutet, es ist keine spezifische Lebensdauer mit dem Produkt verbunden, so lange es innerhalb der Grenzen für die Ablehnungskriterien liegt. SKF hatte sich im Interesse der Flugsicherheit für wesentlich engere Grenzen für ihre Produkte ausgesprochen.

Als Teil des Überwachungs­projektes nahm im Juni und Juli 2004 ein SKF Ingenieur an der Montage der Lager in die Steuergestänge der Hauptrotoren dieser Hubschrauber teil. Die Hubschrauber wurden routine­mäßig gewartet, somit war der SKF Ingenieur bei jeder 50-Std.-Inspektion aller Hubschrauber dabei. Bei diesen Inspektionen werden die Hauptrotorgestänge vom Hubschrauber abmontiert, damit der SKF Ingenieur Radial- und Axialspiel der Lager in den von SKF entwickelten und konstruierten Gehäusen messen und aufzeichnen kann.

Beim Hubschrauber der West Midlands Police wurden nur die Lager an der Blattan­steuerungsseite der Gestänge ausgetauscht. Allerdings wird bei der Demontage der Gestänge vom Hubschrauber zwecks Messung auch das Spiel der vorhandenen Lager am Taumel­scheibenende des Gestänges gemessen und aufgezeichnet, obwohl die TSN (Time since new) für diese Lager nicht genau bekannt ist.

Bei dem Hubschrauber der West Yorkshire Police und der Virgin HEMS London Air Ambulance wurden alle fünf Steuergestänge (Kopf & Ende) mit Ampep XLNT Lagern ausgerüstet.

Der Hubscharuber der Wiltshire Police and Air Ambulance erhielt ein ‚Referenzgestänge‘.

Das Steuergestänge von Rotorblatt 1 erhielt neue Lager vom bisherigen Zulieferer, gleichzeitig wurden die Gestänge der Blätter 2, 3, 4 und 5 mit Ampep XLNT Lagern ausge­stattet. So war ein direkter Ver­gleich zwischen den beiden Lagertypen bei diesem Hub­-schrauber möglich.

 

Seit Beginndes Überwach­ungs­programms kamen eine ganze Menge Flugstunden zusammen:

  • West Midlands 627 Std.
  • West Yorkshire 632 Std.
  • Wiltshire 429 Std.
  • Virgin HEMS 243 Std.

    Mit den bis dato erzielten hervorragenden Ergebnissen und angesichts des nur minimalen Spiels in den Ampep XLNT Lagern hat SKF nachgewiesen, dass erhebliche Verbesserungen möglich sind. Außerdem konnten die Messintervalle für die Wartungsinspektionen von 50 auf 100 Stunden verlängert werden, um die Ausfallzeiten der Hubschrauber auf ein Minimum zu reduzieren.

    Die Ampep XLNT Lager werden die 1000-Stunden-Messintervalle locker überschreiten. Selbst bei dem empfohlenen Ablehnungs­kriterium (engere Grenzen) deuten die Ergebnisse auf eine 5- bis 10-fache Verlängerung der Lebensdauer im Vergleich zum herkömmlichen Produkt hin. Für alle Hubschrauber, die zur Rettung von Menschenleben im Einsatz sind, wird eine Lagergebrauchsdauer angestrebt, die länger ist als die Standardzeit zwischen den Überholungen, wenn der Rotorkopf vom Hubschrauber abmontiert werden müsste, damit andere Verschleißkomponenten ausgetauscht werden können.

    Die Überwachung dieser Lager wird fortgesetzt, bis ihre tatsächliche Lebensdauer festgestellt ist und der tatsächliche Lebenszykluskostennutzen für den Bediener quantifiziert werden kann (d.h. reduzierte Ausfallzeiten, weniger Instand­haltungs- und Lagerkosten). Die direkten Vorteile der Ver­wendung von Ampep XLNT Lagern lassen sich bereits aus den vorliegenden Ergebnissen ablesen.


    Die Teilnehmer

    MD Helicopters Inc. mit Sitz in Mesa, Arizona/USA produziert und vertreibt eine Serie hochleistungsfähiger ein- und zweimotoriger Leichthubschrauber, darunter die Modelle MD Explorer®, MD 600N:®, MD 520N:®, MD 530F-® und MD 500E®. Die Firma hat sich nach eigenen Angaben als Nischenanbieter mit Schwerpunkt auf Polizei, Luft­-am­bulanz und verwandte Märkte profiliert, für die sich ihre Produkte ausgezeichnet eignen.

    Specialist Aviation Services ist ein Unternehmen, das integrierte Dienstleistungen für Ausrüstung, Wartung und Betrieb von Flugzeugen anbietet. Zwei seiner Tochter­-gesellschaften stellen ihre Dienste medizinischen und polizeilichen Notdiensten zur Verfügung.

    Seit März 1990 hat die Wiltshire Constabulary in Devizes einen Hubschrauber im Vollzeiteinsatz. Das Personal arbeitet mit dem Wiltshire Ambulance Service zusammen, und der MD 902 ist mit einem Polizisten, einem Sanitäter sowie einem Piloten der Police Aviation Services bemannt. Wiltshire war der erste Betreiber eines MD 902 in Groß­-britannien.

    Die Flugrettung umfasst alle tagtäglich anfallenden Notdiensteinsätze. Der Hubschrauber fliegt etwa 900 Stunden jährlich und wickelt dabei rund 1.200 Akutein­-sätze ab. Daher ist eine zuverlässige Maschine für den Betrieb unabdingbar, und es wird alles begrüßt, was zu mehr Zuverlässigkeit beitragen kann, so etwa die ver­-längerte Lebensdauer der Lager.

    Das Royal London Hospital, Whitechapel ist der Standort der Virgin HEMS London Air Ambulance. Dabei handelt es sich um den Hubschrauber-Rettungsdienst für London mit einem ca. 1.800 km2 großen Einzugsbereich innerhalb der Londoner Umgehungsautobahn M25. Der Rettungsdienst bietet 17,5 % der Briten eine prähospitale Traumaversorgung, und seit der Gründung dieser Einrichtung 1989 hat das Team über 14.500 Einsätze geflogen. Der Rettungsdienst ist rund ums Jahr einsatz­-bereit und die einzige Luftambulanz Großbritanniens, die ständig von einem Arzt und einem Sanitäter begleitet wird, die auf die Behandlung schwer verletzter Unfallpatienten spezialisiert sind. In der Regel ist der Hubschrauber innerhalb von 2 Minuten nach einem Not­-ruf in der Luft und erreicht jeden Punkt seines Einsatz­­-gebiets innerhalb von 12 Minuten. Dieser Dienst wird teils vom britischen Gesundheitsministerium, teils von der Fluggesellschaft Virgin finanziert, muss allerdings mit zusätzlichen öffentlichen Mitteln unterstützt werden, um seinen Betrieb aufrecht erhalten zu können.

    Der West Midlands Flugrettungsdienst ist auf dem internationalen Flughafen von Birmingham stationiert und an 365 Tagen im Jahr rund um die Uhr einsatzbereit. Im Jahr 2000 wurde hier ein MD 902 Explorer in Betrieb genommen. Er ist mit den derzeit modernsten Geräten und Kommunikationssystemen ausgerüstet.

 

 

 

 

 

 

 

 

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