Jederzeit optimaler Reifendruck

Ein neues „luftführendes“ Lager-System überwacht Reifendruck und -temperatur, korrigiert festgestellte Abweichungen und macht das Reserverad überflüssig – mit dem Ergebnis höherer Mobilität, verbesserter Sicherheit und eines gesteigerten Komforts für den Fahrer.

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Wenn Ihnen auf der Autobahn schon einmal ein Reifen geplatzt ist, wissen Sie, wie gefährlich eine solche Panne sein kann. Als Ergebnis eines neuen Projekts, das Reifenhersteller Michelin gemeinsam mit Branchenpartnern – SKF, Wabco und TRW Automotive – entwickelt, wird nun in naher Zukunft ein intelligentes System erhältlich sein, das die Temperatur und den Druck des Reifens überwacht und festgestellte Abweichungen automatisch korrigiert. Platte Reifen gehören damit bald der Vergangenheit an.

„Michelin war schon immer führend im Reifendruck-Management, das für uns seit nunmehr über 20 Jahren ein wichtiges Forschungsgebiet darstellt“, erläutert Pascal Mahier, Projektleiter bei Michelin im Werksbereich Reifendruckmanagement bei Pkw und leichten Lkw. „Was uns bislang fehlte, war das entscheidende Bindeglied zwischen dem Reifen oder vielmehr dessen Druck und dem Fahrzeug.“

Dann jedoch wuchs die gemeinsam mit einer Reihe von Partnern, darunter auch SKF, angestellte Überlegung, als ein solches Bindeglied ließe sich ein Lager verwenden, durch welches die Luft vom Chassis zum Reifen geleitet würde. „Wir machten uns an die Umsetzung des Konzepts“, fährt Mahier fort, „und 1992 wurde zwischen Michelin und SKF ein erster Vertrag über ein solches luftführendes Lager-System unterzeichnet.“

Die Projektentwicklung zog sich über die Neunzigerjahre hin; keine der betrachteten Bordsystem-Architekturen gelangte jedoch zur Marktreife. Nur wenige Jahre später änderte sich diese Lage von Grund auf.

„Als sich im Jahr 2000 die pneumatische Federung verbreitete, die bis dahin ausschließlich in Sattelzugmaschinen Verwendung gefunden hatte, fassten wir den Entschluss, etwas in dieser Art zu bewerkstelligen, das wir den Fahrzeugherstellern würden anbieten können“, erklärt Mahier. „Wir wollten jedoch noch einen weiteren Partner mit an Bord nehmen, ein führendes Unternehmen auf dem Gebiet des Druckluft-Managements, und so wandten wir uns an das US-Unternehmen Wabco. Wir schlossen eine Rahmenvereinbarung über die Entwicklung einer umfassenden Architektur, in die Michelin seine Erfahrung in Sachen Luftdrucküberwachung und Wabco sein Know-how im Bereich Druckluft, Reifenbefüllungssysteme und Onboard-Architektur einbringen würde; im Übrigen bauten wir auf unsere bewährte Partnerschaft mit SKF.“

Das Tire Intelligent Pressure Management-System oder kurz TIPM übernimmt vier für den richtigen Reifendruck wichtige Funktionen: Überwachung, Aufpumpen, Abpumpen und Datenübermittlung. „Eigentlich sollten wir alle den Zustand unserer Reifen ja regelmäßig prüfen, aber oft genug vergisst man es einfach“, so Mahier. „Dieses System trägt nun Sorge dafür, dass diese Kontrolle mit der gebotenen Regelmäßigkeit geschieht: Es misst an des Fahrers Stelle den Reifendruck.

Stellt das System dabei eine Abweichung fest, aktiviert es seine zweite Funktion, das Aufpumpen, was normalerweise ebenfalls Sache des Fahrers ist. Umgekehrt sorgt das System auch für den Abbau eines zu hohen Reifendrucks. Da all dies nun automatisch geschieht, ist es unverzichtbar, dass der Fahrer auf dem Laufenden darüber gehalten wird, was das System an seiner Stelle veranlasst hat, und dass es ihm alles Wichtige zur gegebenen Zeit mitteilt.“ Die Informationen erscheinen in einem benutzerfreundlichen Bedienfeld im Armaturenbrett des Fahrzeugs.

Erhöhte Sicherheit
Das TIPM-System ist gleichbedeutend mit weniger Wartung, erhöhter Sicherheit und gesteigertem Komfort für Fahrer und Beifahrer. Der Fahrer braucht sich nicht länger um den Reifendruck zu kümmern – wie viel dieser gerade beträgt und wie hoch er eigentlich sein sollte. Bei jedem Starten des Motors prüft TIPM den Reifendruck und korrigiert ihn gegebenenfalls entsprechend. Während der Fahrt überwacht das System laufend die Druckwerte und passt sie erforderlichenfalls an die Fahrbahnoberfläche, die Beladung oder auch die Witterungsbedingungen an. Bei Bedarf kann der Fahrer die vom System eingestellten Werte manuell korrigieren.

„Bei einer Reifenpanne können Sie eine beliebige Strecke weiterfahren, da das System den Druckverlust kompensiert – geradeso, als hätten Sie gar keine Reifenpanne“, versichert Mahier. „Das Loch ist natürlich weiterhin da, nur dass eben TIPM ständig Luft nachpumpt.“

In Verbindung mit dem PAX-Systemreifen von Michelin gewinnt der Fahrer noch mehr Sicherheit. Hierbei handelt es sich um eine völlig neue Felgen- und Reifenarchitektur, bei welcher der Reifen selbst in völlig plattem Zustand nicht von der Felge springen kann. Dank einer zusätzlichen Stützfelge im Innern lässt sich das Fahrzeug bei einer Reifenpanne noch 200 Kilometer weit mit einer Geschwindigkeit von bis zu 80 Stundenkilometern bewegen. „Das Pax-System sorgt auch im Falle eines plötzlichen Druckverlusts für Sicherheit und Mobilität“, betont Mahier. Ein solches System mache das Reserverad überflüssig.

Die Überwachung und Information übernimmt ein System, das sich dabei auf einen hinter dem Ventil eines jeden Reifens angebrachten Sensor stützt. Der Sensor misst den Reifendruck und die Reifentemperatur und übermittelt in regelmäßigen Abständen die betreffenden Daten per Funk an den Bordcomputer. Zur Entwicklung der Architektur des Überwachungssystems mitsamt Drucksensor und Empfänger ist Michelin eine Partnerschaft mit TRW Automotive eingegangen.

Vom oberen Ende her
Michelin vervollständigte dieses System mit automatisierten Auf- und Abpumpfunktionen unter Verwendung eines von Wabco gelieferten Druckluftsystems. In diesem System gelangt ein Kompressor mit einem Lufttrockner zum Einsatz, der die getrocknete Luft durch ein Netz aus Druckluftleitungen und -Ventilen zum betreffenden Reifen leitet. Beim Auf- und Abpumpen des Reifens durchströmt die Luft das Radlager.

„Unser Angebot zielt auf den gesamten Markt für Pkw und leichte Lkw, aber natürlich stehen zunächst einmal bestimmte Fahrzeugkategorien wie etwa Sport- oder Luxuswagen im Vordergrund, da das System recht kompliziert ist und tiefe Eingriffe in die Fahrzeugarchitektur erforderlich macht“, erläutert Mahier. „Wir werden mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit den Markt vom oberen Ende her betreten, ohne dabei jedoch einen bestimmten Hersteller im Auge zu haben. TIPM soll als Zusatzausstattung beim Kauf angeboten werden, wir schließen dabei keinerlei Fahrzeug aus und können mit Bestimmtheit sagen, dass das in Entwicklung befindliche System sich für beinahe jedes Fahrzeug eignen wird.“

TIPM soll bis Anfang 2006 zunächst in Europa und Nordamerika auf den Markt gelangen, das System soll später auch weltweit vertrieben werden. „Zum gegenwärtigen Zeitpunkt gibt es keinen wirklichen Wettbewerb auf dem Markt“, erklärt Mahier. „Einige vorhandene Systeme bieten einen Druckausgleich lediglich in einem beschränkten Bereich und nur zur Aufrechterhaltung eines festen Luftdruckwerts, womit sie auf den von uns ins Auge gefassten Märkten bislang nicht sonderlich erfolgreich sind.“

Für Mahier geht es bei TIPM darum, gemeinsam mit anderen Experten auf das Ziel einer Steigerung der Mobilität, der Sicherheit ebenso wie des Komforts des Fahrers hinzuarbeiten: „Wir haben aus unterschiedlichen Bereichen die jeweils führenden Experten an einen Tisch gebracht: TRW Automotive für die Funktechnologie, Wabco für das Druckluft-Management und SKF mit seiner Erfahrung auf dem Gebiet der Lagertechnik. Michelin bringt seine Erfahrung in Sachen Luftdruck-Überwachung ein und sorgt überdies für die Gesamtkoordination und -lenkung des Projekts; ferner wird das Unternehmen für die Endverbraucher der Ansprechpartner in Fragen der Werbung und des Vertriebs sein.“

 

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