Mehr Druck mit neuen Lösungen

Die Heidelberger Druckmaschinen AG, seit langem Marktführer bei Offsetpressen, suchte in der digitalen Welt nach Wegen der ErneuerungAls Marktführer hat man es manchmal schwer, Zukunftsperspektiven zu erkennen. Dies erlebte die Heidelberger Druckmaschinen AG. Mit derzeit weltweit etwa 400.000 Druckpressen in 240.000 Druckereien im Einsatz ist das 150 Jahre alte Unternehmen seit langem ein international führender Hersteller von Offsetpressen. 24.000 Beschäftigte erwirtschafteten im vergangenen Geschäftsjahr in 170 Ländern ein Umsatz von 7,7 Milliarden Mark (3,9 Milliarden Euro), 82 Prozent davon auf internationalen Märkten.

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Die Heidelberger Druckmaschinen AG, seit langem Marktführer bei Offsetpressen, suchte in der digitalen Welt nach Wegen der ErneuerungAls Marktführer hat man es manchmal schwer, Zukunftsperspektiven zu erkennen. Dies erlebte die Heidelberger Druckmaschinen AG. Mit derzeit weltweit etwa 400.000 Druckpressen in 240.000 Druckereien im Einsatz ist das 150 Jahre alte Unternehmen seit langem ein international führender Hersteller von Offsetpressen. 24.000 Beschäftigte erwirtschafteten im vergangenen Geschäftsjahr in 170 Ländern ein Umsatz von 7,7 Milliarden Mark (3,9 Milliarden Euro), 82 Prozent davon auf internationalen Märkten.

1993 wurde jedoch deutlich, dass Tradition und hochwertige Qualität allein nicht mehr ausreichten “Nach eingehenden selbstkritischen Überlegungen stellte man sich die Frage, welchen Weg das Unternehmen einschlagen wolle”, berichtet Keith Dalton, stellvertretender Vorstandsvorsitzender und Leiter des Bereichs Unternehmensstrategie.

Heidelberg kam 1995 zur selben Entscheidung wie zahlreiche andere Unternehmen: Es reichte nicht mehr, hochwertige Produkte zu fertigen, man musste sie in einen Zusammenhang setzen. “Der Kunde war nicht mehr bereit, selbst der Experte zu sein”, fährt Dalton fort. “Er hat weder die Zeit noch das Geld, sich technisch ständig auf dem neusten Stand zu halten. Deshalb hat er höhere Erwartungen an seinen Lieferanten.”

Die Heidelberger Druckmaschinen AG beschloss Systemanbieter zu werden. Innerhalb von fünf Jahren wurden eine Reihe von strategischen Unternehmenskäufen durchgeführt. Mit der Übernahme des Vorstufen-Spezialisten Linotype-Hell sowie verschiedener Hersteller von Ausrüstung für die Weiterverarbeitung, darunter die Stahl-Gruppe sowie die Sparte Office Imaging von Eastman Kodak, war Heidelberg in der Lage, die gesamte Palette von Vorstufe (wie Fotoscanning oder Retusche) über Druck bis Weiterverarbeitung (etwa Binden oder Imprägnieren) anzubieten. “Wir hatten die Wahl – selber machen oder kaufen”, erzählt Dalton. “Früher hätten wir vermutlich jede Menge Geld in die Entwicklung eigener Produkte gesteckt, aber heute geht das nicht mehr. Die technische Entwicklung schreitet zu rasch voran.”

Heidelberg ist inzwischen mehr als nur eine Anlaufstelle für den Druckbedarf. Das Unternehmen hat sich vom Systemanbieter zu einem Anbieter von kompletten Lösungen gewandelt. Nur wenige wollen eine Druckpresse kaufen. Meist geht es darum, für Kunden Text, Layout und Papier in ein Druckprodukt zu verwandeln. “Heidelberg nimmt die Bedürfnisse der Druckereien sehr ernst”, sagt Adriana Nuneva von der Abteilung Coporate Marketing. Das ist auch der Grund, weshalb das Unternehmen im Mai auf der DRUPA 2000, der größten Fachmesse der Druckbranche, ein neues Konzept präsentieren wird. “Wir haben den Markt in einzelne Segmente aufgeteilt und bieten für jedes Segment verschiedene Strategien”, erklärt Nuneva. Der Messestand auf der DRUPA wird aus neun Themenkomplexen bestehen, jeder Komplex mit Lösungen für eine bestimmte Druckart.

Das neue Konzept beginnt bei den Verkaufsvertretern, so Nuneva. “Sie analysieren das Geschäftsmodell des Kunden und erarbeiten eine geeignete, genau auf die Bedürfnisse des Kunden zugeschnittene, Lösung. Erst dann schlägt der Vertreter die jeweilige Ausrüstung, das Servicepaket und eventuell sogar ein Ausbildungsprogramm vor.”

Als “Lösungsanbieter” muss Heidelberg eine offene Plattform bereitstellen. Eine wichtige Voraussetzung ist, neue Heidelberg-Ausrüstung in ein vorhandenes System mit Maschinen anderer Hersteller integrieren zu können. Die Überlegungen hinter dem neuen Konzept fasst Adriana Nuneva wie folgt zusammen: “Wir haben eine Verantwortung gegenüber unseren Kunden, weil sie uns gegenüber loyal sind. Wenn unsere Kunden erfolgreich sind, sind wir es auch.”

Die Kundenorientierung zeigt sich deutlich in dem 4.000 Quadratmeter großen “Solutions Centre” auf dem Gelände der Heidelberg-Hauptverwaltung. Laut Thomas Fichtl, Pressereferent im Bereich Unternehmenskommnunikation, ist das Lösungscenter selbst eine der größten Druckereien Deutschlands. “Die Leute wollen sehen, was sie kaufen. Sie können sogar einen Druckauftrag mitbringen und mit eigenen Augen sehen, ob die Maschinen halten, was sie versprechen”, so Fichtl. Die Kunden können zuschauen, wie Druckplatten nach ihren Spezifikationen angefertigt werden, und anschließend beobachten, wie ihr Auftrag gedruckt, gefalzt, geschnitten, geheftet und verpackt wird. Die digitale Abteilung des Lösungscenters befasst sich hauptsächlich mit Verfahren der Druckvorstufe wie “Computer-to-film” und “Computer-to-plate”. Joint Ventures sind hier besonders wichtig. Heidelberg arbeitet im Bereich der Farbsteuerung mit Microsoft, im Bereich der integrierten Softwarelösungen mit SAP (Systems, Applications and Products in Data Processing) und im Bereich der digitalen Kommunikation mit WAM!NET zusammen. Die Abteilung bietet jedoch auch digitale Drucklösungen an. Ein Beispiel ist der neue Digimaster 9110, ein Schwarzweiß-Drucker mit einer Kapazität von 110 Seiten pro Minute. Er wurde früher unter der Bezeichnung Kodak DigiSource 9110 vertrieben und stellt den ersten Schritt in einem Prozess dar, dessen Ziel es ist, alle Produkte von kürzlich erworbenen Unternehmen unter dem Markenzeichen Heidelberg zusammenzufassen. Auf der DRUPA wird Heidelberg ihren neuen digitalen Farbdrucker Nexpress vorstellen, der in Zusammenarbeit mit Kodak entwickelt wurde.

Der Digitaldruck ist ein neues bedeutendes Marktsegment. Obwohl noch relativ klein, sind hier jährliche Wachstumsraten von 20 Prozent zu verzeichnen. Verglichen damit wächst der Offset-Markt um bescheidene drei bis vier Prozent. Die Vorteile von digitalen Druckverfahren sind Geschwindigkeit und Flexibilität sowie relativ niedrige Kosten bei kleinen Auflagen. Die Qualität ist jedoch schlechter als beim Offsetdruck und für hohe Auflagen sind die Kosten erheblich höher. Nach Ansicht des stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden und Leiters des Bereichs Unternehmensstrategie, Dalton, lässt sich mit dem Digitaldruck dennoch ein neuer Markt erschließen. “Wenn man früher ein elegantes Haus verkaufen wollte, gab man den Spekulanten ein fotokopiertes Blatt Papier mit einem verschwommenen Foto. Heute kann man eine Broschüre mit Farbfotos anfertigen.”
Mit einem Offsetdrucker kann man Kataloge mit hohen Auflagen produzieren, mit dem Digitaldrucker eine individuell gestaltete Seite. Jedes Computerhandbuch kann exakt an die Spezifikation des jeweiligen Modells angepasst werden. Wer einen Mercedes von einem bestimmten Autohändler in Hamburg bestellt, hat schon am nächsten Tag die Bedienungsanleitung mit einer Beschreibung aller Merkmale von genau diesem Fahrzeug im Briefkasten. Außerdem bietet der Digitaldruck die Möglichkeit des “Printing on Demand” (Druck auf Abruf). Hierbei können zum Beispiel vergriffene oder wenig gefragte Bücher sofort nachgedruckt werden, während man im Buchladen darauf wartet. “Zunächst glaubte man, der Digitaldruck würde dem Offsetdruck Marktanteile stehlen, und zum Teil stimmt das wohl auch”, meint Dalton. “Vor allem hat er aber einen gewaltigen neuen Markt geschaffen.”

Auch wenn die Heidelberger Druckmaschinen AG ihre Zukunft in der Herausforderung neuer Technologien und Märkte sieht, besteht die Gefahr, dass Druckereien mit dem Tempo des technischen Fortschritts nicht Schritt halten. Deshalb hat Heidelberg die “Print Media Academy” gegründet. Das gläserne Gebäude dieses Schulungszentrums fällt als erstes ins Auge, wenn man aus dem Heidelberger Hauptbahnhof herausfährt, und es spiegelt den Wandel des Unternehmens wider. Hier können Beschäftigte der Druck- und Verlagsindustrie in allen Branchenbereichen ausgebildet werden und sogar ein betriebswirtschaftliches Examen ablegen.

Michael Lawton

Wirtschaftsjournalist in Köln

Fotos Heidelberg

 

 

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