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The need for speed – Das Rennen um höhere Drehzahlen

SKF beschleunigt die Entwicklung von Elektrofahrzeugen. Mit seinem neuen eDrive Kugellager 1.8 für Hochgeschwindigkeitsanwendungen geht das Unternehmen im Rennen um höhere Drehzahlen in Führung – eine Schlüsselkomponente zur Verbesserung der Leistungsdichte von E-Antriebssträngen –

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Die Zahl der Elektro- und Hybridfahrzeuge auf unseren Straßen nimmt rasant zu. Bis 2030 wird mehr als die Hälfte aller verkauften Personenkraftwagen elektrifiziert sein, prognostizierte der Marktanalyst Bloomberg in seinem Ausblick 2020. Die technische Entwicklung wird neue Käufer anlocken und zu wettbewerbsfähigeren Preisen führen. Voraussichtlich werden außerdem die Ladezeiten für Batterien kürzer und die Infrastruktur besser. Ebenso wichtig für die Kostensenkung und die nachhaltige Entwicklung des Elektrofahrzeugmarktes ist die Verbesserung der Leistungsdichte.

In Kooperation mit SKF hat das österreichische Forschungs- und Beratungsunternehmen AVL in Hochgeschwindigkeitstechnologie investiert, um eine kostengünstige Antriebslösung für Elektrofahrzeuge zu entwickeln. Die neue High-Speed E-Achse ist mit dem kürzlich von SKF vorgestellten eDrive Kugellager HSBB 1.8 (High Speed Ball Bearing 1.8) ausgestattet und ermöglicht eine Drehzahl von 30.000 U/min an der Rotorwelle der E-Maschine. „Das ist ein echter Erfolg“, sagt Mathias Deiml, der bei AVL in Regensburg für Systementwicklung im Bereich E-Mobilität verantwortlich ist. „Vor allem, wenn man bedenkt, dass die heutigen Elektrofahrzeuge mit einer Motordrehzahl von rund 12.000 bis 14.000 U/min laufen. Die nächste Generation wird 20.000 U/min erreichen. Eine Motordrehzahl von 30.000 U/min zu erzielen, hielten einige für unmöglich, zumindest mit einem fettgeschmierten Kugellager.“

Das eDrive Kugellager High Speed Ball Bearing 1.8 von SKF.

Höherer Wirkungsgrad und längere Laufleistung

Dank dem eDrive Kugellager HSBB 1.8 von SKF kann AVL einen kompakteren und kostengünstigeren Motor mit höherem Wirkungsgrad und damit längere Reichweite anbieten. Deiml hofft, dass dadurch mehr Elektroautos auf den Straßen fahren werden.

„Die Elektromobilität nimmt zurzeit spürbar an Volumen zu“, sagt er. „Staatliche Anreize sollen die Nutzung von Elektrofahrzeugen fördern. Automobilhersteller stehen unter Druck, Modelle auf den Markt zu bringen, die in puncto Reichweite, Ladegeschwindigkeit und Preis konkurrenzfähig sind. Aber für die meisten Menschen sind Elektroautos einfach noch zu teuer.“

Batterien sind heute noch kostenintensiv. Das gilt auch für den Elektro-Antriebsstrang. „Da wir im Bereich Antriebssysteme tätig sind, haben wir besonderes Augenmerk auf den Preis des Elektroantriebs gelegt“, so Deiml. „So sind wir auf die Idee gekommen, den Motor bei gleicher Leistung kompakter zu machen. Das erreichen wir durch die höhere Drehzahl.“

Die vom Elektromotor erzeugte Leistung (kW) errechnet sich aus dem Produkt von Drehmoment (Nm) und Drehzahl (U/min). Wenn die Drehzahl steigt, kann das Drehmoment bei gleicher Leistung gesenkt werden. „Senkt man das Drehmoment eines Elektromotors, lässt sich das Motorvolumen reduzieren und dadurch die Leistungsdichte des gesamten Elektrofahrzeugs steigern“, erklärt Deiml. „Wenn man die Motormasse von 70 auf 35 Kilogramm verringert, benötigt man kleinere Mengen an kritischen Metallen, etwa denen in den Hochleistungsmagneten des Motors. Auf diese Weise wird auch die Produktion nachhaltiger.“

Wie konstruiert man einen effizienten und zuverlässigen Antriebsstrang?

Die Antriebsstränge von Elektrofahrzeugen sind mechanisch zwar einfacher konstruiert als die von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren. Dennoch ist der Bau eines effizienten und zuverlässigen Antriebsstrangs eine extreme Herausforderung. So verlangt das Rennen um immer höhere Drehzahlen auch nach entsprechenden Lagerlösungen. Während die Anzahl der Lagerstellen in einer E-Achse etwa gleich mit der einer herkömmlichen Achse ist, wird deren Konstruktion selbst technisch anspruchsvoller. Um beispielsweise den hohen Zentrifugalkräften entgegenzuwirken und das Risiko einer unzulässig hohen Eigenerwärmung als Folge der hohen Drehzahl zu minimieren, benötigen diese Lager eine spezielle Käfigkonstruktion, eine optimierte innere Geometrie und einen hervorragenden Schmierstoff. Letzlich müssen sie während der gesamten Lebensdauer des Fahrzeugs von aktuell mindestens 300 000 km beziehungsweise zehn Jahren zuverlässig funktionieren.

SKF hat bewiesen, dass das Lager für die von uns definierte Last und Drehzahl ausgelegt ist.
Mathias Deiml, verantwortlich für Systementwicklung im Bereich Elektromobilität bei AVL in Regensburg.

Als AVL vor etwa zwei Jahren anfing die neue High-Speed E-Achse zu entwickeln, suchten die Experten zunächst ein geeignetes Wälzlager das den durch die höhere Drehzahl verursachten Kräften standhält. AVL brauchte einen Partner, der bereit war, dieses Lager der nächsten Generation zu entwickeln. SKF hatte seit dem Durchbruch der E-Mobilität eng mit der Automobilindustrie zusammengearbeitet und war somit eine nahe liegende Wahl.

„Die Zusammenarbeit mit SKF hat sehr gut funktioniert“, betont Deiml. „Der häufige Austausch von Informationen, Testergebnissen und Analysen war äußerst wertvoll. SKF hat bewiesen, dass das Lager für die von uns definierte Last und Drehzahl geeignet ist.“

Die neue, von AVL entwickelte High-Speed E-Achse für Elektrofahrzeuge.

Enge Zusammenarbeit mit SKF

Anthony Simonin, Portfolioleiter Technik, arbeitet im EV & HEV Application Competence Center von SKF im französischen St.Cyr-sur-Loire. Dieses Team aus internationalen Experten hat in enger Zusammenarbeit mit den SKF Produktentwicklungsteams in China, Frankreich und Italien das neue eDrive Kugellager SKF HSBB 1.8 für den Elektrofahrzeugmarkt entwickelt – eine stimulierende und manchmal auch mühselige Aufgabe.

„Das erste Problem war der Käfig“, erinnert sich Simonin. „Wir mussten die Konstruktion verbessern, um die Steifigkeit für die heftigeren Beschleunigungsvorgänge zu erhöhen.“

Monatelang wurden verschiedene Konzepte Simulationsprüfungen unterzogen, bis schließlich einige wenige Prototypen ausgewählt waren, die auf den Prüfständen bei AVL in Regensburg getestet werden konnten.

„Die zweite große Hürde bestand darin, den richtigen Schmierstoff zu finden“, erklärt Simonin. „Wir hatten einen Schmierstoff für hohe Drehzahlen und einen Schmierstoff für hohe Temperaturen, nur eine Kombination aus beiden fehlte. Mit Unterstützung eines Schmierstofflieferanten fanden wir letztendlich eine Lösung, die allen Anforderungen gerecht wurde.“

Verbesserte Leistung bei hohen Drehzahlen

Die Drehzahl war bei der Entwicklung des neuen eDrive Lagers nicht die einzige Schwierigkeit. Hohe Spannungen und die sehr schnellen Schaltvorgänge des Inverters können Kriechströme in den Komponenten des Antriebsstrangs verursachen. Wenn diese Ströme durch herkömmliche Stahllager fliessen, können sie deren Laufbahnen beschädigen, und somit zunehmend Reibung und Schwingungen verursachen. Das führt unter Umständen zum vorzeitigen Ausfall des Lagers. Für hohe Drehzahleignung und erstklassige Isoliereigenschaften besitzen die SKF Hybridlager HSBB 1.8 deshalb Ringe aus Wälzlagerstahl und Kugeln aus Keramik.

„Mit unserem kürzlich eingeführten eDrive Lager HSBB 1.8 können unsere Kunden bei ihren elektrischen Antriebssträngen sehr hohe Drehzahlen erzielen – bis zu einem Faktor von 1,8 M NDm*“, verdeutlicht Simonin. „So lassen sich Motorwirkungsgrad und Laufleistung besser steigern als durch eine größere Batterie, und das bei niedrigeren Kosten!“

Großes Interesse bei der Automobilindustrie

Das Interesse in der Automobilindustrie sei groß, sagt Simonin. Schon wenige Tage nach der Einführung des Lagers gingen zahlreiche Anfragen ein. „SKF hat eine zuverlässige Lösung zur Handhabung von hohen Drehzahlen in Elektrofahrzeugen entwickelt“, erläutert er. „Natürlich freut mich das! Ich bin gespannt darauf, das Lager in der Automobilindustrie im Einsatz zu sehen.“

Die Hochleistungs-E-Achse von AVL mit zwei Motoren hat die Prüfstände verlassen und ihre Fähigkeiten in einem Demonstrationsfahrzeug, einem Tesla Modell S90, unter Beweis gestellt. Da ein Elektrofahrzeug wesentlich geräuschärmer ist als ein herkömmliches Auto, sind selbst leiseste Geräusche oder geringe Schwingungen vom Antriebsstrang wahrnehmbar. Laut Deiml hat der neue E-Antrieb auch diesen Test bestanden.

„Wir sind bereit für die Serienproduktion“, so Deiml. „Im nächsten Schritt suchen wir einen Elektroautohersteller, der an diese neue, außerordentlich fortschrittliche Technologie glaubt. Wenn man die Beschleunigung beim Fahren des Autos spürt und dann sieht, wie klein der Motor tatsächlich ist, ist das schon erstaunlich.“

*N ist die Grenzdrehzahl des Lagers in U/min; Dm ist der Teilkreisdurchmesser des Lagers in Millimeter.

Die Hochleistungs-E-Achse von AVL hat ihre Fähigkeiten in einem Demonstrationsfahrzeug, einem Tesla Modell S90, unter Beweis gestellt.

Lager mit erstklassiger Leistung

SKF unterstützt die Automobilindustrie seit dem Durchbruch der E-Mobilität. Deshalb wählen zahlreiche OEMs in Asien, Europa und Nordamerika SKF Lager für ihre Antriebsstränge.

SKF hat vor Kurzem sein neues e-Drive Kugellager High Speed Ball Bearing 1.8 (HSBB 1.8) auf den Markt gebracht, das für eine Drehzahl von 30.000 U/min* ausgelegt ist. Autohersteller sind damit in der Lage, die Drehzahl ihrer Elektromotoren zu erhöhen und so einen größeren Wirkungsgrad und eine grössere Reichweite zwischen den
Batterie-Ladungen zu erzielen.

Wichtig für die Hersteller von Elektrofahrzeugen sind auch Lieferketten und Engineering-Kompetenz im Einklang mit ihrer Produktion und Produktentwicklung. SKF verfolgt das Konzept einer kompletten Wertschöpfungskette. Das Unternehmen investiert in Produktentwicklung, Fertigung und Prüfung und zielt auf lokale Elektrofahrzeugmärkte ab.

Laut einer Untersuchung der Unternehmensberatung McKinsey wollen Automobilhersteller in den kommenden zwei Jahren rund 450 neue Fahrzeugmodelle mit Batterieantrieb oder als Plug-in-Hybrid-Version auf den Markt bringen. SKF verfügt über das technische Know-how und die erforderliche Fertigungs- und Lieferkompetenz, um diese rasant wachsende Branche zu unterstützen.

*Drehzahlfaktor 1,8M NDm, was bei einem Lager mit einem Innendurchmesser von 40 Millimetern und einem Außendurchmesser von 80 Millimetern einer Drehzahl von 30.000 U/min entspricht.

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