Digitale Technologie

Ein sicheres Umfeld für Innovationen

Annika Ölme, CTO der SKF Group, präsentiert ihr Konzept für Innovation und technische Entwicklung. Gleichzeitig setzt sie sich für Vielfalt und mehr Zusammenarbeit in der industriellen Forschung und Entwicklung ein.

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Als CTO und Senior Vice President für Technische Entwicklung ist Annika Ölme für die globale Forschung, technische Entwicklung, Produktentwicklung und Technologiestrategie der SKF Group verantwortlich. Dieses gewaltige Aufgabenfeld teilt Ölme in drei übergreifende Ziele auf. Das erste ist „mehr Innovation“, erklärt sie. „Unserer Konzernstrategie zufolge sollen 25 Prozent unseres Wachstums von neuen Produkten kommen. Um das zu erreichen, brauchen wir mutige Innovationen, und genau das ist einer meiner Wirkungsbereiche.“

Als zweites Ziel nennt Ölme „sicherzustellen, dass wir die Nummer eins bleiben.“ Im Kerngeschäft von SKF – Lager sowie damit verbundene Produkte und Dienstleistungen – müsse die Nummer eins auf längere Sicht das richtige physische und digitale Produktportfolio vorweisen können, sagt sie. „Welche Technologien müssen wir beherrschen und welche Forschungsbereiche ausbauen, um langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben, nicht nur heute oder nächstes Jahr, sondern auch in zehn Jahren?“

Annika Ölmes drittes Ziel: „Im digitalen Bereich zu liefern – an alle Abteilungen unseres Unternehmens und an unsere Kunden.“ Als Beispiel nennt sie unter anderem digitale Werkzeuge, die Kunden bei der Wahl von SKF Produkten und deren Integration in ihre eigenen Konstruktionen oder bei der Berechnung des CO2-Fußabdrucks verschiedener Produkt- und Konstruktionsalternativen unterstützen.

In der Praxis ergänzen sich diese drei Ziele, fährt Ölme fort. „Um die Bedürfnisse unserer Kunden zu erfüllen, vor allem in den wachstumsintensiven Branchen, die im Fokus unserer strategischen Ziele stehen, müssen wir unsere vorhandenen Produkte nachrüsten und verbessern und neue innovative Produkte und Dienstleistungen entwickeln, die auf deren zukünftigen Bedarf zugeschnitten sind.“ Ein Beispiel dafür sei der Transportsektor, der Schienen- oder auch der Luftverkehr. Hier entstehe durch die Elektrifizierung von Antrieben eine Nachfrage nach Hybridlagern und anderen modernen Lösungen.

Von Softwarecodes zur Kundenperspektive

Für Annika Ölme war eine technische Laufbahn von Anfang an selbstverständlich. Aber der Weg zu ihrer heutigen Position erwies sich als kompliziert. „Ich mochte schon in der Schule Mathematik und Naturwissenschaften am liebsten“, erinnert sie sich. „Mein Vater war zudem Ingenieur. Mir war also ziemlich klar, worum es bei dieser Tätigkeit ging.“

Mir ist sehr wichtig, dass wir eine Unternehmenskultur haben, die Vertrauen und psychologische Sicherheit schafft und es Menschen ermöglicht, Neuerungen zu wagen und dabei auch mal zu scheitern.

Annika Ölme, CTO der SKF Group

Nach ihrem Master-Examen in Elektrotechnik erhielt sie zunächst eine Stelle in einem Unternehmen für Simulationslösungen im Engineering-Bereich und arbeitete dann mit Softwareentwicklung. Später wechselte sie zum schwedischen Telekomausrüster Ericsson. „Ich schrieb Softwarecodes, was sich als sehr nützliche Erfahrung erwies, weil heutzutage nahezu alles auf irgendeine Art mit Software zu tun hat“, sagt sie.

Danach verbrachte sie ein Jahr in einem technischen Start-up. In dieser Zeit identifizierte Ölme drei grundlegende Konzepte für ihr Berufsleben: „Technik war bereits mein Interessensgebiet, aber meine Industrieerfahrung zeigte mir, wie wichtig es ist, bei jeder technischen Anwendung die Kundenperspektive im Auge zu haben“, erklärt Ölme. „Die dritte Säule war das Verständnis für Menschen, insbesondere die Frage, wie Führung Menschen hilft, ihr Potenzial besser auszuschöpfen.“

Ihr Interesse an Geschäfts- und Managementaspekten von Technikunternehmen veranlasste Ölme, ein MBA-Programm in International Business zu absolvieren. Nach ihrem Abschluss übernahm sie erstmalig einen Posten bei SKF.

Dort hatte Ölme Gelegenheit, ihr Wissen in allen drei Bereichen auszubauen. Fünfzehn Jahre lang hatte sie verschiedene Positionen inne – von der technischen Weiterentwicklung im Bereich Mechatronik und Maschinenbau bis zu Geschäftsentwicklungs- und Führungsfragen. Sie leitete große Programme und schließlich ganze Geschäftsbereiche.

SKF lancierte 2023 zusammen mit dem Wissenschaftszentrum Universeum die Initiative „Flickor & Teknik“ (Mädchen & Technik).

Sprung ins Ungewisse

Ölmes berufliche Laufbahn hätte sie direkt in eine gehobene Führungsposition bringen können, aber 2017 trat eine unerwartete Wende ein. „Im Zuge einer Umstrukturierung bei SKF gab es plötzlich für mich keine unmittelbar erkennbare Position mehr“, erzählt sie. „Ich beschloss, einen Sprung ins Ungewisse zu wagen.“

Dieser Sprung war ein Abschied von der Welt der multinationalen globalen Technologieunternehmen. Stattdessen wählte Ölme ein relativ kleines, junges Unternehmen im Bereich der additiven Fertigung. „Ich führte dort erst einmal das Produktmanagement als Funktion ein, übernahm dann die technische Leitung und wurde schließlich CEO“, erinnert sie sich. „Es war eine sehr lehrreiche Erfahrung, wieder in einem kleineren Zusammenhang zu arbeiten, in dem jeder genau weiß, wie viel Geld man zur Verfügung hat und jeder von all deinen Entscheidungen betroffen ist.“

Das Unternehmen für additive Fertigung wurde später von dem multinationalen US-amerikanischen Technologieriesen General Electric übernommen. Ölme wagte einen weiteren Sprung. Sie wurde CTO in der Radarsparte des Saab-Konzerns. Ein Jahr lang war sie unter anderem für das Radarsystem des schwedischen Mehrzweckkampfflugzeugs JAS Gripen sowie für andere Radarlösungen zuständig.

Vertraute Gefilde, neue Herausforderungen

Ölme kehrte 2022 zu SKF zurück und trat ihre derzeitige Tätigkeit in der Konzernleitung an. In vieler Hinsicht war es eine Rückkehr in vertraute Gefilde, aber die Welt der Technik steht nie lange still. „Ich würde sagen, es gibt zwei große Trends, die die Unternehmen in den letzten Jahren stark beeinflusst haben“, urteilt Ölme. „Der eine ist KI (künstliche Intelligenz) und Digitalisierung. Damit meine ich sowohl das, was wir tun müssen, um unsere eigenen Betriebsabläufe zu verbessern, als auch die Tatsache, dass unsere Produkte zunehmend moderne Software und Digitaltechnik enthalten. Unsere Technologiestrategie beschreibt die 26 wichtigsten Technologien für unser Unternehmen“, fährt Ölme fort. „Wir haben eine klare Lückenanalyse (GAP-Analyse) und einen Plan für die Entwicklung dieser Technologien. Sechs davon betreffen Bereiche wie Software, Digitalisierung und KI, in denen wir stärkere Kapazitäten benötigen, um voranzukommen.“

Der zweite große Trend ist Nachhaltigkeit. Dieser Punkt hat bei SKF und seinen Kunden einen wachsenden Stellenwert. „Das Drängen auf Nachhaltigkeit bedeutet, dass wir tragfähige Daten zum CO2-Fußabdruck unserer Produkte brauchen“, sagt sie. „Nachhaltigkeit stellt aber auch aus technologischer Sicht beträchtliche Anforderungen an uns. Stichwort „grüner“ Stahl: Stahl macht 90 Prozent aller Werkstoffe aus, die wir für unsere Kernprodukte einkaufen. Auf ähnliche Weise müssen wir fossilfreie Schmierstoffe und -öle entwickeln. Der Aufbau der notwendigen Kapazitäten hat SKF gezwungen, große Investitionen in verschiedenen Geschäftsbereichen zu tätigen, neue Fachkräfte einzustellen, das vorhandene Personal zu schulen und physische Anlagen zu beschaffen, um Produktinnovationen zu entwickeln, zu testen und zu vermarkten.

Neben all diesen neuen technologischen Herausforderungen muss SKF seine führende Stellung in der Tribologie und Metallurgie sowie in anderen, seit der Gründung des Unternehmens (1906) bedeutenden Kernbereichen aufrechterhalten. Ein so weites Feld auf effiziente und nachhaltige Weise abzudecken, ist eine zentrale Aufgabe für das Unternehmen.

„Wir haben öffentlich erklärt, dass wir mehr Mittel für Forschung und Entwicklung bereitstellen möchten“, betont Ölme. „Wir betrachten das nicht als Kosten, sondern als Investition in die Zukunft.“ Allerdings müsse SKF Entwicklungsressourcen auch klug verteilen, fügt sie hinzu. Ein wesentliches Element ist die strenge Überwachung des F&E-Projektportfolios, damit sich derartige Anstrengungen eng an den Kundenbedürfnissen orientieren. Ein weiteres Element ist ein stärker auf Zusammenarbeit basierender Ansatz bei der technischen Entwicklung. „Manchmal ist der Zugang zu einer bestimmten Technologie wichtiger, als sie selbst zu entwickeln“, sagt sie. „Das heißt, mehr Zusammenarbeit liegt im Trend – Zusammenarbeit mit Start-ups und externen Playern, mit Universitäten, mit Lieferanten, beispielsweise bei grünem Stahl, oder mit Kunden.“

Eine Kultur der Zusammenarbeit und Vielfalt ist laut Ölme ein wesentlicher Faktor.

Kultur ein wichtiger Faktor

Engere Zusammenarbeit in der von Geheimhaltung geprägten industriellen Forschung und Entwicklung erfordert ein Umdenken. „Zusammenarbeit könnte als Kontrollverlust oder Preisgabe von Technologien aufgefasst werden“, so Ölme, „aber meiner Erfahrung nach arbeiten die meisten Ingenieure und Mitarbeiter in meiner Organisation gerne mit anderen zusammen. Sie sagen ‚Diese Leute sind Experten auf Gebieten, in denen ich mich nicht auskenne. Auf diese Weise schaffe ich mehr.’“

Für Annika Ölme ist die Förderung der richtigen Einstellung der Angestellten bei der technischen Entwicklung ausschlaggebend für den langfristigen Erfolg von SKF. „Dabei ist mir sehr wichtig, dass wir eine Kultur haben, die Vertrauen und psychologische Sicherheit schafft und die es Menschen ermöglicht, Neuerungen zu wagen und dabei auch mal zu scheitern“, beschreibt Ölme. „Die Technik schreitet heutzutage so schnell voran, dass wir agiler sein und mehr experimentieren müssen.“

Vielfalt ist eine weitere Priorität. Als Frau in der traditionell männerdominierten Welt der Technik hat Ölme hier direkte persönliche Erfahrungen. „Auf dem Gymnasium waren in meiner Klasse in den naturwissenschaftlichen Fächern nur sieben Mädchen von insgesamt 35 Schülern“, erinnert sie sich. „Auf der Universität studierten im Bereich Ingenieurwesen nur sieben Prozent Frauen, und bei den Technischen Vorständen liegt der Anteil der Frauen auch heute noch lediglich bei acht Prozent.“

SKF unternimmt seit mehreren Jahren konkrete Maßnahmen gegen dieses Geschlechterungleichgewicht; und es gibt inzwischen ermutigende Anzeichen, dass sich die Situation verbessert. „In meiner Abteilung sind 38 Prozent der Führungskräfte Frauen, und darüber bin ich sehr froh“, betont Ölme. „Unternehmensweit beträgt der Anteil jedoch eher 19 Prozent. Da bleibt noch einiges zu tun.“

SKF setzt sich intensiv dafür ein, diese Lücke zu schließen, und misst tatsächlich, wie erfolgreich das Unternehmen darin ist, weibliche Talente zu gewinnen. Bei leitenden Führungskräften sind Diversitätsmaße inzwischen in allen Abteilungen Teil des formalen Leistungsbewertungsprozesses.

Geschlechtervielfalt im technischen Bereich ist nicht nur ein Thema für SKF. „Mädchen und Jungen unter zehn oder zwölf Jahren sind gleichermaßen an Technik interessiert“, sagt Ölme. „Im Teenageralter verlieren Mädchen dann oft dieses Interesse. Die Forschung schreibt einen Großteil dieser Entwicklung dem Fehlen von Vorbildern oder der mangelnden Ermunterung durch Eltern, Lehrer, Freunde und Medien zu. Nicht jeder hat einen Vater, der Ingenieur ist.“

Ölme leitet zurzeit ein Projekt, das darauf abzielt, Mädchen durch Information und Ausbildung eine bessere Wahrnehmung dieses Sektors zu vermitteln. An dem Projekt sind SKF und ein Konsortium von schwedischen Technologieunternehmen und Bildungsinstitutionen beteiligt. „Für mich ist das eine echte Herzensangelegenheit“, schließt Ölme. „Wie können wir dafür sorgen, dass es in der kommenden Generation etwas anders aussieht?“

Ein Spitzenunternehmen für Frauen

SKF ist stolz darauf, nach dem Forbes-Ranking für 2023 zu den weltweit besten Unternehmen für Frauen zu gehören.

Die Forbes-Liste basiert auf der Befragung von über 70.000 Frauen in 37 Ländern, die für multinationale Unternehmen tätig sind.

Die Teilnehmerinnen wurden gebeten, ihren Arbeitgeber im Hinblick auf die allgemeine Arbeitssituation und auf genderspezifische Fragen wie Lohngleichheit oder Chancengleichheit bei Beförderungen im Vergleich zu ihren männlichen Kollegen zu bewerten.

SKF ist eins von nur fünf schwedischen Unternehmen unter insgesamt 400 Organisationen auf der diesjährigen Liste und eins von 38 Unternehmen im Maschinenbau- und Fertigungssektor.

Mädchen & Technik

2023 lancierten die Abteilung für technische Entwicklung von SKF und das Wissenschaftszentrum Universeum in Göteborg eine neue langfristige Initiative: „Flickor & Teknik“ (Mädchen & Technik).

Mit dem Programm soll die wichtige Frage untersucht werden, warum so viele Mädchen in der Grundschule an Naturwissenschaften, Technik und Mathematik interessiert sind, aber erheblich weniger eine höhere Ausbildung oder berufliche Tätigkeit auf diesen Gebieten wählen.

Die „Flickor & Teknik“-Initiative soll akademische Forschung mit praktischen Maßnahmen wie Informationsveranstaltungen, Events, Praktika und Betreuung durch Wissenschaftlerinnen, Ingenieurinnen und Innovatorinnen kombinieren.

https://www.universeum.se/en

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