Ingenieurswissen

Schmierfette: Den Geheimnissen ihres bemerkenswerten Verhaltens auf der Spur

Seit Jahrhunderten sind Schmierfette ein fester Bestandteil unseres alltäglichen Lebens und sie sind sehr wichtig für den reibungslosen Betrieb von Maschinen und Anlagen. Die aus einem Grundöl und einem Verdicker bestehenden halbflüssigen Substanzen besitzen besondere Eigenschaften, die sie in den unterschiedlichsten Anwendungen – von Wälzlagern bis hin zu Kfz-Komponenten – unentbehrlich machen.
(Basierend auf dem Artikel „A Coarse Grained Molecular Dynamics Model for the Simulation of Lubricating Greases“)

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Die Geschichte der Schmierfette reicht mehr als 3.000 Jahre zurück, als frühere Zivilisationen Substanzen wie Hammel- oder Rinderfett als primitive Achsenschmiere verwendeten. Die moderne Entwicklungsgeschichte der Schmierfette begann mit der Entdeckung von Erdöl in den USA und führte zur Herstellung von Mehrzweckfetten in den 1930er- und 1940er-Jahren. Das 1942 entwickelte und auf einem Lithiumhydroxystearat-Verdicker basierende Schmierfett besitzt heute einen Marktanteil von über 50 Prozent und seine anspruchsvollste Anwendung ist der Einsatz in Wälzlagern. Bild 1 zeigt eine vergrößerte Darstellung eines typischen Lithiumfetts.
Bild 1: Typisches Erscheinungsbild der Mikrostruktur eines Lithiumfetts. Das Bild wurde mit einem Rasterkraftmikroskop aufgenommen und freundlicherweise von Sathwik Chatra zur Verfügung gestellt.

Die beachtliche Leistungsfähigkeit von Schmierfetten beruht weitgehend auf ihren rheologischen Eigenschaften, die ihr Fließverhalten und ihr Verhalten bei unterschiedlichen Einsatzbedingungen bestimmen. Schmierfette weisen eine spezielle Kombination aus feststoffähnlichen und flüssigkeitsähnlichen Eigenschaften auf, die sie sowohl vor Auslaufen schützen als auch unter Einwirkung von Scherkräften sehr beweglich machen.

Man stelle sich ein fettbefülltes Wälzlager im Ruhezustand vor. Hier verhält sich das Schmierfett wie ein Festkörper, der ein leichtes Auslaufen des Fettes aus dem Lager verhindert. Dies ist ein wesentlicher Vorteil gegenüber der ausschließlichen Verwendung von Schmieröl, da der Schmierstoff auch in Bereichen verbleibt, in denen keine Scherkräfte wirken, wie zum Beispiel an den Lagerschultern, Dichtungen und dem Gehäuse.

Sobald sich das Lager jedoch zu drehen beginnt, verändert sich das Schmierfett erheblich. Unter Einwirkung von Scherkräften nimmt die scheinbare Viskosität des Fettes ab, so dass es leichter fließen kann. Dieses Scherverdünnungsverhalten ist auf die Mikrostruktur des Schmierfetts zurückzuführen, die aus einem Netzwerk von Fasern besteht, die von den Verdickermolekülen gebildet werden.

Während der anfänglichen Walkphase des Lagers ist das Schmierfett einer hohen Scherenergie ausgesetzt, wodurch sich die Fasern ausrichten und das Netzwerk vorübergehend aufgebrochen wird. Infolgedessen nimmt die Viskosität des Schmierfetts deutlich ab und es wird sehr beweglich, so dass es in die kritischen Bereiche des Lagers fließen kann.

Wenn das Lager nun weiter betrieben wird, geht das Schmierfett in die sogenannte Ausblutungsphase über, in der nur noch ein langsamer, kriechender Fettfluss stattfindet. In dieser Phase geben die semistationären Fettreservoirs, die sich in den nicht benetzten Bereichen des Lagers gebildet haben, langsam das Grundöl ab und füllen die dünnen Schmierschichten in den Laufbahnen auf. Diese Nachbefüllung ist für die lange Lebensdauer des Lagers wichtig, da sie eine konstante Schmierstoffversorgung gewährleistet.

Wir haben verschiedene Modelle und Simulationen entwickelt, um das komplexe Verhalten von Schmierfetten besser verstehen zu können. Ein solcher Ansatz ist die Verwendung grobkörniger Molekulardynamik, die es ermöglicht, die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Schmierfettkomponenten auf mesoskaliger Ebene zu untersuchen. Bild 2 zeigt ein Beispiel für die von uns verwendeten Simulationssysteme. Man beachte, dass die Simulationen dreidimensional sind, obwohl hier nur ein zweidimensionales Bild dargestellt ist.

Bild 2: Schnittbild eines der für die Schmierfettsimulationen verwendeten Systeme
In dieser Studie haben wir ein Computermodell erstellt, das eine Suspension aus interagierenden, halbflexiblen Fasern simuliert, die den Fettverdicker darstellen. Diese Fasern werden in ein implizites Lösungsmittel getaucht, das das Grundöl darstellt. Durch Anpassung der Länge, Steifigkeit und Konzentration der Fasern konnte untersucht werden, wie diese Parameter die rheologischen Eigenschaften des Schmierfetts beeinflussen. Bild 3 zeigt eine visuelle Darstellung der Wechselwirkungen zwischen den in unserem Modellierungsrahmen verwendeten Fasern.
Bild 3: Schematische Darstellung der grobkörnigen Fasern und ihrer Wechselwirkungen

Die Simulationen haben einige bemerkenswerte Erkenntnisse erbracht. Zunächst einmal haben wir festgestellt, dass längere und steifere Fasern sowie höhere Faserkonzentrationen dazu neigen, sich stärker in Richtung der einwirkenden Scherung auszurichten. Diese Ausrichtung ergibt sich aus dem Formänderungswiderstand der Fasern, denn die steiferen und längeren Fasern können unter den Scherkräften nicht so leicht brechen oder ihre Ausrichtung ändern.

Die Simulationen haben auch gezeigt, dass die Viskosität des Schmierfetts mit der Länge, Steifigkeit und Konzentration der Fasern zunimmt. Dies deckt sich mit vorhandenen theoretischen Modellen, die prognostizieren, dass das Vorhandensein von nicht kugelförmigen Partikeln, wie beispielsweise die Fasern des Schmierfetts, dem Fließen einen Widerstand entgegensetzt, wodurch sich die Viskosität erhöht (Bild 4).

Bild 4: Fließkurven aus Simulationen mit gleichmäßiger Scherung, die das Scherverdünnungsverhalten der Probe zeigen. Wir haben den Einfluss (a) der Länge der Fasern, (b) ihrer Volumenkonzentration und (c) ihrer Steifigkeit untersucht.

Interessanterweise konnten wir das individuelle Verhalten der Fasern genauer untersuchen. Dabei haben wir festgestellt, dass die auf das Schmierfett einwirkende Scherverformung die Fasern verlängert und die Zugspannungen in ihnen erhöht. Während die Energie einer Bindung im Gleichgewichtszustand konstant bleibt, nimmt sie unter Scherbelastung mit der Faserlänge zu, so dass längere Fasern aufgrund der höheren Spannungen leichter brechen können.

Wir haben auch das Verhalten des Schmierfetts unter schwingender Scherbelastung untersucht, wobei die in vielen Anwendungen auftretenden dynamischen Belastungsbedingungen simuliert wurden. Die Simulationen haben gezeigt, dass sowohl der Speichermodul (elastische Komponente) als auch der Verlustmodul (viskose Komponente) mit der Länge, Steifigkeit und Konzentration der Fasern zunehmen (siehe Bild 5). Dies entspricht den experimentellen Ergebnissen und liefert wichtige Erkenntnisse über die viskoelastischen Eigenschaften des Schmierfetts.

Bild 5: Elastische (durchgezogene Linien, ausgefüllte Kreise) und viskose (gestrichelte Linien, nicht ausgefüllte Kreise) Moduln in Abhängigkeit von der Schwingungsfrequenz. Es wurde der Einfluss (a) der Länge der Fasern, (b) ihrer Volumenkonzentration und (c) ihrer Steifigkeit untersucht.

Der in dieser Studie entwickelte umfassende Modellierungsrahmen bietet ein leistungsfähiges Instrument zur Untersuchung des Schmierfettverhaltens auf zeitlicher und räumlicher Ebene, das sich durch Experimente nicht so leicht erschließen lässt. Auch wenn die derzeitigen Ergebnisse in erster Linie qualitativer Art sind, so gehen wir doch davon aus, dass dieser Ansatz eine hilfreiche Grundlage für die weitere Entwicklung von Schmierfettformulierungen und die Optimierung ihrer Leistungsfähigkeit in verschiedenen Anwendungen sein wird.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Schmierfette bemerkenswerte Substanzen sind, die über Jahrhunderte weiterentwickelt wurden, und deren komplexes Verhalten Wissenschaftler und Ingenieure nach wie vor fasziniert. Indem wir den Geheimnissen der Schmierfettrheologie mithilfe fortschrittlicher Computermodelle auf die Spur kommen, können wir umfassendere Kenntnisse über diese vielseitigen Schmierstoffe erlangen und somit den Weg bereiten für die Entwicklung von noch effizienteren und zuverlässigeren Schmierlösungen für die unterschiedlichsten Branchen.

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