Industrie
Alessandro Benevelli (links), kaufmännischer Leiter, und Alberto Benevelli, Geschäftsführer des Familienunternehmens Benevelli S.r.l.

Getriebe für E-Motoren

Vor 20 Jahren stieg der Getriebehersteller Benevelli von Verbrennungsmotoren auf Elektroantriebe um. Heute erntet das Familienunternehmen in der Nähe von Modena die Früchte dieser Entscheidung.

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Im Jahr 1996 traf Alberto Benevelli eine elektrisierende Entscheidung für die Zukunft von Benevelli S.r.l. Sein Vater, Emidio Benevelli, hatte seit 1962 mit großem Erfolg Getriebe für Verbrennungsmotoren gebaut. Aber als Alberto das Ruder übernahm, kriselte die Branche. Angesichts der rückläufigen Marktentwicklung bei Benzinmotoren wollte er einen neuen Weg einschlagen.
 

Benevelli

Gründung: 1962 von Emidio Benevelli
Leitung: Alberto Benevelli, Geschäftsführer
Sitz: Rubiera, Reggio Emilia, Italien
Besitzverhältnisse: Privatbesitz
Produktlinien: Konstruktion und Bau von elektrischen Antriebssträngen wie Getrieben, Power Drive Units und Transaxle-Getrieben in modularer ­Bauweise für alle Arten von Fahrzeugen mit Eigenantrieb. Gefertigt werden auch mechatronische Antriebslösungen, Allrad-Verteilergetriebe und Radantriebe.
Mitarbeiterzahl: 24

www.benevelli.it

Alberto Benevelli erfuhr, dass ein örtliches Unternehmen gerade an der Entwicklung von Flurförderzeugen mit Elektroantrieb arbeitete. Sein Gespür riet ihm, ein Transaxle-Getriebe speziell für batteriegetriebene Fahrzeuge zu konstruieren, denn die damals auf dem Markt verfügbaren Antriebsstränge waren zu schwer, zu laut oder zu unzuverlässig für diese neue Anwendung.

Die Veränderung des Produktschwerpunkts zwang Benevelli, seine Getriebe an neue technische Anforderungen anzupassen. Elektromotoren haben mehr Elektronik und weniger mechanische Teile, und sie erfordern ein höheres Maß an Präzision.

Manchmal sind wir selbst erstaunt, in wie vielen Branchen wir vertreten sind. Alle verwenden Elektromotoren.
Alessandro Benevelli, kaufmännischer Leiter bei Benevelli

Die Motoren sind kleiner, die Energieeffizienz ist entscheidend, und der Geräuschpegel spielt eine wesentliche Rolle. „Das war bei Benzinmotoren nicht wichtig, weil sie so viel Lärm machten, dass man das Getriebe gar nicht hörte“, erinnert sich Benevelli. „Aber Elektromotoren sind praktisch lautlos, weswegen das Geräusch des Getriebes von Bedeutung ist: Wenn der Antriebsstrang laut ist, glaubt der Kunde, das Getriebe sei schlecht gebaut. “

Montage eines Differentials für einen Elektromotor.
Montage eines Differentials für einen Elektromotor.
Matteo Benevelli am automatisierten vertikalen Lagersystem.
Matteo Benevelli am automatisierten vertikalen Lagersystem.

SKF Partnerschaft

Benevelli S.r.l. hat schon immer SKF Lager verwendet, stieg jedoch 2013 ausschließlich darauf um, als Mario Bosetti, SKF Großkundenbetreuer für das Automobilgeschäft, direkt an das Unternehmen herantrat.

„Wir arbeiteten in einem wachsenden Marktsegment, dachten aber, wir hätten nicht das notwendige Volumen, um für SKF von Interesse zu sein“, erinnert sich Alberto Benevelli, der das Familienunternehmen leitet. „Bosetti erkannte unser Potenzial und kam auf uns zu. Für ihn war das vielleicht selbstverständlich, aber mir persönlich bedeutet es sehr viel.“

Heute bezieht Benevelli S.r.l. 100 Prozent seines Lagerbedarfs von SKF. Mit SKF Lagern habe es noch nie Probleme gegeben, sagt Benevelli. „SKF und wir haben dieselbe Einstellung zu unserer Arbeit. Wir stehen nicht still; unsere Produkte entwickeln sich jedes Jahr weiter. Wir verändern den Aufbau und verbessern die Leistung. SKF macht es genauso und verbessert seine Lager kontinuierlich.“

Benevelli schätzt auch den Service von SKF. Bestellungen werden pünktlich geliefert; Verkauf und Kundendienst sind jederzeit erreichbar.

Allein schon der Name SKF bietet einen zusätzlichen Mehrwert. „Unsere Kunden haben den Wechsel zu SKF begrüßt. Sie haben positiv reagiert, und warum auch nicht? Wir haben die Qualität verbessert, ohne den Preis unserer Produkte zu erhöhen.“

Zurzeit verwendet Benevelli SKF Standardkugel- und -rollenlager (Radial-Rillenkugellager, zweireihige Schrägkugellager und Kegelrollenlager). Eine kundenspezifische Zusammenarbeit war deshalb bisher nicht erforderlich. Das Unternehmen plant jedoch, die technische Partnerschaft mit SKF im Zuge seiner weiteren Entwicklung und Anpassung an den ­expandierenden Markt auszubauen.

Verglichen mit Benzinmotoren brauchen Elektromotoren zwar weniger, dafür aber besonders präzise Lager. Das Unternehmen hob deshalb die Genauigkeitsspezifikationen für Lager und Zahnräder an. Nun verwendet Benevelli Standardkugel- und -rollenlager von SKF (Radial-Rillenkugellager, zweireihige Schrägkugellager und Kegelrollenlager), die für ihre zuverlässige Leistung unter schwierigen und variierenden Einsatzbedingungen bekannt sind.

Bei autonomen Fahrzeugen ist Präzision noch wichtiger, deswegen sind Prüfverfahren und Qualitätskontrollen extrem streng. „Die Verzahnungsgenauigkeit der Getriebe für solche Fahrzeuge muss bei uns inzwischen in Mikrometern gemessen werden“, erklärt Matteo Benevelli, Albertos jüngerer Sohn, der im Unternehmen die Produktion leitet.

Viele Anwendungen sind für kompakte autonome und nicht-autonome Fahrzeuge mit hohen Leistungsanforderungen vorgesehen. „Das Trans­axle-Getriebe muss klein und stark sein“, stellt Alessandro Benevelli, Albertos älterer Sohn und kaufmännischer Leiter des Unternehmens, fest.

Benevelli S.r.l baut derzeit sechs Reihen von Transaxle-Getrieben ausschließlich für Elektrofahrzeuge. Sie unterscheiden sich in Größe, Leistung, Drehmoment, Nutzlast, Bremssystem und Motorspezifikation. Zwischen 2013 und 2018 stieg der Umsatz um 500 Prozent. Täglich gehen mindestens sieben Produktanfragen ohne Akquise ein.

Versandbe­reite geschliffene Zahn­räder.
Versandbe­reite geschliffene Zahn­räder.
Zahnräder von Benevelli S.r.l.
Zahnräder von Benevelli S.r.l.

Sie betreffen beispielsweise Kehrmaschinen, Schlepper, Lagerplattformen, Rollstühle, Baufahrzeuge, fahrerlose Busse, Ernteausrüstung, Eismaschinen für Kunsteisbahnen, Flughafenfahrzeuge, Amazon-Lieferfahrzeuge, E-Rennwagen und elektrische Zusatzantriebe für Pferdewagen. „Manchmal sind wir selbst darüber erstaunt, in wie vielen Branchen wir vertreten sind. Alle verwenden Elektromotoren“, meint Alessandro Benevelli.

Die kleinste, jedoch rasch expandierende Sparte des Unternehmens ist die sogenannte „E-Mobilität“. Benevelli nennt sie bewusst nicht „Automobilsparte“, weil nicht alles, was sich mit Motorantrieb auf Straßen und Wegen bewegt, notwendigerweise ein Pkw ist.

So hat zum Beispiel das französische Unternehmen Navya mit dem Autonom Shuttle einen fahrerlosen Minibus entwickelt, der bereits in 14 Städten und sieben Ländern im Einsatz ist. Ein neueres Projekt ist das Autonom Cab, ein autonom fahrendes Taxi, das ebenfalls voll elektrisch angetrieben wird. Benevelli hat die Antriebsstränge für 150 Fahrzeuge geliefert; für 2019 erwartet die Firma Bestellungen für weitere 200 Fahrzeuge.
 

Familie Benevelli ist so sehr von der Zukunft des Elektroantriebs überzeugt, dass sie 2019 eine Elektromotorreihe unter eigenem Namen produzieren will, um sicherzustellen, dass ihre Antriebsstränge in Benevelli-Motoren voll integriert sind.

„Die Zukunft des Elektroantriebs ist unsere Gegenwart“, kommentiert Alberto Benevelli. „Alles dreht sich um die Elektrotechnik. Wir, die Branche, wussten, dass es so kommt, aber wir haben nicht damit gerechnet, dass es so schnell gehen würde.“

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