Windkraft leicht gemacht

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Eine neue Windkraftanlage mit vereinfachter Konstruktion sorgt für erheblich niedrigere WartungskostenWenn es einen Aspekt gibt, der den Energieversorgern bei der Nutzung moderner Windparkanlagen Sorgen bereitet, dann ist es die Tatsache, dass Windkraftwerke allein schon wegen ihrer Dimensionen und Standorte die Wartung nicht gerade leicht machen. Zum einen befindet sich das komplizierte Getriebe oft in 80 bis 100 Meter Höhe, genau dort, wo der Wind am stärksten weht. Zum anderen sind Windkraftwerke nicht selten schwer zu erreichen, weil sie bekanntlich in unwirtlichen, windigen Gegenden errichtet werden. Der derzeitige Trend zur Offshore-Platzierung von Windparkanlagen in den stürmischen Gewässern der Nordsee macht die Wartung zu einem noch schwierigeren Unterfangen.
   Der Wartungsaufwand ist denn auch das wesentliche Argument der norwegisch-schwedischen ScanWind Group AS für ihre neue 3-Megawatt-Windenergieanlage, von der sie behauptet, sie müsse nur einmal pro Jahr gewartet werden. Die Anlage ist speziell für Offshore-Standorte entwickelt worden.
   Wie Bengt Göransson, technischer Leiter der ScanWind Group und Geschäfts-führer ihrer schwedischen Tochtergesellschaft SW Vindkraft AB, sagt, liegt das Geheimnis in der Vereinfachung der Konstruktion. Die meisten modernen Windkraftwerke arbeiten mit einem Getriebe, das die vom Rotor erzeugte Drehzahl in die für den Generator notwendige erheblich höhere Drehzahl umwandelt. Scandwinds Anlagen kommen dagegen völlig ohne Getriebe aus.
   „Stattdessen aktivieren die drehenden Rotorblätter einen mit Permanentmagneten bestückten Läufer, der in Verbindung mit einem Stator Strom erzeugen und diesen direkt in das Netz weiterleiten kann, so dass ein Transformator nicht erforderlich ist. Das System funktioniert nach dem gleichen Prinzip wie ein Fahrraddynamo, der direkt von dem rundlaufenden Rad des Fahrrads angetrieben wird“, erklärt Göransson.
   Es gibt noch andere getriebelose Windturbinenmodelle auf dem Markt, aber Scanwinds Versionen unterscheiden sich durch die Verwendung von Permanentmagnetgeneratoren, die ohne Schleifring arbeiten.
   Das Gewicht der Eisenmagnete stellt einen Nachteil dar. Scanwinds Gondel, jene Konstruktion, die den hoch oben am Turm angebrachten und mit den Rotorblättern verbundenen Generator trägt, wiegt schätzungsweise 350 Tonnen – mehr als doppelt soviel wie eine herkömmliche Windturbine vergleichbarer Größe. Aus diesem Grund wird derzeit auch an der Entwicklung einer speziellen Hebevorrichtung für diese Konstruktion gearbeitet.
   Die Wartungskosten werden laut Göransson auf etwa 3 Cent pro Kilowattstunde erzeugten Strom veranschlagt. Dies entspräche ungefähr der Hälfte der heutigen Wartungskosten. Die Kosten für die Stromerzeugung selbst werden mit etwa 2,5 Cent pro Kilowattstunde angegeben.
Staatliche Unterstützung
Offiziell existiert die Windturbine noch gar nicht. In Schweden und Norwegen befinden sich zwei verschiedene Versionen der Anlage in Entwicklung, beide teilweise mit staatlicher Unterstützung. Sämtliche Teile der Windturbinen werden von Scanwind konzipiert mit Ausnahme der elektrischen Systeme.
   In Schweden heißt das Demonstrationsprojekt Näsudden III und wird für das staatliche Energieversorgungsunternehmen Vattenfall gebaut. Der ABB-Konzern entwickelt zurzeit den Hochspannungsgenerator mit Permanentmagneten sowie das als „Windformer“ bezeichnete elektrische System. Diese Technologie eliminiert die Notwendigkeit eines Transformators, ein besonders wünschenswerter Vorteil für Offshore-Anlagen. Wie Göransson sagt, hat ABB das System bereits in Wasserkraftwerken sowie in seiner eigenen Prüfturbine getestet.
   In Norwegen befindet sich ein ähnliches Projekt im Bau, und zwar für den kommunalen Energieversorger Nord Trøndelag Elværk. Siemens in Deutschland entwickelt das elektrische System. Diese Anlage arbeitet mit einer etwas anderen Technik, die eine Gewichtsreduzierung von rund 100 Tonnen ermöglicht.
   Beide Modelle sind im Endstadium der Entwicklung. Der Windformer-Generator ist soweit fortgeschritten, dass er in Kürze getestet werden kann. Die entsprechenden Testturbinen sollen bis zum Sommer 2002 errichtet sein. Für 2003 ist geplant, die ersten derartigen Anlagen an Netz gehen zu lassen.
„Unsere Absicht ist, in Norwegen und Schweden eine eigene Windkraftindustrie aufzubauen“, erklärt Göransson und fügt noch hinzu, dass die Länder mit den erfolgreichsten Windenergiemärkten wie Deutschland und Dänemark auch diejenigen Länder sind, die bei der Vermarktung von Windkraft und beim Aufstellen nationaler Zielsetzungen am weitesten gekommen sind.
Jack Jackson
  
Freier Journalist in Århus, Dänemark
  
Illustrationen Nya Perspektiv Design Ab und Scanwind
  

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