Ausbruchversuche Sonja Stojanovic

Stojanovic ist Personalleiterin bei der ANZ Bank (Australia & New Zealand Banking Group) in Australien und hat dort die Art, wie obere Führungskräfte interagieren und kooperieren, radikal verändert. In den letzten drei Jahren hat sie mit 15.000 der 25.000 Bankangestellten ein Ausbildungsprogramm durchgeführt und ihnen beigebracht, wie man mit den täglichen Belastungen am Arbeitsplatz umgeht.

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„Wir stoßen oft rein zufällig auf Dinge, auf die wir ein Leben lang gewartet haben”, sagt Sonja Stojanovic, Personalleiterin bei einer australischen Bank. Sie ist selbst ein solcher Fall
Als Sonja Stojanovic Anfang 20 war, wusste sie nicht so genau, was sie eigentlich wollte. Das hat sich geändert. Heute hat die gebürtige Neuseeländerin eine Führungsposition  bei einer der größten Banken Australiens und steht an der Spitze einer Managementrevolution.

Stojanovic ist Personalleiterin bei der ANZ Bank (Australia & New Zealand Banking Group) in Australien und hat dort die Art, wie obere Führungskräfte interagieren und kooperieren, radikal verändert. In den letzten drei Jahren hat sie mit 15.000 der 25.000 Bankangestellten ein Ausbildungsprogramm durchgeführt und ihnen beigebracht, wie man mit den täglichen Belastungen am Arbeitsplatz umgeht.

Das „Breakout”-Programm (Breakout = Ausbruch), wie es die ANZ Bank nennt, arbeitet mit Werkzeugen der emotionalen Intelligenz (EQ), die 1995 von dem amerikanischen Psychologen, Daniel Goleman, entwickelt wurden, um die Verhaltensweise der Menschen  am Arbeitsplatz zu verändern. Der Erfolg dieses Konzepts bei den Angestellten der Bank hat weltweite Aufmerksamkeit  erregt. Das Breakout-Programm ist Teil der internen Vision, die die Bank mit den Worten „Perform, Grow and Breakout” (Leistung, Wachstum und Ausbruch) zusammenfasst. Ziel ist es, der Organisation ein menschliches Gesicht zu geben  und gleichzeitig höhere Gewinne anzustreben. Sowohl das Programm als auch die Vision wurden äußerst positiv aufgenommen. Die ANZ Bank gilt heute als attraktiver Arbeitsplatz, und die Bewerbungen von Hochschulabsolventen sind stark angestiegen.

Während Stojanovics Studienzeit deutete nur wenig darauf hin, dass sie einmal so erfolgreich sein würde. Ihr Zoologie- und Botanikstudium in Neuseeland brach sie ab, um in der Welt herumzureisen.

„In fünf Jahren hatte ich nur einen einzigen Job. Ich unterrichtete Englisch im Iran, wo ich zweieinhalb Jahre verbrachte”, erzählt sie. „Ich bereiste Afrika, den Nahen Osten, Asien und Europa – immer mit dem Rucksack auf dem Rücken.”

Erfahrungen im Iran
Beim Englischunterricht im Iran kam Stojanovic mit der Imperial Iranian Air Force und zwei amerikanischen multinationalen Unternehmen in Kontakt. Als der Schah 1979 gestürzt wurde, war sie gezwungen, das Land zu verlassen. Nach  ihrer Rückkehr nach Neuseeland nahm sie eine Stelle bei einer staatlich finanzierten Berufsausbildungsstätte an, die Programme für das Hotel- und Gastronomiegewerbe sowie für die Tourismusbranche entwickelte. 1987 zog sie nach Australien und begann bei Shell in der Ausbildungs- und Entwicklungsabteilung. Hier führte sie TQM(Total Quality Management)-Programme ein.

Ihre erste Stelle im Personalwesen trat sie bei dem multinationalen Lebensmittelhersteller Heinz an. Hier lernte sie direkt die negative Seite dieses Tätigkeitsbereichs kennen. Ihre erste Aufgabe bestand nämlich darin, Stellen zu streichen und Leute „freizustellen”. Innerhalb von 18 Monaten entließ sie 185 Beschäftigte und schloss im Zuge der Stellenstreichungen eine größere Fabrik in Japan.1998 wechselte sie zur ANZ Bank und übernahm den Posten als Personalleiterin für das internationale Bankgeschäft. Zu jener Zeit kämpfte die Bank mit den Folgen der Wirtschaftskrise in Asien, die zu Verlusten in einer Größenordnung von 11,5 Milliarden Dollar geführt hatte. Der neue Vorstandsvorsitzende John McFarlane, stand unter Druck, für die Bank eine neue Strategie zu erarbeiten, um von den Risikogeschäften wegzukommen.

ANZ wandte sich an das Beratungsunternehmen, McKinsey & Company, um sich über den Aufbau einer Unternehmenskultur beraten zu lassen, die die Vision der Bank reflektieren sollte. Stojanovic wurde dazu ausersehen, in einem dreiköpfigen Team zusammen mit McKinsey an diesem Projekt zu arbeiten. Das Ergebnis von sechs Monaten Analysen und Diskussionen war ein Programm, mit dem die Prinzipien des EQ-Konzeptes von Goleman eingeführt werden sollten.

Zweitägige Schulung 
Das Programm  mit der Bezeichnung „Breakout and Cultural Transformation” begann im März 2001 und richtete sich an die 300 höchsten Führungskräfte der Bank. Es bestand aus einer zweitägigen Schulung, die darauf abzielte, das Vertrauen unter den Beschäftigten zu stärken, die Zusammenarbeit zu fördern und innerhalb der Organisation einen Werterahmen zu schaffen. Die Ausbildungsseminare finden auch heute noch statt.

Nach Ansicht von Stojanovic funktionieren die alten auf „Befehlstaktik” basierenden Führungstheorien nicht mehr, weil die Organisationen wesentlich komplexer geworden sind. Laut Goleman umfasst emotionale Intelligenz Selbstbewusstsein, Impulskontrolle, Beharrlichkeit, Eifer, Motivation, Empathie und soziales Geschick. Menschen, die in diesen emotionalen Bereichen über hohe Qualifikationen verfügen, sind oft erfolgreich in ihrer Tätigkeit, weil sie positive Beziehungen zu ihren Kollegen aufbauen können.

Die überwältigende Mehrheit des Personals reagierte positiv auf das Breakout-Programm, obgleich sich einige damit schwer taten. „Anfangs wurde das Programm von vielen verspottet, und wir haben immer noch Leute, die sich zynisch darüber äußern”, so Stojanovic. Dennoch besteht kein Zweifel daran, dass sie eine wahre Revolution in der Bank zu Wege gebracht hat.

Stressabbau
Auf dem zweitägigen Breakout-Seminar lehrt Stojanovic einfache Meditations- und Atemtechniken. Sie arbeitet auch mit dem Konzept von Anna Wise, deren Buch The High-Performance Mind (deutsche Übersetzung: Power Mind Training) sich mit einer Methode zur Verlangsamung der Gehirnwellenaktivität befasst, um sich in einen halbmeditativen Zustand zu versetzen, der kreativere Entscheidungen ermöglicht.

Stojanovics Schulungen haben zu konkreten Fortschritten geführt, wie etwa eine verbesserte Zusammenarbeit zwischen den Bankdivisionen für das Firmengeschäft und das institutionelle Geschäft. Von einer einheitlichen Plattform aus können diese Divisionen jetzt externen Kunden gegenüber gemeinsame Dienstleistungen auf effizientere Weise anbieten. Zurzeit hilft Stojanovic der Agro-Division dabei, die Zusammenarbeit mit dem Geschäftsbereich für kleinere und mittelständische Firmenkunden effizienter zu gestalten. Darüber hinaus hat sie mit einem Ausbildungsprogramm für alle Gebiets- und Filialleiter begonnen, das darauf abzielt, sie zum Coach ihres jeweiligen Personals zu machen.

Wenn sie nicht arbeitet, fährt sie zu ihrem Landhaus, um zu reiten oder im Garten zu arbeiten. Seit neuestem nimmt sie auch Gesangsstunden. Nach den rastlosen Jahren ihrer Jugend scheint sie heute ihre Form eines glücklichen Lebens gefunden zu haben.

„Wir stoßen oft rein zufällig auf Dinge, auf die wir ein Leben lang gewartet haben”, meint sie. „Ich habe nicht die Absicht, ANZ zu verlassen, weil wir in unserer Bank einen kulturellen Wandel in Gang gesetzt haben, wie er spannender und interessanter nicht sein könnte.

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