Cary Cooper

Kämpfer gegen Stress

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Stress am Arbeitsplatz ist nicht gut für uns und unsere Familien. Das ist allgemein bekannt. Der britische Professor Cary Cooper hat Fakten und Zahlen, die das belegen. Dieses Wissen will er in die Öffentlichkeit hinaustragen, um so nachhaltige Veränderungen im Arbeitsleben voranzutreiben.

Cary Cooper sitzt in seinem neuen Büro an der Lancaster University  im Norden Englands und trinkt Tee aus einem Becher mit dem Emblem seines bevorzugten Fußballvereins, Manchester City – ein Zeichen dafür, wie sehr dem Amerikaner Cooper seine Wahlheimat am Herzen liegt. Cooper wurde vor zehn Jahren britischer Staatsbürger, und der Fußballverein ist eine seiner Leidenschaften. Das Los der britischen Arbeitnehmer und ihrer europäischen Kollegen zu verbessern, ist eine weitere.

Cooper ist fest davon überzeugt, dass mangelnde Balance zwischen Arbeit und Privatleben den Arbeitnehmern und ihren Familien nicht bekommt. Diese auf eingehenden Untersuchungen basierende Überzeugung hat ihm ein starkes Medienprofil und einen internationalen Ruf als „Stress-Guru“ für Arbeitspsychologie und Arbeitsschutz eingebracht.

Cooper hat erst kürzlich den Arbeitsplatz gewechselt. Bevor er zur Lancaster University kam, war er am Institut für Wissenschaft und Technik der Universität von Manchester, etwa 130 Kilometer entfernt, als Professor für Arbeitspsychologie und Arbeitsschutz tätig.

Coopers Name weckt gewisse Assoziationen zur Filmwelt. Das liegt daran, dass seine Mutter, eine gebürtige Rumänin, ihren Sohn nach ihrem Lieblingsfilmstar der vierziger Jahre, Cary Grant, nannte. Der Familienname Cooper habe nichts mit dem Hollywoodschauspieler Gary Cooper zu tun, sondern, so glaubt er, sei eine anglisierte Version des russischen Namens seines Vaters. „Meine Eltern waren beide Juden, die aus Osteuropa flohen und sich im Westen von Hollywood niederließen.“

Empathischer
Cooper kam vor 30 Jahren zum ersten Mal nach Großbritannien, um sein Studium an der Leeds University fortzuführen. Ihm gefiel, was er sah, und er entschied zu bleiben. „Es schien mir eine empathischere und zivilisiertere Gesellschaft zu sein, mit einem öffentlichen Gesundheitswesen und einem Sozialsystem. Das fand ich gut, obwohl sich inzwischen viel geändert hat, vor allem seit den achtziger Jahren“, erzählt er hinter seinem makellos aufgeräumten Schreibtisch sitzend. Ein Teddybär mit der Botschaft „I’m stressed“ hört unserer Unterhaltung zu.

Im Gegensatz zu vielen anderen Akademikern versteckt sich Cooper mit seinen Forschungsergebnissen nicht hinter akademischen Mauern. Er will, dass sie an den entscheidenden Stellen bekannt werden und dass man nach ihnen handelt. „Ich spezialisierte mich darauf “, meint er, „weil ich erkannte, wie die Situation an den Arbeitsplätzen aussah – wie Arbeitnehmer schikaniert, Frauen oder Angehörige einer ethnischen Minderheit in ihrer Karriere behindert und Familien durch die Auswirkungen von langen Arbeitstagen kaputt gemacht wurden, gar nicht zu reden von den gesundheitlichen Folgen.“

Coopers Liste von Engagements neben seiner Tätigkeit als Professor ist wirklich atemberaubend – die Seminare, die er weltweit besucht, seine Forschungsarbeit, die Bücher, die er geschrieben hat, und nicht zuletzt die Beratungsfirma im Bereich Betriebspsychologie, die er 1999 mitbegründete. Man kann sich kaum vorstellen, dass er überhaupt Freizeit hat, aber vor drei Jahren lernte er das Klavierspielen, er schwimmt mindestens dreimal pro Woche, ist ein eifriger Leser von russischer Literatur und unterstützt aktiv seine Lieblingsmannschaft, den Fußballverein Manchester City. Mit 63 Jahren hat er immer noch die Energie, all diese Dinge zu tun, ohne sich überlastet zu fühlen.

Freiräume schaffen
„Ich nehme mir die Ergebnisse meiner Forschung zu Herzen. Sie zeigen mir, dass eine zu hohe Arbeitslast die Leute krank macht und zu Ehescheidungen führt“, erklärt er. „Das Geheimnis ist, ‚nein‘ sagen zu lernen. Man kann nicht alles machen und muss sich Freiräume schaffen”.

Seine Bemühungen, Arbeitsplätze menschlicher zu gestalten, gehen vielleicht auf seine Studienzeit in Los Angeles zurück. Während er an der University of California studierte, hatte er einen Job als Sozialarbeiter in einem der ärmsten Viertel der Stadt. „Ich glaube, mein Wunsch, das Leben der Leute zu verbessern, stammt aus jener Zeit“, so Cooper. „Ich bin eine Art Sozialarbeiter für die Industrie, jedoch mit dem wissenschaftlichen Hintergrund, um meiner Botschaft Gewicht zu verleihen. Oder es lag an dem vergangenheitsbedingten Mangel an Geborgenheit im Leben meiner Eltern, dass ich mich dazu bewogen fühlte, ihnen und anderen ein besseres Leben zu verschaffen.“

Laut Cooper haben sich die Arbeitsplätze in Europa in den Jahren, seit er in England lebt, beträchtlich verändert. „Sie haben sich amerikanischen Verhältnissen angepasst, auch in Skandinavien – vor allem in Schweden, das immer mit entsprechenden Gesetzen und guten arbeitnehmerfreundlichen Bestimmungen ein Vorbild war. Das Diktat der Globalisierung hat die Europäer dazu gezwungen sich umzustellen, um mit den USA konkurrieren zu können.“

Das Ergebnis ist eine verunsicherte und gestresste Arbeitnehmerschaft, und diese Situation wiederum hat zu steigenden Scheidungsraten und Krankschreibungen geführt. „Immer häufiger ist zu beobachten, dass die Arbeitgeber ihren Teil der Verantwortung nicht erfüllen und dass Arbeitnehmer nicht in die Entscheidungsprozesse eingebunden werden“, kritisiert Cooper. „Die Arbeitgeber halten die Beschäftigten, solange sie gebraucht werden, und lassen sie fallen, wenn sie überflüssig geworden sind. Die Folge ist ein enormer Anstieg von stressbedingten Krankheiten.“

Gott sei Dank erinnert uns Cooper sowohl durch sein eigenes Beispiel als auch durch seine Forschung daran, dass es nicht an jedem Arbeitsplatz so zugehen muss.

 

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