Chaya Chatterjee

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Botschafter für eine MarkeAls Chaya Chatterjee 1995 im Alter von 31 Jahren die Marketingabteilung von Škoda Deutschland übernahm, verknüpfte man die Škoda-Fahrzeuge allgemein mit den Adjektiven „billig“, „lustig“ und „tschechisch“. Die Autos hatten sich in den vielen Jahren, in denen Škoda ein Staatsunternehmen war, einen schlechten Ruf eingehandelt.
   Chatterjee hat es sich zur Aufgabe gemacht, diesen Ruf zu ändern. „Viele kannten die Marke Škoda nicht einmal, und diejenigen, die sie kannten, hielten sie für eine billige Marke“, so Chatterjee. „Das waren die Voraussetzungen am Anfang. Wir merkten aber, dass die Leute richtig überrascht waren, wenn sie sich in eines unserer Autos hineinsetzten und eine Probefahrt machten. Genau das ist zu einem wichtigen Bestandteil unserer Aktivitäten geworden.“
   Chatterjees Motto lautet: „Wenn die Kunden nicht zu uns kommen wollen, müssen wir zu ihnen gehen.“ Und das war der Anfang der Road-Shows von Škoda, wo das Unternehmen seine Fahrzeuge inzwischen auf über 100 Veranstaltungen im Jahr präsentiert. „Wir erreichen mit unseren Road-Shows einen potenziellen Zuschauerkreis von jährlich 30 Millionen“, meint Chatterjee. Auch wenn die Leute keine Probefahrt machen, werden sie mit dem Namen bekannt gemacht und sie erfahren, dass es einen cleveren interessanten Autohersteller namens Škoda gibt.
   Die größte Road-Show findet im Zusammenhang mit der Kieler Woche statt. Diese zehntägige Segelregatta und Messeveranstaltung zieht anderthalb Millionen Besucher an. Für Škoda ist das eine perfekte Gelegenheit, denn die Kieler Woche ist eine Attraktion für Familien und Škoda stellt sich gern als familienfreundlich dar, erklärt Chatterjee.

Škoda-Botschafter
   Bei den Škoda-Road-Shows liegt die Betonung auf Sicherheit, ein Punkt, der Familien am meisten anspricht. Dabei werden Spiele für Kinder zum Thema Verkehrssicherheit organisiert, Erwachsenen wird gezeigt, wie Kinder in einem Auto zu platzieren sind, und die „Škoda-Botschafter“ sprechen über den hohen Sicherheitsstandard sowie über andere familienfreundliche Attribute wie etwa der geräumige Kofferraum.
   Chatterjee ist auf die Škoda-Botschafter besonders stolz. In der Regel handelt es sich bei solchen Veranstaltungen um Ortsbewohner, die für die Dauer der Road-Show engagiert werden. Sie erhalten allerdings eine intensive Schulung, damit sie Škoda entsprechend vertreten. „Es spielt keine Rolle, ob das Promoting von einem Studenten gemacht wird, der sich in der Freizeit etwas dazu verdient, oder vom Geschäftsführenden Direktor. Der Verbraucher betrachtet ihn oder sie als Repräsentant von Škoda. Wichtig ist nur, dass die Grundwerte, für die unsere Marke steht, richtig vermittelt werden“, meint sie.
   Chaya Chatterjee wurde in Indien von deutsch-indischen Eltern geboren und wuchs in der Nähe von Düsseldorf auf. Wie sie sagt, war Marketing schon immer ihr großes Interesse. Die letzten zehn Jahre war Chatterjee der Marke Škoda auf unterschiedliche Weise verbunden. Zunächst arbeitete sie in der Werbeagentur, die für Škoda tätig war, dann bei der VW Bank und schließlich im Unternehmen selbst. Sie und ihr zehnköpfiges Team haben viel zum Erfolg der Marke beigetragen.
   Škoda ist der drittälteste Automobilhersteller, der immer noch Fahrzeuge produziert, und Chatterjee verwendet dies gern als Beweis für die solide Qualität, die die Marke auszeichnet. „Wir sind nicht darauf fixiert“, sagt sie, „aber es ist eine Art Versicherung.“ Wenn die Leute jedoch die jüngere Vergangenheit ansprechen, die Jahre also, in denen das Ansehen von Škoda seinen tiefsten Stand erreicht hatte, erinnert sie daran, dass nicht einmal die Planwirtschaft die Marke gänzlich vernichten konnte.
   Sie will die Geschichte des Unternehmens keineswegs verleugnen, weswegen auch der Name Škoda in Deutschland wieder seinen diakritischen „Hatschek“ über dem S erhalten hat.

Wettbewerbsfähige Autos
Auf die kommunistische Ära folgte die kapitalistische Übernahme der besten Staatsunternehmen, und Škoda machte da keine Ausnahme. 1991 ging VW ein Joint-Venture-Unternehmen mit der damaligen Tschechoslowakei ein, das Volkswagen einen Anteil von 31 Prozent an Škoda einbrachte und einen Prozess einleitete, der schließlich zur kompletten Übernahme von Škoda durch Volkswagen führte. Für Škoda bedeutete das Investitionen und die Chance, Autos bauen zu können, die in der Lage sein würden, mit jedem anderen Fahrzeug im Westen zu konkurrieren. Der Schwerpunkt liegt auf den beiden neueren Modellen: dem Fabia, das Ende 1999 eingeführte Modell der Kompaktklasse, und dem Mittelklassewagen Octavia, der 1997 auf den Markt kam.
   Chatterjee will Škoda als eine Marke propagieren, die Spitzentechnik zu attraktiven Preisen bietet. Ihre Aufgabe ist es, diese Botschaft ohne allzu großen finanziellen Aufwand zu verbreiten. „Wenn ich mir unsere Konkurrenten betrachte und die Summen, die sie in reine Werbung investieren, muss ich gestehen, so viel Geld haben wir nicht“, sagt sie. Sparsamkeit war besonders wichtig, als sie vor fünf Jahren in das Unternehmen eintrat. Seither haben sich die Umsätze und damit auch die Werbeetats etwas erhöht. Anfangs aber galt, viel mit wenig zu erreichen, und da war Kreativität gefordert.
   Die Road-Show war eine von vielen Ideen, die Škoda zum Gesprächsthema machen sollten. Es gab Werbekampagnen mit besonderem Fokus auf Verkehrssicherheit wie etwa die Aktion „Eddy der Teddy – Sicherheit für Kinder“ unter dem Motto „Kinder haben keinen Airbag“, die in Zusammenarbeit mit dem Bundesverkehrsministerium durchgeführt wurde und einen offiziellen Preis erhielt. Mit dieser Aktion konnte sich die Marke entsprechend positionieren.
   Škoda war auch die erste Marke mit einem Paketangebot, das einen Versicherungsschutz einschließt. Der Gedanke war, mit guten Ideen zu überraschen. Chatterjees erster Slogan lautete ”Škoda – sieh’ mal an!“.
   Das passt heute nicht mehr, meint Chatterjee. „Damals mussten wir noch überraschen, aber heute verfolgen wir andere Absichten. Jetzt wollen wir Zuverlässigkeit demonstrieren, um uns selbst und unsere Produkte unter Beweis zu stellen.“ Die 58.000 Fahrzeuge, die 1999 in Deutschland verkauft wurden, entsprachen einer Absatzsteigerung von 26 Prozent gegenüber dem Vorjahr und zeigen, dass die Bemühungen offenbar von Erfolg gekrönt sind. Chatterjee ist jedoch keineswegs am Ende ihrer Ziele. „Wir haben noch nicht erreicht, was wir wollen. Wir müssen den Bekanntheitsgrad der Marke erhöhen und ihr Image weiter stärken.“
   Chatterjee spricht enthusiastisch von den ersten Automobilherstellern, die genau wie die Gründer von Škoda, Vàclav Klement und Vàclav Laurin, von einer Vision getrieben wurden. Sie benutzt Worte wie „Traum“, „Glaube“ und „Pioniere“, wenn sie von Klement und Laurin spricht. Vielleicht sind heutzutage Visionen nicht mehr so dramatisch wie damals, aber die Aufgabe, die Marke Škoda im Bewusstsein der deutschen Öffentlichkeit wieder aufzubauen, hat Nerven, Glauben und jede Menge Pioniergeist gekostet.
Michael Lawton  
Journalist in Köln  
Fotos J.H. Darchinger

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