Das Geschäft mit den Siegen

Sport und Geld sind schon seit Tausenden von Jahren eng miteinander verknüpft. Das gilt heute mehr denn je, allerdings mit dem Unterschied, dass die Geldgeber heute mehr Siege sehen wollen

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Der erste Nachweisüber die Aufzeichnung sportlicher Leistungen geht zurück auf die Zeit zwischen 4.000 und 10.000 vor Christus und wurde passenderweise in China gefunden, dem Gastgeberland der 29. Olympischen Spiele. Es wurden mit Sicherheit noch ältere Spuren von sportlichen Wettbewerben gefunden. Höhlenzeichnungen im heutigen Europa weisen auf Jagdwettbewerbe und Vorbereitungen für kriegsähnliche Aktivitäten hin. Doch die Fundstücke in China aus jener Zeit belegen, dass Menschen Sport trieben, allein um sich körperlich fit zu halten. Gewichtheben, Bogenschießen und Gymnastik waren antike chinesische Sportarten und schon bald Gegenstand von organisierten Wettbewerben. Später kam ein zusätzlicher Anreiz hinzu – finanzielle Leistungen für gute sportliche Ergebnisse und für Wettsiege der Zuschauer. Schon in der Antike konnten Athleten reich werden. Der griechische Schriftsteller Plutarch schrieb, die Sieger der ersten Olympischen Spiele bekämen eine Prämie von 500 Drachmen bar ausgezahlt, ein wahres Vermögen 600 vor Christus. Nichts zeigte die Macht eines Herrschers oder eines Staates deutlicher als die großzügige Finanzierung aufwändiger Sportereignisse und Veranstaltungen zur Unterhaltung des Volkes. Das Kolosseum in Rom ist seit fast 2.000 Jahren ein sichtbarer Beweis dafür, dass Sport und Geld nahezu untrennbar miteinander verknüpft sind.

Mit der Einführung des Fernsehens setzte auch eine Entwicklung ein, die die Kosten für Sport unaufhaltsam in die Höhe trieb. Völlig neue „Zuschauersportarten“ wurden durch das Fernsehen geschaffen, so zum Beispiel Dart und Snooker. Mit zunehmender Verbreitung des Fernsehens stieg auch die Beliebtheit von Sportprogrammen als Werbeplattform und damit die Kosten für Werbespots. Die Fußballweltmeisterschaft 2006 lockte Schätzungen zufolge weltweit über 700 Millionen Menschen an den Bildschirm. In den USA ist Super Bowl das Fernsehereignis des Jahres und verzeichnet die höchsten Einschaltquoten. Wer 2007 während des Spiels Werbung schalten wollte, musste für einen Werbespot von 30 Sekunden 2,6 Millionen US-Dollar (1,65 Millionen Euro) zahlen. Da alle Augen fest auf die aktiven Teilnehmer gerichtet sind, ist für sie die Ausbeute noch größer.

 

Welchen Vorteil die Sportlervon derartigen Veranstaltungen haben, ist leicht zu erkennen, aber was springt für einen potenziellen Sponsor dabei heraus? Die Lloyds TSB Bank ist eine der größten britischen Banken und einer der wichtigsten einheimischen Sponsoren der Olympischen Spiele von 2012 in London. Als Gegenleistung für die finanzielle Unterstützung (laut
Sally Hancock, Leiterin der Sponsoraktivitäten des Unternehmens für die Londoner Olympiade 2012, macht sie weniger als zehn Prozent der Marketingausgaben für einen Zeitraum von fünf bis sechs Jahren aus) erhält die Bank Marketingrechte in der Kategorie Banken und Versicherungen für die Olympiamannschaft und Paralympics-Mannschaft des Vereinigten Königreichs in Peking 2008 und bei den Winterspielen in Vancouver 2010 sowie Exklusivrechte für die Londoner Sommerspiele 2012. Es wird für die Bank zahlreiche Gelegenheiten geben, den Markennamen zu exponieren. Außerdem wird sie bei der Vermarktung der Eintrittskarten behilflich sein, wenn der Verkauf 2011 beginnt. Die Lloyds TSB Bank darf auch das offizielle London-Olympia2012-Logo im Zusammenhang mit ihren Marketingaktivitäten benutzen.

„Hinter unserer Investition steckt eine klare Geschäftslogik“, meint Hancock. „Wir wollen als bester Finanzdienstleister Großbritanniens anerkannt werden, und London 2012 bietet uns eine ideale Plattform, um das zu erreichen.“ Wird es funktionieren? Die Bank ist früher auch schon als Sponsor des Six-Nations-Rugbyturniers und der Rugby-WM aufgetaucht. Laut Hancock war dieses Engagement ein großer Erfolg für die Profilierung von Lloyds TSB bei wichtigen Zielgruppen unter den Zuschauern. Diesmal wird das Unternehmen jedoch nichts dem Zufall überlassen und hat ein System für die Messung der Reaktionen von vorhandenen und potenziellen Kunden auf Lloyds Unterstützung der Olympischen Spiele erarbeitet. Wenn Sport zum Geschäft wird, will jeder gewinnen.


Geld und Athleten

Häu schielen Sportler beim Wettkampf mit einem Auge auf die Ziellinie und mit dem anderen auf den finanziellen Gewinn, der dabei herausspringt. Preisgelder reichen unter Umständen nicht einmal aus, um die besten Talente anzulocken (und damit die höchsten Einnahmen aus Übertragungsrechten und Werbeverträgen zu erzielen). Manchmal werden sogar Antrittsgelder gezahlt.

Tiger Woods verdiente 2007 als einer der weltbesten Golfspieler so viel Geld (umgerechnet rund 63 Millionen Euro), dass er auf der Forbes 500-Liste der bestverdienenden Sportler auf den ersten Platz kam. Der Tennisspieler Pete Sampras hat im Laufe seiner Karriere allein durch seine Siege bis 2007 über 27 Millionen Euro verdient. Roger Federer erhielt 2007 Preisgelder in Höhe von gut zehn Millionen Euro.


Geld und Sponsoren

Die Sportler von heute kommen ohne Sponsoren nicht weiter. Die Sponsoren wollen jedoch für ihr Geld Ergebnisse sehen. Am Ende dieser Spirale sieht es in der Regel so aus, dass der Wert des Sponsorings den Wert eines sportlichen Siegs bei weitem übersteigt. Die Managementagentur IMG, die die Interessen des Tennisstars Roger Federer vertritt, weigert sich, die genaue Summe seiner Gesamteinkünfte bekannt zu geben, räumt jedoch ein, sie sei „beträchtlich – die höchste, die je in der Tennisgeschichte erreicht wurde.“ Auf der Liste von Federers Sponsoren standen 2007 Nike, Wilson, Rolex und Gillette. Hinzu kam noch seine eigene Marke für Kosmetikprodukte.

Auf die Leistung kommt es an, sowohl auf dem Spielfeld als auch außerhalb. Der Rasierklingenhersteller Gillette tauschte 2007 den reichsten Fußballspieler der Welt, David Beckham, als glatt rasiertes Gesicht in seinen weltweiten Werbekampagnen gegen Roger Federer, Tiger Woods und Thierry Henry aus. Wie das Unternehmen mitteilte, wurden sie nicht nur wegen ihrer sportlichen Erfolge ausgewählt, sondern weil sie „wahre sportliche Werte“ verkörpern und somit Vorbilder sind.

Sponsoren lieben Sieger, wie der damals relativ unbekannte Hürdenläufer Liu Xiang feststellte, nachdem er bei den Olympischen Spielen in Athen 2004 den 110-Meter-Hürdenlauf gewonnen hatte. Weil er als erster männlicher Chinese eine Goldmedaille bei einem Leichtathletikfinale errungen hatte, bekam er 3,5 Millionen Renminbi (rund 320.000 Euro), aber die kommerzielle Ausbeute seines Erfolgs dürfte diese Zahl um ein Vielfaches überschreiten.


Geld und Olympiastädte

Bei der Bewerbung um die Sommerspiele 1984 war Los Angeles die einzige Stadt, während London für die Sommerspiele 2012 acht Konkurrenten aus dem Rennen schlagen musste. Um die Spiele 2016 wollen sich angeblich zwölf Städte bewerben. Aber den Zuschlag für die Ausrichtung der Olympischen Spiele zu erhalten, ist keine Garantie für finanziellen Erfolg.

Für die ersten Spiele der Neuzeit 1896 in Griechenland gab es keine öffentlichen Gelder für den Bau eines Stadions. Eine antike Ruine wurde mit privaten Geldern restauriert. Bei den Spielen im Nachkriegs-London von 1948 waren die Athleten in Militärbaracken untergebracht und mussten sich ihre Verpflegung selbst mitbringen. Die Olympiade in Montreal 1976 hinterließ Quebec einen riesigen Schuldenberg. Die Spiele in Tokio 1964, in Seoul 1988 und in Barcelona 1992 waren dahingehend erfolgreich, dass sie die Städte als Touristenziele wirksam vermarkteten. Einen finanziellen Gewinn erzielten nur die Sommerspiele in Los Angeles 1984 und in Atlanta 1996.

 

 

 

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