Design im Dienste der Medizin
Bei der Richard Wolf GmbH spielt Design eine wichtige Rolle, wenn es darum geht, medizinische Geräte und Systeme zu entwickeln, die die Arbeit im Operationssaal erleichtern
Bei der Richard Wolf GmbH spielt Design eine wichtige Rolle, wenn es darum geht, medizinische Geräte und Systeme zu entwickeln, die die Arbeit im Operationssaal erleichtern
Bei einem Rundgangim Ausstellungsraum der Richard Wolf GmbH fällt einem als erstes ein cremeweiß-aquamarin Tisch auf, der mit seinen beruhigenden Farben und seiner eleganten Form gut in ein Kurhotel passen würde. Der Tisch wurde jedoch für Krankenhäuser und Arztpraxen entworfen. Er gehört zu einem kompletten System für die Zertrümmerung von Nieren- und Gallensteinen und zur Schmerzlinderung bei Symptomen wie etwa Tennisarm mit Hilfe eines patentierten Stoßwellengeräts.
„Das Design erfüllt hier eine wichtige Funktion“, sagt Michael Burkhardt, der als Projektleiter maßgeblich an der Konstruktion des Tisches beteiligt war. Gebaut wird der Tisch bei SKF. „Die Geräte sollen bei den Patienten keine Angst auslösen, wenn sie zur Behandlung hereinkommen. Und Angst abbauen, heißt auch Schmerzen beim Patienten abzubauen.“
Es ist unter anderem das Design, durch das sich Richard Wolf auf dem immer härter umkämpften Markt für medizinische Ausrüstung von seinen Konkurrenten unterscheidet. Ein weiterer Punkt ist die Innovationsfreudigkeit des mittelständischen Unternehmens aus Knittlingen in der Nähe von Karlsruhe, das auch komplette Systeme für Operationssäle entwickelt. Einen weiteren Wettbewerbsvorsprung verschafft sich Richard Wolf durch das konsequente Qualitätsmanagement, das bei diesem Unternehmen eine lange Tradition hat und schon seit der Firmengründung im Jahre 1947 für Kundentreue sorgt.
Wie Peter Vallon, Vertriebs- und Marketingleiter für Lithotripter sagt, expandiert das Unternehmen zurzeit auf neuen Märkten, darunter in den USA und China. Das Steinzertrümmerungs- oder Lithotripsiesystem von Richard Wolf wurde speziell an die Anforderungen des amerikanischen Marktes angepasst, auf dem sich die Firma 2004 etablierte. Ein Jahr später absolvierte Richard Wolf das gesamte Zulassungsverfahren für seine medizinische Ausrüstung in China, so dass dem Wachstum auf diesem Markt nun auch nichts mehr im Wege steht. In Japan hat sich das Unternehmen mit über 30 Lithotripsiesystemen in dortigen Krankenhäusern bereits eine gute Stellung erobert, und bei piezoelektrischen Stoßwellensystemen ist es Weltmarktführer. Richard Wolf beschäftigt weltweit 1.300 Mitarbeiter und ist durch circa 100 Vertriebsbüros international vertreten.
Die vielleicht bekannteste Innovation des Unternehmens ist seine Serie von Piezolithgeräten zur Steinzertrümmerung im Körper. Das 1986 eingeführte System hatte als erstes seiner Art eine integrierte inline Ultraschallsonde zur präzisen Ortung, die es ermöglicht, Steine ohne Anästhesie zu zertrümmern. Neuere Versionen sind außerdem mit inline Röntgenbildgebung ausgestattet und bieten dem Arzt mehr Flexibilität bei der Steinlokalisierung und Therapiekontrolle. In der jüngsten Version, dem Piezolith 3000, werden die Stoßwellen von zwei Schichten keramischer Zylinder erzeugt. Auf diese Weise lässt sich die Bandbreite der Behandlungsintensität erhöhen.
Eine der neuestenEntwicklungen bei Richard Wolf ist eine in diesem Jahr lancierte Hochgeschwindigkeitskamera für den HNO-Bereich (Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde). Die Kamera produziert 4.000 Bilder pro Sekunde von den Stimmbändern eines Patienten und setzt damit weltweit einen neuen Standard. Ältere Systeme schaffen durchschnittlich 25 Bilder pro Sekunde. Das Gerät eröffnet völlig neue Diagnosemöglichkeiten, da der Arzt erstmalig die Vibrationen der Stimmbänder Schritt für Schritt in Zeitlupe beobachten kann, erklärt Uwe Spitzmueller, Leiter für Produktschulung und Coaching.
„Wir müssen uns bemühen, unsere Produkte ständig der Perfektion näher zu bringen – sie schneller, preiswerter und kleiner zu machen“, fügt Burkhardt hinzu. „Der Wettbewerb ist extrem hart.“
Neben derKonzipierung neuer Produkte hat sich Richard Wolf in den letzten Jahren auf die Lieferung kompletter Systeme für Operationssäle konzentriert. Abgesehen von den Piezolithgeräten bietet das Unternehmen das so genannte CORE-Konzept (Complete Operating Room Endoscopy), das vom OP-Tisch und den Geräten für endoskopische Chirurgie bis zu einem Touchscreen-Monitor zur Aktualisierung von Daten und zwei Monitoren zur Verfolgung des Operationsverlaufs alles umfasst. Komplette Systeme wie dieses werden laut Spitzmueller weltweit immer häuer verlangt, weil der Einkauf von medizinischer Ausrüstung in den Krankenhäusern heutzutage der Kostenkontrolle und finanziellen Überwachung unterliegt. Anders war es früher, als der Chefarzt alle Kaufentscheidungen traf.
Regelmäßige Kontakte mit Ärzten und Krankenhäusern im Rahmen von klinischen Pilotprojekten sorgen dafür, dass Richard Wolf den wechselnden Bedürfnissen der Medizin und den ständig steigenden Anforderungen an Präzision und Verkleinerung der Instrumente stets gerecht werden kann. Weitere Faktoren, die dem Unternehmen dabei helfen, wettbewerbsfähig zu bleiben, sind das hohe Engagement für Qualität und der gute Ruf in der Branche, auf den man zu recht stolz ist. Ob bei kompletten Systemen oder einzelnen Produkten, immer spielt das Design eine wichtige Rolle und trägt dazu bei, dass sich die medizinische Ausrüstung von Richard Wolf im Hinblick auf Optik und Benutzerfreundlichkeit von der Menge abhebt. Richard Wolf erhielt 2004 den iF-Designpreis vom Industrieforum Design Hannover, den „Oscar“ im Industriedesign, für seine neue Generation flexibler Endoskopiegeräte. Das Unternehmen behauptete sich unter nahezu 2.000 Bewerbern aus über 30 Ländern. Die Jury lobte vor allem die Ergonomie und das Design der Geräte.
Wieder zurück im Ausstellungsraum weist Burkhardt auf die unterschiedlichen Designelemente des creme-farbenen und aquamarin Lithotripsiesystems und der CORE-Ausrüstung hin, bei der rote Streifen die schlichte Funktionalität der grauen Metallprodukte hervorheben. „Auf einer Skala von eins bis zehn liegt die Bedeutung des Designs ungefähr zwischen acht und zehn“, meint er. „Ein technisch überlegenes Produkt reicht heute nicht mehr aus, um auf dem Markt erfolgreich zu sein. Neben der Technik muss auch das Design herausragen.“
Schnelle Lieferung
„SKF erhielt den Zuschlag für den Bau unseres neuen Lithotripsietisches, weil SKF das Produkt schneller liefern konnte als jeder andere“, erzählt der Projektleiter des Unternehmens, Michael Burkhardt. Für Richard Wolf war das ein wichtiges Kriterium, denn der Tisch war eine wesentliche Voraussetzung, um die Anforderungen des neuesten Absatzmarktes, USA, zu erfüllen. Als zusätzlichen Bonus bietet der Tisch eine größere Flexibilität bei der Bewegung des Patienten. Für den SKF Vertriebsingenieur, Manfred Heiber, war der Lithotripsietisch eine echte Herausforderung. Anders als sonst hatte er diesmal die Gelegenheit, das Projekt von der Konzeptionsphase bis zur Durchführung zu begleiten. Da ein großer Bedarf an Koordination bestand, nicht nur mit der Richard Wolf GmbH, die die technischen Parameter festlegte, sondern auch mit einem externen Designbüro, das für den Prototyp von SKF eine ansprechende Optik entwarf, übernahm Heiber eine eher übergreifende Rolle. „Die Arbeit hat sehr viel Spaß gemacht und war in technischer Hinsicht eine Herausforderung“, kommentiert Heiber. „Der Tisch repräsentiert bei uns eine neue Richtung, da wir diesen Markt bisher nur mit Komponenten statt mit kompletten Systemen beliefert haben. Wir hoffen, in Zukunft mehrere solcher Aufträge zu bekommen.“ Zu den SKF Komponenten in Richard Wolfs Lithotripsietisch (Comfort Stretcher) zählen Hub- und Verstellsysteme sowie Schienenführungen für horizontale und vertikale Bewegungen.