Ein Leben für die Tribologie
Die Wissenschaft der Tribologie fasziniert Roberto Bassani schon seit der Begriff 1966 geprägt wurde. Heute befasst er sich mit der Zukunft von rasanten Magnetschwebebahnen.
Zusammenfassung
Roberto Bassani
Geboren: 1931
Wohnort: Pisa, Italien
Ausbildung: Dr.-Ing. an der Universität Pisa
Leistungen: Mehr als 300 Arbeiten geschrieben, viele internationale Konferenzen organisiert und Wörterbücher der Tribologie verfasst. Gründer und erster Präsident des italienischen Tribologieverbandes. 2006 mit der Tribology Gold Medal ausgezeichnet.
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Italiens berühmteste Persönlichkeit der Renaissance, Leonardo da Vinci, war nicht der Erfinder der Tribologie. Die Lehre von Reibung, Schmierung und Verschleiß gibt es nämlich schon seit mindestens 6.000 Jahren. Obwohl der Begriff zu da Vincis Zeiten noch nicht existierte, erkannte er einige der grundlegenden Prinzipien, schrieb sie nieder und fertigte Zeichnungen von Maschinen an, die auf diesem Wissen basierten.
Rund 500 Jahre später tauchte an der Universität von Pisa wieder ein Italiener auf, der von der aufstrebenden Wissenschaft der Reibungsinteraktion fasziniert war. Roberto Bassani, so sein Name, hatte sein Maschinenbaustudium 1963 abgeschlossen und war nun als Forschungsassistent an der Universität auf der Suche nach einem Spezialgebiet.
Zur gleichen Zeit wollte die britische Regierung Industriebetrieben helfen, Geld zu sparen, und entdeckte, dass sich dies am besten durch geringeren Energieverbrauch und Verschleiß erreichen ließ. Studien in dieser Richtung erhielten höchste Priorität. 1966 prägten britische Wissenschaftler den Begriff „Tribologie“, eine Kombination aus den griechischen Wörtern tribos (reiben) und logia (Lehre von). Die „Wissenschaft und Technologie von aufeinander einwirkenden, in Relativbewegung befindlichen Oberflächen und damit zusammenhängenden Gegenständen und Verfahren“ war geboren.
Dieses Thema fesselte Bassani. Eine Säule der Tribologie, die Reibung, gilt oft als etwas Negatives. Das ist jedoch nicht immer der Fall. Bassani fand solche Ungereimtheiten interessant. „Durch die Reibung zwischen Schuh und Boden sind wir überhaupt in der Lage, zu gehen, und die Reibung zwischen zwei Holzstücken schuf den ersten Funken, der ein Feuer entfachte“, erklärt er.
Bassani hat zu den wichtigsten Themen der Tribologie über 300 Abhandlungen verfasst. Mitte der 1980er Jahre gründete er bei Italiens Nationalem Forschungsrat die Tribologie-Gruppe. Zu seinen Publikationen gehört auch das 2013 veröffentlichte englische Lehrbuch Tribology.
Bassani setzt sich zudem intensiv für die Zusammenarbeit zwischen der akademischen Welt und der Industrie ein. Dank seiner Bemühungen hat seit 1990 eine zunehmende Zahl von Industrievertretern an Konferenzen des italienischen Verbands für theoretische und angewandte Mechanik (AIMETA) teilnehmen können. Seine Mitarbeit im italienischen Zentrum für Tribologie (CITRIB) hat die Verbindung zwischen Hochschulen und der Wirtschaft gestärkt, da die meisten CITRIB-Mitglieder aus der Industrie kommen.
Die Gründung des italienischen Tribologieverbandes (AIT) 2005 in Pisa ist eine von Bassanis größten Errungenschaften. „Sie können sich kaum vorstellen, welche Machtkämpfe hinter den Kulissen ausgetragen wurden, damit der zustande kam“, gesteht er. Er war der erste Präsident des Verbandes und behielt den Posten bis 2009. Heute hat der AIT über 100 Mitglieder, sowohl einzelne Vertreter als auch Organisationen der akademischen Welt und der Industrie.
Bassanis Engagement für die Tribologie erhielt 2006 mit der Verleihung der Tribology Gold Medal, der weltweit höchsten Auszeichnung auf diesem Gebiet, internationale Anerkennung. Besonders denkwürdig wurde der Anlass durch die Art, wie Bassani davon erfuhr. „Peter Jost rief mich persönlich an“, erinnert er sich. Professor H. Peter Jost gilt als einer der Väter der modernen Tribologie.
Bassani ist bisher der einzige Italiener unter 38 Preisträgern, dem diese Ehre zuteilwurde. Die Anerkennung trieb die Wissenschaft der Tribologie in Italien voran und legitimierte den ein Jahr zuvor gegründeten AIT.
Der offenbar unermüdliche Professor Emeritus befasst sich zurzeit mit der Magnetschwebetechnik. „Hochgeschwindigkeits-Schwebebahnen eignen sich für Länder wie Russland und die USA mit ihren gigantischen Entfernungen“, stellt er fest. Seine Konstruktion löst das Instabilitätsproblem mit Supraleiter-Spulen unter Zügen, die über permanente magnetische Schienen laufen. „Das muss natürlich noch alles getestet werden“, räumt er mit einem Augenzwinkern ein.
Tribologie und SKF in Italien
Als Roberto Bassani 2005 den italienischen Tribologieverband (AIT) gründete, war SKF eines der Gründungsmitglieder. Zwei Jahre später lud SKF ihn mit anderen italienischen Professoren zu einem Besuch in ihr niederländisches Forschungszentrum ein. Bassani war von den Anlagen und der Qualität der Forschung beeindruckt, aber auch die Mitarbeiter des Zentrums hatten großen Respekt vor dem Preisträger der Tribology Gold Medal (2006).
Die Zusammenarbeit wurde weiter intensiviert. SKF war 2013 Hauptsponsor des World Congress of Tribology in Turin, mit über 1.300 Teilnehmern aus fünf Kontinenten. Das von Bassani entworfene Logo der Veranstaltung war eine stilisierte Version von Leonardo da Vincis vitruvianischen Menschen umgeben von einem Pendelrollenlager.