Ein typisch amerikanisches Rennen

Drei Wagen sind in der Endrunde. Es ist ein Kopf-an-Kopf-Rennen, und niemand weiß, wer bei diesem NASCAR-Rennen als erster durchs Ziel gehen wirdWenn man einmal von den ganzen Aufklebern der Sponsoren absieht, mit denen jeder Quadratzentimeter der Rennwagen bepflastert ist, sehen die Wagen aus wie die Familienkutschen, die überall auf den Parkplätzen Amerikas zu sehen sind. Nichtsdestotrotz sind NASCAR-Rennen, eine Abkürzung für National Association of Stock Car Automobile Racing, zu den beliebtesten Rennen des nordamerikanischen Motorsports geworden.
   

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Drei Wagen sind in der Endrunde. Es ist ein Kopf-an-Kopf-Rennen, und niemand weiß, wer bei diesem NASCAR-Rennen als erster durchs Ziel gehen wirdWenn man einmal von den ganzen Aufklebern der Sponsoren absieht, mit denen jeder Quadratzentimeter der Rennwagen bepflastert ist, sehen die Wagen aus wie die Familienkutschen, die überall auf den Parkplätzen Amerikas zu sehen sind. Nichtsdestotrotz sind NASCAR-Rennen, eine Abkürzung für National Association of Stock Car Automobile Racing, zu den beliebtesten Rennen des nordamerikanischen Motorsports geworden.
   

An jedem Wochenende von Anfang Februar bis Mitte November locken NASCAR-Rennen 150.000 bis 200.000 Zuschauer zu den Rennbahnen an den üblichen Austragungsorten von Stock-Car Rennen wie Daytona Beach (Florida), Rockingham (North Carolina) und Talladega (Alabama) sowie zu den neuen Rennstrecken in Pennsylvania, Nevada und Kalifornien. NASCAR ist sogar bis zur berühmten Rennbahn Indianapolis Speedway vorgedrungen, normalerweise die traditionelle Heimat der Indy-Cars, die sich durch flache Rennwagen mit offenen Rädern ohne Kotflügel auszeichnen. Mittlerweile ist der Winston Cup, der jedes Jahr an den erfolgreichsten NASCAR-Fahrer vergeben wird, zum berühmtesten und begehrtesten Preis im Motorsport geworden.
   

Der Reifenhersteller Goodyear schätzt, daß 1997 über 6,1 Millionen Fans NASCAR-Rennen besuchten – neun Prozent mehr als 1996. Die Menschenmengen, der Sonnenschein (NASCAR scheint einen Pakt mit dem Wettergott zu haben, denn bei Winston-Cup-Rennen lacht immer die Sonne vom Himmel), die großen ovalen Rennbahnen mit ihren steilen, erhöhten Kurven, die dröhnenden Motoren, die Massenkarambolagen – all dies sowie nicht zuletzt die Kopf-an-Kopf-Rennen beim Zieldurchgang machen diese Rennen zu einem Spektakel, das viele Menschen anzieht. Aber anders als die großen Motorsportereignisse, wie etwa Formel 1-Rennen mit ihrem internationalen Flair, hat NASCAR seinen typisch amerikanischen Akzent bewahrt. „Hier sieht man nur amerikanische Wagen, die von amerikanischen Motor-sporthelden gefahren werden“, sagen die enthusiastischen NASCAR-Fans voll Stolz.
   

Trotz wachsender Popularität in allen Teilen der USA ist NASCAR immer noch geprägt von der besonderen Atmosphäre des amerikanischen Südens, wo der Winston Cup vor einem halben Jahrhundert geboren wurde. Im Laufe der Jahre sind NASCAR-Rennen auch zu einem Aushängeschild und Marketinginstrument für amerikanische Automobilhersteller geworden.
Derzeit sind Ford und General Motors die dominierenden Automarken in der NASCAR-Serie. Für beide Unternehmen ist dies ein wichtiger Teil ihres Marketingkonzepts. So erlebte die Popularität von NASCAR Mitte der achtziger Jahre einen richtigen Aufschwung, als sich Ford aus der Formel 1 zurückzog und General Motors seinen selbst auferlegten Bann aufhob, der lange Zeit für jede Art von finanzieller oder sonstiger Unterstützung des Motorsports galt. Heute gehören beide Unternehmen zu den bedeutendsten Sponsoren von NASCAR und sind große Nutznießer seiner Beliebtheit. „Wir glauben wirklich daran, daß sich die Rennerfolge vom Sonntag am Montag in klingender Münze bemerkbar machen“, sagt Gary Claudio, Leiter des Chevrolet-Rennstalls.
   

Der Marketingeffekt wird noch dadurch verstärkt, daß NASCAR auch bei den Fernsehzuschauern immer mehr Zuspruch findet, und das nicht nur in den USA, sondern auch in anderen Teilen der Welt, meint Claudio.
   

Die Anfänge von NASCAR gehen zurück auf die zwanziger Jahre, als junge Bauern und Landarbeiter in den Südstaaten ihre selbstgebauten Rennautos in einem Wettbewerb gegeneinander antreten ließen, zunächst auf Landstraßen oder auf flachen Sandbahnen, die eigentlich für Pferderennen vorgesehen waren. Aus den NASCAR-Archiven geht hervor, daß viele der ursprünglichen Wagen von ehrgeizigen Fahrern regelrecht aus Schrotteilen zusammengebaut worden waren. Diese Fahrer entwickelten sich zu hervorragenden Mechanikern mit großem Improvisa-tionstalent, wenn es darum ging, die Rennwagen zu reparieren oder sie auf Höchstleistung zu bringen.
   

Einer der beliebtesten Rennplätze im Südosten war zu jener Zeit der breite Strand in der Nähe von Daytona Beach am Atlantischen Ozean, der eine feste Sandunterlage bot. Semon Knudsen, ehemals in führender Stellung bei General Motors und später bei Ford, dessen Vater einer der Pioniere der Autoindustrie war, erinnert sich an die Rennen auf der Sandbahn von Daytona Beach. Damals, Anfang der dreißiger Jahre, war er ein College-Student und völlig verrückt nach Autos.
   

NASCAR entstand aus dem Wunsch der Rennsportfans, ein Regelwerk für Rennen aufzustellen, an denen ganz normale Autos, die man bei jedem Autohändler in Amerika kaufen konnte, teilnehmen sollten. So stammt auch der Name Stock-Car Rennen tatsächlich von der englischen Bezeichnung für Lagerware (stock) und deutet an, daß es sich um gewöhnliche Serienwagen und nicht um eine spezielle Entwicklung einer Werkstatt oder eines Labors handelt. Ende der vierziger Jahre wurden erstmals NASCAR-Rennen an den Stränden Floridas abgehalten. Erst 1959, als die Daytona-Rennbahn gebaut wurde, verlegte man die Rennen ins Landesinnere. Daytona ist immer noch die geistige Heimat von NASCAR, wo auch jedes Jahr das erste und bekannteste Winston-Cup-Rennen, Daytona 500, abgehalten wird.
Modifizierte Serienmodelle
Seit Ende der vierziger Jahre ist die Regel, daß nur normale Serienmodelle zugelassen werden, abgeändert worden, aber NASCAR-Rennen haben, verglichen mit vielen anderen Rennsportarten, immer noch ein relativ einfaches technisches Profil. Die Wagen sind zwar zum Schutz des Rennfahrers innen modifiziert, aber äußerlich gleichen sie normalen Modellen von General Motors oder Ford. Für die diesjährige Saison wurden für die an den Winston-Cup-Ausscheidungen teilnehmenden Fahrer die Modelle Chevrolet Monte Carlo, Pontiac Grand Prix und Ford Taurus ausgewählt. Der Ford Taurus ersetzt das Ford-Modell Thunderbird, das mehr NASCAR-Rennen gewonnen hat als je ein anderes Modell in der Geschichte dieser Serie. Der Thunderbird wurde von der Rennpiste genommen, weil sich Ford im letzten Jahr dafür entschied, die Produktion dieses Modells einzustellen.
   

Ein NASCAR-Rennwagen ist innen mit einem hochentwickelten Überrollkäfig ausgestattet, der den Fahrer schützt. Ansonsten sieht der Wagen aus wie ein gewöhnlicher Pkw, der noch auf seine Innenausstattung wie Teppich, Sitze und Türverkleidungen wartet. Die hinterradgetriebenen NASCAR-Rennwagen werden von einem V8-Motor der 5,9 Liter-Klasse angetrieben, der so getrimmt ist, daß er bei Vollgas eine Leistung von 700 PS erbringt.
   

NASCAR wacht sorgfältig über jede Art von technischer Neuerung, die dem einen Rennwagen einen Vorteil gegenüber einem anderen geben könnte. Statt elektronischer Einspritzung werden etwa in NASCAR-Rennwagen immer noch die altmodischen Vergasersysteme verwendet, die ansonsten weitestgehend aus der Automobilherstellung eliminiert worden sind.
Die Betonung einheitlicher Wettbewerbsbedingungen ist nach Angaben von Beobachtern der Motorsportszene einer der Schlüsselfaktoren der NASCAR-Idee. „Es ist kein Rennen für Technikfreaks“, meint ein Vertreter eines großen Sponsors von Autorennen. „Wenn man die Formel 1 betrachtet, ist das mehr ein Kampf zwischen Technikern als zwischen Rennfahrern.“
   

Die Höchstgeschwindigkeiten liegen um 340 km/h, während bei Formel 1-Rennen Geschwindigkeiten von 384 km/h erreicht werden können.
„Die Idealvorstellung eines NASCAR-Rennens sieht so aus, daß drei Rennwagen in die Endausscheidung kommen, alle mit realistischen Siegeschancen,“ sagt der Sprecher für Ford Motor Sports, Kevin Kennedy. „Deshalb ist NASCAR so beliebt und ein so großer Fernseherfolg.“
Joseph R. Szczesny  

Autojournalist in Detroit
  

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