Eine sicherere Welt

Sicherheit für Personal und Umwelt ist heute kein Luxus mehr, für oder gegen den sich Produktionsbetriebe beliebig entscheiden können. Die Anforderungen von Seiten der Gesellschaft ebenso wie von Kunden und Geschäftspartnern nehmen ständig zu. Sicherheit ist in modernen Unternehmen ein bedeutender Faktor gewordenVor 100 Jahren, in der Glanzzeit der industriellen Revolution, galten Arbeiter weitgehend als „Verbrauchsgut“. Unfälle mit Verletzungs- oder sogar Todesfolge waren an der Tagesordnung und gehörten zum Geschäftsleben dazu. Selbst in den fünfziger Jahren des 20. Jahrhunderts war die Produktivität immer noch die wichtigste Triebkraft. Es galt, soviel wie möglich aus einem Fließbandarbeiter in immer kürzerer Zeit herauszuholen. Die Gesundheit und Sicherheit der einzelnen Mitarbeiter war von untergeordneter Bedeutung.

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Sicherheit für Personal und Umwelt ist heute kein Luxus mehr, für oder gegen den sich Produktionsbetriebe beliebig entscheiden können. Die Anforderungen von Seiten der Gesellschaft ebenso wie von Kunden und Geschäftspartnern nehmen ständig zu. Sicherheit ist in modernen Unternehmen ein bedeutender Faktor gewordenVor 100 Jahren, in der Glanzzeit der industriellen Revolution, galten Arbeiter weitgehend als „Verbrauchsgut“. Unfälle mit Verletzungs- oder sogar Todesfolge waren an der Tagesordnung und gehörten zum Geschäftsleben dazu. Selbst in den fünfziger Jahren des 20. Jahrhunderts war die Produktivität immer noch die wichtigste Triebkraft. Es galt, soviel wie möglich aus einem Fließbandarbeiter in immer kürzerer Zeit herauszuholen. Die Gesundheit und Sicherheit der einzelnen Mitarbeiter war von untergeordneter Bedeutung.

   Die Zeiten haben sich geändert. In den letzten 30 Jahren haben Gesundheits- und Sicherheitsfragen schrittweise einen festen Platz in Gesetzgebung, Öffentlichkeit und Unternehmen erobert. Man bedenke allein, welche Sicherheitsanforderungen die Gesellschaft heute an Kraftfahrzeuge stellt. Wir haben nicht nur Sicherheitsgurte (und Gesetze, um deren Anwendung zu erzwingen), sondern auch Airbags und elektronische Überwachungssysteme.
    Eine ähnliche Veränderung der Einstellung ist im Arbeitsleben zu beobachten. Die Gesellschaft verlangt sichere Arbeitsplätze und Lebensräume. Unternehmen engagieren Experten auf dem Gebiet der verhaltensbedingten Sicherheit oder Ergonomie. Sie übertragen Kenntnisse über menschliche Fähigkeiten auf Interaktionen zwischen Menschen und Gegenständen, Systemen und Umgebungsbedingungen. Es ist inzwischen allgemein anerkannt, dass Verletzungen auf Grund von schlecht konstruierten Arbeitsmitteln und ungünstigen Arbeitsabläufen dem Arbeitgeber durch Produktivitätsverlust viel Geld kosten. Diese Tatsache hat zusammen mit dem zunehmenden Druck von Seiten des Gesetzgebers, der Gesellschaft und des Marktes dazu geführt, dass viele Unternehmen ihre Verantwortung für die Gesundheit und Sicherheit ihres Personals nun ernster nehmen.
Unverzichtbare Gesetzgebung
Die weltweit älteste Arbeitsschutzorganisation, ASSE (American Society of Safety Engineers), wurde 1911 gegründet und hat 32.000 Mitglieder rund um den Globus. Die Geschichte der Organisation und ihre Arbeit reflektieren den zunehmenden Fortschritt, der im Bereich Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz erzielt worden ist – von der Einführung der Kunststoffschutzbrille Ende der vierziger Jahre bis zu Vorschriften für die Benutzung von Sicherheitsgurten zehn Jahre später. Eine konkrete Gesetzgebung zur Regelung von Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz trat in den USA jedoch erst 1970 mit der Verabschiedung des „Occupational Health and Safety Act“ (Arbeitsschutzgesetz) in Kraft.
   In Europa war die Entwicklung in den siebziger Jahren ähnlich. Die Regierungen begannen Gesetze zu erlassen, die die Sicherheit am Arbeitsplatz wirksam durchsetzen sollten. So wurde in Großbritannien 1974 mit dem „Health and Safety at Work Act“ erstmals ein Arbeitsschutzgesetz verabschiedet, das die Verantwortung für die Gesundheit und Sicherheit der Beschäftigten direkt auf den Arbeitgeber übertrug. Das Gesetz verlangte von den Arbeitgebern, die Sicherheitsrisiken an den Arbeitsplätzen zu analysieren und gemeinsam mit dem Personal Maßnahmen zur Minimierung dieser Risiken zu erarbeiten.
   „Meiner Meinung nach ist die Gesetzgebung eine wichtige Voraussetzung für Sicherheitsbewusstsein und Arbeitsschutz in den Unternehmen. Ohne gesetzlichen Rahmen haben wir keine Orientierung und kein Gefühl für Proportionen“, sagt Paul Faupel, Vorsitzender von IOSH (Institute of Occupational Safety and Health).
   Die in Großbritannien ansässige Arbeitsschutzorganisation IOSH ist mit 24.000 Mitgliedern aus Industrie, Handel und öffentlichem Dienst Europas größte Institution für Gesundheits- und Sicherheitsexperten. Sie sieht ihre Aufgabe darin, sich für sichere, gesundheitsfördernde und ökologisch nachhaltige Arbeitsplatzverhältnisse einzusetzen.
Wie Faupel sagt, lässt sich die Sicherheit am Arbeitsplatz auch durch andere Faktoren beeinflussen. „Lieferfirmen werden nicht gerne mit Unternehmen in Verbindung gebracht, die bezüglich ihres Sicherheitsmanagements einen schlechten Ruf haben“, erklärt er. „Ebenso wollen größere Unternehmen nicht mit Lieferanten zusammenarbeiten, die bei Sicherheits- und Gesundheitsfragen niedrigere Maßstäbe anlegen.“
   Auch Investoren üben Druck aus, da der Unternehmensführung eine immer wichtigere Rolle im Hinblick auf die Wertvorstellungen des Unternehmens zukommt. Große Börsenunternehmen sind einfach gezwungen, das Risikopotenzial sämtlicher Tätigkeitsbereiche einschließlich eventueller Gesundheits- und Sicherheitsrisiken unter die Lupe zu nehmen.
Fortschritte im Arbeitsschutz
Die Arbeitsschutzexperten behaupten zwar, es gäbe immer noch viel zu tun, aber in den letzten 100 Jahren sind die Arbeitsplätze erheblich sicherer geworden. So erreichte zum Beispiel 1992 in den USA die Zahl der Unfalltoten mit 86.777 ihren Tiefststand seit 1924. Bis 1998 war die Zahl auf 92.200 angestiegen. Alle sechs Minuten kommt es zu einem tödlichen Unfall und alle zwei Sekunden zu einem Unfall mit Invalidität als Folge. Das kostete die amerikanische Gesellschaft 1998 etwa 480,5 Milliarden US – Dollar (586 Milliarden Euro oder 1,1 Billionen Mark).
   Angesichts einer derartigen finanziellen Bürde stellen sich die Regierungen überall in der Welt die Frage nach den Kosten für sicherere Arbeitsplatzverhältnisse. In den Entwicklungsländern setzen sich Organisationen wie der International Safety Council, das globale Gegenstück zum National Safety Council, für höhere Arbeitsschutzstandards in diesen Ländern ein. Wenn hier die besten Mittel und Verfahren bereits zu einem frühen Zeitpunkt eingesetzt werden, haben Projekte in den Entwicklungsländern eine Chance, europäische und amerikanische Unternehmungen unter Sicherheitsaspekten zu übertreffen, meint Faupel von IOSH.
   Sowohl für Entwicklungs- als auch für Industrieländer gilt, dass es in der Hand der Unternehmensführung liegt, das Interesse an Arbeitsschutzfragen aufrecht zu erhalten und die Sicherheit am Arbeitsplatz zu einem Thema von höchster Priorität zu machen, behaupten Arbeitsschutzexperten.
   „Indem man die Verantwortung für sichere Arbeitsplätze strikt auf die Arbeitgeber überträgt, nimmt der Arbeitsschutz eine zentrale Stellung im gesamten Betriebsablauf ein“, erklärt der Vorsitzende von ASSE, Samuel J. Guarlardo. „Wenn sie erst einmal erkannt haben, wie die Produktivität und der Gewinn steigt, wenn die Zahl der Arbeitsunfälle sinkt, ändern sie völlig ihre Haltung und Ansicht. Entscheidend ist, die Sicherheit am Arbeitsplatz zu einem Zielwert des Unternehmens zu machen.“
   „Gleichermaßen wichtig ist der menschliche Faktor“, fügt Faupel hinzu. „Er wird immer ein Problem für Gesundheit und Sicherheit darstellen. Immer wieder ist bei den Beschäftigten – von der Führungsebene bis zu den Arbeitern – eine gewisse Selbstgefälligkeit zu beobachten. Sie denken: ‚Ich brauche keinen Schutzhelm zu tragen. Mir wird schon nichts auf den Kopf fallen.‘ Auch wenn diese Art von Macho-Haltung heute seltener geworden ist, spielt sie bei Arbeitsunfällen immer noch eine Rolle.“
   Ausbildung und Schulung für Arbeitgeber und Arbeitnehmer sind ein guter Weg, um der Selbstgefälligkeit entgegen zu wirken. Vieles lässt sich auch dadurch erreichen, dass sich Unternehmensführung und Personal gemeinsam dafür einsetzen, ein arbeitnehmerfreundliches statt arbeitnehmerfeindliches und gefährliches Arbeitsklima zu schaffen.
   „Wir müssen lernen, die Umgebung den Menschen anzupassen und sollten nicht versuchen, die Menschen zu zwingen, sich einer Umgebung anzupassen, die von uns geschaffen wurde, ohne dass sie gefragt wurden“, stellt Faupel fest. „Ich glaube, in den kommenden Jahrzehnten wird man Gesundheits- und Sicherheitsfragen mehr aus einer ganzheitlichen Perspektive betrachten.“
Amy Brown   
Wirtschafts- und Technikjournalistin  
in Stockholm

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