Einkaufswagen im Härtetest

Das kanadische Unternehmen Cari-All will die Haltbarkeit von Einkaufswagen verbessern und den Gang durch den Supermarkt geräuschärmer gestalten.Einkaufswagen haben es nicht leicht. Ihr Dasein besteht aus einer endlosen Fahrt zwischen Fleischtheke, Gemüseabteilung, Kasse, Parkplatz und zurück zum Eingang. Sie werden von Autos geknufft, von Kunden malträtiert, von Supermarktangestellten herumgezerrt und von Wind und Wetter attackiert. Die Leute stehlen sie, und die Lieferwagen fahren sie um. Ein Einkaufswagen hat bestenfalls eine Lebensdauer von zehn Jahren – zehn hart geplagte Jahre.

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Das kanadische Unternehmen Cari-All will die Haltbarkeit von Einkaufswagen verbessern und den Gang durch den Supermarkt geräuschärmer gestalten.Einkaufswagen haben es nicht leicht. Ihr Dasein besteht aus einer endlosen Fahrt zwischen Fleischtheke, Gemüseabteilung, Kasse, Parkplatz und zurück zum Eingang. Sie werden von Autos geknufft, von Kunden malträtiert, von Supermarktangestellten herumgezerrt und von Wind und Wetter attackiert. Die Leute stehlen sie, und die Lieferwagen fahren sie um. Ein Einkaufswagen hat bestenfalls eine Lebensdauer von zehn Jahren – zehn hart geplagte Jahre.

Aber Besserung ist in Sicht. Das in Montreal ansässige Unternehmen Cari-All Products Inc., Nordamerikas zweitgrößter Hersteller von Einkaufswagen, entwickelt zur Zeit eine neue Generation von Einkaufswagen, die diesen extremen Belastungen, wie sie im Einzelhandel vorkommen, besser standhalten und gleichzeitig ein geräuschärmeres Gleiten durch die Supermarktgänge ermöglichen.

Klein angefangen

Das Familienunternehmen Cari-All wurde 1974 von Antoine (Tony) Trubiano gegründet. Die Ausstattung erwarb Trubiano von einem Drahtwalzwerk, das gerade seine Fabrik in Montreal geschlossen hatte. Im ersten Jahr verkaufte Cari-All 10.000 Stahldraht-Einkaufswagen. Heute, 23 Jahre später, liegt der jährliche Absatz bei 450.000 Stück. Der Jahresumsatz beträgt 80 Millionen kanadische Dollar (100 Millionen Mark). Überrundet wird Cari-All nach eigenen Angaben nur von dem in Oklahoma ansässigen amerikanischen Unternehmen Unarco Commercial Products of Wagoner. Cari-All beschäftigt 700 Mitarbeiter und betreibt Produktionsstätten in Montreal und in North Carolina (USA). Das Produktprogramm umfaßt zwischenzeitlich auch Regale, Gestelle, Instrumententische für die Chirurgie sowie Postkörbe. Zusammen mit der Tochtergesellschaft Technibilt Ltd. verkauft das Unternehmen seine Produkte in 28 Ländern.

Wenn der Lebensmitteleinzelhandel in den vergangenen Jahrzehnten unverändert geblieben wäre, hätte sich Cari-All bei der Herstellung von Einkaufswagen kaum irgendwelchen technischen Herausforderungen stellen müssen. Eine dieser großen Veränderungen besteht darin, daß die Einkaufswagen heute draußen und nicht mehr im Supermarkt abgestellt werden, um auf diese Weise mehr Verkaufsfläche zu schaffen. Das ist zwar gut für den Händler, aber schlecht für die Einkaufswagen, die somit Wind und Wetter, Hitze und Kälte, saurem Regen, Staub und sonstigen Angriffen ausgesetzt sind, was dazu führt, daß sie rosten. Zur Bekämpfung des Rostbefalls hat Cari-All sechs Millionen Kanada-Dollar (rund 7,7 Millionen Mark) für die Entwicklung von Tech-Seal investiert, einem Rostschutzverfahren, bei dem die verchromten Stahlteile der Wagen mit einer elektrophoretischen Lackierung versehen und einer PTFE-Polyester-Mischung überzogen werden.

Die Einkaufswagen geräuschärmer zu machen, ist dagegen schon kniffliger. Die Räder werden heute aus Polyurethan hergestellt, erklärt Ronald Trubiano, der Geschäftsführer von Cari-All (und Denis Bruder). Früher waren sie aus Gummi, der sich schnell abnutzte. Es dauerte für gewöhnlich nicht lange, bis ein 12-cm-Rad auf neun Zentimeter abgerieben war. Die Wagen ließen sich zudem nicht mehr richtig ineinanderschieben, sondern verhakten sich – ein Greuel für Kunden wie für Ladenbesitzer.

Die Radhersteller gingen schließlich auf das sehr harte Polyurethan über, womit das Abnutzungsproblem gelöst war. Ein neues Problem entstand allerdings, als die Supermärkte begannen, ihre Ladenlokale mit attraktiveren Bodenbelägen wie z.B. Keramikfliesen auszustatten. Die harten Kunststoffräder verursachten nämlich ein furchtbares Geräusch auf derartigen Böden.

Die Trubianos dachten lange über dieses Problem nach. Eines Tages entdeckte der dritte Trubiano-Sohn, Normand, als er in einer Bar in der Stadt einen Drink einnahm, daß der Kurier, der gerade auf seinen Inline-Skates den Bürgersteig entlangsauste, dabei kaum ein Geräusch verursachte.

Er erkundigte sich nach den Rädern von Inline-Skates und fand heraus, daß das Geheimnis im Material der Räder liegt. Es handelt sich um ein Elastomer in Polyurethanguß, ein neues Material, das die Haltbarkeit von gewöhnlichem Kunststoff mit der Geräuscharmut von Gummi verbindet.

Lange Testtrecke

Der nächste Schritt war, dieses Material in die Räder von Einkaufswagen zu integrieren. Cari-All begann zunächst damit, ein neues Rad aus Elastomer in Polyurethanguß mit zuverlässigeren Lagern im Labor zu testen. Lehm, Salz oder Regen kommen allerdings im Labor nicht vor, weswegen ein Angestellter von Cari-All drei Monate lang einen Einkaufswagen auf dem Fabriksgelände in Monteal hin- und herschob, um die verschiedenen Rad-Lager-Kombinationen unter realistischen Bedingungen zu testen. Für jeden Test wurde der Einkaufswagen mit rund 68 Kilogramm beladen und 300 Kilometer weit geschoben – über lehmige Wege und asphaltierte Bürgersteige. Der Angestellte fuhr den Wagen im Zickzack über das Gelände, um ihn den Belastungen auszusetzen, die die Räder im Alltag durchzustehen haben. Nach jedem zehnten Test reinigten die Forscher den Wagen mit Dampf, was die Abnutzung weiter beschleunigte.

Präzisionsrad

Das Ergebnis dieser langwierigen Prozedur ist ein strapazierfähiges Präzisionsrad aus Elastomer in Polyurethanguß, das mit SKF Lagern vom Typ TUBEARING ausgestattet ist. Es ist um 30 Prozent kleiner als die üblichen Räder von Einkaufswagen – unter anderem, um die um 30 Prozent höheren Herstellungskosten auszugleichen.

Das neue Rad wird seit Oktober 1997 bei Cari-All produziert. Anfangs zeigten die Händler nur mäßiges Interesse daran, was möglicherweise auf die Probleme der Vergangenheit im Hinblick auf industrielle Innovationen zurückzuführen ist. „Sie haben schlechte Erfahrungen gemacht, deshalb zögern sie jetzt“, meint Denis Trubiano. „Wir werden wohl eine Menge Marketing betreiben müssen.“ Die Trubianos sind sich jedoch sicher, daß ihrem robusten Einkaufswagen eine vielversprechende Zukunft in der rauhen Welt der Supermärkte bevorsteht.

Jared Mitchell
freiberuflicher Journalist auf Einkaufstour in Toronto

 

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