Erfolgreiches Pilotprojekt für neue Software zur Entscheidungsfindung

Ähnliche Inhalte

Zwei Einheiten der SKF Gruppe, SKF Reliability Systems in der Service Division und die SKF Industrial Division, haben gemeinsam eine Software zur Unterstützung der Entscheidungsfindung im Fertigungsprozess getestetDie Notwendigkeit, jede Maschine und Anlage mit optimaler Wirtschaftlichkeit zu betreiben, hat Auswirkungen auf Produktivität und Qualität und damit auf das Betriebsergebnis. Wie alle Herstellbetriebe steht auch SKF unter dem Druck, bei gleichbleibenden Kosten produktiver zu arbeiten.
   Im letzten Jahr lief im SKF Fertigungswerk in Hanover (USA) ein entsprechendes Pilotprojekt. In einem Teilbereich der Pendelrollenlagerfertigung wurde die Software @ptitude von SKF Reliability Systems zur Entscheidungsfindung eingesetzt.
   Das @ptitude-System besteht aus einer speziellen Software, die mit einer Wissensdatenbank verknüpft ist. Das Programm bringt Informationen aus den verschiedenen Überwachungssystemen zusammen. Eine Fehler-Symptom-Logik sorgt dafür, dass bei einem Fehler oder Ausfall automatisch der Bediener alarmiert wird. Gleichzeitig wird eine Anweisung zur Behebung des Fehlers ausgegeben. Das System soll nur helfen, einen bestehenden Entscheidungsprozeß effizienter zu machen.
@ptitude greift auf folgende Funktionen zurück:

  1. Regeln zur verbesserungsorientierten Wartung, so dass Fehler erkannt und Maßnahmen vorgeschlagen werden.
  2. Bereitstellen eines schnellen und einfachen elektronischen Dokumentenmanagements.
  3. Graphische Darstellung des “Gesundheitszustands” der Aktiva. (Aktiva sind hier Prozesse, Maschinen oder Komponenten, die einen eigenständigen Beitrag zum Gesamtergebnis leisten.)
  4. Benachrichtigen einer beliebigen Anzahl von Personen auf unterschiedlichem Weg.
  5. Speichern von Wissen.

Diese Informationen sind über eine normale Bedieneroberfläche allen für Produktionsprozesse und Aktiva zuständigen Mitarbeitern zugänglich. Die Software läuft auf lokalen Workstations, so dass mehrere Personen gleichzeitig von jeder Stelle im Netz den Zustand von Prozessen und Aktiva sowie elektronische Dokumente abrufen können.
   Bei normalen Entscheidungen in der Fertigung geht es auf allen Ebenen im wesentlichen um Routineentscheidungen. Die Mitarbeiter treffen Entscheidungen über eingehende Daten, erkennen Symptome, schließen von den Symptomen auf den Fehler, bestimmen Abhilfemaßnahmen und führen sie aus. In diesem „Kreislauf zur Wiederherstellung von Aktiva“ verbringen die Mitarbeiter normalerweise 90% bis 95% ihrer Zeit – etwa 50% bis 60% werden für die Daten aufgewendet, weitere 30% für Fehlererkennung und Abhilfe. Diese Wiederherstellung von Aktiva hat direkten Wert für den Fertigungsprozess, der Schluss von Daten auf Symptome und auf Fehler jedoch nur dann, wenn entsprechende Verbesserungsmaßnahmen erarbeitet werden. Wenn 60% der Zeit eines Mitarbeiters in diesem Kreislauf für Verbesserungen eingesetzt werden könnten, würde dies dem Prozess direkt zugute kommen.
   @ptitude speichert das Wissen der einzelnen Mitarbeiter für Routineentscheidungen, so dass die Zeit und Erfahrung der Mitarbeiter für die Steigerung der Leistungsfähigkeit des Prozesses zur Verfügung stehen.
Voraussetzungen
Dies sind die Voraussetzungen für die Umsetzung von @ptitude:
1. Aktiva und Prozessdaten und ihre Beziehungen und Verknüpfungen müssen bekannt sein.
Ursprünglich erschien dies als nicht relevant, denn die Mitarbeiter überwachten ja den Prozess. Sobald jedoch einmal alle Informationen zusammengetragen waren, wurde deutlich, dass keinesfalls alle Mitarbeiter über dasselbe Wissen verfügten. Zurückgeführt wurde dies darauf, dass keine aktuellen Modelle oder Diagramme zum Prozess vorlagen.
   In Zukunft werden sich die Leiter des Umsetzungsteams über die dokumentierten Informationen absprechen, bevor die Wissensdatenbank erstellt wird.
2. Die Infrastruktur des Prozesses muss bekannt sein.
Die Fähigkeiten der Überwachungstechnik waren genau bekannt. Es wurde jedoch festgestellt, dass bei der unterstützenden Infrastruktur von Anforderungen und Wirklichkeit auseinander klafften.

   Bei der computergesteuerten Instandhaltung mussten die Aktiva genauer definiert und mehr Codierungen für das Nachverfolgen von Fertigungsaufträgen erstellt werden. Diese Aufgabe wird in einem späteren Projekt gesondert bearbeitet.
3. Wissensverwaltung
Es muss bekannt sein, welche Informationen allgemein zugänglich gemacht werden sollen und wer über dieses Wissen verfügt. Auch die Aufbereitung und Präsentation der Informationen muss festgelegt werden.
   Dies lief durchaus effektiv ab, aber jedem Mitarbeiter wurden große Anstrengungen abverlangt, um den Prozess auch aufrechtzuerhalten. Sowie versucht wurde, das Wissen festzuhalten, wurden auch Wissenskonzentrationen innerhalb der Organisation sichtbar. Dabei zeigten sich weitere Möglichkeiten, wenn man das Bewusstsein für subtile Schwachpunkte im Prozess schärft.
4. Erwartungen und Verstehen
Das eigentliche Ziel des Pilotprojekts war weitergegeben und verstanden worden, es wurden aber weitere Besprechungen mit einzelnen und in der Gruppe notwendig, um die Erwartungen der einzelnen Beteiligten in eine gemeinsame Erwartung umzuformen und bei den einzelnen Verständnis für ihre Rolle im Prozess zu wecken. Sobald dies geschafft war, lag das gemeinsame Ziel fest, und das Projekt kam schneller voran.
5. Nie das Wichtigste aus den Augen verlieren.
Es liegt im Wesen eines Pilotprojekts, dass Umfang und Ressourcen bewusst begrenzt sind, so dass innerhalb kürzester Zeit mit minimalen Ressourcen maximaler Erkenntnisfortschritt erreicht wird. Man konzentriert sich nur auf das Pilotprojekt und neigt dazu, die weiteren, längerfristigen Ziele aus den Augen zu verlieren.
   Das Ziel war höherer Wertzuwachs bei gleichzeitiger Umsetzung von @ptitude. Diese Bemühung verdeckte etwas die Anforderung, ein System zu erstellen, das im Rahmen der normalen Prozesse leicht aufrechterhalten werden konnte.
   Wenn man das Wichtigste immer im Auge behält, dann erreicht man nicht nur das gesteckte Ziel, sondern setzt gleichzeitig einen Prozess in Gang, das Ziel beizubehalten und weiterzuentwickeln.
Bisheriger Nutzen
Bisher verbrachte die Abteilung für Schwingungsüberwachung 25% ihrer Zeit mit der Analyse von Alarm- und Ausnahmezuständen und der Erstellung von Fehlerberichten anhand der Ausgabedaten des Schwingungsüberwachungssystems. Mit @ptitude konnte dieser Anteil auf 5% gesenkt werden. Die eingesparten 20% Zeitanteil kommen nun Verbesserungsprojekten zugute, zum Beispiel:

  • Programm zur Sicherung der Motorqualität
  • Programm zur Sicherung der Spindelqualität
  • Programm zur Verringerung von Ausschuss und Nacharbeit
  • Programm zur Analyse von Ausfallursachen
  • Präzisions-Wartungsprogramm für effektivere Wartung

Jegliche Aktivität ist auf die Verbesserung des Prozesses ausgerichtet und wirkt sich direkt auf seine Leistungsfähigkeit aus. @ptitude kann nicht den Fachmann ersetzen, sondern ermöglicht es, dass seine Fähigkeiten wirkungsvoller im Kreislauf der Verbesserungen genutzt werden können.
   Der Gewinn aus dem Pilotprojekt beträgt 20% Zeitersparnis des Experten für Schwingungsüberwachung, also rund 30.000 Euro. Dieses Kapital fließt in Form von Wissen in Verbesserungsmaßnahmen ein, die einen höheren Gewinn bringen.
   Wenn man Zeit investiert, um die Aktivitäten in den Prozess-Kreisläufen zu verbessern, zahlt sich das durch positive strategische Kennzahlen aus, wie etwa gesamte Wirtschaftlichkeit der Anlagen (OEE) und gesamter Wertzuwachs (TVA). Der Nutzen spezifischer Verbesserungsprojekte oder -maßnahmen lässt sich mit taktischen Leistungskennzahlen messen, beispielsweise anhand des mittleren Abstands zwischen Reparaturen an Motoren und Spindeln.
Immaterielle Gewinne
Das Pilotprojekt @ptitude war der Katalysator dafür, dass Instandhaltung und Produktion nun die Aufgaben und Ziele des jeweils anderen besser verstehen. Es bestehen zwei gemeinsame Ziele: den aktuellen Leistungsstand halten und die Leistung stetig steigern. @ptitude liefert den Rahmen dafür, dass Instandhaltung und Fertigung auf dieselben Informationen zugreifen und gemeinsam darauf hinarbeiten, den Prozess aufrechtzuerhalten und stetige Verbesserungen umzusetzen.
   @ptitude erfordert eine gewisse Infrastruktur und interne Organisation zum einwandfreien Funktionieren. Bei der Einführung des Pilotprojekts wurde darauf geachtet, wie der Prozess abläuft und die Aktiva erhalten wurden, und ihr Zustand wurde überwacht.
   Die Einführung von @ptitude bedingte folgende Initiativen:
1.Online-Überwachung der Leistungsfähigkeit der Channels
Um die Zykluszeiten und den Fluss des Arbeitsablaufs durch die Engpass-Maschine zu kontrollieren, wurde ein kleines Überwachungssystem installiert. Vorher erfolgte diese Überwachung manuell. Nach dem Rüsten musste die Maschine eine gewisse Zeit lang immer wieder angehalten werden, um sie für optimale Fertigungsgeschwindigkeit und -qualität genau einzustellen. Für die Maschinenbediener war dies einfach Teil des normalen Fertigungsbetriebs. Durch @ptitude wurde jedoch die Aufmerksamkeit für solche Abläufe geschärft, so dass SKF Hanover diese Probleme angehen konnte.
2. Inspektion durch den Maschinenbediener
Um @ptitude richtig auszunutzen, wurde in der Pendelrollenlagerfertigung im Bereich des Pilotprojekts zeitweise ein kleines Inspektions-„Programm“ eingesetzt, das mit dem tragbaren Datensammler MARLINTM Parameter wie Druck und Temperatur aufzeichnete. Über die Logikbäume der charakteristischen Fehler in @ptitude werden diese Daten mit anderen Daten zur Mechanik und Leistung verknüpft und so spezifische Fehler erkannt und Maßnahmen festgelegt.
   Früher wurden diese Daten nicht regelmäßig oder von jedem Maschinenbediener eigenständig und damit nicht konsequent aufgezeichnet. Alle Maschinen waren anders eingestellt, insbesondere bei der Schmierung.
   Dies machte die Notwendigkeit deutlich, für alle Channel ein Programm zur vorbeugenden Instandhaltung durch den Maschinenbediener einzuführen. SKF Reliability Systems und SKF Hanover stellten ein Team hierfür zusammen.
   @ptitude bietet die Möglichkeit, die Informationen aus der Inspektion durch die Maschinenbediener aufzuzeichnen, anderen zugänglich zu machen und entsprechende Maßnahmen zu ergreifen.
   Nun wird auch die Schmierung der verschiedenen Spindeln überprüft. Die Technische Beratung von SKF ist dabei, die optimale Schmierstoffsorte und -menge für jede Spindel zu bestimmen.
3. Aufbereiten der Daten.
Die elektronische Dokumentenverwaltung von @ptitude stellt das Kernstück des Wissensmanagements im System dar. Während des Pilotprojekts mussten die Maschinenbediener alle Dokumente aktualisieren und in einem gemeinsamen Verzeichnis im Netz hinterlegen, wo sie mit dem entsprechenden Ordner in @ptitude verknüpft sind.
   Mehr als 300 elektronische Dokumente und Zeichnungen sind nun dank der gemeinsamen Schnittstelle leicht zugänglich.
4. Leistungskennzahlen
Ursprünglich sollte nur der Erfolg von @ptitude festgestellt werden, aber es ergab sich, dass auch bestehende Leistungskennzahlen überprüft und verbessert werden mussten. Es wurden also die strategischen Kennzahlen von Qualität, Verfügbarkeit, Menge und TVA verfolgt und dokumentiert. Zusätzlich wurden fünf taktische Kennzahlen ausgewählt: a) mittlerer Abstand zwischen Spindelreparaturen (MTBR); b) Reparaturkosten für Spindeln; c) mittlerer Abstand zwischen Motorreparaturen; d) Reparaturkosten für Motoren; und e) aktive gegen reaktive Arbeitsaufträge. Nun sind auch diese Kennzahlen positiv.
5. Speichern des Wissens
Das individuelle und kollektive Wissen um das Erhalten der Aktiva in gutem Zustand ist in @ptitude festgehalten und anderen Beteiligten auch ohne die Person zugänglich, die das Wissen eingebracht hat.
   Dank arbeiten nun Instandhaltung und Fertigung bei allen Problemlösungen zusammen.
Mark Frogley  
SKF Reliability Systems, San Diego, Kalifornien, USA.

Halten Sie mich auf dem Laufenden

Sind Sie interessiert an Themen, die sich mit Engineering und Technik beschäftigen? EVOLUTION bietet Inhalte, die Ihnen Einblick in neue Techniklösungen gibt. Lesen Sie über neue Entwicklungen in spannenden Unternehmen, Industrien und Themenfeldern.

Newsletter erhalten