Flexibles Rückgrat der Industrie

Wandel und Kompetenz

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Präzise, schnell und billig. Das wird im allgemeinen von einer Werkzeugmaschine verlangt. Neuerdings sind auch Flexibilität und Kompatibilität auf dieser Liste der Forderungen zu findenIn den letzten zehn Jahren hat man der Fertigungsindustrie ein hohes Maß an Flexibilität und Anpassungsbereitschaft abverlangt, um sich schneller auf veränderte Marktbedingungen und Kundenansprüche einstellen zu können. Heute lautet die Devise der Industrie „besser, schneller, billiger“ als Voraussetzung für kostengünstige und weltweit wettbewerbsfähige Fertigungsverfahren.
Bei der Erreichung dieser Ziele spielt die Werkzeugmaschinenindustrie eine bedeutende Rolle. „Obwohl global betrachtet das Gesamtvolumen dieses Industriezweigs mit unter 40 Milliarden US-Dollar (rund 69 Milliarden DM oder 35 Milliarden Euro) relativ gering ist, nimmt der Werkzeugmaschinenbau eine wichtige Stellung innerhalb der Weltwirtschaft insgesamt ein“, erklärt Don Carlsson, Vorsitzender des amerikanischen Verbands der Fertigungsindustrie „Association for Manufacturing Technology“ (AMT). Der AMT ist einer der bedeutendsten Verbände dieser Industrie und vertritt die Mehrzahl der Werkzeugmaschinenhersteller in den USA.
Weltweit gesehen sind die Aussichten für die Werkzeugmaschinenindustrie an der Schwelle zum 21. Jahrhundert gemischt. Mit dem Zusammenbruch einiger asiatischer Märkte sind Erzeugnisse dieser Region in großen Mengen in den Westen geströmt. Wie Carlsson sagt, hat der Absatz dieser Produkte zu sinkenden Preisen und geringen Gewinnspannen geführt. Auch wenn die Aussichten ungewiß sind, sagen Branchenkenner voraus, daß sich der Weltmarkt 1999 recht passabel entwickeln wird, vorausgesetzt, der asiatische Markt erholt sich und die europäischen Märkte können den Auf-wärtstrend beibehalten.

Wandel und Kompetenz

Laut Carlsson wird die Wettbewerbssituation von zwei Faktoren beeinflußt: der rasche Wandel in der Werkzeugmaschinentechnik und die weltweite Konkurrenz. In vielen Ländern haben sich Werkzeugmaschinenhersteller auf bestimmte Produktbereiche wie Maschinen für Bohr-, Bearbeitungs- oder Fräsvorgänge spezialisiert, um den Bedürfnissen ihrer Kunden gerecht zu werden. Jetzt müssen sie plötzlich ihre Sachkompetenz auf einem Weltmarkt anbieten. Damit ihnen dies gelingt, müssen sie sich neue Fähigkeiten aneignen und strategische Zusammenschlüsse bilden oder andere Kooperationsformen mit geeigneten Partnern eingehen. Nur so können sie die Produkte und Dienstleistungen anbieten, die heute von den Endverbrauchern nachgefragt werden.

Forschung und Entwicklung

Präzision und Geschwindigkeit sind schon immer die entscheidenden Faktoren bei der Entwicklung von Werkzeugmaschinen gewesen. Anwender wie etwa die Elektronik- und Automobilindustrie fertigen zunehmend kleine Präzisionsteile, deren Herstellung immer schnellere Bearbeitungsanlagen verlangt.
Was die Präzision betrifft, spricht man heute von Toleranzen, die früher undenkbar gewesen wären. Die Bearbeitungstoleranz für Präzisionsteile wie etwa Festplattenlaufwerke und digitale Videogeräte liegt zwischenzeitlich bei einem Zehntel Mikrometer, und selbst Genauigkeitstoleranzen im Nanometerbereich sind in greifbare Nähe gerückt.

Integrierte Fertigungskonzepte

Werkzeugmaschinen sind oft in der Lage, eine Reihe von Bearbeitungsfunktionen in einer einzigen Einheit auszuführen. Ein Beispiel dafür sind numerisch gesteuerte Bearbeitungszentren (CNC), mit denen Fräs-, Bohr- und Gewindeschneidevorgänge vorgenommen werden können. Dieser Trend hat sich durchgesetzt, weil die Anwender auf diese Weise die Rüstzeiten verkürzen und gleichzeitig Platz sparen können. Ein typischer Repräsentant dieser Kategorie ist eine CNC-Drehmaschine auf der Basis einer mit Drehwerkzeugen ausgestatteten CNC-Drehbank, mit der sich verschiedene Bearbeitungsschritte durchführen lassen (vergleichbar mit einem Bearbeitungszentrum). Heute können vierachsige Werkzeugmaschinen mit Doppelspindel gleichzeitig die Vorder- und die Rückseite eines Werkstücks bearbeiten.
Der Trend geht in Richtung integrierte Fertigungskonzepte, die die gesamte Produktionsstätte vom Auftragseingang über die Konstruktion bis zum Einkauf, der Lagerkontrolle und schließlich der Fertigung umfassen. Hierbei können mehrere CNC-Maschinen, die ursprünglich für den Einzelbetrieb vorgesehen waren, zu einem Netzwerk verknüpft und sogar in die übrigen Fabriksanlagen eingebunden werden. Solche Konzepte nennt man „Flexible Fertigungssysteme“ (FMS = flexible manufacturing systems).
Fertigungsbetriebe, die beabsichtigen, eine Werkzeugmaschine zu kaufen, achten auf Kompatibilität oder Austauschbarkeit einer solchen Maschine innerhalb dieses Netzwerks, gleichzeitig aber auch auf ihre individuellen Eigenschaften wie Geschwindigkeit und Präzision. Angestrebt wird also eine „offene Architektur“, weswegen Werkzeugmaschinenhersteller mit Lieferanten von anderen Produkten zur Produktionsautomatisierung wie beispielsweise Soft- und Hardwareerzeugnissen zusammenarbeiten, um gemeinsame Schnittstellen zu entwickeln.
Ein wichtiger Punkt für die Werkzeugmaschinenhersteller ist auch die Standardisierung von Komponenten, um die eigenen Produktionskosten zu senken und eine kostengünstige Wartung der Maschinen anbieten zu können, sagt Carlsson.

Kürzere Produktionszeit

Ein eindeutiger Trend ist die Verkürzung der Produktionszeit einer neuen Werkzeugmaschine. Bisher wurden Werkzeugmaschinen nach den individuellen Spezifikationen des Kunden gebaut. Zwischenzeitlich kann jedoch der Kunde unter einer Anzahl von Multifunktionsmaschinen und verschiedenen numerisch gesteuerten Feinstbearbeitungsmaschinen wählen, die oftmals von japanischen Unternehmen angeboten werden. Diese weitgehendst in Massenproduktion gebauten Allround-Werkzeugmaschinen nehmen einen immer bedeutenderen Platz auf dem Markt ein, da die Hersteller auf globalen Märkten konkurrieren müssen und kostengünstige Maschinenkonzepte brauchen.

Elaine Williams

Technische Redakteurin für Evolution

Fotos Roger Stenberg

 

 

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