Gut im Rennen

Stockcar-Rennen sind in Brasilien sehr beliebt. 2009 brachten sie 400 Millionen Real (178 Millionen Euro) ein und lockten pro Veranstaltung über 35.000 Zuschauer an. Ein von SKF entwickeltes Radlager, inzwischen Standard in allen brasilianischen Stockcars, ist Teil des Erfolgs

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Stockcar-Rennen sind in Brasilien sehr beliebt. 2009 brachten sie 400 Millionen Real (178 Millionen Euro) ein und lockten pro Veranstaltung über 35.000 Zuschauer an. Ein von SKF entwickeltes Radlager, inzwischen Standard in allen brasilianischen Stockcars, ist Teil des Erfolgs

 

 

Die brasilianische Stockcar-Rennserie nahm am 22. April 1979 ihren Anfang, mit dem Sieg von Affonso Giaffone auf dem Tarumã Speedway, einer Rennbahn im südbrasilianischen Bundesstaat Rio Grande do Sul. Zwei Jahrzehnte lang verharrte die Rennserie auf einem halbprofessionellen Niveau, bemühte sich um Sponsoren und kämpfte um Aufmerksamkeit, während brasilianische Formel-Eins-Fahrer wie Emerson Fittipaldi (der auch Indycar-Rennen fuhr), Nelson Piquet und Ayrton Senna zu internationalem Ruhm gelangten. In den ersten Jahren fuhren die Rennfahrer eine frisierte Version des Opala, eines mittelgroßen Chevrolet-Modells, das General Motors damals in Brasilien verkaufte.

Dann kam 2000 der Punkt, an dem es hieß: Professionalisierung oder Untergang, erinnert sich der brasilianische Rennfahrer Nonô ueiredo. „Das war die Wiedergeburt der Stockcar-Serie.“

 

Das erste Jahrzehntdes 21. Jahrhunderts brachte einen Erfolg nach dem anderen – sowohl geschäftliche als auch sportliche. Das Promotion-Unternehmen Vicar Promoções Desportivas half dabei, die Rennserie unter die Aufsicht des brasilianischen Rennsportverbands CBA zu stellen.

Allein die Zahlen beeindrucken. 2009 kamen bei brasilianischen Stockcar-Rennen Einnahmen von schätzungsweise 400 Millionen Real (178 Millionen Euro) zusammen. Abgesehen von individuellen Zuwendungen für die 16 Teams und 32 Fahrer hat die Rennserie das Telekom-Unternehmen Nextel als Hauptsponsor gewonnen. Nextel stellt seinen Namen für die offizielle Bezeichnung der Elitekategorie zur Verfügung: Nextel Stock Car Cup. Massive Schützenhilfe leisteten auch Goodyear, Caixa Econômica Federal (eine staatliche Bank), Esso, Medley, Bosch, Chevrolet und Peugeot. Die Fahrer kämpften im vergangenen Jahr um Preisgelder in Höhe von insgesamt vier Millionen Real (1,8 Millionen Euro), die sich auf Nextel Cup-Rennen und drei niedrigere Kategorien verteilten.

 

TV-Verträge,zunächst mit dem Sender Bandeirantes und dann mit Globo, dem wichtigsten Sender Brasiliens, haben den Bekanntheitsgrad von Stockcar-Rennen erhöht. Die Zuschauerzahlen sind in fünf Jahren um über 50 Prozent gestiegen und erreichten 2009 einen Schnitt von 35.000 pro Rennen. Die Rennserie zieht erwartungsgemäß die stark umworbene Bevölkerungsgruppe der Männer im Alter von 18 bis 49 Jahre aus oberen und mittleren Einkommensschichten an. 2010 soll der brasilianische Stockcar-Rennsport in die Hauptsendezeit gelangen. Idol Marcello Anthony wird ab Frühjahr 2010 in Globos neuer 20.00-Uhr-Telenovela Passione einen Stockcar-Rennfahrer spielen.

„Es ist in Südamerika die wichtigste Serie“, meint Carlo Vendramini Dessimoni, Vertriebsleiter bei SKF für den Automobilsektor. „In Brasilien erfreut sie sich zunehmender Beliebtheit. Das verspricht eine rosige Zukunft.“

 

Diese rosige Zukunfthat der Rennsport zum größten Teil einer neuartigen Fahrzeugkonstruktion zu verdanken, die trotz maximierter Leistung die finanziellen Begrenzungen eines jungen Sports in einem Schwellenland berücksichtigt. 2000 erhielt Zequinha Giaffone, der jüngere Bruder von Affonso (dem Sieger des ersten Stockcar-Rennens in Brasilien), der nach seiner Karriere als Rennfahrer mit dem Bau von Kart-Fahrzeugen begonnen hatte, von Stockcar-Funktionären das Angebot, einen brasilianischen Rennwagen der Topklasse von Grund auf neu zu entwickeln. Das erste Modell basierte auf einem Entwurf, den die Funktionäre von argentinischen Konstrukteuren gekauft hatten. Das war jedoch nur der Anfang. „Angesichts der begrenzten Mittel besteht in Brasilien die Herausforderung darin, ein technisches Spitzenmodell zu einem akzeptablen Preis zu bauen“, erklärt Giaffone, Geschäftsführer von JL Racing Products.

Nach Giaffones Schätzung liegt sein in Brasilien konstruiertes und gebautes Stockcar-Fahrzeug bei circa einem Zehntel des Preises für einen ähnlichen Wagen in der DTM(Deutsche Tourenwagen Masters)-Serie. „Der Wagen ist etwas schwerer. Das muss man leider in Kauf nehmen“, erklärt er. „Aber für die Zuschauer machen diese 100 zusätzlichen Kilos keinen großen Unterschied. Sie loszuwerden, würde sehr viel Geld kosten.“

Giaffone arbeitet mit mehr als 50 verschiedenen Zulieferern, viele davon im Ausland. Oft besteht die beste Lösung darin, Bauteile von hochwertigen Pkws entsprechend umzuarbeiten. Auf diese Weise landete auch das Radlager von SKF bei Giaffone. Ihm gefiel die Lagereinheit, die Ferrari für seine GT3-Modelle von SKF Racing bezieht, aber das hätte seinen finanziellen Rahmen gesprengt. Deshalb machte er sich gemeinsam mit den Ingenieuren von SKF daran, eine Lagereinheit, die für eine andere Qualitätsmarke verwendet wird, für seine Zwecke zu modifizieren. „Wir arbeiteten eng mit SKF zusammen, genau wie mit anderen Lieferanten“, so Giaffone. Das Radlager von SKF gehört seit der Saison 2009 zur Standardausrüstung und wird in alle 32 Wagen der zwölf Etappen umfassenden jährlichen Stockcar-Serie eingebaut.

 

Die diesjährige brasilianischeStockcar-Serie hat einen leistungsstärkeren Motor, der mit Ethanol von Esso betrieben wird. Die Biokraftstoff-Initiative ist Teil eines umfassenderen Plans, der die Rennserie umweltfreundlicher machen soll. Es begann 2009 mit einer Baumpflanzaktion als Ausgleich für die im Zusammenhang mit den Rennen erzeugten Kohlendioxidemissionen. „Maßnahmen dieser Art stehen im Einklang mit der Philosophie von SKF, nicht nur Qualität, sondern auch Nachhaltigkeit zu gewährleisten“, schließt Dessimoni.


SKF und das brasilianische Stockcar-Renngeschäft

Goodyear und SKF sind Nachbarn im Vorort Barueri der brasilianischen Metropole São Paulo. Durch Kontakte des Reifenherstellers bekam SKF die Gelegenheit, den brasilianischen Rennfahrer Nonô ueiredo kennenzulernen. Nach dem Beispiel der Sponsoraktivitäten von SKF in Europa und den USA im Bereich des Autorennsports beschloss die brasilianische Niederlassung 2004, den Fahrer zu unterstützen.

„Nonô nimmt unsere Marke mit“, sagt Eduardo Mendes de Oliveira, Verkaufsleiter der Automobilsparte bei SKF do Brasil und fügt hinzu, die Beziehung sei wie ein „technisches Labor“ für die eigenen Ingenieure. Und Carlo Vendramini Dessimoni, Vertriebsleiter für den Automobilsektor bei SKF, meint dazu: „Bei der Stockcar-Serie kommt es auf Faktoren wie Haltbarkeit und moderne Technologie an und dass man stets auf dem neusten Stand der Entwicklung ist.“

Aus ueiredos Sicht geht die Beziehung über die reine finanzielle Unterstützung hinaus. „SKF gibt mir einen Status, der mich von anderen Fahrern unterscheidet und mir viele Türen öffnet.“

2007 erhielt SKF die Möglichkeit, eine kundenspezifische Lösung für das Radlager von brasilianischen Stockcars zu entwickeln. Um die Kosten im Verhältnis zu dem Bauteil, das Ferrari für seine GT3-Reihe von SKF bezieht, niedriger zu halten, ohne größere Abstriche bei der Leistung machen zu müssen, modifizierten die Techniker von SKF in enger Zusammenarbeit mit dem brasilianischen Hersteller JL Racing Products eine Lagereinheit, die von einer anderen hochwertigen Automarke verwendet wird. 2009 wurde das Ergebnis dieser Bemühungen in Stockcars eingebaut. Neben schnellerer Wartung bietet es höhere Steikeit, weniger Reibung und geringere Masse. „Weniger Reibung bedeutet geringerer Kraftstoffverbrauch“, erklärt Dessimoni. „Eine solche Technologie schont die Umwelt.“

Auch bei der Leistung ist ein Unterschied zu merken, stellt ueiredo fest. „Meiner Meinung nach sind es die Radlager, die die Leistung des Wagens ausmachen. Und bei Rennen ist Leistung das einzige, was zählt.“

 

 

 

 

 

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