Hybridlager in ölfreien Kompressoren für Klimaanlagen und Kühlung

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Es ist möglich, Kompressoren in Klimaanlagen und Kühlsystemen so auszulegen,
dass sie ohne Schmieröl auskommen. Bei Verwendung von Hybridlagern kann das Kühlmittel selbst als Schmierstoff dienen
Die größte Schwierigkeit bei Hybridlagern ist die Entwicklung einer kostengünstigen Fertigungstechnik für Qualitätswälzkörper aus Keramik. Dank des technischen Fortschritts sind Keramikkugeln in den letzten zehn Jahren erheblich billiger geworden, und bei Rollen aus Keramik wird ein ähnlicher Preissturz erwartet. Die Oberflächenstruktur und das Profil der Laufbahnen aus Stahl, die Qualität der Keramikbauteile und die Konstruktion des Käfigs sind weitere wichtige Punkte bei der Entwicklung von Hybridlagern, die ausschließlich mit dem Kühlmittel geschmiert werden sollen.
   Anfang der 90er Jahre wurde im SKF Engineering and Research Centre untersucht, was passiert, wenn man in herkömmlichen Vollstahllagern das Schmieröl mit Kühlmittel versetzt. In den heutigen Kompressoren lässt es sich kaum verhindern, dass das Öl durch den Schmierstoff verdünnt wird, und daher müssen die Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit des Lagers bekannt sein. Es stellte sich heraus, dass herkömmliche Vollstahllager bei einem Kühlmittelanteil von 20 bis 30 % erste Anzeichen von unzureichender Schmierung aufwiesen. Durch Veränderungen in der Lagerkonstruktion sollten Funktion und Lebensdauer des Lagers unter unzureichenden Schmierverhältnissen verbessert werden. Bei Hybridlagern jedoch ließ sich kein „Verdünnungsverhältnis” feststellen, bei dem Schäden auftraten. 1996 wurde dann ein Testlauf von Hybridlagern mit reinem Kühlmittel durchgeführt. Nach dem Versuch waren die Lager noch so gut wie neu. Reines Kühlmittel lässt sich also auch zur Schmierung einzusetzen.
   Vor kurzem wurde in einer Untersuchung festgestellt, dass Kühlmittel sehr wohl einen elastohydrodynamischen Schmierfilm bilden können, weil, wie bei Ölen, die Viskosität unter dem außerordentlich hohen Druck im Wälzkontakt zwischen Wälzkörper und Laufbahn zunimmt. Dieser Viskositätsanstieg ist zwar nicht so groß wie bei einem Schmieröl, reicht aber für die Bildung eines sehr dünnen Schmierfilms aus. Ein herkömmliches Vollstahllager könnte mit einem solchen Schmierfilm nicht laufen, aber ein Hybridlager mit seinen Keramikwälzkörpern und anderen typischen Merkmalen fällt auch mit einem dünnen Kühlmittelfilm nicht aus. Wegen der niedrigen Viskosität der meisten Kühlmittel hatte man sich eine Verwendung als Schmierstoff früher nicht vorstellen können.
Vielversprechend
Eine Anwendung der Kühlmittelschmierung sind Kältekompressoren. Sie kühlen Wasser mit Hilfe eines Kühlmittels ab, das dann als Kühlmedium in einem Industrieprozess oder in einer Klimaanlage Verwendung findet.
   Jeder Hochleistungs-Kältekompressor mit einer Kühlleistung von über 500 Tonnen arbeitet mit einem eigenen radialen Turboverdichter. Ein Turboverdichter ist mit einem oder auch mehreren Laufrädern versehen. Die Drehzahl des Laufrads hängt von seiner Umfangsgeschwindigkeit ab. Große Laufradwellen mit Direktantrieb laufen mit 3.000 min-1 oder 3.600 min-1 um, während Hochgeschwindigkeits-Laufradwellen mit Getriebe über 10.000 min-1 erreichen können. Die Betriebsbedingungen dieser Lager stellen höchste Anforderungen an die Schmierung.
   In herkömmlichen Kompressoren wird das mit dem Kühlmittel vermischte Öl mit einem Abscheider abgetrennt, damit es zur Lagerschmierung verwendet werden kann. Kühlmittel sind jedoch meist sehr gute Lösungsmittel, so dass sich eine Verdünnung des Öls durch das Kühlmittel kaum verhindern lässt.
   In Kältekompressoren werden drei Kompressortypen eingesetzt: Scroll-Kompressoren in kleinen, Schraubenkompressoren in mittleren und radiale Turboverdichter in großen Kältekompressoren. Radiale Turboverdichter werden entweder direkt oder über ein Getriebe angetrieben. Beim Direktantrieb sitzt der Rotor des Antriebsmotors auf derselben Welle wie die Laufräder, in den anderen Kompressoren ist ein Getriebe mit Übersetzung ins Schnelle zwischengeschaltet.
Öl zur Abkühlung
In Schraubenkompressoren dient Öl nicht nur zur Lagerschmierung, es wird auch zur Abkühlung des Kühlgases und zur Abdichtung zwischen Schraube und Gehäuse in den Kompressionsraum eingespritzt. Das Öl im Kompressionsraum wird durch das Kühlmittel verdünnt. Selbst mit einem Ölabscheider kann man das Kühlmittel nicht vollständig vom Öl trennen, bevor das Öl zur Schmierung den Lagern zugeführt wird.
   Wenn kühlmittelgeschmierte Hybridlager in Schraubenkompressoren eingesetzt würden, könnte man anstelle des Öls Kühlmittel in den Kompressionsraum einspritzen oder den Kompressor für hohe Drehzahlen auslegen, um Kühlmittelaustritt im Innern zu minimieren.
Ohne Öl
In radialen Turboverdichtern wird kein Öl in den Kompressionsraum eingespritzt. Es dient nur zur Schmierung der Lager oder gegebenenfalls des Getriebes. Der Direktantrieb ist für die Kühlmittelschmierung besser geeignet, weil kein Getriebe vorhanden ist, das mit Öl geschmiert werden müsste.
   Ohne die Notwendigkeit einer Ölschmierung könnten Kompressoren einfacher und damit kostengünstiger gestaltet werden. Auch würden keine Probleme mehr auftreten, die mit der Ölschmierung oder der Vermischung von Öl und Kühlmittel zusammenhängen, es würden weniger Bauteile benötigt, und möglicherweise ließe sich die Leistungsfähigkeit der Kompressoren steigern.
   Die Verunreinigung des Kühlmittels durch Öl ist beim Wärmeübergang im Wärmeaustauscher eines Kältekompressors ebenfalls zu berücksichtigen. Öl vermindert die Wirksamkeit des Wärmeaustauschs. Mit einem ölfreien Kompressor ließe sich also ein höherer Wirkungsgrad erzielen beziehungsweise der Kompressor für eine bestimmte Leistung kleiner auslegen.
   Ein ölfreier Kompressor ist außerdem umweltfreundlicher, denn bei einer Reparatur könnte Öl austreten und würde sowieso früher oder später die Umwelt belasten.
Keramik-Wälzkörper
In Hybridlagern bestehen die Wälzkörper aus dem keramischen Werkstoff Siliziumnitrid. Ein Pressteil aus Siliziumnitridpulver wird unter sehr hohem Druck erhitzt, bis das Pulver zu einem homogenen Werkstoff gesintert ist. Der Rohling wird dann zu einer hochgenauen Kugel oder Rolle geschliffen. Er darf keinerlei Porosität oder Verunreinigungen enthalten. Siliziumnitrid ist so hart, dass es sich nur mit Industriediamanten schleifen lässt. Die Schleifdauer kann dabei mehrere hundert Stunden betragen.
   Schleiffehler oder Beschädigungen der Oberfläche durch der Bearbeitung sind für kühlmittelgeschmierte Hybridlager nicht zulässig.
   Keramik-Wälzkörper haben eine um 60% geringere Dichte als Wälzkörper aus Stahl, ein um 50 % höheres Elastizitätsmodul und nur 30 % der Wärmeausdehnung von Stahl. Der Reibungskoeffizient eines Hybridlagers beträgt nur 20 % eines vergleichbaren Vollstahllagers.
   Wegen der geringen Dichte von Keramik wirkt auf die Wälzkörper im Betrieb eine wesentlich kleinere Fliehkraft ein. Die im Lager auftretenden geringeren Belastungen werden besser verteilt. Das höhere Elastizitätsmodul bewirkt geringere Reibung und größere Steifigkeit des Lagers, was wiederum höhere Drehzahlen ermöglicht. Wälzkörper aus Keramik und Laufringe aus gehärtetem Stahl sind eine Werkstoffkombination, die Anschmierung und Abrieb des Metalls sowie Adhäsionsverschleiß verhindert.
Kleinere Berührungsfläche
Durch das höhere Elastizitätsmodul sind auch die Berührungsflächen zwischen Wälzkörper und Laufbahn geringer, weil sich die Keramik unter Belastung weniger stark verformt. Daher muss hier mit Hilfe des Laufbahnprofils das optimale Verhältnis zwischen Berührungsspannung und Lagerreibung eingestellt werden.
   Wenn das Kühlmittel eines Kompressors gleichzeitig zur Schmierung dient, besteht das größte Problem darin, dass unter allen Betriebsbedingungen ausreichend Kühlmittel vorhanden ist. Hydrodynamische Lager funktionieren nicht, wenn kurzfristig die Schmierstoffversorgung aussetzt oder beim Anlaufen der Schmierstoff erst mit Verzögerung in den Wälzkontakt eintritt. Im SKF Engineering and Research Centre wurde nachgewiesen, dass bei Hybridlagern ein dünner elastohydrodynamischer Schmierfilm aus Kühlmittel zwischen Keramik-Wälzkörper und Laufbahn ausgebildet wird. Selbst wenn der Keramik-Wälzkörper durch den Schmierfilm hindurch kurz die metallische Laufbahnfläche berührt, besteht wegen der unterschiedlichen Werkstoffe doch nur eine sehr geringe Gefahr des Verschweißens, wie es in Vollstahllagern durchaus auftreten könnte.
   Bei der Zufuhr des Kühlmittels zur Schmierung ins Lager ist es wichtig, dass der Schmierstoff ausschließlich in flüssiger Form vorliegt. Nur so wird ein ausreichend dicker Schmierfilm sichergestellt und verhindert, dass ein Teil des Kühlmittels möglicherweise blitzartig verdampft und so Mangelschmierung auftritt. Die Zuflussmenge des Kühlmittels ins Lager zur Schmierung und Kühlung muss genau bemessen sein.
   Kältekompressoren mit Hybridlagern bedeuten höhere Leistung, mehr Wirtschaftlichkeit, geringere Kosten und weniger Umweltbelastung. Für Hybridlager solcher Anwendungen sind genaue Vorgaben zu Werkstoffkombination, Qualität, innerer Geometrie und Oberflächentextur erforderlich.
   Ölfreie Lager lassen sich auch in anderen Anwendungen nutzen, etwa in Pumpenlagern, die mit der geförderten Flüssigkeit geschmiert werden. Wenn in einer Ölraffinerie beispielsweise Lager eingesetzt werden, die mit dem gepumpten Öl geschmiert sind, vereinfacht dies die Konstruktion der Pumpen und verbessert die Betriebssicherheit.
Hans H Wallin,
  
Compressor, Technology Business Manager,
  
SKF USA, Kulpsville, Pennsylvania (USA),
  
und Guillermo Morales Espejel,
  
Projektleiter Tribologie,
  
SKF Engineering and Research Centre B.V. (ERC), Nieuwegein,
  
Niederlande
  

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