Immer mit Biss

 

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Wer irgendwo Brot, Gebäck, Teigwaren oder Müsli kauft, kann mit hoher Wahrscheinlichkeit damit rechnen, dass das Mehl dazu aus einer Bühler-Mühle oder -Verarbeitungsanlage stammtFeinschmecker bevorzugen Nudeln al dente, was bedeutet weder zu weich noch zu hart. Engagierte Köche haben die raffiniertesten Methoden entwickelt, um Nudeln exakt auf den richtigen Garpunkt zu bringen. Aber die Bühler AG übertrifft sie alle mit ihrem Al-dente-Tester, der diesem kulinarischen Aspekt einen wissenschaftlichen Touch verleiht. Und warum sorgt sich die Bühler AG so sehr um die Bisseigenschaften von Nudeln? Das Schweizer Unternehmen beschreibt sich selbst als globaler Technologiepartner für effiziente Produktionsanlagen, maschinenbauliche Lösungen und damit verbundene Dienstleistungen in der Nahrungsmittelverarbeitung sowie in der Verfahrens- und Druckgießtechnik.
1860 von Adolf Bühler als Eisengießerei gegründet, befindet sich die Bühler AG mit Hauptsitz in Uzwil zwischen Zürich und St. Gallen auch heute noch in Familienbesitz. Als das Unternehmen 1872 die erste Gusswalze als Ersatz für die damals in Getreidemüllereien verwendeten Porzellanwalzen entwickelte, wurde die Lebensmittelindustrie zu einem der wichtigsten Kunden.

Vom Getreide zum Mehl
Heute ist Bühler ein weltweit tätiges Unternehmen mit insgesamt über 6.000 Beschäftigten und einem Jahresumsatz von mehr als 1,5 Milliarden Schweizer Franken, wovon die Hälfte auf Getreidemühlen und damit verbundene Anlagen entfällt.
Bei einer Getreidemühle gibt man an einem Ende Weizen, Roggen oder andere Getreidesorten ein, und am anderen Ende kommt Mehl heraus. Das klingt einfach, aber eine Getreidemühle ist eine große und komplexe Anlage. Die wesentlichen Verarbeitungsschritte sind das Reinigen, Konditionieren, Vermahlen und Sieben des Mahlguts. Zu derartigen Anlagen gehören auch Silos, Probenehmer, Separatoren, Sichter und Scheuermaschinen.
„Alle Teile sind wichtig, aber die Walzenstühle, in denen der Weizen auf die gewünschte Feinheit zerkleinert oder gemahlen und so in Mehl, Gries beziehungsweise Kleie verwandelt wird, ist das Herzstück einer jeden Mehlproduktionsanlage“, sagt Erwin Hohermuth, Projektleiter der Forschungs- und Entwicklungsabteilung von Bühlers Geschäftsbereich Getreidemühlen. „Das Getreide erreicht die Walzenstühle nach verschiedenen Sortier- und Reinigungsprozessen. Eine Walzenmühle arbeitet mit Walzenpaaren die gegeneinander gepresst werden. Der Mahleffekt ergibt sich aus dem Druck der Walzen sowie der Tatsache, dass sich die beiden Walzen eines Walzenpaares mit unterschiedlicher Geschwindigkeit drehen.“
Bühlers neuste Walzenstuhl-Generation ist die 1999 lancierte Newtronic. „In der Newtronic, die als 4-Walzen- und 8-Walzenversion erhältlich ist, haben wir alle unsere über 100 Jahre gesammelten Erfahrungen aus dem Vermahlen von Getreide vereinigt. In der kurzen Zeit seit ihrer Einführung haben wir über 1.000 Maschinen an Kunden in mehr als 40 Ländern verkauft“, erzählt Hohermuth.

Schneller Walzenwechsel
„Vielleicht das wichtigste Merkmal der Newtronic ist der rasche Walzenwechsel, den die Maschine ermöglicht. Das kann von großer Bedeutung sein, weil jedes Walzenpaar eine andere Aufgabe hat. Mit anderen Worten, wenn ein Walzenstuhl stillsteht, fällt die gesamte Mahlanlage aus“, erklärt Hohermuth. Eine moderne Getreidemühle verarbeitet innerhalb von 24 Stunden zwischen 100 und 1.000 Tonnen. Eine Betriebsunterbrechung von einer Stunde bedeutet also einen Produktionsausfall von mindestens vier Tonnen und vermutlich noch viel mehr.
„In einer herkömmlichen Walzenmühle pflegt der Austausch eines Walzenpaares etwa vier bis fünf Stunden zu dauern. Bei der Newtronic erledigt man das in 60 Minuten. Das ist eine enorme Verbesserung“, so Hohermuth.
Weitere Leistungsmerkmale sind neben konstruktionstechnischen Verbesserungen zur Reduzierung der Kondenswasserbildung und Geräuschentwicklung ein Schwerkraftförderer, der den Getreidefluss durch den Einlasskanal misst und somit ein gleichmäßiges Vermahlen garantiert. Er lässt sich zudem leicht reinigen, was angesichts der strengen Hygienevorschriften in der Lebensmittelindustrie sehr wichtig ist. Auch der Wartungsaufwand wurde verringert, hauptsächlich auf Grund der zentralen Schmierung der Pendelrollenlager und Lebensdauer-Schmierung der Vorschubwalzen.

Lebensdauer ausschlaggebend
Die Anforderungen an die Lager spielen bei Walzenstühlen eine entscheidende Rolle. Eine Newtronic in 4-Walzenausführung hat acht Pendelrollenlager. Die 8-Walzenversion ist mit 16 Pendelrollenlagern bestückt.
Für die Spezifikation der Lager, die in Walzenstühle eingebaut werden sollen, gelten zahlreiche Kriterien“, so Hohermuth. „Ganz oben auf der Liste steht die Gesamtlebensdauer. Ein Lager soll eine durchschnittliche Lebensdauer von 50.000 bis 60.000 Betriebsstunden erreichen. Geringer Wartungsaufwand, zuverlässige Funktion unter harten Betriebsbedingungen, geringe Vibration und geringe Reibung sind jedoch ebenfalls bedeutende Aspekte. Eine geringe Reibung beeinflusst nicht nur den Laufwiderstand, sondern auch die Betriebstemperatur, und je niedriger die Betriebstemperatur, desto länger die Lebensdauer und desto geringer der Schmierungsbedarf.“
Und was hat es mit dem Al-dente-Tester auf sich? Ein Ingenieur von Bühler entwickelte dieses geniale Handmessgerät, mit dem der Maschinenbediener eine kalibrierte Standardmessung der Nudelkonsistenz vornehmen kann. Die Konsistenz von Teigwaren hängt nicht nur davon ab, wie lange sie gekocht werden, sondern auch von der Qualität des Getreides, aus dem sie hergestellt sind.
Durch Druck auf einen federbelasteteten Kolben öffnet sich eine kleine runde Öffnung im Messkopf des Instruments, durch die ein Stück Spagetti gefädelt wird. Lässt man den Kolben los, will die Federkraft ihn in seine ursprüngliche Stellung zurückziehen, woran ihn allerdings das Stück Spagetti hindert. Der Abstand, den der Kolben beim Zurückschnappen zurücklegt, ist ein Maß für die Konsistenz der Nudel, das Al-dente-Maß sozusagen.

Peter Howard
Technikjournalist in Genf
Fotos Bühler und Peter Howard

 

 

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