Jack Welch

Wild auf InnovationenGeduld steht nicht gerade oben auf der Liste jener Eigenschaften, die aus Jack Welch einen großen Geschäftsmann machen. „Wenn Dich etwas ärgert“, pflegt er zu sagen, „schrei es an, gib ihm einen Tritt, schlag es kaputt!“
   

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Wild auf InnovationenGeduld steht nicht gerade oben auf der Liste jener Eigenschaften, die aus Jack Welch einen großen Geschäftsmann machen. „Wenn Dich etwas ärgert“, pflegt er zu sagen, „schrei es an, gib ihm einen Tritt, schlag es kaputt!“
   

Diese Art von rasender Ungeduld ist charakteristisch für den 63-jährigen John Francis Welch Jr, Vorstandsvorsitzender und Konzernchef von General Electric. Er besitzt eine überschwengliche Kreativität, die Hierarchien durchbricht, Hindernisse überwindet und sich nicht um die Einhaltung der Weisungskette kümmert.
   

Welch verbindet allerdings kreative Raserei mit einem grenzenlosen Glauben an die individuelle Kreativität. „Der vom menschlichen Geist ausgehende Ideenstrom ist völlig unbegrenzt“, sagte Welch einmal zu einem Reporter der Zeitschrift Business Week. „Man braucht diese Quelle nur anzuzapfen. Das ist Kreativität. Es ist der Glaube daran, daß jeder Mensch zählt.“ Welch macht seine Untergebenen zu Führungskräften, indem er ihre Kreativität anzapft.
   

Es ist ihm gelungen, General Electric zu einem extrem erfolgreichen Konzern zu machen, indem er strukturelle Hindernisse abgebaut und stets das Beste aus seinen Mitarbeitern herausgeholt hat. General Electric hat in den vergangenen Jahren enorme Zuwachsraten erzielt und seinen Marktwert von 12 Milliarden US-Dollar (20 Milliarden DM oder 10 Milliarden Euro) 1981 auf etwa 280 Milliarden US-Dollar (476 Milliarden DM oder 242 Milliarden Euro) 1998 erhöht. Der Konzern, den Welch aufgebaut hat, ist ein Unternehmensimperium mit einem weltweiten Umsatz von 90,8 Milliarden US-Dollar. „Niemand hat eine größere Wertsteigerung für die Aktionäre erzielt als Jack Welch“, sagt Nicholas Heyman, Analyst von Prudential Securities. Nach Heymans Prognose könnte der Konzern bis zum Jahr 2000 einen Wert von 500 Milliarden US-Dollar (850 Milliarden DM oder 434 Milliarden Euro) erreicht haben.
   

„Jack Welch ist einer der größten Unternehmensführer dieses Jahrhunderts“ meint Noel Tichy, ein Managementprofessor an der Universität von Michigan. „Er schuf ein neues zeitgemäßes Paradigma für den Konzern, das zum Modell für das 21. Jahrhundert geworden ist.“
   

Der Mann, der all dies erreicht hat, war schon früh seines Schicksals Schmied. Er stammte aus einem wenig angesehenen Viertel in der kleinen Industriestadt Salem in Massachusetts. Sein Vater John Sr war Schaffner bei der Boston & Maine Railroad. Nach der Grundschule besuchte John Francis Jr die weiterführende Schule Salem High School, wo er auch Mannschaftskapitän des Hockeyteams und des Golfteams wurde. Anschließend studierte er an der Universität von Massachusetts. Nach seinem Abschluß als Chemieingenieur, den er an der Universität von Illinois erwarb, entschied er sich 1960 für eine Stelle bei General Electric und lehnte zwei andere Angebote ab, weil er nahe seiner Heimat sein wollte.
   

Ein Jahr später war Welch nahe daran, General Electric zu verlassen. Die Bürokratie dieses Unternehmens und die Unfähigkeit des Managements, neue Ideen zu aktivieren, nahmen ihm die Luft zum Atmen. General Electric hatte sich seit seiner Gründung im Jahre 1892 in allen elektrischen Bereichen versucht – vom Toaster und Föhn bis zum Strahltriebwerk. Viele Produkte waren schwer zu verkaufen, stark konjunkturabhängig und kaum rentabel. „Als Manager wurden wir damals unaufhörlich daran erinnert, daß wir „Verwalter“ einer Abteilung, eines Geschäftsbereichs oder einer Produktlinie waren. Einige davon stammten noch aus der Zeit von Thomas Edison“, erzählt Dennis Dammerman, Leiter des Finanzressorts bei General Electric. „Hierarchie und Bürokratie waren extrem ausgeprägt.“
   

Welchs Chef überredete ihn zu bleiben und machte ihn zum Leiter des neu geschaffenen Geschäftsbereichs Kunststoffe, den er von Grund auf aufbauen sollte. Er bekam sehr schnell den Ruf eines Einzelgängers. „Welch und sein Team im Kunststoffbereich galten als wild und kämpferisch“, meint Dammerman. „Sie sahen sich nicht als „Verwalter“ von irgendwas.“ Welch ließ einmal tatsächlich das Labor in die Luft fliegen, das seiner Abteilung zur Verfügung gestellt worden war, aber bald schon war sein Geschäftsbereich der rentabelste des gesamten Unternehmens.
   

Es dauerte nicht lang, bis Welch die Karriereleiter weiter nach oben kletterte. 1972 wurde er stellvertretender Geschäftsführer, 1977 Geschäftsführender Direktor, 1979 stellvertretender Vorstandsvorsitzender und schließlich 1981 Vorstandsvorsitzender, der jüngste, den General Electric je hatte.
   

Welchs Erfolg lag darin, daß er jene Geschäftsbereiche in diesem gewaltigen Konglomerat aufspürte, die Wachstumspotential hatten. Er kümmerte sich nicht um General Electrics Tradition und veräußerte Geschäftsbereiche, die seiner Meinung nach kein Wachstumspotential aufwiesen. In sieben Jahren baute er 100.000 Arbeitsplätze bei General Electric ab. Um die richtige Mischung zu finden, kaufte und verkaufte Welch eine Vielzahl von Unternehmen und erwarb im weiteren Verlauf so unterschiedliche Gesellschaften wie die Fernsehgesellschaft NBC und die Finanzgesellschaft Kidder Peabody.
   

Nachdem General Electric auf zwölf Kernbereiche geschrumpft war, setzte Welch Ende der achtziger Jahre verstärkt auf eine globale Entwicklung. Er wurde auf dem europäischen Markt, der heute für einen Umsatz von über 20 Milliarden US-Dollar (34 Milliarden DM oder 17 Milliarden Euro) steht, aktiv und nahm auch Kurs auf Asien.
   

In den neunziger Jahren verlegte sich Welch schließlich auf Hightech-Dienstleistungen, ein Bereich, in dem Welch die Zukunft von General Electric sieht. G.E. Capital, die Finanzgesellschaft des Konzerns, hatte sich bereits als äußerst erfolgreich erwiesen. Welch dehnt nun jedoch das Serviceangebot des Konzerns auf solche Bereiche wie Telefon-Support und Satellitenunterstützung aus.
   

Um den Erfolg in so unterschiedlichen Geschäftsbereichen sicherzustellen, verwendet Welch viel Zeit darauf, sich echte Führungskräfte heranzuziehen, die diese Bereiche leiten können. Einmal pro Quartal treffen sich die höchsten Chefs im Schulungszentrum für Führungskräfte, das in Croton-on-Hudson, New York, gelegen ist. Hier werden die Unternehmensziele festgelegt. „Eine Führungskraft von General Electric weiß, was dieser Konzern ist: die größte Innovationsküche der Welt“, so Welch. .
   

Welch hat sich vorgenommen, im Jahre 2000 in den Ruhestand zu gehen. Bevor er aber seine Karriere beendet, wird er noch den Erfolg einer weiteren großen Reform bei General Electric erleben dürfen: Das Qualitätssicherungsprogramm Six Sigma. Die Bezeichnung basiert auf dem griechischen Buchstaben Sigma, einem Begriff, der in der Statistik zur Bezeichnung von Abweichungen verwendet wird. Das 1995 eingeführte Programm zielt darauf ab, Mängel sowohl in der Produktion als auch im Dienstleistungsbereich zu eliminieren. Welch investiert Millionen in Ausbildung und Qualitätskontrolle, um den „Sigma-Wert“ des Unternehmens anzuheben. Bisher haben seine Investitionen Tausende von Vorschlägen für Kosteneinsparungen und Prozeßverbesserungen zur folge gehabt. Der Gewinn aus dieser Initiative wird bereits auf 750 Millionen US-Dollar geschätzt. „Six Sigma verändert alles, was wir tun“, meint Welch stolz.
   

Es besteht allerdings kaum ein Zweifel daran, daß Welch auch weiterhin Veränderungen bei General Electric vornehmen wird, bis sein Ruhestand im Jahr 2000 dem ein Ende setzen wird, vermutlich das einzige, was ihm Einhalt gebieten kann.
Andrew Rosenbaum  

Wirtschaftsjournalist in London  

Fotos General Electric

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