Mit Caesar auf Erfolgskurs Conn Iggulden
Julius Caesar ist zwar ein bedeutender Name in den Geschichtsbüchern, aber ein Großteil seines Lebens ist stets ein Mysterium geblieben. Nun endlich bringt Conn Igguldens Buchreihe Emperor Licht ins Dunkel mit Hilfe gut fundierter Phantasien, die auf intensiven Recherchen basieren. Hollywood ist nicht weit weg
Iggulden kommt zu unserem Treffen etwas zu spät, weil er für seinen Vater noch Schuhspikes kaufen musste. In seinem schwarzen Wintermantel sieht er aus wie ein gutmütiger Riese. Es ist nur ein paar Jahre her, dass sich die Bieter um das Manuskript des Englischlehrers aus London rissen. Der Wettbewerb endete mit einer Summe von mehreren Millionen Euro auf seinem Konto.
Iggulden ist nur 33 Jahre alt, aber schon seit 20 Jahren schriftstellerisch tätig. Seit seinem 13. Lebensjahr hat er jedes Jahr ein Buch geschrieben. Allerdings gelang es ihm erst mit der Lebensgeschichte von Julius Caesar, das Interesse von Verlagshäusern zu wecken.
„Es hat viel mit Glück zu tun, dass ich auf die Geschichte von Julius Caesar stieß“, erzählt Iggulden. „Es war außerdem ein reines Vergnügen und unglaublich interessant. Ich bin froh, dass ich nach 20 gescheiterten und ziemlich dürftigen Büchern genügend schriftstellerische Begabung aufbringen konnte, um diesem Thema gerecht zu werden.“
Emperor handelt von zwei Jungen, die zusammen auf einem Landgut außerhalb von Rom aufwachsen: der Aristokrat Gaius und sein Ziehbruder Marcus. Gemeinsam erleben sie Roms phantastische Zivilisation und blutige Gräueltaten. Gaius und Marcus sollen einmal die berühmtesten Römer der Geschichte werden – Julius Caesar und sein Mörder Brutus.
„Jeder kennt Caesars letzte Worte ‚auch Du, mein Sohn Brutus’. Ich möchte ihnen eine neue Tiefe verleihen, damit wir verstehen, was es eigentlich bedeutet, wenn sie einander in die Augen schauen. Diese letzte Szene hinterlässt entweder einen starken Eindruck oder geht leicht unter, je nachdem, wie vertraut man mit den beteiligten Charakteren ist.“
Die ersten beiden Bücher der vierbändigen Buchreihe Emperor, The Gates of Rome und The Death of Kings, erzählt die atemberaubende Geschichte des jungen Julius, der im Alter von 16 Jahren heiratet, kurz darauf von Piraten gefangen genommen wird und mit 19 Jahren im Alleingang seine eigene Armee aufbaut.
Igguldens Bücher sind von Caesar-Kennern kritisiert worden, unter anderem weil Brutus, so glaubt man, 15 Jahre nach Caesar geboren wurde. Demnach ist es kaum möglich, dass Caesar und Brutus ihre Kindheit miteinander verbrachten. Aber Iggulden ist nicht der Ansicht, er habe in seinem Buch gelogen.
„Wir wissen nicht genau, wann Caesar und Brutus geboren wurden“, meint er. „Die Vergangenheit voll zu erfassen, ist fast immer ein Unding. Wir haben ein Gerippe, und ich habe es mit Fleisch und Blut versehen. So etwas wird immer in Frage gestellt, denn sicher ist nur das Gerippe.“
Ein Beispiel für eine qualifizierte Vermutung ist die Sache mit dem deutschen Heerführer, der Caesar treffen möchte, ihm jedoch nur gestattet, seine Kavallerie mitzubringen. Caesar leiht sich Pferde und setzt seine gesamte Legion auf den Rücken dieser Tiere.
„Es ist ein Satz aus Suetonius Schriften, den ich mit eigenen Überlegungen ausgefüllt habe. Ich habe mir vorgestellt, ‚was passiert, wenn man Infanteristen, die noch nie geritten sind, auf Pferde setzt und ihnen befiehlt, 40 Kilometer zu reiten?’. Ich ging davon aus, dass viele herunterfallen würden. Man muss das Bild mit Farben ausmalen.“
Jene „Farben“ holte sich Iggulden aus zahlreichen historischen Quellen, aber auch aus eigenen Erfahrungen, die an die Brutalität des antiken Roms erinnern. Erlebnisse wie etwa eine Schlägerei in einem Pub, die er einmal beobachtete, oder ein malträtierter Fuß nach einem Streit mit Geschwistern waren ihm dabei ebenso eine Hilfe wie das traumatische Abenteuer eines ’Bungee Jump’.
„Es war nur aus einer Höhe von 50 Metern, aber ich hatte beim Absprung wahnsinnige Angst. Ich vergaß völlig, dass ich an einem Rettungsseil befestigt war, und als ich fiel, war ich fest davon überzeugt, sterben zu müssen. Mich überkam eine unglaubliche Ruhe. Schreien oder mit den Armen fuchteln, war sinnlos, weil ich ohnehin sterben würde. Mir gingen pathetische Gedanken durch den Kopf wie ‚Ich hatte noch so viel zu geben’. Als ich dann das Seil spürte, war es wie eine Wiedergeburt. Dieses Erlebnis konnte ich in einer Szene nutzen, in der jemand dem Tod entkommt und Euphorie empfindet.“
Hollywood hat die Filmrechte an Emperor erworben, und der Drehbuchautor, William Broyles, arbeitet zurzeit daran, die vier Novellen in ein Drehbuch umzuwandeln. Broyles war unter anderem für solche Filmerfolge wie Apollo 13, Verschollen und Planet der Affen von Tim Burton verantwortlich.
„Als Hollywood die Filmrechte kaufte, war ich überglücklich, weil ich so etwas noch nicht mitgemacht hatte“, erinnert sich Iggulden. „Seitdem höre ich jedoch immer wieder von Leuten, die sich in der Filmwelt gut auskennen, ‚Du musst Geduld haben. Es sind 1.000 kleine Schritte, und jeder einzelne könnte schief gehen, so dass aus der ganzen Sache nichts wird. Also freu’ dich nicht zu früh.’ Was mich dann aber tatsächlich in Aufregung versetzte, war eine Besprechung, in der mir mitgeteilt wurde, dass man beabsichtige, aus dem Stoff drei Filme zu machen, um die komplette Geschichte erzählen zu können.“
Iggulden hat gerade das letzte Buch dieser Serie abgeschlossen, und im Frühjahr wird er zusammen mit seinem Bruder ein Kinderbuch schreiben – eine Gebrauchsanweisung für den Bau eines Katapults, das Binden von Krawattenknoten und die Verständigung mittels Morsealphabet. Danach ist jedoch ein weiteres Mammutwerk über eine historische Figur geplant.
„Ich darf noch nicht verraten, wer die Person ist“, sagt Iggulden. „Ich werde vier Bücher schreiben, aber es steht nicht einmal im Vertrag, über wen. Die Bücherwelt ist so klein. Wenn es jemand herausfindet, könnte er seine eigene Version schreiben, und eine schlechte obendrein.“