Mit hohem Druck
Steigerung der Zuverlässigkeit
Das finnische Unternehmen Gardner Denver Oy ist ein führender Hersteller von Schraubenverdichtern und Verdichterbauteilen. Die kühne Idee eines Konstruktionsingenieurs zur Verlängerung der Lebensdauer einer kritischen Lagerung legte vor mehr als 30 Jahren den Grundstein zum Erfolg der Firma.Die meisten Industriebetriebe können ohne eine zuverlässige Druckluftquelle
nicht arbeiten. Die zum Antrieb von Vorrichtungen und Werkzeugen benötigte
Druckluft wurde sogar schon als das „vierte Versorgungselement“ nach Strom,
Wasser und Gas bezeichnet. In den meisten Betrieben wird dieses vierte Element
von Schraubenverdichtern erzeugt.
Das „Herzstück“ eines Schraubenverdichters – also das Teil,
das die eigentliche Verdichtungsarbeit leistet – ist die Verdichterstufe. Sie
besteht aus zwei Drehkolben und dem zugehörigen Gehäuse. Den Antrieb dieser
Drehkolben mit bis zu
10.000 Umdrehungen pro Minute besorgen Elektromotoren. Die von den Drehkolben
über Filter angesaugte Luft wird von diesen auf den benötigten Druck verdichtet
und über ein Auslassventil an den Druckluftabnehmer weitergeleitet. Die Kühlung
und Schmierung der Drehkolben erfolgt mit Öl, das auch für ihre Abdichtung
gegenüber dem Gehäuse sorgt.
Die Gardner Denver Oy – die finnische Tochter des
US-amerikanischen Herstellers Gardner Denver Inc. – ist einer der weltweit
führende Anbieter von Verdichterstufen für Schraubenverdichter. Das Werk von
Gardner Denver liegt in Tampere zwei Autostunden nördlich von Helsinki. Die dort
gefertigten Verdichterstufen werden unter dem Markennamen ENDURO vertrieben und
haben den Industriestandard in punkto Zuverlässigkeit und Effizienz gesetzt. Sie
werden von der Gardner Denver Oy nicht nur in eigenen Verdichteranlagen
eingesetzt sonder darüber hinaus auch als Erstausrüsterbauteile an etwa 65
weitere Kompressorenhersteller vertrieben. Weltweit sind bereits über 100.000
ENDURO-Verdichterstufen im Einsatz.
Steigerung der Zuverlässigkeit
Zu einem Teil ist der Erfolg Kimmo Laine und dessen Arbeit zu verdanken, die er
vor über dreißig Jahren geleistet hat. Zu jener Zeit befand sich das
Verdichterwerk noch im Besitz der Tampella Corporation. Laine war dort als
Konstruktionsingenieur beschäftigt, als ihm die Idee zur Entwicklung einer neuen
Lagerung für die Drehkolben in den Schraubenverdichtern kam.
„Jeder wusste, dass die Drehkolbenlagerung das schwächste
Glied der Verdichterstufe darstellte. Damals in den Sechzigerjahren war ein
Austausch der dort eingesetzten Lager bereits nach etwa 20.000 Stunden oder etwa
drei Betriebsjahren erforderlich. Fiel ein Lager aus, musste die gesamte
Verdichterstufe verschrottet und ersetzt werden, was jeweils hohe Kosten
verursachte“, erläutert Laine, heute Geschäftsführer von Gardner Denver Oy.
„In der herkömmlichen Lagerung waren Kegelrollenlager oder
Schrägkugellager zur Aufnahme der axialen wie auch radialen Belastungen
eingesetzt gewesen. Anhand von entsprechenden Lagerungen in anderen Maschinen
erkannte ich Möglichkeiten, sowohl die Zuverlässigkeit der Lagerung zu steigern
als auch die Kosten zu senken. Meine Idee bestand darin, am hochbelasteten
Rotorende zusätzlich ein starkes Drucklager hinzuzufügen, das ausschließlich die
Axiallasten aufzunehmen hatte.“
Einfache Lösung
„Wir entwickelten daraufhin eine neue Lagerung, bei der Schrägkugellager die
Axialbelastung aufzunehmen hatten. Diese Drucklager sind in Kombination mit
einem Zylinderrollenlager mit radialem Spiel im Gehäuse angeordnet. Bei dieser
Anordnung werden die Axiallasten ausschließlich vom Drucklager und die
Radiallasten ausschließlich vom Rollenlager aufgenommen.“
Wie bei allen guten Ideen war das Grundkonzept bestechend
einfach. Und wie für alle bedeutenden Erfinder bestand für Laine das größte
Problem darin, die Verantwortlichen davon zu überzeugen, seine Idee einmal
praktisch auszuprobieren.
„Gewiss war es eine kühne – vielleicht sogar riskante – Idee
gewesen. Und um ehrlich zu sein, viele hielten sie für verrückt und waren sich
auch sicher, dass sie nicht funktionieren würde. Da sich zugleich aber
Möglichkeiten zu Kostensenkung abzeichneten, erhielten wir grünes Licht für
einen Versuch. Der verlief dann überaus erfolgreich, so erfolgreich, wie wir es
uns niemals hätten träumen lassen. Das Ergebnis bedeutete einen fundamentalen
Fortschritt“, erinnert er sich.
Die neue Lagerung – zusammen mit anderen Entwicklungen,
darunter neuen Stahllegierungen, Fortschritten auf dem Gebiet der Schmierung
sowie wirksamerer Oberflächenbehandlungen – hat die Lebensdauer von
Rotorlagerungen auf inzwischen 50.000 bis 100.000 Stunden gesteigert, was in
etwa einem zehnjährigen ununterbrochenem Betrieb entspricht.
Diese Zuverlässigkeitswerte sind besonders für Anwender in
der Industrie von Bedeutung, die stets daran interessiert sind, unplanmäßige
Betriebsunterbrechungen weitest möglich zu minimieren. Dies ist einer der Gründe
dafür, dass Gardner Denver Oy Marktanteile in 65 Ländern rund um den Globus
gewonnen und seinen Umsatz auf über 40 Millionen Euro zu steigern vermocht hat.
Seit 1997 gehört es zur Konzernfamilie der Gardner Denver Inc.
Verdichter finden sich überall
Die im Werk Tampere gefertigten Schraubenverdichter werden mit Elektromotoren
von 4 bis 500 Kilowatt Leistung ausgerüstet und erbringen Förderleistungen von
0,5 bis 73 Kubikmeter Druckluft pro Minute bei Drücken von 3 bis 13 bar. Zu den
Hauptabnehmern zählen die Zellstoff- und Papierindustrie sowie Eisenhüttenwerke.
Bremssysteme von Eisenbahnen stellen beispielsweise einen
Anwendungsfall dar, bei der die Zuverlässigkeit von entscheidender Bedeutung
ist. Der Kompressor hält das Bremssystem unter Druck, so dass, im Fall einer
Funktionsstörung, die Bremsen automatisch greifen können.
„Druckluft vermag sogar Ihrem Skiurlaub zum Erfolg zu verhelfen“, fügt Laine
hinzu. „Unsere Schraubenverdichter finden Sie in nicht wenigen der
Hochleistungs-Schneekanonen, die an den Skihängen der Alpen installiert sind.“
Peter Gregory
Wirtschaftsjournalist in Helsinki
Fotos Gardner Denver