Mit Sarma steil nach oben

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In der Luftfahrtindustrie steht die Entwicklung niemals still und Sicherheitsfragen sind immer ein vorrangiges Thema. In der Flugsteuerung treten elektromechanische Systeme zunehmend an die Stelle von mechanischen und hydraulischen Lösungen. Eines der führenden Unternehmen in diesem Bereich ist SARMA (Societé Anonyme de Recherche Mécanique Appliquée) in Frankreich.Ein Flugzeug beinhaltet wesentlich mehr Technik, als mit bloßem Auge zu erkennen ist. Unter der blanken Metallhülle des Rumpfes befindet sich ein kompliziertes Netzwerk von sorgfältig bearbeiteten Metallstreben, die dem Rumpf seine Steifigkeit verleihen und das Flugzeug zusammenhalten.
Ein Großteil dieser so genannten Strukturstangen, die in Europa zur Aussteifung von Verkehrsflugzeugen und Hubschraubern eingesetzt werden, kommen aus Frankreich und werden von SARMA (Societé Anonyme de Recherche Méchanique Appliquée) hergestellt. Das Unternehmen, heute meist nur Sarma genannt, gliedert sich in drei Geschäftsbereiche: Strukturstangen, Lager und Geräteausstattung.
„Je besser wir unsere Kunden und ihre Bedürfnisse kennen, desto mehr können wir unseren Marktanteil ausbauen“, meint Michel Giacomoni, Vertriebsleiter für den Bereich Geräteausstattung in Sarmas Hauptverwaltung in St. Vallier (Frankreich).

„Wer liefert was?“
Das Unternehmen liegt in einem Industriegebiet am Ufer der Rhone etwa eine Autostunde von Lyon entfernt und ist einer der führenden Hersteller von Flugsteuerungskomponenten und –baugruppen der Welt. Die Erzeugnisse von Sarma finden sich in großen wie in kleinen Luftfahrzeugen und die Referenzen des Unternehmens lesen sich wie ein Branchenverzeichnis der Luftfahrtindustrie. So ist zum Beispiel das Airbus-Konsortium Sarmas größter Einzelkunde und steht für etwa die Hälfte des Jahresumsatzes von cirka 500 Millionen Franc (104 Millionen Euro oder 203 Millionen Mark). Die Caravelle, Europas erstes zweistrahliges Verkehrsflugzeug, wurde komplett mit Sarmas Strukturstangen ausgestattet. Das gleiche galt für den ersten Aloutte-Hubschrauber und das Überschallflugzeug Concorde.
Weitere wichtige Kunden sind Boeing, Bombardier, Saab, Embraer, Dassault, Aérospatiale, British Aerospace und Eurocopter sowie einige Zulieferer dieser Unternehmen wie Snecma (Triebwerke) und Messier (Fahrwerke). Tatsächlich haben alle größeren Hersteller von zivilen und militärischen Luftfahrzeugen irgendwann einmal Sarma-Produkte verwendet. In der globalen Flugindustrie, die sowohl Verkehrsflugzeuge als auch Hubschrauber umfasst, ist Sarma in Europa Marktführer auf seinem Gebiet und hält einen Anteil von zehn Prozent am Weltmarkt.
Von kohlefaserverstärkten Strukturstangen aus Leichtwerkstoffen bis zu Flugsteuerungsgestängen, Kraftbegrenzern, Flugwerklagern und Gelenkköpfen tragen Sarmas Produkte nicht nur dazu bei, Flugzeuge in der Luft zu halten, sondern sie sind auch an der Steuerung der Luftfahrzeuge beteiligt.
„Vor 20 Jahren hatte ein Pilot nur mechanische Mittel wie Seilzüge und Seilscheiben zur Verfügung, um ein Flugzeug zu steuern“, erzählt Giacomoni. „Als dann aber die Flugzeuge größer wurden, entwickelte man für die Betätigung der Flugsteuerungskomponenten (Seitenruder, Nicksteuerung, Querruder) Streben mit mechanischen Kupplungen. Schließlich ging man bei neuen Konstruktionen auf Hydrauliksysteme über, das heißt, physische Kräfte wurden nur noch eingesetzt, um einen Hydraulikkreis zu betätigen.
Der nächste Entwicklungsschritt, die „Fly-by-wire“-Technologie, resultierte aus den ständigen Bemühungen der Fluggesellschaften um eine Gewichtsreduzierung bei Luftfahrzeugen, um den Kraftstoffverbrauch zu senken.
Die „Fly-by-wire“-Technologie impliziert, dass die vom Piloten ausgeführten mechanischen Impulse auf den Steuerknüppel über ein elektrisches Kabel übertragen werden, um einen hydraulischen Betätigungszylinder zu aktivieren, der die physische Handlung des Hebens einer Klappe vornimmt. In vielen Fällen durchlaufen die elektrischen Impulse einen Rechner oder ein Flugmanagementsystem, damit fehlerhafte Maßnahmen erkannt und verhindert werden können. Derzeit laufen Versuche, dieses Konzept auch in der Automobilindustrie einzusetzen. Mechatronische Flugsteuerungssysteme nehmen immer mehr an Bedeutung zu. Während die Zulassung der „Fly-by-wire“-Technologie noch mehrere Jahre dauerte, sind heute bereits sämtliche Airbus-Maschinen wie zum Beispiel die A320 und die A340 mit mechatronischen Systemen ausgestattet.

Hydraulik auf dem Rückzug
Für die Flugzeugkonstrukteure besteht der Hauptvorzug der „Fly-by-wire“-Technologie darin, dass sie eine Gewichtsreduzierung ermöglicht, die für die Wirtschaftlichkeit der zivilen Luftfahrt Gold wert ist. Der nächste Entwicklungsschritt ist laut Fachpresse eine stärkere Betonung von elektrischen Komponenten in Luftfahrzeugen. „Die Hydraulik könnte auf längere Sicht gänzlich aus Flugsteuerungssystemen verschwinden und durch elektromechanische Betätigungszylinder ersetzt werden“, schreibt die Fachzeitschrift Aviation Week and Space Technology im Mai 2000.
Einigen Planungsstudien in den USA zufolge könnte eine derartige Technologie das Bruttostartgewicht eines Flugzeugs um 6,5 Prozent und den Wartungsaufwand um 4,2 Prozent reduzieren.
Obwohl Sarma elektromechanische Betätigungszylinder und Steuergeräte herstellt, die unter anderem für die Steuerung der Querruder, der Seitenruder, der Höhenflossen und des Fahrwerks verwendet werden könnten, sind sie derzeit nur in weniger bedeutenden Funktionen im Einsatz. Die Luftfahrtindustrie ist von Natur aus sehr konservativ, wenn es um die Einführung neuer Technologien geht.
„Es ist ein Teufelskreis“, sagt der Marketingmanager von Sarma, Guilhem de Cazenove. „Um neue Ausrüstung in ein Flugzeug einbauen zu dürfen, muss diese eine Reihe von Sicherheitskriterien erfüllen. Und zu diesem Zweck muss die Ausrüstung im Flug getestet werden. Der Trend geht jedoch eindeutig in Richtung mechatronischer Systeme.“

Superjumbo
Wie jedes andere Unternehmen der Luftfahrtindustrie umwirbt Sarma zurzeit Airbus im Hinblick auf den für 2004 geplanten Start des Superjumbo A380. Der Bau des größten Passagierflugzeugs mit 555 Plätzen statt wie bisher 416 Plätzen in der Boeing 747-400 wird einiges an innovativer Luftfahrttechnik erfordern.
Einem Bericht der Financial Times zufolge will Airbus zum Beispiel mit kohlefaserverstärkten Leichtwerkstoffen und verbesserten Hydrauliksystemen bei dem Flugzeug nahezu drei Tonnen Gewicht einsparen. Wie de Cazenove sagt, zieht Airbus Sarmas elektromechanische Systeme und andere Produkte für die A380 in Erwägung.
„Sie können keine großen Durchbrüche erzielen, indem sie die vorhandene Technologie kopieren“, meinte Robert Lafontan, stellvertretender Leiter der Technik und Produktentwicklung bei Airbus, gegenüber der Financial Times. „Der Herausforderer [von Boeing] muss sich schon etwas Neues einfallen lassen.“

Alexander Farnsworth
Fotos Alexander Farnsworth und Sarma

 

 

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