Optomechanik nach Maß
Der belgische Spezialist für optomechanische Hightech-Systeme Amos nimmt Sterne und andere Himmelskörper ins Visier.
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Der belgische Spezialist für optomechanische Hightech-Systeme Amos nimmt Sterne und andere Himmelskörper ins Visier.
Als die Astronomen im Jahr 2004 erstmals den Planeten 2M1207b außerhalb unseres Sonnensystems entdeckten, geschah dies durch die Teleskope des La Silla Paranal Observatoriums in Chile. Eine seiner Anlagen beherbergt das Teleskop von einem 3,6 Meter großen Durchmesser mit dem optischen System AMOS (Advanced Mechanical and Optical Systems). Ein weiteres Teleskop mit einem 3,6 Meter großen Spiegel, das für ARIES (Aryabhatta Research Institute of Observational Sciences) in Nordindien gebaut worden ist, steht kurz vor der Auslieferung und soll nach Devasthal gebracht werden, einer in 2.500 Meter Höhe gelegenen Stadt im Bundesstaat Uttarakhand, dem Standort von ARIES.
„Hier geht es nicht nur darum, technische Anforderungen zu erfüllen“, erklärt Vertriebs- und Marketingleiter Jean-Pierre Chisogne. „Wir müssen uns ein Bild vom Transportweg unserer Produkte bis zum Zielort machen, und das beeinflusst ihre Konstruktion und die Produktionszeiten.“
Amos ist in der Nähe von Lüttich zu Hause. Von den 80 Beschäftigten des Unternehmens sind über die Hälfte Ingenieure oder Techniker. Die meisten haben einen Hochschulabschluss der Universität Lüttich und des renommierten Instituts für Astrophysik.
„Unsere Ingenieure brauchen eine Herausforderung“, erzählt Chisogne, während er das Evolution-Team durch das ruhige Großraumbüro führt. Auf jedem Monitor sind spektakuläre 3D-Konstruktionen zu sehen. „Unsere Mitarbeiter sind ziemlich jung und auf dem absolut neuesten Stand, wenn es um die Konstruktion und Herstellung von optischen Geräten geht. Sie wollen neuartige Probleme lösen. Sonst wird es ihnen zu langweilig.“
Die meisten Produktevon AMOS werden nach Kundenwünschen für einen ganz speziellen Verwendungszweck gefertigt. Der Prototyp ist gleichzeitig das Endprodukt, das in den Verkauf geht. Dadurch lässt sich oft nur schwer absehen, wo Probleme (die nicht immer technisch bedingt sein müssen) auftreten könnten.
„Bei der Produktion von Einzelstücken ist der Preis immer ein Thema“, erklärt Chisogne. „Wie weiß man, wie viel etwas kostet, wenn man es noch nie gemacht hat? Manchmal verdienen wir zu wenig und gelegentlich liegen wir mit unseren Schätzungen zu niedrig, aber die Erstellung von Angeboten, die immer die neuesten Technologien enthalten, machen meine Arbeit so interessant. “
Wir betreten eine Halle voller Geräte, Laptops, Pläne und Werkzeuge. Die meisten Projekte laufen schon seit vielen Jahren, erklärt Chisogne. An dem indischen Projekt zum Beispiel arbeitet AMOS seit sechs Jahren. Er zeigt auf einen 3,6 Meter großen flüssigen Teleskopspiegel, der hier zusammengebaut wird. Während der in Chile 2004 verwendete Spiegel aus Glas gefertigt und fast flach war, sieht dieses Modell als Teil der neuesten Teleskopgeneration wie eine gigantische Schüssel aus, die mit 400 bis 600 Kilogramm Quecksilber gefüllt werden wird. Der Vorteil eines flüssigen Teleskopspiegels besteht darin, dass die Fertigung nur ein paar Monate dauert. Für einen Glasspiegel braucht man Jahre.
Erheblich kleiner sind die Teleskope, die AMOS für Satelliten und Raumfähren konstruiert und baut. So wiegen zum Beispiel die Teleskope für die europäische Raumfahrtbehörde ESA und die amerikanische Raumfahrtbehörde NASA weniger als zwei Kilogramm. Grundsätzlich gilt, dass die Instrumente so leicht wie möglich sein sollten, weil jedes Gramm, das ins All geschickt wird, 15 Euro kostet.
„Bisher hatten wir nur nichtgewerbliche Kunden – Institute, Universitäten und astronomische Einrichtungen. Vor einiger Zeit haben wir jedoch auch Gespräche mit Eigentümern von Telekom-Satelliten eingeleitet. Sie sind daran interessiert, Ausrüstung in unseren Vakuumkesseln zu testen, die die Bedingungen im Weltall nachahmen“, erzählt Chisogne.
Die bis zu sieben Meterhohen und fast ebenso breiten Kessel simulieren die Druckverhältnisse und Temperaturen während eines Flugs. Die Thermoplatten sind für einen Temperaturbereich von –269 bis +100 Grad Celsius ausgelegt. Auch Sterne können simuliert werden. Mit einem Kollimator, einem weiteren Produkt von AMOS (einer Art umgekehrten Teleskop) wird eine Lichtquelle erzeugt, die sich wie ein Stern verhält. Damit können bestimmte Messungen zur Korrektur von Daten vorgenommen werden, die im Weltall erfasst wurden und zum Beispiel dazu dienen, die Masse eines Sterns zu berechnen.
„In den letzten zehn Jahren sind rund 400 neue Planeten nur wenige Lichtjahre von uns entfernt entdeckt worden, die Hälfte davon mit Geräten von AMOS“, so Chisogne. „Insgesamt haben wir jedoch nur rund vier Prozent des Universums erforscht.“
Das bedeutet, es bleiben immer noch 96 Prozent zu erkunden. „Leider gibt es kaum Spielraum für kommerzielle Interessen, also ein wenig attraktiver Sektor für gewerbliche Akteure“, stellt Chisogne fest. „Ich glaube, der Markt wird sich auf viele Jahre hinaus kaum verändern.“
Minimale Bewegungen mit SKF Aktuatoren und Lager
Die Teleskope von AMOS bewegen sich mit extrem hoher Präzision. Ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Steikeit und geringer Reibung ist dabei von größter Wichtigkeit, weil schon die kleinste Bewegung des Teleskops zu einer drastischen Veränderung des Winkels im Weltall führt. Außerdem darf die Bewegung des Teleskopspiegels nicht von Temperaturschwankungen beeinflusst werden (typisch für Standorte von Teleskopen wie hohe Berge). SKF beliefert AMOS mit Aktuatoren und Lagern, die ein Höchstmaß an Präzision gewährleisten.