Reaktion im Minutentakt

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Die altmodische Vorstellung von Lagerhaltung ist das einzige, was bei BSL verstaubt, denn das Industrieunternehmen verfügt über ein modernes Distributionssystem, das ebenso rasch wie reibungslos funktioniertAls Peter Ulleri seine Stelle wechseln und zu BSL gehen wollte, waren seine Freunde und Kollegen sehr erstaunt. Er arbeitete nämlich bei dem führenden, weltweit tätigen Internet-Buchhändler Amazon.com, der als einer von ganz wenigen den massiven Einbruch im Internet-Handel überlebt hat.
Was sein näheres Umfeld aber noch merkwürdiger fand, war die Tatsache, dass er sich für BSL entschieden hatte, ein alteingesessenes Unternehmen, das die britische Industrie mit Wälzlagern und anderen Industriekomponenten beliefert.
    Ulleri, der heute bei BSL für Lagerwirtschaft und Distribution zuständig ist, kann bei der Erinnerung daran nur lachen.
    „Industrielle Lagerhaltung – darunter stellen sich die meisten Leute abgearbeitete Männer in braunen Kitteln vor, die von einem staubigen Regal zum anderen vordringen. Dieses Bild ist so veraltet“, meint er. „Trotz seiner langen Tradition ist BSL das dynamischste und reaktionsschnellste Unternehmen, für das ich je tätig war, und diese Reaktionsbereitschaft muss jeden Tag aufs Neue unter Beweis gestellt werden, denn unsere Kunden brauchen grundsätzlich alles sofort. Jeder Verzug bei der Auslieferung ihrer Warenbestellungen kann sie durch Produktionsausfall teuer zu stehen kommen.“
    Das neue National Distribution Centre (NDC) von BSL in Wolverhampton im Westen Mittelenglands ist eine auf Kundenbedürfnisse zugeschnittene Lösung für eine logistische Herausforderung von enormem Ausmaß. Diese 8.000 Quadratmeter große Einrichtung wurde 2000 in Betrieb genommen und ist weitaus mehr als nur eine Lagerhalle.

Zentrale Lösung
Als Zentrallager und letzte Kontrollinstanz eines landesweiten Netzwerks von 104 BSL-Filialen laufen im NDC alle Fäden im Zusammenhang mit der Lagerhaltung von Millionen Artikeln und der Koordination ihrer Auslieferung entweder direkt an Kunden oder über ein nationales Branchennetz zusammen.
Sauber verpackt in zehn Meter hohen Regaleinheiten ist dort alles von kleinen Kugellagern und winzigen Unterlegscheiben bis zu tonnenschweren Motoren und Generatoren zu finden. Sämtliche handelsüblichen Dimensionen von Lagern, Dichtungen und Maschinenbauteilen werden hier geführt.
    Das NDC hat die Komponenten von zehn Millionen Getriebekonfigurationen, hält 160 Kilometer Ketten auf Lager und führt über 320 Kilometer Riemenprodukte, die vor der Auslieferung auf die vom Kunden gewünschten Längen zugeschnitten werden können. Über eine halbe Million Werkzeuge und allgemeine Wartungsartikel, mehr als 250.000 Flaschen Industriekleber und über 50.000 Kilogramm industrielle Schmiermittel werden jedes Jahr von hier ausgeliefert.
    Das NDC ist rund um die Uhr an 364 Tagen pro Jahr geöffnet. Selbst am ersten Weihnachtstag, dem einzigen Tag im Jahr, an dem die Tore geschlossen bleiben, hält sich eine Stammmannschaft auf Abruf bereit.

Hohe Reaktionsbereitschaft
Ein kritischer Faktor für das NDC und dessen hohen Bereitschaftsgrad ist der bei den Kunden zu beobachtende Trend, die eigenen Lagerhaltungskosten durch Minimierung der Bestände an Wartungsartikeln und Bauteilen zu reduzieren. Das Risiko einer solchen Maßnahme besteht jedoch darin, dass unter Umständen eine komplette Produktionslinie wegen einer fehlenden Unterlegscheibe oder Öldichtung zum Stillstand kommt.
    BSL hat dieses Problem auf eine Weise gelöst, die von der Fachzeitschrift Logistics Manager Magazine als „eine der modernsten und komplettesten Lager- und Transportlösungen überhaupt“ gepriesen wird.
    Wenn irgendwo eine Maschine oder Anlage ausfällt und der zuständige Wartungsleiter aufgeregt bei seiner örtlichen BSL-Filiale anruft, um eine wichtige Komponente zu bestellen, dauert es maximal

  • eine Minute, bis die Bestellung bearbeitet und über das unternehmenseigene Intranet an das NDC in Wolverhampton weitergeleitet ist;
  • fünf Minuten, bis die bestellte Komponente aus dem Regal geholt ist und
  • zehn Minuten, bis sie zum Versand gelangt und dann per Bote oder Taxi auf den Weg geschickt wird.

Um einen solchen Zeitplan einhalten zu können, ist das NDC durch ineinandergreifende Systeme, die alle mit Abkürzungen versehen sind, bis an die Grenze der Vorstellungskraft automatisiert. Jede Bestellung wird in das Intranet-basierte Auftragsabwicklungssystem SOP (Sales Order Processing) von BSL eingegeben, über das jeweils die aktuellen Warenbestände im NDC und bei allen BSL-Verkaufsfilialen abgerufen werden können. Außerdem hat das System Zugriff auf die Warenbestände der meisten Zulieferer von BSL und kann so ermitteln, ob ein Artikel innerhalb von 24 Stunden erhältlich ist.
    Nachdem der Auftrag per Telefon oder via Intranet bestätigt worden ist, wird er an das komplexe WMS-Netzwerk (WMS = Warehouse Management System) weitergeleitet, das einen vollständigen Überblick über die Lagerplätze von Millionen Artikeln und deren Kommissionierung hat. Alle Artikel werden zur Optimierung der Lagereffizienz in kleinstmöglichen Gebinden gelagert.
    Auch für das Einlagern der Waren gibt es eine spezielle Strategie, die sicherstellt, dass identische Artikel an verschiedenen Stellen gelagert werden, damit die Entnahme eines Artikels aus dem Regal nicht durch irgendwelche Reparatur- oder Wartungsarbeiten verzögert wird. Das WMS sorgt ferner dafür, dass die ältesten Artikel immer zuerst entnommen werden, damit ein optimaler Umschlag der Warenbestände gewährleistet ist.
Darüber hinaus erkennt das System, wenn für ein Produkt eine extrem hohe Nachfrage besteht. Dieses Produkt wird dann an bestimmten Stellen gelagert, die einen noch schnelleren Zugriff ermöglichen.

Ein Klischee beseitigt
Alle Arbeitsgänge werden von modernen Regalförderzeugen durchgeführt. Diese vollautomatischen Vorrichtungen bereiten dem Klischee von Lagerarbeitern, die ständig irgendwelche wackligen Leitern hinauf- und hinunterklettern, ein Ende.
    Das „Miniload“-Lager umfasst drei Lagerreihen, die sich über jeweils drei Stockwerke erstrecken und mit sechs rechnergesteuerten Kränen ausgestattet sind. Die Kräne holen die gewünschten Artikel rasch aus dem entsprechenden Regal und bringen sie zur zentralen Betriebsstation der Förderzeuge. Beim Einlagern von Waren läuft der Prozess in umgekehrter Reihenfolge ab.
Die „Carousels“ sind sechs zentrale Lagertürme in den Gängen des „Miniload“-Lagers und beherbergen kleinere Artikel wie Wälzlager und Dichtungen auf rotierenden Regalen.
    Jeder Schritt kann mittels Strichcodes und entsprechenden Lesegeräten erfasst werden, so dass Fehler im System weit gehend ausgeschlossen sind.
Einer der überraschendsten Aspekte dieses Übergangs von handgeschriebenen Warenbegleitscheinen auf ein hochmodernes rechnergestütztes System ist die Tatsache, dass BSL ihn ohne Personalkürzungen geschafft hat.
    Ulleri sieht das NDC als mutigen Schritt in einer rückläufigen Verarbeitungsindustrie, ein Schritt, der von der Vision seitens BSL geprägt ist, Systeme zu schaffen, die sich an den zukünftigen Bedürfnissen der britischen Industrie orientieren.

Ron McMillan  
Technikjournalist in Schottland  
Fotos Ron McMillan

 

 

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