Rollenlinien für Harte
Der Einbau einer neuartigen Rolleneinheit in der Stranggießanlage der Stahlwerke Bremen führte zu Kosteneinsparungen und höherer Effizienz. Die beim Stranggießprozess entstehenden sehr hohen Temperaturen und hohen Belastungen machen der neuen Rolleneinheit nichts aus
Der Einbau einer neuartigen Rolleneinheit in der Stranggießanlage der Stahlwerke Bremen führte zu Kosteneinsparungen und höherer Effizienz. Die beim Stranggießprozess entstehenden sehr hohen Temperaturen und hohen Belastungen machen der neuen Rolleneinheit nichts aus
In der Stranggießhallevon Stahlwerke Bremen werden in einem separaten Raum aus isoliertem Trapezprofilblech verschiedene Komponenten der Anlage aufbewahrt, die zu Wartungszwecken ausgebaut wurden. Einige stehen schon zum Wiedereinbau bereit – sauber und „auf Hochglanz poliert“. Andere, die noch gewartet werden müssen, sind an den Rollenenden mit einer dicken Schmutzschicht aus verfestigtem Schmierfett bedeckt. Eine Komponente jedoch ist völlig frei von Schmierfett, obgleich es erst vor kurzem nach 16-monatigem Betrieb ausgebaut wurde. Für das ungeschulte Auge ist nicht zu erkennen, ob das Teil schon gewartet ist oder nicht.
In einem integrierten Stahlwerk, in dem alle Arbeitsschritte vom Schmelzen über das Verzinken bis hin zur Produktion von Platinen für die Automobilindustrie im selben Werk erledigt werden können, ist die Stranggießanlage ein zentrales Element. Stahlwerke Bremen ist ein Unternehmen des Arcelor-Konzerns, einem der weltgrößten Stahlproduzenten.
Jede der beiden Stranggießanlagen umfasst 94 hintereinander angeordnete Rollenlinienpaare, erklärt Thomas Groth, der für die mechanische Wartung im Stahlwerk verantwortlich ist. Strangführungsrollen sind extrem harten Betriebsbedingungen ausgesetzt. Der flüssige Stahl wird in zwei Kupferkokillen gegossen, aus denen zwei im Kern noch flüssige Gießstränge austreten. Die Stränge werden während der weiteren Kühlung zwischen den Rollenlinienpaaren geführt und schließlich in einem Bogen von 90 Grad in die Horizontale umgelenkt. Beim Umlenken der Gießstränge wirken neben sehr hohen Temperaturen und starkem ferrostatischen Druck zusätzliche Biegekräfte auf die Rollenlinien ein. Auf dem horizontal verlaufenden Teil der Rollenlinienbahn werden die Stränge mittels Schneidbrennern zu Brammen auf die gewünschte Endabmessung geschnitten. Die Oberfläche der Rollenlinien und die exakt gesteuerte Wasserkühlung gewährleisten die hohe Oberflächenqualität und innere Homogenität des Endproduktes.
Laut Groth suchtedas Unternehmen schon seit 1997 nach einer Möglichkeit, die Leistung der Strangführungsrollen zu verbessern. Das Fett zur Schmierung der Rollen wird kontinuierlich durch die Lager gepresst. Das Problem besteht darin, dass die Kombination aus Schmierfett, Kühlwasser und Schmutzpartikel eine kraftvolle Mischung darstellt, die sich bei den hohen Temperaturen verfestigt, so dass sich zwischen den Rollenlinien und auf den Lagergehäusen eine Kruste bildet. Das in einem geschlossenen Kreislauf fließende Kühlwasser wird ständig von schädlichen Rückständen befreit, die aus dem System eliminiert werden müssen. Aber selbst wenn alles einwandfrei funktioniert, kommt es immer noch zu einer Vermischung von Schmierfett und Wasser, die auf die Dauer die Lager blockiert und die die Oberflächenqualität der Brammen beeinträchtigt. Um dies zu verhindern, wird die Anlage zu Wartungszwecken regelmäßig in relativ kurzen Intervallen abgeschaltet. Die Rollenlinien werden ausgebaut und überholt.
Als 1999 die Brammen auf 2,67 Meter verbreitert und dadurch die Kapazität der Stranggießanlage erhöht wurde, hielten die Rollenlinien nicht mehr Schritt. „Der Durchsatz im Segment 2 vor der Umlenkung sank sehr stark ab“, erzählt Groth. „Wir probierten verschiedene Lösungen. Manche Lösungen waren schlechter als das ursprüngliche Konzept, aber auch daraus zogen wir unsere Lehren“, so Groth. Schließlich kam SKF ConRo ins Gespräch.
Die auf Lebensdauer geschmierteSKF ConRo Systemlösung von SKF ist für Stranggießanlagen eine neue Applikation, die erhebliche Kosteneinsparungen bietet. Sie ist mit einem speziellen Dichtungssystem ausgestattet, die einen nachschmierfreien Betrieb gewährleistet. Schmierfett und Wasser können sich somit nicht mehr vermischen. Es entstehen keine schädlichen Ablagerungen mehr, und das Kühlwasser bleibt sauber. Deutlich niedrigere Wartungskosten sowie Verbesserungen bei der Zuverlässigkeit und Qualität sind die logische Konsequenz. Das SKF ConRo Sortiment ist für die verschiedenen Betriebsbedingungen in den einzelnen Segmenten der Stranggießanlage optimiert.
Die Zielvorgabe für SKF bei Stahlwerke Bremen lautete: eine Rückkehr zu einer Durchsatzmenge von 2,4 Millionen Tonnen, die vor der Erhöhung der Brammenbreite, als die Belastung noch geringer war, als Standard galt. Nachdem die SKF ConRo Rolleneinheiten im Segment 2 die geforderte Durchsatzmenge erreicht hatten, wurden sie ausgebaut, um festzustellen, in welchem Zustand sie sich befanden. „Sie sahen gut aus“, berichtet Groth. „Wir hätten sie gar nicht ausbauen müssen. Sie hätten sicher auch 3,6 Millionen Tonnen geschafft.“ In anderen Segmenten haben SKF ConRo Rolleneinheiten bereits eine Durchsatzmenge von 3,3 Millionen Tonnen erzielt. Bisher galt, dass die Anlage alle sechs Wochen zu Wartungszwecken abgeschaltet wird. Hinzu kamen noch einige ungeplante Betriebsunterbrechungen. „Nun führen wir alle zehn Wochen geplante Wartungsarbeiten durch, und haben außerdem erheblich weniger Betriebsunterbrechungen durch Lagerausfälle. Früher wurde die Idee einer Lebensdauerschmierung für Rollenlinien in Stranggießanlagen belächelt. Es ist wirklich ein großer Schritt.“
Der Einbau von SKF ConRo stelltefür Stahlwerke Bremen eine beträchtliche Investition dar, aber die Zeit war reif für eine Veränderung, meint Groth. „Da wir die Brammen verbreitert hatten, waren wir gezwungen, die Führungsrollen auszutauschen“, erklärt er. „Früher bestanden die Rollenbahnen aus jeweils zwei Rollenlinien mit vier Lagern. Wegen der zusätzlichen Belastung brauchten wir nun Rollenlinien mit 3 Rollkörpern und 2 Lagern. Das bedeutet, wir hätten ohnehin investieren müssen. Wenn man allerdings eine solche Inves-tition nicht mit einem konkreten Projekt verknüpfen kann, lässt sich unter Umständen eine Ausgabe in dieser Höhe nicht rechtfertigen.“ Das ist auch der Grund, warum bei Stahlwerke Bremen einige Rollenbahnen, die bereits dreigeteilt sind, noch mit den herkömmlichen Rollen arbeiten. SKF untersucht zurzeit die Möglichkeit, ob die vorhandenen Rollen und Lagergehäuse mit SKF ConRo nachgerüstet werden können.
Laut Groth ist dies nur eines von 134 Projekten, die derzeit in seiner Abteilung laufen. Alle zielen darauf ab, für Stahlwerke Bremen Kosten zu sparen. SKF ConRo habe „einen wesentlichen Beitrag“ dazu geleistet, sagt er.
„Wir untersuchten genau, wo die Schwachstellen lagen, und taten, was erforderlich war“, so Groth. In anderen Bereichen der Anlage, wo Wasser (und Korrosion) keine größeren Probleme verursacht, sei der Einbau von abgedichteten Lagern durchaus sinnvoll. Aber dort, wo große Wassermengen und hohe Belastungen vorkommen, sei SKF ConRo genau die richtige Lösung.
Ein großer Schritt in die richtige Richtung
In der Stranggießanlage von Stahlwerke Bremen sind 48 der 94 hintereinander ange-ordneten Rollenlinienpaare mit der neuen Systemlösung SKF ConRo ausgestattet. Die Rolleneinheiten haben einen Durchmesser von 150 bis 300 Millimetern. In ande-ren Bereichen der Rollenbahn hat SKF abgedichtete Pendelrollenlager sowie CARB® Toroidal-Rollenlager und Pendelrollenlager in anderen Ausführungen eingebaut, die noch mit der herkömmlichen Fettschmierung arbeiten. Die zu Wartungszwecken aus der Rollenbahn ausgebauten SKF ConRo Baueinheiten und Lager wurden zu SKF eingeschickt und dort überholt. Thomas Groth, der für die mechanische Wartung im Stahlwerk verantwortlich ist, lobt die Zusammenarbeit mit SKF. „SKF bot eine Menge Entwicklungs-Know-how auf“, sagt er. „Vielleicht wird es für Einsatzbedingungen wie diese niemals eine Ideallösung geben, aber SKF ConRo ist definitiv ein großer Schritt in die richtige Richtung.“