Schleifsteuerung mit Körperschall

Mit Hilfe der Kenngröße Körperschall („Acoustic Emission“) können Schleifprozesse genauer gesteuert und damit Wälzlagerbauteile mit genaueren und gleichbleibenden Abmessungen gefertigt werdenDer Körperschall ist eine Kenngröße zur genaueren Überwachung und Steuerung von Schleifprozessen. Dieses bei der SKF Gesellschaft Lidköping Machine Tools weiter entwickelte Verfahren ist eine weitere Antwort auf die Forderungen des Marktes nach Bauteilen mit erhöhter Qualität und engeren Toleranzen.

Ähnliche Inhalte

Mit Hilfe der Kenngröße Körperschall („Acoustic Emission“) können Schleifprozesse genauer gesteuert und damit Wälzlagerbauteile mit genaueren und gleichbleibenden Abmessungen gefertigt werdenDer Körperschall ist eine Kenngröße zur genaueren Überwachung und Steuerung von Schleifprozessen. Dieses bei der SKF Gesellschaft Lidköping Machine Tools weiter entwickelte Verfahren ist eine weitere Antwort auf die Forderungen des Marktes nach Bauteilen mit erhöhter Qualität und engeren Toleranzen.

Bisher war man in der Forschung insbesondere darum bemüht, den Schleifprozess stabiler ablaufen zu lassen und mehr Informationen über den Zustand in der Schleifkontaktzone zu sammeln. Der Körperschall vermittelt Informationen über den Schleifzyklus.

Problemstellung

Unrundheit und Rattern sind wichtige Faktoren beim Außenrundschleifen. Alle am Schleifprozess beteiligten Maschinenteile haben Einfluss auf die Endform des Werkstücks. Die Eigenschaften von Riemen, Hydraulik, Spindel und Schleifscheibe und Maschine beeinflussen die Abläufe in der Schleifkontaktzone und können zu stabilen und instabilen Bearbeitungsbedingungen führen. Die Wechselwirkung von Schleifprozess und Werkzeugmaschine setzt dem Ergebnis der Schleifbearbeitung qualitative Grenzen.
Grundlagenforschung auf diesem Gebiet wurde insbesondere von R. Snoeys, D. Brown, S. Hahn und K. Kounosu betrieben. Von Snoeys und Brown stammt ein Verfahren zur Beschreibung der Stabilitätskriterien für das Außenrundschleifen (Abb. 1). Unterschiedliche Steifigkeiten K in der Kontaktzone, die Steifigkeit der Maschine km, der Schleifscheibe ks und der Schnitttiefe kw stellen ein Regelsystem für das Außenrundschleifen dar. Experimentell ermittelte Werte der verschiedenen Steifigkeiten und die Transferfunktion G gelten für den jeweiligen Prozess. Abb. 2 zeigt typische Steifigkeitswerte.

Dieses Verfahren erläutert zwar die Schnittkräfte im Prozess, die sich aus einem bestimmten Vorschub u(t) ergeben, kann aber nur wenig über die Schwankungen in den einzelnen Arbeitsgängen aussagen.

Untersuchungen zum Aufbau der Werkzeugmaschine zeigen, wie das System unter dem Gesichtspunkt der Rundheit und des Ratterns läuft. Das klassische Konzept der Schleiftheorie kann auch dann verwendet werden, wenn die Werkstückgeschwindigkeit so niedrig ist, dass der Prozess stabil bleibt, aber groß genug, dass die Zahl der gefertigten Einheiten optimiert wird.

Größere Steifigkeit der Konstruktion und gute Dämpfung sind wichtig für einen Schneidprozess mit hoher dynamischer Performanz.

Ein Konzept zur Untersuchung des Ratterns, in dem Schleiftheorie und Maschinendymanik vereint sind, ist nur schwer zu erstellen. Noch schwieriger ist es, ein Konzept zur ständigen Überwachung zu erarbeiten, wenn man mit derselben Methode auch Unrundheit erfassen will. Der Körperschall bietet eine gute Möglichkeit, die Dynamik des Prozesses und der Maschine aufeinander abzustimmen.

Zwei Arten des Ratterns

Kounosu fand zwei Arten von selbsterregten Ratterschwingungen beim Rundschleifen – hervorgerufen durch die Welligkeit der Schleifscheibe und des Werkstückes. Die relativen Schwingungen zwischen Schleifscheibe und Werkstück nehmen langsam zu, und aus der Veränderung von Schwingungspegel und Frequenz ist der Übergang vom stabilen zum instabilen Zustand nicht ohne weiteres zu erkennen. Kounosu untersuchte die beginnende Entstehung von Rattern im Übergangsbereich zwischen diesen beiden Zuständen und entwickelte ein Modell, das auf der Übertragungsfunktion im System basiert.

Rattern kann viele Ursachen in Maschineneinstellungen und -eigenschaften haben. Hahn hat Probleme wie Unwucht von Schleifscheibe und Spindel, geometrischen Schlag sowie durch Riemen und Antriebsmotoren erzwungene Schwingungen kategorisiert. Aus diesen Problemen entstehen zwei Arten von Rattern, die er auch als schleifscheibenbezogenes (schleifscheibenregeneratives) und werkstück/prozessbezogenes (werkstück/prozessregeneratives) Rattern bezeichnet.

Nach Hahn gibt es sieben Möglichkeiten zur Ausschaltung des schleifscheibenbezogenen Ratterns:

  • Häufigeres Abziehen der Schleifscheibe.

 

  • Geringere Vorschubgeschwindigkeit oder Kraftaufbringung.
  • Verwendung einer größeren Schleifscheibe beim Bohrungsschleifen.
  • Höhere Steifigkeit der Schleifscheibe bzw. der Werkstückhalterung.
  • Geringere Schnittbreite oder schmalere Scheibenkontaktfläche.
  • Geringerer Verschleiß der Schleifscheibe durch Verwendung einer höherwertigen Kühlflüssigkeit.
  • Geringere Werkstückgeschwindigkeit.
  • Werkstück/prozessregeneratives Rattern beim Schleifen ist praktisch eine kleine Stoßwelle, die in das Werkstück „eingeschliffen“ wird. Bei der nächsten Umdrehung löst diese Welle dann eine erneute Schwingung des Systems aus. Bei instabilen Verhältnissen kann sich eine kleine Welle derart entwickeln und über den Umfang verteilen, dass kein akzeptables Schleifergebnis mehr erzielt wird. Es ist erwiesen, dass das werkstück/prozessbezogene Rattern unterdrückt werden kann, wenn die Berührungslänge der Schleifscheibe lc größer als die halbe Ratterlänge ist. Es wurde eine Gleichung abgeleitet, die die kritischen Parameter zur Verminderung der werkstückbezogenen Effekte in höheren Frequenzbereichen darstellt. Daraus wiederum wurden drei Grundsätze zur Verringerung des werkstück/prozessregenerativen Ratterns entwickelt:
    • Schleifscheibe mit großem Durchmesser verwenden.

 

 

  • Mit geringerer Werkstückumfangsgeschwindigkeit arbeiten.
  • Weichere Schleifscheibe verwenden (dies widerspricht den Regeln zur Verringerung des schleifscheibenregenerativen Ratterns).
  • Diese Parameter beeinflussen zwar die Eigenschaften des hochfrequenten Ratterns, nicht jedoch die niederfrequenten Strukturmodi der Maschine, so dass die Schwingungsprobleme im unteren Frequenzbereich bestehen bleiben.
    Hahn gibt eine Alternative zur Verringerung der Schnittsteifigkeit kw an, die mit folgender Gleichung ausgedrückt wird:

    kw = (vw b) / w [N/µm]
    mit
    w = Schärfe der Schleifscheibe [mm3/sN]
    (mit w = Qw/Fn)
    vw = Werkstückgeschwindigkeit [m/s]
    b = Schnittbreite [mm]
    Qw = Zeitspanvolumen, [mm3/s]
    (mit Qw = vw fr b)

    Niedrigere Arbeitsgeschwindigkeit, geringere Schnittbreite und eine geschärfte Schleifscheibe großer Wert von (w ) können das Rattern vermindern oder ausschalten helfen.
    Auch das Problem der Steifigkeit eines Schleifmaschine wurde untersucht. Möglicherweise können folgende Maßnahmen helfen, instabile Zustände hinauszuschieben oder zu verhindern:

    • Einsatz gesteuerter erzwungener Schwingungen.
  • Periodische Veränderungen der Transferfunktion der Maschine.
  • Einsatz aktiver Dämpfer.
  • Programmierte Änderungen der Drehzahl von Schleifscheibe und Werkstück.
  • Periodische Änderung der Schnittkraft.
  • Die übrigen Verfahren für höhere Stabilität, wie etwa Schleifschuhe, müssen auf die maximale mechanische Filterung hin optimiert werden. Der Winkel der Schleifschuhe kann sich auf die Entstehung von Wellen auswirken.
    Der Arbeitsgang Schleifen läuft mit größerer Stabilität ab, wenn die zunehmenden Amplituden am Werkstück unterdrückt werden. Es wurde auch versucht, das Rattern durch stetige Veränderung der Werkstückgeschwindigkeit zu unterdrücken. Bei allen Untersuchungen lag die Werkstückdrehzahl konstant bei einem Mittelwert von 500 min-1, wobei eine Sinusform darübergelegt war. Sie hatte eine Amplitude von 25 min-1 und eine Periodendauer von 6 bis 10 Sekunden (d. h. nw = 500 + 25sin()). Die Schwingungsamplituden wurden mit und ohne Sinusvariation gemessen, und auch die Werkstücke wurden vermessen. Dies ergab, dass die Schwingungsamplitude beim Vorliegen einer Sinusvariation abnimmt. Die Untersuchung zeigte auch, dass eine kürzere Periodendauer (6 Sekunden) besser ist als eine längere Periodendauer (10 Sekunden).

    Der Einsatz des Körperschalls

    Der Körperschall kann zur Erkennung von Unrundheit und Rattern nur dann eingesetzt werden, wenn man sich seines Potentials und seiner Beschränkungen bewusst ist. Er ist insbesondere für Auswertungen im Frequenzbereich geeignet.

    Körperschallwellen sind elastische Wellen, die von mikroskopischen Verformungen im Werkstoff unter Spannung ausgehen. Diese elastischen Spannungswellen entstehen aus der schnellen Entspannung in einem Werkstoff auf Grund von Gefügeumordnungen. Die Spannungswellen werden vom Werkstoff selbst oder anderen Werkstoffen übertragen, die an die Körperschallquelle gekoppelt sind. Letztendlich entsteht eine Verformung an der Oberfläche, und mit einem Sensor kann man die Verformungswellen aufnehmen.

    Mit dieser Definition der akustischen Emission kann man die Prozesse besser verstehen, die das Gefüge eines Werkstoffs verändern. Versetzungsbewegungen, Diffusionsfließen, Korngrenzengleiten und Zwillingsbildung sind aus der Werkstoffwissenschaft bekannt. Aus ihnen entstehen plastische Verformungen. Phasenumwandlungen, Keimbildung für Leerstellen und Brüche sind ebenfalls Quellen akustischer Emissionen in einem Werkstoff. Für die spanende Metallbearbeitung sind allerdings nur die plastischen Verformungen und Brüche wichtig. Die Signalfrequenz hängt von Werkstoff und der Belastung des Werkstücks ab und kann sich innerhalb des normalen akustischen Bereichs und dem MHz-Bereichs bewegen. In Abb. 3sind die Frequenzbereiche von Körperschall Radiowellen und Schallwellen gegenübergestellt.

    Verzerrung und Dämpfung

    Der Körperschall breitet sich in einem Feststoff gut aus. Körperschallwellen sind entweder Scher- oder Längswellen. An jeder inneren Fläche, wie etwa an einer Rissfläche oder einem Einschluss, werden diese Wellen verzerrt und gedämpft. Ein einzelnes Korn in einer herkömmlichen Schleifscheibe erzeugt einen akustischen Emissionsstoß, der sich durch die Schleifscheibe ausbreitet. Jedes Korn, das mit dem Werkstück in Wechselwirkung steht, trägt zum Körperschallsignal bei. Wegen Dämpfung und Reflexion wird das Signal auf seinem Weg durch den Werkstoff zum Sensor verzerrt. Frequenzabhängige Merkmale lassen sich dennoch erkennen. Mit einer einheitlichen Skala kann man Prozessparameter aus den Messwerten ablesen. Das heißt, dass ein bestimmter Prozessparameter überwacht und analysiert werden kann, sofern der Signalweg gleich bleibt.
    Wenn die Bedingungen zwischen dem Sensor für den Körperschall und der Emissionsquelle unverändert bleiben, werden die Körperschallwellen immer auf dieselbe Art gefiltert (verzerrt) und gedämpft. Das Signal-Rausch-Verhältnis von akustischen Emissionen hängt von der Position des Sensors ab. Wenn der Sensor näher an der Emissionsquelle sitzt, wird das Signal stärker und das Rauschen schwächer.

    Überwachung der Schleifabweichungen

    Das Körperschallsignal wird direkt im Verformungsbereich des Schleifvorgangs erzeugt und ermöglicht so eine zuverlässige Untersuchung der verschiedenen Prozessstufen.

    Die Schwingungen, die in der Schleifzone wirken und die Qualität des Werkstücks beeinflussen, bewegen sich im Allgemeinen zwischen 0 und 20 kHz. Frequenzen im Bereich von 20 kHz bis 100 kHz sind stark gedämpft, haben also nur eine sehr kleine Amplitude. Schwingungen von mehr als 100 kHz wirken sich auf Grund ihrer sehr kleinen Amplitude wohl nicht auf das Werkstück aus.

    Warum liegen in einem Körperschallsignal so deutliche Informationen über den Prozess vor? Im Allgemeinen gehen von den plastischen Verformungen aus dem Schleifprozess Schwingungen im Megahertz-Bereich aus. Der Sensor erfasst und verarbeitet sie und bewertet den Effektivwert (RMS) des Körperschalls. Die Prozessinformationen kommen aus dem Emissionsbereich oberhalb der Störschwingungen (0 bis 20 kHz). Bei der Übertragung in der Maschine wird der Hochfrequenzbereich des Signals nicht von den nieder frequenten Schwingungen der Schnittkraft in der Schleifzone beeinflusst. Natürlich hängen die Veränderungen der Schnittkraft stark vom Schwingungszustand der Maschine ab und umgekehrt. Daher kann man die Schwingungen, die sich auf die Schleifzone auswirken, auch mit Hilfe des Körperschalls untersuchen. Zu diesem Hochfrequenzsignal wird die Hüllkurve erstellt und als Effektivwert des Analogsignals ausgewertet.

    Prozessstabilität mit Körperschall-Überwachung

    Auch kleinere Abweichungen in der Schleifzone, die auf Prozessänderungen zurückgehen, lassen sich anhand der Körperschall-Überwachung erkennen. Das Körperschallsignal wird im relevanten Frequenzbereich erfasst und verarbeitet. Ein Beispiel in Abb. 4zeigt diesen Übergang bei ca. t = 12 bis 17 Sekunden. Während dieses Zeitraums ist die Signalamplitude geringer, was auf einen besseren Abtrag hinweist. Danach werden die Amplituden beim Vorschleifen wieder größer, was zunehmende radiale Abweichungen anzeigt.

    Stabilität im Schleifzyklus

    Werkstück/prozessregenerative Effekte beeinflussen oft die Stabilität der Werkzeugmaschine. Die Eigenschaften des Ratterns wurden bereits umfassend untersucht. Der Einfluss von Formänderungen ist dagegen noch nicht so weit erforscht. Dies lässt sich zum Teil dadurch erklären, dass kleinere Abweichungen bei den Messwerten in Beziehung gebracht werden müssen. Es ist daher schwieriger, genaue Ergebnisse aus den gemessenen Werten zu erhalten. Kraftmessungen sind oft nicht schnell genug, um die Abweichungen in der Schleifzone festzuhalten, wenn die Sensoren nicht nah genug an der Schleifzone positioniert sind.

    Rundheitsabweichungen können in einem Schleifzyklus ermittelt werden, wenn der Prozess zwar stabil ist, aber bei einer Körperschall-Überwachung Abweichungen sichtbar gemacht werden (Abb. 5). Mit Blick auf die Qualität wird die Situation durch die oben beschriebenen regenerativen Effekte noch verschlimmert (Abb. 6).

    Stabilität im Abrichtintervall

    Die schleifscheibenregenerativen Effekte verursachen Veränderungen an der Schleifscheibenform und wirken sich auf das Abrichtintervall aus. Die Wechselwirkung zwischen Schleifscheibe und Werkstück lässt sich mit Hilfe eines Zeitbereich-Signals im Frequenzbereich von Null bis 1.000 Hz beobachten. Wechselnde Veränderungen an der Schleifscheibenform sind jedoch anhand der Frequenz besser zu erkennen als anhand des Zeitbereich-Signals. Formabweichungen werden durch Änderungen des Signal-Frequenzgehalts und durch zunehmende Amplitudenschwankungen gegenüber vorherigen Zyklen (Abb.7) angezeigt. Im Extremfall, etwa bei beschädigter Schliefscheibe (Abb.8), ist eine Änderung des Frequenzgehalts von Werkstück 2 zu Werkstück 4 zu erkennen.

    Anhand des Körperschalls können quantitative Angaben zu den Abläufen in der Schleifzone gemacht werden. Zahlenmäßig fassbare Informationen können im Zeit- wie im Frequenzbereich gewonnen werden. Die Frequenz liefert Daten zur Stabilität des Prozesses.

    Erik Hellström

    Lidköping Machine Tools AB, Schweden

     

 

Halten Sie mich auf dem Laufenden

Sind Sie interessiert an Themen, die sich mit Engineering und Technik beschäftigen? EVOLUTION bietet Inhalte, die Ihnen Einblick in neue Techniklösungen gibt. Lesen Sie über neue Entwicklungen in spannenden Unternehmen, Industrien und Themenfeldern.

Newsletter erhalten