Vertrauen macht den Unterschied
Bethunes Führungsstil verkörpert Glaubwürdigkeit, offene Kommunikation und Zugänglichkeit. Jeden Monat besucht er die Mitarbeiter einer anderen Stadt und gibt ihnen die Gelegenheit zu einem Austausch. Wöchentlich verschickt er eine Voice-Mail an seine Mitarbeiter, die über eine gebührenfreie Telefonnummer jederzeit abgerufen werden kann.
Respekt vor den Mitarbeitern und gesellschaftliches Engagement machen Unternehmen zu attraktiven Arbeitgebern und wirken sich auf das Ergebnis aus.
Keiner weiß besser als Gordon Bethune, Vorstandsvorsitzender von Continental Airlines, wie wichtig es ist, Mitarbeiter zu haben, die ihrem Chef vertrauen. 1994 stand die Fluggesellschaft vor ihrem dritten Konkurs, und die Stimmung bei den Beschäftigten war an einem Tiefpunkt angekommen. Als Bethune die Führung übernahm, wurde ihm klar, dass Continental nur überleben würde, wenn es gelänge, diese Entwicklung umzukehren. Er fing an, auf seine Mitarbeiter zu hören – ihnen wirklich zuzuhören. Heute, zehn Jahre später, steht Continental auf der Liste der „100 besten Arbeitgeber“, die von der Zeitschrift Fortune zusammengestellt wird. Als den Beschäftigten 2003 Freistellungen drohten, legten sie ihre eigenen Lösungsvorschläge vor und vertrauten darauf, dass die Unternehmensleitung auf sie hören würde.
Bethunes Führungsstil verkörpert Glaubwürdigkeit, offene Kommunikation und Zugänglichkeit. Jeden Monat besucht er die Mitarbeiter einer anderen Stadt und gibt ihnen die Gelegenheit zu einem Austausch. Wöchentlich verschickt er eine Voice-Mail an seine Mitarbeiter, die über eine gebührenfreie Telefonnummer jederzeit abgerufen werden kann.
Glaubwürdigkeit, Respekt, Gerechtigkeit, Stolz und Kameradschaft sind die Elemente, die einen guten Arbeitsplatz ausmachen. Das fand das „Great Place to Work“-Institut, das zusammen mit Fortune jedes Jahr die „100 Besten“ ermittelt, bei einer Umfrage heraus.
„Continental Airlines ist nur eine von zahlreichen Erfolgsstorys“, sagt Amy Lyman, Gründerin und Vorsitzende des „Great Place to Work“-Instituts. „Gemeinsam ist diesen Unternehmen, dass sie Vertrauen hoch bewerten und ihre Mitarbeiter respektvoll und fair behandeln. Ein Unternehmen kann noch so hohe Zuwendungen und Sozialleistungen bieten und dennoch keinen Respekt gegenüber den Mitarbeitern zeigen.“
Smuckers, die Nummer eins auf der diesjährigen Fortune-Liste der „100 Besten“, ist ein 107 Jahre alter Familienbetrieb der Lebensmittelbranche. Hier gibt es kaum irgendwelche attraktiven Nebenleistungen, dafür aber ein Gefühl von familiärer Geborgenheit. Die beiden Brüder, die das Unternehmen leiten, halten sich an die einfache Devise ihres Vaters: Schenke den Mitarbeitern deine volle Aufmerksamkeit, suche nach dem Guten in anderen Menschen, sei humorvoll und bedanke dich stets für eine gute Arbeit.
Den Mitarbeitern zu Diensten
Respekt vor den Mitarbeitern hält auch den in Texas ansässigen Anlagenbauer, TD Industries, ständig auf den oberen Plätzen der Fortune-Liste. Die Mitarbeiter werden als „Partner“ bezeichnet, und das ist nicht nur eine Redensart. Die Beschäftigten sind tatsächlich vollwertige Partner im Unternehmen, denn TD Industries befindet sich im Besitz von über 900 Angestellten und pensionierten Werksangehörigen. Keine Einzelperson besitzt mehr als drei Prozent der Aktien, und die gesamte Unternehmensleitung hält weniger als 25 Prozent. Das Partnerschaftskonzept ist die Konsequenz aus einer übergreifenden Führungsphilosophie nach dem „Servant Leadership“-Modell. Damit ist gemeint, dass man den Menschen, die man führen will, zu Diensten stehen muss.
Amy Lyman vom “Great Place to Work”-Institute bestätigt, dass sich das besondere Verhältnis, das TD zu seinen Mitarbeitern pflegt, auch positiv auf den geschäftlichen Erfolg auswirkt. In einer Branche, die normalerweise von extrem hoher Personalfluktuation gekennzeichnet ist, belief sich die vergleichbare Zahl bei TD Industries in den letzten fünf Jahren für „Partner“ mit einer Werkszugehörigkeit von mehr als einem Jahr auf unter zehn Prozent. 2002 lag sie nur bei 6,5 Prozent. Ähnliches gilt für alle Unternehmen der Fortune-Liste. Die Personalabwanderung ist dort nur etwa halb so hoch wie in anderen Unternehmen derselben Branche.
Unabhängige Analysen haben außerdem gezeigt, dass die „100 Besten“ dieser öffentlich gehandelten Liste ein weitaus besseres Finanzergebnis ausweisen als andere Unternehmen.
„Wir haben zudem festgestellt, dass Unternehmen, die ihren Mitarbeitern Wertschätzung entgegenbringen, auch eher bereit sind, sich sozial zu engagieren“, fährt Lyman fort. „Wenn die Organisation, in der man tätig ist, von Vertrauen geprägt ist, stellt man fest, wie wichtig es ist, eine starke Gemeinschaft um sich herum aufzubauen, und welche Vorzüge dies mit sich bringt.“
Gutes zu tun, zahlt sich aus
Ein leuchtendes Beispiel für gesellschaftliches Engagement ist der amerikanische Bekleidungshersteller Timberland. Seine 2.200 Beschäftigten werden jedes Jahr 40 Stunden ihrer bezahlten Arbeitszeit für soziale Dienste freigestellt. Timberland nennt das Konzept „Path of Service“. Bisher wurden 100.000 Stunden für Dienstleistungen an 200 gesellschaftlichen Einrichtungen in 13 Ländern, 26 US-staaten und 13 Städten aufgebracht. Alle Timberland-Niederlassungen halten weltweit jedes Jahr einen Tag geschlossen, den sie gemeinnützigen Zwecken widmen. An dem so genannten „Serv-a-Palooza“-Tag stellt sich jeder Timberland-Beschäftigte in den Dienst der Allgemeinheit. Zu den Projekten gehören Reinigungs-, Reparatur- und Bauarbeiten in kommunalen Einrichtungen, auf Spielplätzen, Radwegen und Stränden sowie in Obdachlosenheimen.
Nach Aussage von Timberland, einem Unternehmen mit einem Jahresumsatz von 1,2 Milliarden US-Dollar (rund 985 Millionen Euro), kostet dieser Tag fast zwei Millionen US-Dollar (gut 1,5 Millionen Euro) an Umsatzausfällen, Projektkosten und Gehaltsaufwendungen, denn die Mitarbeiter erhalten für diese Stunden ihr volles Gehalt.
Das ist zwar in der Tat ein hoher Einsatz, aber er kommt dem Image des Unternehmens zugute.
Der Geschäftsführende Direktor Jeffrey Schwartz sagte einmal gegenüber dem Wall Street Journal: „Ich bin fest davon überzeugt, dass gute Taten und geschäftlicher Erfolg untrennbar miteinander verknüpft sind.“
Diese Philosophie teilt auch das dänische Pharma- und Biotechnologieunternehmen Novo Nordisk, das 2003 ein Mitarbeiterprogramm mit der Bezeichnung „TakeAction!“ lancierte. Das Programm reflektiert das Geschäftskonzept des Unternehmens, das sein Ergebnis nach drei Aspekten (Tripple Bottom Line) beurteilt: die wirtschaftliche, soziale und ökologische Leistung. Daraus ergibt sich sozusagen ein magisches Dreieck.
„TakeAction! überträgt diese drei Säulen der unternehmerischen Leistung auf ein individuelles Niveau“, erklärt Lise Kingo, stellvertretende Geschäftsführerin von Novo Nordisk. „Es gibt so viele Leute bei uns, die sich gerne in sozialen oder ökologischen Projekten engagieren möchten, und dieses Programm gibt ihnen die Möglichkeit, solchen Aktivitäten nachzugehen und voneinander zu lernen.“
Neue Möglichkeiten
Da sich Novo Nordisk auf Diabetes spezialisiert hat, jene Krankheit, die sich epidemisch in der ganzen Welt ausbreitet und ärmere Länder mit sehr hohen Kosten belastet, konzentrieren sich viele Mitarbeiteraktivitäten auf das Einsammeln von Geld für die Behandlung von Diabetes in Entwicklungsländern. So kam etwa Geld zusammen für die Errichtung eines nationalen Diabetes-Fachzentrums in Dodoma, der offiziellen Hauptstadt von Tansania. Einige sind auch bereit, drei Wochen an der Klinik zu arbeiten. Novo Nordisk zahlt das Gehalt für diese Zeit und hilft bei der Unterbringung der Freiwilligen und sonstigen alltäglichen Bedürfnissen.
Für den britischen Konfektionshersteller Marks & Spencer’s beginnt Wohltätigkeit vor der eigenen Tür. „Marks & Start“, das Wohltätigkeits-Programm des Unternehmens, setzt allerdings weniger auf Wohltätigkeit als auf Hilfe zur Selbsthilfe. Das Programm ist Großbritanniens größte privatwirtschaftliche Initiative, um Menschen, die sehr schwer einen Arbeitsplatz finden, einen Einstieg ins Berufsleben zu ermöglichen. Bis zu 10.000 Personen, darunter Schulabsolventen, die Berufserfahrung brauchen (vor allem solche aus sozial schwachen Gebieten), Frauen und Männer, die nach einem längeren Elternurlaub den Wiedereinstieg suchen, arbeitslose Jugendliche, Obdachlose und Studenten aus Arbeiterfamilien erhalten dadurch eine Chance.
Marks & Spencer’s hat bereits 600 Obdachlosen einen Arbeitsplatz beschafft, und von den 455 Absolventen des Programms sind heute über 30 Prozent bei Marks & Spencer’s oder in einem anderen Unternehmen beschäftigt. Das Programm dient auch der persönlichen Weiterentwicklung der eigenen Mitarbeiter. Jedem Programmteilnehmer wird ein „Buddy“ zugewiesen, ein Angestellter von Marks & Spencer’s, der für die jeweilige Person als Mentor agiert. Über 70 Prozent der Marks & Spencer’s-Beschäftigten, die Mentor für einen Obdachlosen waren, bestätigen, dass diese Erfahrung einen wichtigen Beitrag zu ihrer persönlichen Weiterentwicklung geleistet habe.
Amy Lyman ist über diesen doppelten Nutzen keineswegs erstaunt, da in solchen Beziehungen Vertrauen von allen Beteiligten verlangt wird – von den Beschäftigten, von den Programmteilnehmern und vom Arbeitgeber.
„Wir untersuchen seit Anfang der achtziger Jahre gute Arbeitsplätze und Arbeitgeber, und stellen fest, dass Vertrauen immer der entscheidende Punkt gewesen ist“, meint sie. „Wenn Vertrauen als Basis da ist, ergibt sich alles andere von alleine.“