Wartung im Bergwerk

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Von Infrarotkameras bis hin zu Ultraschallgeräten:
Das Wartungsprogramm von Phelps Dodge halten einige für
das beste der Welt
Die heutigen Fördermethoden in der in Morenci im US-Bundesstaat Arizona gelegenen Kupfermine Phelps Dodge haben mit den Anfängen vor über 120 Jahren nichts mehr gemein: Damals fuhren noch Maultiere und Bremser in Schmalspur-Loren ein. Vollgeladen mit Erz rollten sie dann bergab zu einer Hütte im nahe gelegenen Ort Clifton.
   Die Schienenstrecke wurde vor ein paar Jahren stillgelegt. Morenci verfügt nun über ein System von Förderbändern, die das Erz schneller und kostengünstiger transportieren, und Hütten werden nicht mehr benötigt, seitdem die Mine eine umweltfreundlichere Kombination aus chemischer Lösemittelextraktion und elektrochemischer Abscheidung verwendet, bei dem aus dem Erz 99,99 Prozent reines Kupfer gewonnen wird.
   Morenci, die größte Kupfermine in ganz Nordamerika, ist heute eines der technologisch fortschrittlichsten und umwelttechnisch sichersten Bergwerke der Welt.
   Im Zuge dieser Entwicklung war es erforderlich, ein ausgeklügeltes Wartungssystem für die Abertausende von Anlagen- und Maschinenteile zu konzipieren, die rund um die Uhr zuverlässig arbeiten müssen, damit die Förderung in der Tagebaumine nicht ins Stocken gerät: Tagtäglich werden rund 70.000 Tonnen Erz bewegt, aus denen Jahr für Jahr über 360.000 Tonnen Kupfer gewonnen wird.
RCM
Im Verlauf der letzten dreieinhalb Jahre hat Phelps Dodge ein zuverlässigkeitsorientiertes Wartungsprogramm ausgearbeitet, das für Kostensenkung und Effizienzsteigerung sorgen soll, indem es überall dort greift, wo routinemäßige Wartung nicht ausreicht.
   Im Flugzeugbau und anderen Industriezweigen wird dieses als Reliability-centred maintenance oder kurz RCM bezeichnete System bereits seit vielen Jahren eingesetzt, in der Welt des Bergbaus dagegen ist es bislang noch wenig verbreitet.
   Das 18-köpfige RCM-Team bei Morenci soll in erster Linie anderen wartungstechnischen Abteilungen zuarbeiten. Es kümmert sich vorrangig um die Überwachung von Anlagen und Technik, um drohende Ausfälle zu erkennen, lange bevor diese eintreten, und vor diesem Hintergrund zu ermitteln, wann ein Teil oder ein Anlagenelement besser ausgetauscht oder instandgesetzt werden sollte. Einen weiteren Schwerpunkt bilden Bemühungen um eine ständige Verbesserung des Wartungsprogramms, wozu auch die Nutzung der gewonnenen Erkenntnisse zur Optimierung künftiger Projekte und Installationen gehört.
   Das RCM-Team ist eine von vielen Komponenten des breit angelegten Wartungsprogramms namens PD-EMS (Phelps Dodge Equipment Management System), das Mitarbeiter und Abteilungen der ganzen Mine einbezieht. PD-EMS ist in Morenci deshalb so erfolgreich, weil sämtliche am Programm beteiligten Einheiten gemeinsam auf das Ziel eines effizienten Managements der Anlagen hinarbeiten.
   Eine Komponente des Programms trägt beispielsweise den Namen „autonome Wartung“, bei der das Betriebspersonal einer Anlage einen Teil der Wartung selbst übernimmt.
   Andere Abteilungen beschäftigen sich mit der Zusammenstellung von Wartungsmannschaften und deren Zeitplanung, Bestellung und Lieferung von Material, Formulierung von zentralen Performance-Indikatoren zur Messung des Erfolgs von Wartungsvorgängen, dem Vertragspartnermanagement sowie mit der Wahrnehmung bestehender Gewährleistungsansprüche bei Reparatur und Austausch von Anlagen.
   Ein Großteil der RCM-Überwachungstätigkeit besteht in der Datenaufnahme mit Infrarot-Handkameras zum Aufspüren von Temperaturdifferenzen, in der Ermittlung von Schwingungsniveaus mit Handgeräten oder der Verwendung von ebenfalls portablen Ultraschallgeräten zum Aufspüren von Materialfehlern, etwa die in einer Welle auftretenden Risse. Doch das RCM-Programm erstreckt sich noch auf eine Unmenge weiterer Formen der Überwachung, der Anlagenanalyse und von Eingriffen, die kleine Elektromotoren ebenso wie Lkw, Förderbänder, Erzzerkleinerungsanlagen und die hydrometallurgischen Operationen der Mine erfassen.
   Zur Prüfung des Öls auf chemische Veränderungen verwenden die RCM-Techniker ein Spektrometer. Die Proben werden außerdem auf Partikelgehalt, Sauberkeitsgrad und Viskosität hin analysiert. Bei Bedarf können die Techniker überdies unter dem Mikroskop feststellen, ob Metallpartikel vorhanden sind, was einen Hinweis auf Verschleiß oder Materialveränderungen gäbe.
   Einer der Hauptzwecke der Ölprobenahmen wie auch weiterer Komponenten des RCM-Programms besteht darin, so viele Vorabinformationen wie möglich für die Wartungsmitarbeiter zu erfassen, damit diese die betreffenden Teile rechtzeitig vor einem Ausfall reparieren oder austauschen können.
   Neben einer Verminderung unvorhergesehener Ausfallzeiten verringert die rechtzeitige Erkennung potentieller Probleme die Gefahr, dass eine Komponente anderes Gerät beschädigt oder beim Ausfall einen ganzen Anlagenabschnitt ruiniert: So könnte etwa ein ausgefallenes Lager eine Welle unbrauchbar machen, ein ausgefallenes Getriebe eine Transmission zerstören.
Wartungshierarchie
Die Angehörigen des Wartungsteams ordnen jedes Anlagenelement des Bergwerks einer von vier Kategorien zu: „kritisch“, „wesentlich“, „unwesentlich“ und „bis zum Ausfall betreiben“.
   Eine kritische Komponente oder Maschine kennzeichnet, dass sie bei einem Ausfall eine Beschädigung oder Zerstörung der Einrichtung verursachen oder die Sicherheit und Umwelt unmittelbar gefährden würde; ein „wesentliches“ Anlagenelement beeinflusst die Produktion, jedoch nicht in kritischer Weise.
   Da eine gewisse Erzvorratshaltung erforderlich ist, gilt ein Abschnitt des Fördersystems als „wesentlich“. Bei einem längeren Ausfall des Förderbands bestünde nämlich die Gefahr, dass die Produktion in der Mine zum Erliegen kommt. Am anderen Ende der Skala finden sich die „bis zum Ausfall [zu] betreiben [den]“ Anlagenteile wie etwa kleine Elektromotoren, die so lange in Dienst bleiben, bis sie ihren Geist aufgeben, da die Kosten eines Austauschs und damit verbundene Ausfallzeiten niedriger sind als die Aufwendungen, die zu ihrer Wartung und Überwachung erforderlich wären.
   Zwar betrifft der größte Teil der Arbeit der RCM-Techniker die Überwachung der Millionen mechanischer Teile in der Mine, ihre Überwachungsmethoden lassen sich jedoch auch dazu nutzen, Probleme oder Effizienzdefizite aufzuspüren, die nichts mit beweglichen Teilen zu tun haben.
   Ein Beispiel hierfür ist die hydrometallurgische Abteilung der Mine, die den letzten Abschnitt des kombinierten Lösemittelextraktions-/elektrochemischen Abscheideverfahrens darstellt, bei dem Kupfer ohne Schmelze abgetrennt wird. Bei diesem Prozess sickert eine säurehaltige Lösung – das „Raffinat“ – durch fußballfeldgroße Erzbetten.
   Die Säure löst dabei das Kupfer aus dem Erz und tröpfelt in ein Sammelbecken, von wo aus es in Mischer-Scheider-Extraktoren gepumpt wird, in denen sich der Kupferelektrolyt anreichert, und gelangt schließlich in eines von drei riesigen Becken.
   In diese Becken, die gleichsam wie riesige Batterien funktionieren, tauchen etwa sieben Kilogramm schwere Edelstahlbleche oder „Blanks“ (Rohlinge) ein. Sobald ein elektrischer Strom angelegt wird, scheiden sich die Kupferionen nach und nach an der Kathode ab, wobei im Laufe einer Woche aus einem Blank ein zu 99,99 Prozent reiner Kupferblock von ungefähr 90 Kilogramm entsteht.
Hot Spots
Durch den ständigen Stromfluss in den Becken entsteht eine Korrosionsschicht, die sich an bestimmten Stellen verdichten und zunehmend den Stromfluss beinträchtigen kann. Die dabei entstehenden „Hot Spots“ (heiße Stellen) behindern die Abscheidung und verzögern damit den Prozess der Kupferdarstellung.
   Da diese Hot Spots mit bloßem Auge nicht zu erkennen sind, hat das RCM-Team zu ihrer Aufspürung einige der an den Becken beschäftigten Mitarbeiter in den Umgang mit Infrarot-Handkameras eingewiesen. Jedes Becken verfügt nun über seine eigene Kamera, die von Arbeitern tagtäglich zur Prüfung auf Hot Spots und zur Befreiung der Problembereiche von Korrosionsschichten eingesetzt wird.
   Die Infrarot-Überwachung lässt sich für eine Vielzahl weiterer Anwendungen nutzen, wie etwa die Suche nach „Cold Spots“ (kalten Stellen) in einer Pipeline – Abschnitten reduzierter Strömungsgeschwindigkeit, deren Ursache eine Verstopfung oder eine ausgefallene Pumpe darstellen kann.
   Immer wieder versichern Besucher in Morenci den RCM-Mitarbeitern, dass die Mine in ihren Wartungsverfahren anderen um Längen voraus sei. Die RCM-Anstrengungen und die übrigen Elemente des Wartungsprogramms erfahren eine ständige Anpassung an die sich wandelnde Technologie, und angesichts der unverminderten Bemühungen um ein Anlagen-Managementsystem von Weltrang wird damit gerechnet, dass diese sich in Zukunft in noch stärkerem Umfang auszahlen werden.
Bob Howard
  
freier Journalist mit Wohnsitz
  
im US-Bundesstaat Kalifornien
  

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