Zeitalter der Allianzen
Weltweit gestalten Unternehmen durch Partnerschaften und Joint Ventures die wirtschaftliche Landschaft neu. Mit einem Partner lässt sich verwirklichen, was ein Unternehmen allein nicht – oder nicht im selben Maße – geschafft hätteDerzeit vergeht kaum eine Woche ohne eine neue Fusion oder Übernahme. Mega-Geschäfte wie die Übernahme der Mannesmann AG durch den britischen Mobilfunkbetreiber Vodafone AirTouch machen Schlagzeilen. Weniger spektakuläre, aber ebenso wichtige Aktivitäten finden einfach statt.
Schätzungen zufolge kam es zwischen 1996 und 1998 weltweit zu etwa 20.000 Allianzen. Sie stehen damit nach Aussage von John Harbison und Peter Pekar beim amerikanischen Unternehmensberater Booz-Allen & Hamilton für über ein Fünftel der Einkünfte der 1.000 größten Unternehmen in den USA. In Europa liegt der Anteil bei etwa einem Drittel.
Weltweit gestalten Unternehmen durch Partnerschaften und Joint Ventures die wirtschaftliche Landschaft neu. Mit einem Partner lässt sich verwirklichen, was ein Unternehmen allein nicht – oder nicht im selben Maße – geschafft hätteDerzeit vergeht kaum eine Woche ohne eine neue Fusion oder Übernahme. Mega-Geschäfte wie die Übernahme der Mannesmann AG durch den britischen Mobilfunkbetreiber Vodafone AirTouch machen Schlagzeilen. Weniger spektakuläre, aber ebenso wichtige Aktivitäten finden einfach statt.
Schätzungen zufolge kam es zwischen 1996 und 1998 weltweit zu etwa 20.000 Allianzen. Sie stehen damit nach Aussage von John Harbison und Peter Pekar beim amerikanischen Unternehmensberater Booz-Allen & Hamilton für über ein Fünftel der Einkünfte der 1.000 größten Unternehmen in den USA. In Europa liegt der Anteil bei etwa einem Drittel.
Warum sind große erfolgreiche Unternehmen bereit, sich auf Outsider zu verlassen, wenn es um einen so hohen Anteil ihres Umsatzes geht? Die Antwort ist einfach: Die potenziellen Gewinne wiegen die Risiken auf. Joint Ventures und Partnerschaften machen möglich, wozu ein Unternehmen allein nicht oder zumindest nicht im selben Maße im Stande wäre. In der Maschinenbau- und Automobilbranche ist es zum Beispiel üblich, mit Lieferanten für bestimmte Artikel einen Ausschließlichkeitsvertrag zu unterzeichnen. Unternehmen, die sich Zugang zu einem ausländischen Markt verschaffen wollen, tun dies nicht selten, indem sie sich mit einem Partner vor Ort zusammenschließen. Auch eine Allianz mit einem Konkurrenten ist denkbar, um Entwicklungschancen zu verbessern oder bei einem bestimmten Geschäft die Rentabilität zu erhöhen.
Ein gutes Beispiel ist die Motorindustrie. Seit der Entwicklung von Brennstoffzellen für Wasserstoffantrieb, eine emissionsarme Alternative zum Verbrennungsmotor, machen die Automobilhersteller einander den Hof. So begruben beispielsweise der größte und der drittgrößte Automobilhersteller der Welt, General Motors und Toyota, ihre alte Feindschaft und arbeiten gemeinsam an der Entwicklung der Brennstoffzellentechnik. Auch Ford und DaimlerChrysler haben sich zusammengetan und jeweils große Anteile an dem in der Brennstoffzellentechnik führenden, kleinen kanadischen Unternehmen Ballard Power Systems erworben.
Andere Branchen folgen diesem Trend. Die Mobiltelefonhersteller Nokia, Motorola und Ericsson arbeiten gemeinsam intensiv an der Aufstellung von Industrienormen für neue technische Entwicklungen. Ein Beispiel ist die WAP-Technologie, die es ermöglicht, über das Handy im Internet zu surfen. Alle drei Unternehmen rechnen mit höheren Umsätzen, wenn sie sich auf eine gemeinsame Norm einigen, statt den Markt durch konkurrierende Normen zu spalten. Aus ähnlichem Grund flirten sie auch mit der Software-Branche, denn Mobiltelefone entwickeln sich mehr und mehr zu Minicomputern. Ericsson ging kürzlich ein Joint Venture mit dem Software-Giganten Microsoft ein, um Microsofts Betriebssystem CE in Ericssons Handys verwenden zu können. Das Arrangement kommt beiden zugute: Microsoft will sich einen Platz in dem aufstrebenden Markt für Mobilfunk-Software sichern, aber deshalb noch lange kein Telekommunikationsanbieter werden. Bei Ericsson ist es umgekehrt.
Die Zusammenarbeit mit einem Konkurrenten ist besonders in Branchen mit geringen Gewinnspannen und einer Tendenz zur Überkapazität attraktiv. Durch Zusammenlegung ihres Sachkapitals können die Unternehmen Kostenersparnisse und Massenproduktionsvorteile erzielen. Diese Überlegung war ausschlaggebend, als die beiden amerikanischen Ölgesellschaften Chevron und Phillips Petroleum im Februar beschlossen, ihre chemische Produktion in einem Joint Venture mit jeweils 50-prozentiger Beteiligung zusammenzulegen. Die Synergie dieses Gemeinschaftsprojekts wird die Kosten um 150 Millionen US-Dollar (302 Millionen Mark oder 155 Millionen Euro) senken und den Nutzeffekt des Kapitaleinsatzes erhöhen, erklärt Dave O’Reilly, Vorstandsvorsitzender und Konzernchef von Chevron. Die Kostenersparnisse, so O’Reilly, ergäben sich aus der Koordination von Einkauf und Logistik, einem flexibleren Rohstoffeinsatz, einer optimierten Produktionsplanung, einer strafferen Organisation und geringerem Personalbedarf.
Strategische Lieferantenwahl
In den letzten 15 Jahren haben viele Hersteller, ebenfalls aus Kostenersparnisgründen, erkannt, wie wichtig eine Bindung an Lieferanten ist. Größere Aufträge bieten Massenproduktionsvorteile und reduzieren Fertigungskosten. Unternehmen, die sich auf wenige Lieferanten beschränken, sind eher in der Lage, Lieferungen zu garantieren und Einfluss auf ihre Lieferanten zu nehmen. Die Lieferanten wiederum profitieren, indem sie die Nachfrage nach ihren Gütern besser voraussehen können. Die Nähe zum Kunden bringt auch andere Vorzüge mit sich, etwa eine günstige Finanzierung durch die Bank des Kunden oder Zugang zu Know-how beispielsweise im IT-Bereich.
Einer Umfrage des Beratungsunternehmens Partnership Sourcing bei britischen Unternehmen zufolge sind 80 Prozent davon überzeugt, dass eine enge Partnerschaft mit Lieferanten für die Wettbewerbsfähigkeit entscheidend ist. Stuart Mullan, Vorstandsvorsitzender einer Rolls-Royce-Tochter, die sich mit dem Bau von Hubschraubern befasst, kann dem nur zustimmen.
Derartige Partnerschaften bewirken, dass die Zahl der Artikel und die Artikelmengen im Lager gesenkt werden können, und das führt zu geringeren Lagerhaltungs-, Verwaltungs- und Personalkosten. Das Ergebnis ist eine beträchtliche Wertsteigerung für unsere Kunden.
Viele große Unternehmen haben Benchmarking-Systeme für Lieferanten eingeführt, und einige helfen ihren Lieferanten sogar bei der Finanzierung von Anpassungskosten. Der Erdölgigant Exxon Mobil bietet zum Beispiel finanzielle Anreize für Lieferanten, die sich um die Erreichung bestimmter Standards bemühen. Die Sache hat allerdings auch Nachteile. Viele Lieferanten klagen darüber, dass große Kunden einen enormen Preisdruck auf sie ausüben, der sich durch Produktivitätssteigerungen nicht gänzlich kompensieren lässt. Darüber hinaus bleibt es angesichts des generellen Trends zu regionaler und globaler Beschaffung nicht aus, dass einige Lieferanten auf der Strecke bleiben.
Gerade erst am Anfang
Strategische Allianzen werden weiterhin an Beliebtheit zunehmen und mehr und mehr in Form von Kapitalbeteiligungen an dem jeweiligen Partnerunternehmen erfolgen – ein Zeichen für Engagement und Abhängigkeit auf beiden Seiten. Im E-Commerce ist das bereits üblich, praktisch sogar oft unerlässlich. Als sich die amerikanische Investmentbank Goldman Sachs Anfang des Jahres auf dem japanischen Online-Brokermarkt etablierte, schloss sie sich mit den drei führenden Investmentfonds in den USA zusammen, um von Monex, dem japanischen Partner ihrer Wahl, einen großen Aktienposten zu erwerben. Allianzen dieser Art sind im IT-Sektor überall dort zu beobachten, wo es großen Unternehmen aus traditionellen Branchen an informationstechnologischer Sachkompetenz fehlt.
Ein wichtiger Faktor ist auch die in den letzten Jahren zu verzeichnende Konzentration auf die Kerntätigkeit. In der Blütezeit der Industriekonglomerate in den Siebziger- und frühen Achtzigerjahren standen den Unternehmen interne Sachkompetenz aus vielen verschiedenen Tätigkeitsbereichen zur Verfügung. Heute müssen Unternehmen, die sich außerhalb ihres Kernbereichs betätigen wollen, Partner finden.
Den richtigen Partner zu finden, ist allerdings nicht immer leicht, und Fehler können teuer werden. Der schwedische Automobilhersteller Volvo und sein französischer Bündnispartner Renault brauchten mehrere Jahre und eine Menge Geld, um ihre Kapitalverflechtung auseinander zu dividieren, nachdem Investoren die Fusionspläne abgelehnt hatten und die beiden Unternehmen zwangen, eine groß angelegte Allianz wieder aufzulösen. Ähnliche Erfahrungen machte France Telekom, als das Gemeinschaftsprojekt Global One, an dem die Deutsche Telekom und Sprint in den USA beteiligt waren, in einem Wust von Klagen und Gegenklagen auseinander brach.
Zwar ist die Zahl der erfolgreichen Allianzen weitaus größer als die der missglückten, dennoch gilt bei der Partnerwahl das alte Sprichwort: Drum prüfe wer sich ewig bindet – ob sich nicht doch was bess‘res findet.
Greg McIvor
Wirtschaftsjournalist in Stockholm