ZF Sachs–Sanfte Fahrt

Das deutsche Unternehmen ZF Sachs ist auf Erfolgskurs. Die Umsätze steigen kontinuierlich in gemäßigtem Takt. Zu den innovativsten Produkten des Unternehmens gehören die Zweimassenschwungräder, die zahlreichen Automodellen zu einer sanfteren Fahrt verhelfen

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Das deutsche Unternehmen ZF Sachs ist auf Erfolgskurs. Die Umsätze steigen kontinuierlich in gemäßigtem Takt. Zu den innovativsten Produkten des Unternehmens gehören die Zweimassenschwungräder, die zahlreichen Automodellen zu einer sanfteren Fahrt verhelfen

Die meisten Taxis sind Dieselfahrzeuge.Wer schon einmal in einem etwas älteren Taxi gefahren ist, weiß, wie es ist, wenn der Motor „ruckelt“. Insbesondere, wenn der Fahrer darauf wartet, ausscheren zu können, nachdem er den Fahrgast am Straßenrand aufgenommen hat, oder wenn er bei Rot an der Ampel steht, vibriert das ganze Auto im Takt mit dem Motor.

Inzwischen gehört dieses Problem selbst bei leistungsstarken Turbodieseln der Vergangenheit an. Dafür dürfen wir unter anderem ZF Sachs und deren Zweimassenschwungrädern (ZMS) danken.

ZF Sachs, ein Unternehmen des in Friedrichshafen ansässigen Automobilzuliefererkonzerns ZF, der sich auf Antriebs- und Fahrwerktechnik spezialisiert hat, begann 1999 mit der Produktion von Zweimassenschwungrä­dern. Das Produkt ist seitdem zu einem wahren Verkaufserfolg geworden. „Wir sind jetzt die Nummer zwei in der Welt“, sagt Moritz Nöding, Leiter -Presse und Öffentlichkeitsarbeit, „und wir holen immer mehr auf.“

„Seit Produktionsbeginn haben wir pro Jahr 40 neue Mitarbeiter eingestellt“, fügt der Produktionsleiter für ZMS, Ernst Müller, hinzu.

Das Ruckeln und Vibrieren entsteht, wenn die Frequenz beim Ablauf der Zündfolge der Eigenfrequenz des Antriebsstrangs entspricht, so dass sich die Schwingungen gegenseitig verstärken. Das kann zu einem Rasseln im Getriebe führen oder die gesamte Karosserie in Vibration versetzen. Die meisten Kupplungssysteme haben Dämpfer, aber die sind nicht sehr wirksam. Das ZMS von ZF Sachs wird in den Antriebsstrang zwischen Motor und Kupplung eingebaut und umfasst zwei Schwungräder, die mittels Spiralfedern unterschiedlicher Steikeit und Gleitlager miteinander verbunden sind. Auf diese Weise kann das ZMS sehr flexibel auf die jeweiligen Fahrbedingungen – ob Höchstgeschwindigkeit auf der Autobahn oder sanftes Abbremsen – reagieren. Das erhöht Fahrkomfort und Sicherheit und senkt zudem den Kraftstoffverbrauch.

 

ZF Sachs mit Sitz in Schweinfurt produziertderzeit jährlich 1,9 Millionen ZMS in einer eigens dafür errichteten Fabrik, die in den vergangenen Jahren beträchtlich erweitert wurde. „Wir haben seit Eröffnung der Fabrik vor fünf Jahren schon dreimal ausgebaut“ sagt Müller. „Inzwischen arbeiten hier 300 Mitarbeiter.“

ZF Sachs stellt 60 verschiedene Arten von ZMS für 60 verschiedene Fahrzeugmodelle her. Obgleich das Produkt ursprünglich speziell für Turbodiesel entwickelt wurde, wird es heute auch in leistungsstarke Benzinmotoren und sogar in Mittelklassewagen eingebaut. Darüber hinaus gibt es Ausführungen für Nutzfahrzeuge, die wegen des positiven Effekts auf den Fahrkomfort besonders gern in Reisebussen verwendet werden. Ein Großteil der Produktion geht an deutsche und andere europäische Automobilhersteller, aber Zweimassenschwungräder von Sachs findet man auch in amerikanischen, australischen und südkoreanischen Fahrzeugen.

 

Die Fertigung basiertauf einer wohldurchdachten Kombination aus automatisierten Prozessen und menschlichem Eingreifen. Müller erklärt dazu: „Meiner Ansicht nach sollte sich an jeder potenziellen Problemquelle im Umkreis von sieben Metern ein Mitarbeiter aufhalten. So können Störungen stets rechtzeitig erkannt und behoben werden.“ Bei Sachs kontrollieren die Mitarbeiter die Maschinen und die Maschinen die Mitarbeiter.

Die Komponenten werden als Druckguss- oder Stanzteile angeliefert und von Robotern in einem Arbeitsgang gebohrt, gedreht und mit Schraubgewinden versehen. Kameras beobachten und überwachen den gesamten Prozess. Bestückt werden die Maschinen allerdings von Menschenhand. Das Personal überprüft auch die Ergebnisse, so dass eine Fertigungsstraße sofort gestoppt werden kann, falls ein Fehler auftritt. An manchen Stellen wie etwa an einigen Punkten der Montagestraße übernehmen Kameras die Qualitätsprüfung. Beim Einsetzen der Spiralfedern und Gleitlager in das Schwungrad wird der jeweilige Mitarbeiter von einer Kamera beobachtet. So ist sichergestellt, dass sich alle Teile am richtigen Platz befinden.

„Das ZMS ist eines unserer innovativsten Produkte“, erzählt Nöding. „Die Herstellung von innovativen Produkten ist Teil unserer Strategie, um die Fertigung in Deutschland zu halten.“ Die Kernkompetenz des Unternehmens umfasst die Geschäftsfelder Antriebsstrang und Fahrwerk. Laut Nöding sind „einfache Kupplungen und Stoßdämpfer heutzutage so etwas wie Gebrauchsartikel, die überall hergestellt werden können.“ Die Fertigung dieser einfacheren Produkte von ZF Sachs wurde deshalb teilweise ins Ausland verlegt. Das Unternehmen ist jedoch von seinem Innovationspotenzial so sehr überzeugt, dass zunächst keine weiteren Auslagerungen geplant sind.

Im Geschäftsbereich Fahrwerk setzt ZF Sachs auf intelligente Systeme. Hier steht die Elektronik im Mittelpunkt der Innovationsbestrebungen. Ein Beispiel ist das elektronische Dämpfungssystem CDC, das eine sanfte Fahrt gewährleistet. Die Stoßdämpfer sind an Sensoren gekoppelt, die sofort alle erforderlichen Daten liefern, um die Dämpfung innerhalb von Millisekunden an veränderte Straßen- und Fahrverhältnisse anzupassen. ZF Sachs entwickelt zurzeit ein Netzwerksystem, das verschiedene Bereiche eines Fahrzeugs miteinander verknüpft. Auf diese Weise soll erreicht werden, dass alle Komponenten effizienter zusammenarbeiten, etwa die Stoßdämpfer und die Bremsen.

Ein Bereich, der Nöding zufolge noch in den Anfängen steckt, aber Wachstumspotenzial hat, ist die Hybridtechnologie. „Mit Elektromotoren fingen wir schon an, lange bevor sie modern wurden. Heute sind sie in aller Munde, und wir profitieren von unserer langfristigen Investition“, sagt Nöding. ZF Sachs ist innerhalb des ZF-Konzerns das Kompetenzzentrum für Elektromotoren. ZF hat mit Continental eine strategische Zusammenarbeit eingeleitet, bei der Continental das elektronische Know-how und ZF Sachs die Motoren bereitstellt. Die ersten Projekte sind bereits angelaufen. Laut Nöding sind Gespräche mit verschiedenen Herstellern im Gange.

ZF glaubt fest an die Zukunft der Hybridtechnologie und hat deshalb eine „Hybrid-Offensive“ gestartet. Im Zusammenhang damit werden zurzeit 250 Ingenieure nur für diesen Bereich gesucht. Da Ingenieure schwer zu finden sind, werden vermutlich viele aus dem Ausland kommen. Auch wenn Schweinfurt nicht gerade durch Glanz und Glamour besticht, ist es laut einer Untersuchung des Schweizer Prognos-Instituts die wirtschaftlich dynamischste Stadt Deutschlands.


 

Vom Konkurrenten zum SKF Kunden

 Ernst Sachs und Karl Fichtel gründeten 1895 die „Schweinfurter Präcisions-Kugellagerwerke Fichtel & Sachs“. Das Unternehmen stellte Kugellager und Radnaben für Fahrräder her. Anfang des 20. Jahrhunderts war Fichtel & Sachs (heute: ZF Sachs) einer der größten Konkurrenten von SKF auf dem deutschen Markt. Das änderte sich jedoch schlagartig, als SKF 1929 das Lagergeschäft von Fichtel & Sachs in Schweinfurt übernahm. Inzwischen ist aus dem Lagerhersteller und Konkurrenten Fichtel & Sachs ein SKF Kunde geworden.

SKF erwarb 1929 noch weitere deutsche Unternehmen, darunter Fries & Höpflinger, DWF, Riebe und Rheinland, und integrierte sie in einer neuen Gesellschaft, die Vereinigte Kugellagerfabriken AG (VKF) genannt wurde und 9.000 Mitarbeiter beschäftigte. 1953 wurde die VKF in SKF umbenannt. Der Gründer von Fichtel & Sachs, Ernst Sachs, war von Anfang an Mitglied des Aufsichtsrats der VKF.

In den 1930er Jahren hatte die deutsche SKF Tochter sowohl mehr Angestellte als auch einen höheren Produktionsausstoß als das Mutterwerk in Göteborg. Der Umstand, dass der SKF Konzern im Ausland rascher wuchs als in Schweden, war weitgehend der Expansion in Deutschland zu verdanken.

Die Zusammenarbeit zwischen ZF Sachs und SKF reicht nun fast 80 Jahre zurück. ZF Sachs ist heute ein Teilelieferant und Systempartner der internationalen Automobilindustrie und kooperiert immer noch mit SKF. Zwischen den beiden Unternehmen besteht eine enge Beziehung. SKF beliefert ZF Sachs unter anderem mit Fahrwerklagern.

 

 

 

 

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