Zusammenarbeit verbessert die Lieferkette
Beim Supply Chain Management setzt sich das VMI-Konzept, also die lieferantenseitige Steuerung der Nachschublogistik, immer mehr durch. Dabei übernimmt der Lieferant für den Kunden das Lagermanagement, und beide profitieren davonManchmal müssen Unternehmen ihre Geschäftsprozesse grundlegend umstellen, wenn sie ein bestimmtes Ergebnis erreichen wollen. Die Zusammenarbeit beim Supply Chain Management ist ein solcher Punkt. Immer mehr Unternehmen gehen dazu über, nicht nur innerhalb der vier Wände ihrer eigenen Organisation tätig zu werden, sondern auch mit externen Lieferanten, Vertriebspartnern, Subunternehmen und anderen aktiv zusammenzuarbeiten. Durch auf moderne Informationstechnnologie gestützte Integration wird das Partnerschaftskonzept innerhalb der Lieferkette zu einer profitablen Lösung für alle Beteiligten. Dieses Konzept wird bei Käufern wie bei Lieferanten die Geschäftsprozesse nachhaltig verändern.
„Die Supply Chain Zusammenarbeit ist eindeutig ein Bereich, in dem das Internet nie dagewesene Vorzüge bietet, obwohl wir bisher nur die Anfänge gesehen haben“, sagt Jon Ekoniak, ein führender Forschungsanalyst der Web-Publikation The B2B Analyst.
„Produktionsoptimierung, kollaborative Bedarfsprognosen und reduzierte Lagerbestände gehören zu den zahlreichen Vorteilen, nach denen die Unternehmen streben.“ Eines der besten Beispiele für Zusammenarbeit bei der Organisation der Lieferkette ist die lieferantenseitige Steuerung der Nachschublogistik oder VMI (Vendor-Managed Inventory).
Hierbei wird die übliche Handelsbeziehung umgekehrt, das heißt, nicht mehr der Kunde ist für die Lagerplanung und die Entscheidungen im Hinblick auf die Nachschubbeschaffung zuständig, sondern der Lieferant. Wie Alain Saipe, Geschäftsführer von KPMG Consulting LP in Kanada, bestätigt, sind mit VMI beachtliche Erfolge erzielt worden. Verkaufsservice und Rentabilität verbessern sich, indem man die Rollen der Handelspartner vertauscht.
„Der Kunde spart Zeit und Kosten, weil der Lieferant einen großen Teil der Versorgungsplanung übernimmt“, meint Saipe. „Wenn VMI – wie es oft der Fall ist – mit einem Programm zur Verbesserung der Gesamtleistung der Lieferkette einhergeht, kann die Liefergeschwindigkeit erhöht werden.“
KPMG untersuchte einen Querschnitt großer kanadischer Unternehmen in allen Stufen ihrer Lieferkette und stieß bei über 75 Prozent auf ein starkes Interesse am VMI-Konzept.
Gewinne werden in dreierlei Hinsicht erzielt: Zum einen erhöhen sich die Einzelhandelsumsätze, wenn durch eine effektive und effiziente Lieferkette verhindert wird, dass die Regale in den Händlerlagern plötzlich leer sind. Die Umsätze der Lieferanten steigen ebenfalls drastisch an, wenn der Kunde und der Lieferant eine bevorzugte Handelsbeziehung eingehen. Zum zweiten lassen sich unnötig hohe Lagerbestände reduzieren und andere Kosten im Zusammenhang mit der Nachschubbeschaffung senken, wenn die Handelspartner die Zykluszeiten verkürzen, die Bestellroutinen umkehren sowie die Planungs-, Auftragserteilungs- und Abwicklungsprozesse automatisieren und vereinfachen. Zum dritten fallen die Herstellungskosten niedriger aus, wenn der Lieferant in der Lage ist, die Produktionspläne durch Integration der umfassenden und zeitlich besser abgestimmten Verkaufsinformationen zu optimieren.
Mehrere Alternativen
Es gibt zahlreiche Modelle für eine VMI-Partnerschaft. Ein gutes Beispiel ist das Arrangement zwischen dem globalen Lebensmittelgiganten Wal-Mart und einigen seiner Zulieferer wie etwa Proctor & Gamble und Rubbermaid. P&G begann schon vor zehn Jahren mit der Bedarfsplanung von Wal-Marts Windellager, erzählt Saipe. Die beiden großen Handelspartner sahen darin eine Möglichkeit, sich gegenseitig zu besseren Geschäften zu verhelfen. Weitere erfolgreiche Beispiele sind die Arrangements zwischen Fasson MDP, einer Division von Avery-Dennison, und Worsleys, dem einzigen Großhändler für Großbritanniens Papiergrossisten, sowie zwischen Baxter International, Hersteller von medizintechnischen und pharmazeutischen Produkten, und einer Reihe von Krankenhäusern in den USA.
Einem erfolgreichen VMI-Konzept stehen gewöhnlich strategische oder operative Hindernisse im Wege, fährt Saipe fort. Was die strategischen Hindernisse betrifft, muss auf höchster Führungsebene eine Entscheidung darüber gefällt werden, wie sich das Unternehmen auf dem Markt positionieren will. Die Unternehmensleitung braucht die Unterstützung ihrer Beschäftigten und muss dafür sorgen, dass sie die Vorteile einer engeren Supply Chain Zusammenarbeit erkennen.
Unverzichtbares Einvernehmen
Strategische Hindernisse werden in der Regel auf Vertriebsniveau als das größte Problem angesehen. Es sei nicht ja nicht ‚in deren Interesse‘, die Informationen, die innerhalb der Lieferkette nach oben gelangen, zu nutzen, heißt es. „Wir halten das in den meisten Fällen für ein schlechtes Argument. Es ist vielmehr so, dass die Händler, die in den kommenden Jahren mit einem florierenden Geschäft rechnen können, den größten Wert für Kunden und Lieferanten darstellen. Die Kanäle, die am besten auf die Verbraucherbedürfnisse abgestimmt sind, haben meist eine auf Zusammenarbeit basierende und auf den Kunden ausgerichteteste Lieferkette. Eine durchgreifende Umstellung von Geschäftsprozessen erfordert auch kulturelle Veränderungen sowie eine drastische Umstrukturierung der täglichen Arbeitsabläufe“, fügt Saipe hinzu.
Wie Saipe betont, müssen VMI-Arrangements nicht unbedingt ewig gelten. Sie dienen allein dem Zweck, die Ziele zu erreichen, die bei Vereinbarung der Arrangements gesteckt wurden.
„Vendor-Managed Inventory ist kein Allheilmittel, sondern ein wesentliches Instrument zur Kostenreduzierung“, bestätigt John J. Keough, Chefredakteur der amerikanischen Handelszeitschrift Industrial Distribution. Zusammenfassend sagt Saipe, dass „Prozesse wie VMI den Handelspartnern hilft, die Lieferkette auf ein neues Leistungsniveau zu heben. Unverzichtbare Erfolgsvoraussetzungen sind dabei ein solider Geschäftsplan, der konkrete Vorteile für beide Partner schafft, ein offenes und kooperatives Verhältnis, das auf gegenseitigem Vertrauen basiert, sowie die vorbehaltlose Unterstützung durch die Unternehmensleitung auf beiden Seiten.“
Amy Brown
Wirtschaftsjournalistin in Stockholm