Bergbau im hohen Norden

Mit ihrer Lage am 78. Breitengrad ist Svea das nördlichste Kohleabbaugebiet der Welt und einzigartig in den nordischen Ländern

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Mit ihrer Lage am 78. Breitengrad ist Svea das nördlichste Kohleabbaugebiet der Welt und einzigartig in den nordischen Ländern

Das Kohleabbaugebiet Svea auf Spitzbergen, der norwegischen Inselgruppe im Nordpolarmeer, liegt nur 1.000 Kilometer vom Nordpol entfernt. In den 92 Jahren seiner Geschichte hat der Kohlebergbau hier gegen unwirtliche Bedingungen und Rückschläge angekämpft. Heute gilt Svea jedoch als eines der interessantesten Kohleabbaugebiete der Welt.

Betreiber ist das norwegische Staatsunternehmen Store Norske Spitsbergen Kulkompani (SNSK).

Das Logo von SNSK, das alle im Bergwerk herumfahrenden Allrad-Toyota-Pickups ziert, stellt eine Eisbärenfamilie mit zwei Jungen dar – an sich schon eine Unmöglichkeit, weil Eisbären nicht in Familien auftreten. Die männlichen Tiere fressen nämlich meist ihre Jungen auf. Dieses Symbol für das Unmögliche passt zu Svea.

„Viele haben erfolglos versucht, Kohle auf Spitzbergen wirtschaftlich abzubauen“, erzählt Sveas Wartungsleiter, Gunnar Andreas Aarvold. „Wir haben bewiesen, dass das Unmögliche möglich ist. Unser Logo ist für uns eine Inspiration.“

Das Bergwerk liegt 60 Kilometer südöstlich von Spitzbergens Hauptstadt Longyearbyen. Verbindungsstraßen sind jedoch aufgrund der geologischen und klimatischen Verhältnisse nicht vorhanden.

 

Svea erreicht mannur auf dem Luftweg (es gibt eine eigene Start- und Landebahn), per Motorschlitten (Vorsicht vor Eisbären, Rentieren und Polarfüchsen) oder per Schiff. Da der Van Mijenfjord allerdings nur von Juli bis Dezember eisfrei und schiffbar ist, muss Svea seine Kohle ein halbes Jahr lang lagern.

Allein durch seine geografische Lage wirft Svea besondere logistische Probleme auf wie etwa die Anlieferung von Ersatzteilen, Maschinen, Nahrungsmitteln und Dieselkraftstoff oder der Transport des Personals.

Die gewaltigen Bulldozer, die im Sommer und Herbst beim Verladen der Kohle in Sveas Hafen eingesetzt werden, ziehen im Winter oft 40 Tonnen schwere Container mit Versorgungsgütern auf speziellen Schlitten von Longyearbyen über die Berge bis zu ihrem Bestimmungsort – eine Fahrt, die hin und zurück 24 Stunden dauert. Die Belieferung des Bergwerks und der Siedlung bei Temperaturen von -30 Grad Celsius ist jedoch ein Kinderspiel verglichen mit dem eigentlichen Abbau der Kohle aus einer Tiefe von sechs Kilometern.

„Das Problem, mit dem jedes Bergwerk zu kämpfen hat, ist die Synchronisierung der Arbeiten für die Erschließung einer neuen Lagerstätte – Straßen, Zufahrtstunnel, Belüftungsanlagen, Strom, Wasser, Sauerstoff, Förderbänder –, während gleichzeitig der Kohleabbau an anderer Stelle weitergehen muss. Die Produktion darf nicht unterbrochen werden“, erklärt Aarvold.

 

Bei Svea dauertder Abbau einer Kohlelagerstätte mit einer Flözdicke von bis zu vier Metern, einer Breite von 250 Metern und einer Länge von drei Kilometern zwischen acht Monaten und einem Jahr. Die Erschließung der nächsten Lagerstätte erfordert ungefähr genauso viel Zeit.

Im Mittelpunkt der Abbauarbeiten steht die Joy Longwall-Maschine, die mit ihren kraftvollen Schneidwalzen rund 80 Zentimeter dicke Kohlestücke auf einmal herausbricht. Auf diese Weise bearbeitet sie die ganze lange Wand der Lagerstätte. Je nach Beschaffenheit des Gesteins kommt die Maschine zwischen zehn und 20 Meter pro Tag voran.

„Zusammen mit all den anderen Geräten und Anlagen wie Transformatoren, Generatoren und Hydrauliksystemen ist es, als ob man jeden Tag eine ganze SKF Fabrik vor sich herschiebt“, meint Aarvold.

Der Bediener steht unter einem hydraulisch gesicherten Dach, das sich auf wundersame Weise ebenfalls fortbewegt, und steuert die Maschine über Fernsteuerung. Es ist eine schmutzige, staubige und anstrengende Arbeit, aber die Bergleute werden gut bezahlt.

Die herausgebrochenen Kohlestücke werden auf einem robusten Förderband durch einen separaten 13 Kilometer langen Tunnel an die Oberfläche gebracht. Oben angekommen donnern sie wie ein Wasserfall auf die Erde und türmen sich zu einer Pyramide auf. Ein Bulldozer schaufelt die Kohle Stück für Stück auf Volvo-Schwerlastwagen, die sie in den zwölf Kilometer entfernten Hafen bringen.

Jedes Jahr kommen in der Zeit von Juli bis Dezember rund 70 Schiffe, darunter einige von Panamax-Klasse mit einer Verdrängung von über 70.000 Tonnen nach Spitzbergen, um dort die hochwertige norwegische Kohle abzuholen.

„Wenn ich montags hierher komme, muss ich diesen Wasserfall von Kohle sehen und hören. Anderenfalls, das weiß ich, wird es eine schreckliche Woche“, bemerkt Aarvold, der mit seiner Familie in Longyearbyen wohnt und im Winter seinen Arbeitsplatz per Motorschlitten erreicht.


Eine lange Geschichte

Die norwegische Bergbaugesellschaft Store Norske Spitsbergen Kulkompani (SNSK) wurde 1916 gegründet und übernahm von der American Arctic Coal Company den Kohleabbau auf Spitzbergen. Leiter des amerikanischen Unternehmens war damals John Munro Longyear, nach dem auch die Hauptstadt der Inselgruppe, Longyearbyen, benannt ist.

Die SNSK erzielte 2007 mit 400 Beschäftigten einen Umsatz von 2,2 Milliarden norwegischen Kronen (256 Millionen Euro) und produzierte 4,1 Millionen Tonnen Kohle. Die Norweger erwarben das Kohleabbaugebiet Svea 1934 von Schweden – daher der Name – begannen jedoch erst 2001 mit der Kohleförderung in großem Stil.

Das Abbaufeld Svea Nord verfügt über wertvolle Vorkommen in der Größenordnung von 17 Millionen Tonnen, deren Abbau acht weitere Jahre in Anspruch nehmen wird. Eine neue Lagerstätte in Lunckefjell wird derzeit untersucht und könnte ab 2014 zugänglich sein. Die Vorräte hier sollen bis 2019 reichen.

Die Kohle wird zum größten Teil nach Deutschland, Belgien und Frankreich verschifft: 54 Prozent gehen an Kraftwerke, 28 Prozent an die Stahlindustrie und 18 Prozent an die Zementindustrie. SNSK hat historisch gesehen eine wichtige Rolle für die Entwicklung und Erhaltung von Longyearbyen gespielt.

 

 

 

 

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