Den schlimmsten Fall verhindern

Die Papierindustrie steht unter hohem Konkurrenzdruck. Ausfallzeiten sind ein Alptraum für jeden Werkleiter. Die an den Niagarafällen beheimatete Norampac weiß, wie man die Maschinen in Betrieb hält

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Die Papierindustrie steht unter hohem Konkurrenzdruck. Ausfallzeiten sind ein Alptraum für jeden Werkleiter. Die an den Niagarafällen beheimatete Norampac weiß, wie man die Maschinen in Betrieb hält

Clyde Smith steht vorgewaltigen braunen Papierrollen. Einige davon umfassen bis zu 8.500 Meter Papier und ragen zwei Meter hoch. Wir befinden uns im Verladebereich der Papierfabrik von Norampac Inc im Norden des Bundesstaates New York, nahe der Niagarafälle und der kanadischen Grenze. Smith ist Geschäftsführer und erklärt, dass sein Werk täglich 730 Tonnen Wellenrohpapier produziere – etwa 250.000 Tonnen pro Jahr. Aus dem Material werden Wellpappschachteln gefertigt. Die Hälfte der Produktion geht an andere Norampac-Werke, die Versandkartons herstellen, und der Rest wird an Papier- und Faltschachtelproduzenten verkauft. Jeden Tag werden hier 800 Tonnen Altmaterial recycelt und zu neuem Wellenrohpapier verarbeitet. „Wer wie wir im Recyclinggeschäft arbeitet und erfolgreich sein will, muss dafür sorgen, dass die Dinge, die man steuern kann, einwandfrei funktionieren“, meint Smith.

Dazu gehören auch und vor allem die Produktionsmittel. Das Norampac-Werk wurde 1921 errichtet. Die Maschinen und Anlagen der Fabrik wurden jedoch stets sorgfältig gewartet. Smith ist ein großer Verfechter der vorbeugenden Instandhaltung und Zustandsüberwachung zur Vermeidung kostspieliger Stillstände. Er zählt einige potenzielle Problembereiche auf. Im Werk gibt es zwei Fourdrinier-Papiermaschinen mit einer Vielzahl von wichtigen rotierenden Teilen. Alle Pumpen zum Beispiel haben Rollenlager, die immer richtig geschmiert sein müssen. Ein Lagerausfall am Trockner wäre eine Katastrophe. Nehmen wir beispielsweise an, dass zuviel Schmiermittel appliziert wurde und dadurch ein Feuer entstanden ist. So etwas ist in Norampacs Fabrik an den Niagarafällen schon vorgekommen. „Das Lager ist zerstört, ebenso das Gehäuse und der Lagerzapfen“, erklärt Smith. „Dann gibt es nur zwei Alternativen: Entweder tauscht man den gesamten 20 Tonnen schweren Trockenzylinder oder nur den Zylinderkopf aus. Egal, wie man sich entscheidet, für den Austausch braucht man in jedem Fall 40 bis 60 Stunden.“

„Im Klartext bedeutet dies einen Produktionsausfall von 20 Tonnen Papier pro Stunde, insgesamt also von 800 Tonnen, und jeder, der den heutigen Wettbewerbsdruck in der Papierindustrie kennt, weiß, dass sich kein Werkleiter solche Ausfälle leisten kann.“

 

Auf seinem früheren Postenin Norampacs Fabrik in Red Rock, Ontario, sammelte Smith Erfahrung mit vorbeugender Instandhaltung. Durch seine Zusammenarbeit mit Altus Engineering, heute ein Unternehmen von SKF Kanada, führte er ein Programm zur regelmäßigen Überprüfung der elementaren Teile von Papiermaschinen und Zusatzausrüstung ein, um vorzeitige Lagerausfälle zu verhindern. Als er 1999 das Werk an den Niagarafällen übernahm, sah er eine Möglichkeit, dort ein ähnliches System einzuführen.

Das Programm erwies sich als so erfolgreich für Norampac, dass SKF gebeten wurde, bei der jährlich geplanten Betriebsunterbrechung anwesend zu sein, um die Techniker bei einigen Arbeiten im Rahmen der Präzisionswartung (Abgleich, Auswuchtung und Einbau von großen Lagern) zu unterstützen. Die Vorteile der Auslagerung solcher Tätigkeiten lagen für Smith klar auf der Hand. „Es ist kostengünstiger, ein externes Unternehmen damit zu beauftragen. Es hat in der Regel die neueste Ausrüstung, die modernste Software, die sich ohnehin ständig ändert, und die geeigneten Techniker, die gewährleisten, dass man mit der besten Technologie für Zustandsüberwachung ausgerüstet ist.“ Für eine Papierfabrik ist es dagegen eine große Investition, eigene Mitarbeiter auszubilden, die richtigen Techniker zu finden und außerdem die Ausrüstung auf dem neuesten Stand zu halten. „Meiner Meinung nach sollte man sich bei der Instandhaltung auf seine Stärken konzentrieren und den Rest an Fremdfirmen vergeben“, sagt Smith.

 

Die Beziehung zwischenNorampac und SKF wird ständig ausgebaut. Es kommt immer wieder vor, erklärt Smith, dass ein Lager plötzlich ausfällt, obwohl die Schwingungscharakteristik keine Anomalien anzeigt. Zwischen den alle zwei Wochen durchgeführten Routineüberprüfungen kann irgendetwas passiert sein. Es könnte zum Beispiel Wasser in das Schmiermittel gelangt, eine Dichtung ausgefallen oder ein äußerer Schaden entstanden sein. Die Wahrscheinlichkeit derartiger Störungen erforderte die Installation eines Online-Sensors, der Daten kontinuierlich erfasst. Im Falle einer Störung wird ein Alarm ausgelöst, so dass ein Techniker sofort entsprechende Maßnahmen ergreifen kann. Mit einer speziellen Software ist es sogar möglich, ihn nach Feierabend über sein Handy zu benachrichtigen.

Darüber hinaus wird das Personal von Norampac im Rahmen von regelmäßigen SKF Schulungen zum Thema Wartung und Schmierung immer auf den neuesten Stand gebracht. Smith meint dazu: „Wenn wir sehen, dass irgendwo Lagerprobleme auftreten, ist der erste Gedanke: ‚Vielleicht sollten die Techniker einen Auffrischungslehrgang besuchen’.“

 

Smith schätzt,dass dieses vielseitige Programm Norampac 500.000 US-Dollar (370.000 Euro) gekostet hat: Aber, fügt er erklärend hinzu, „wenn man die Kosten eines für Instandhaltungsarbeiten geplanten Stillstandes mit denen für einen Produktionsausfall durch eine plötzlich auftretende Störung oder eine ungeplante Betriebsunterbrechung vergleicht, reden wir von Einsparungen in der Größenordnung von 1,8 bis zwei Millionen US-Dollar (rund 1,5 Millionen Euro).“ Und Rigoberto Moreno von SKF ergänzt: „Trotz des Alters der Anlagen ist die Fabrik in hervorragendem Zustand, was vor allem in einer so schwierigen Branche wie der Papier- und Zellstoffindustrie besonders wichtig ist. Das Werk gehört zu den Besten in der Cascades Group.“


 

Schmiertechnisches Know-how

SKF berät Norampac seit 2005 auf dem Gebiet der Schmiertechnik. „Durch eine Beurteilung des Schmierbedarfs stellten wir einige Mängel fest und gaben Empfehlungen zu Schmierintervallen und Schmiermittelmengen“, sagt Rigoberto Moreno von SKF. „Ohne eine entsprechende Analyse und Erstellung von Parametern besteht die Gefahr einer Überschmierung, und das ist genauso schlecht wie eine Unterschmierung, weil es dadurch zu einer Überhitzung kommen kann.“

Es waren die Ergebnisse einer solchen Schmierungsanalyse, die Smith dazu veranlassten, einem Schmierungsmanagementprogramm zuzustimmen. Mit Hilfe einer Software können die Techniker feststellen, an welchen Stellen im Produktionsablauf eine Nachschmierung erforderlich ist. Sie erhalten außerdem Informationen darüber, wie viel und wie oft geschmiert werden muss. Das Maschineninspektionssystem MARLIN auf der Basis eines Pocket Pro-Datenmanagers ermöglicht einem Techniker, an der gesamten Anlage Daten zum Schmierbedarf und zur Schmiermittelmenge zu erfassen und aufzuzeichnen, und diese in das System zu übertragen. Mit demselben Instrument kann er gleichzeitig grundlegende Inspektionsdaten (Schwingungen, Temperatur, Lagerzustand, Ergebnisse der Sichtprüfung und so weiter) erfassen.

 

MARLIN ist ein registriertes Warenzeichen der SKF Gruppe

 

 

 

 

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