Für Wind und Wetter gebaut

Eine neue Bohrinsel in Norwegen ist das Kernstück eines Projekts, das neue Rekorde in der Unterwassertechnik aufstellt

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Bohrinseln sind extremkomplexe technische Anlagen, die in der Welt ihres Gleichen suchen. Sie halten Wind und Wetter stand und fördern Gas und Erdöl auf möglichst umweltschonende Weise aus dem Inneren der Erde. Darüber hinaus sollen sie ihrer Besatzung ein unvergleichlich hohes Maß an Sicherheit und Bequemlichkeit bieten.

„Eine stürmische See mit 30 Meter hohen Wellen merkt man hier drinnen nicht einmal“, erzählt Björn Tillerflaten, Zustandsüberwachungstechniker auf der neuen Bohrinsel Kristin, die für den staatlichen norwegischen Mineralölkonzern, Statoil, gebaut wurde.

In puncto Nachhaltigkeit rangiert Statoil nach BP und Shell an dritter Stelle unter den Mineralölgesell­schaften der Welt. Der Dow Jones Sustainability Index (DJSI) hat Statoil seit vier Jahren gelistet.

Tillerflaten ist seit vielen Jahren an das Leben auf der Bohrinsel gewöhnt. Er verbringt immer zwei Wochen auf der Ölplattform und hat anschließend vier Wochen frei. „Es ist wirklich ein phantastischer Arbeitsplatz, und acht Monate im Jahr Urlaub zu haben, ist nicht das Schlechteste“, sagt er.

Die im März 2005 in Betrieb genommene Kristin ist ein Fünfsternehotel, das um eine schwimmende Stahlkonstruktion herum gebaut wurde. Zu den Annehmlichkeiten gehören ein moderner Fitnessraum, Fernseher mit Plasmabildschirm in den Schlafräumen, großzügige Aufenthaltsräume und erstklassige Ver­-pfleg­ung. Tatsächlich übertrifft die Küche auf den norwegischen Bohrinseln die besten Restaurants des Landes.

Die 82 Meter breite und 93 Meter lange Kristin hat eine Verdrängung von 56.000 Tonnen und misst eine Höhe von 100 Metern von der Wasseroberfläche bis zum Ausleger zum Abfackeln der Gase.

 

Wie eine Spinneim Netz ist die Offshore-Plattform Kristin, die Nabe zwischen dem Öl und Gas in 5.000 Metern Tiefe und den Produktions- und Lagerungsein­richtungen auf See und an Land. In solchen Tiefen kann der Druck über 900 bar (900 kg/cm2) und die Tempera­tur über 170° Celsius betragen. Das Öl- und Erdgas­feld, Kristin Field, liegt etwa 240 Kilometer nordwestlich von Trondheim in Norwegen und ist Teil einer geologischen Struktur, die vor 200 Millionen Jahren im Jura-Zeitalter entstand.

Im Oktober 2005 soll die Kristin ihre Produktion in vollem Umfang aufnehmen. Die 2,5-Milliarden-Euro-Investition umfasst neben der Ölplattform auch zwölf Bohrungen auf dem Grund der Nordsee.

Aker Kvaerner in Stord, einem Ort zwischen Stavanger und Bergen in Norwegen, baute die Kristin für Statoil. Die norwegische Erdölgesellschaft ist mit 41,6 Prozent der Hauptaktionär des Projekts. Zu den weiteren Partnern zählen Norsk Hydro, Total und Exxon Mobil.

 

Die Bohrinsel wurdein Modulen errichtet. Die 14.500 Tonnen schwere Rumpfkonstruktion stammt von Samsung Heavy Industries in Südkorea und wurde durch den Suezkanal nach Norwegen transportiert. Die Wohnbereiche und die Hubschrauberlandeplattform baute Emtunga im schwedischen Göteborg. Die Aufbauten einschließlich des Auslegers zum Abfackeln der Gase wurden auf der spanischen Dragados-Werft konstruiert. Zusammengebaut und fertig gestellt wurde die Offshore-Plattform in 2,6 Millionen Arbeitsstunden im norwegischen Stord.

In den kommenden zwölf bis 13 Jahren soll Kristin Field 35 Milliarden Kubikmeter Erdgas, 8,5 Millionen Tonnen Flüssigerdgas und 40 Millionen Kubikmeter leichtes Erdöl liefern.

Vier unterseeische Fördereinheiten sind mit einer schwimmenden Produktionsplattform verbunden. Hier können pro Tag 125.000 Barrels leichtes Erdöl (20 Millionen Liter) und 18 Millionen Kubikmeter Erdgas produziert werden.

Wenn die Bohrinsel vollständig in Betrieb ist, reicht für ihre Bedienung eine Besatzung von 29 Männern und Frauen. Die meisten Prozesse auf einer Offshore-Plattform sind weitgehend automatisiert. Auf der Kristin werden dennoch alle Maschinen an Deck regelmäßig von Technikern überprüft.

Gesundheits-, Arbeitsschutz- und Sicherheitsfragen haben allgemein einen hohen Stellenwert in Norwegens Ölindustrie.

 

Auf der BohrinselKristin hat man sich zum Ziel gesetzt, Unfälle, Verletzungen und arbeitsbedingte Erkrankungen weitgehend zu vermeiden. Damit dies auch gelingt, wurden in der Konstruktions- und Bauphase der Ölplattform keine Kosten und Mühen gescheut, für die Besatzung ein bequemes und ergonomisch durchdachtes Umfeld zu schaffen. Besonderer Wert wurde auf die Schalldämpfung und die Entwicklung guter Fördersysteme an Bord gelegt. Darüber hinaus ist die Besatzung mit der besten Schutzkleidung ausgestattet, die auf dem Markt erhältlich ist.

„Sämtliche für den Betrieb entscheidende Maschi­nen und Geräte sind für den Offshore-Einsatz aus­-gelegt. Das bedeutet, alles ist sehr gut abgedichtet“, sagt Tillerflaten. „Aber der wahre Grund für die offene Konstruktion ist, dass so im Falle einer Gasleckage der Wind das ausgetretene Gas schnell wegblasen kann.“


Intelligente Überwachung

In den Bohrlöchern von Kristin Field herrschen so hohe Drücke und Temperaturen, wie sie sonst kaum irgendwo auf der Welt zu finden sind. Dieser Umstand stellt spezielle Anforderungen an die Pumpen, Gebläse, Generatoren, Turbinen, Kompressoren und Elektromotoren an Bord der Bohrinsel. Viele dieser Maschinen und Anlagen sind mit SKF Lagern bestückt.

Alle rotierenden Maschinenbauteile der Ölplattform Kristin werden überwacht. Björn Tillerflaten ist Statoils Zustandsüberwachungstechniker an Bord der Kristin. Er arbeitet mit Microlog CMVA 60 und den „Machine Analyst“-Systemen von SKF. CMVA 60 ist ein tragbares Gerät, das Vibrationsdaten erfasst und Analysen durchführt. Es kann Maschinen mit Drehgeschwindigkeiten von nur 0,5 U/min wirksam überwachen.

 

 

 

 

 

 

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