Geballte Kraft

In den Häfen entlang der amerikanischen Ostküste und im Golf von Mexiko bringt die Moran Towing Corporation die Schiffe sicher an ihr Ziel. Die lange Tradition des Unternehmens und dessen Zukunfts­pläne basieren auf Zuverlässigkeit, und das heißt: jederzeit einsatzbereit

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In den Häfen entlang der amerikanischen Ostküste und im Golf von Mexiko bringt die Moran Towing Corporation die Schiffe sicher an ihr Ziel. Die lange Tradition des Unternehmens und dessen Zukunfts­pläne basieren auf Zuverlässigkeit, und das heißt: jederzeit einsatzbereit

Es ist ein grauer, kalter Tag. Drei Schlepper der Moran Towing Corporation liegen Seite an Seite an einem Kai des historischen Ufers von Portsmouth, New Hampshire, an der Nordostküste der USA. Mit Blick auf den Piscataqua-Fluss wiegen sich die wuchtigen Schiffe im Wind und warten auf ihren Einsatz. Wenn der Anruf kommt, bringen sie mit großem Getöse ihre starken Motoren in Gang. Um ein Schiff in den Hafen von Portsmouth zu schleppen, braucht man Tausende von Pferdestärken.

Im subtropischen Miami 2.500 Kilometer weiter südlich und in zahlreichen Häfen dazwischen warten Dutzende von Moran-Schleppern darauf, Frachtern, Schiffen der US Navy, mit Kohle oder Gips beladenen Lastkähnen, Flüssiggastankern und sogar atomgetriebenen U-Booten bei ihrer Einfahrt in die Werft oder in andere Hafenanlagen behilflich zu sein. Jedes Schiff erfordert individuelle Maßnahmen und die enorme Kraft eines modernen Schleppers.

Das wichtigste aber ist, dass die Schlepper zur Verfügung stehen, wenn sie gebraucht werden. Alle Moran-Niederlassungen sind 365 Tage im Jahr rund um die Uhr geöffnet, und die Schlepper sind jederzeit einsatzbereit. „Es ist alles eine Frage der Zuverlässigkeit“, meint Jonathan Archer, Technischer Leiter in Morans Niederlassung in Maryland, die für die Reparatur und Wartung der Schlepper an der Ostküste verantwortlich ist. „Unsere Schlepper müssen bereit sein, wenn ein Anruf kommt. Wir haben in der Regel keine Ersatzschiffe zur Verfügung, auf die wir zurückgreifen können, wenn ein Schlepper repariert oder gewartet werden muss. Alle sind im Einsatz. Wir müssen dafür sorgen, dass unsere gesamte Flotte ständig arbeitsfähig ist.“

Die Flotte in Gang zu halten, wird unter anderem durch die Tatsache erschwert, dass Schlepper ihre Arbeit unter Einsatz gewaltiger Motorleistungen erledigen, und diese Pferdestärken üben eine hohe Belastung auf den Antriebstrang und wichtige Motorkomponenten aus.

„Sie produzieren gewaltige Mengen an Pferdestärken auf sehr engem Raum“, erklärt Archer. Die Aufgabe, diese Kraft auf die Länge eines 28-Meter-Schleppers zu übertragen, haben die Ingenieure durch die Konstruktion von Antriebsträngen gelöst, die mit verschiedenen Arten von Lagern zusammengehalten werden. Die Lager spielen eine wichtige Rolle bei der Kraftübertragung vom Motor auf den Antriebstrang, damit das Schiff ein anderes, oftmals wesentlich größeres Schiff schleppen oder bugsieren kann.

 

Von dieser geballten Kraft – neuere Schlepper bringen es zum Teil auf eine Leistung von über 3.700 kW (5.000 PS) – bleibt auch die Besatzung nicht unberührt. Moran arbeitet deshalb ständig mit Schiffsbauern und Konstrukteuren zusammen, um die Schwingungs- und Geräuschbelastung auf älteren Schleppern zu reduzieren.

Nach Angaben des Fachverbands American Waterways Operators bewegen die landesweit rund 4.000 Schlepper jedes Jahr rund 725 Millionen Tonnen Rohstoffe und Fertigprodukte, darunter 20 Prozent der jährlich in den USA verbrauchten Kohle und etwa 60 Prozent der Getreideexporte.

Morans Flotte von 80 Schleppern und 29 Schuten (Leichter) wächst stetig. Einer der jüngsten Neuzugänge ist die Kaye E. Moran, eines von drei neuen Schiffen. Dieser Schlepper ist mit modernster Technik ausgerüstet und bietet alles, von Navigationsgeräten bis Feuerlöschgeräte. Vor allem wegen ihrer Brandbekämpfungsausrüstung sind diese Modelle bestens geeignet, um Flüssiggastanker (LNG-Tanker) zu unterstützen.

 

Die Nachfrage nach Flüssiggas für Kraft- und Heizwerke nimmt in den USA rasant zu. Das bedeutet einen zusätzlichen Bedarf an Schleppern, die in der Lage sind, die massiven LNG-Tanker in die amerikanischen Häfen zu bringen. Dabei wird die Sicherheitsfrage von entscheidender Bedeutung, da die Zahl der LNG-Anlagen in oder in der Nähe von Ballungszentren immer weiter steigt.

„Die LNG-Kunden sind vor allem an Brandbekämpfungsmöglichkeiten interessiert. Das ist ein sehr wichtiger Punkt“, sagt Archer. Die Brandbekämpfungssysteme von Morans neuesten Schleppern sind nach den Richtlinien des American Bureau of Shipping (Amerikanisches Schifffahrtsbüro) klassifiziert, was mit erheblichen Zusatzkosten verbunden war. Ihre Besatzung wurde eigens für das Schleppen von LNG-Tankern in und aus Häfen ausgebildet.

Bei einem Löscheinsatz wird die Kaye E. Moran in der Lage sein, 40.000 Liter Wasser pro Minute zu pumpen und einen Wasserstrahl 45 Meter in die Höhe und 120 Meter seitlich über Bord zu schießen. Damit ist der Schlepper gleichrangig mit einem A1 Feuerlöschboot der Klasse I.

Die Kaye E. Moran gehört außerdem zu den leistungs­stärksten Schleppern der Flotte. Mit ihren 3.750 kW (5.100 PS) kann sie Zuggewichte von 60 Tonnen oder mehr bewegen. Sie hat ebenso wie andere Schlepper in Morans Flotte einen Dieselmotor vom Typ EMD und einen Antriebstrang nach dem Modell eines Rolls
Royce Z-Antriebs.

Bei all den technischen Spezifikationen und Eigenschaften geht es vor allem um eine wichtige Sache, meint Archer: die Tanker so schnell, so sicher und so effizient wie möglich in die und aus den Häfen zu bringen. „Man kann seine Kunden nicht im Stich lassen“, fügt er hinzu. „Sie rechnen damit, dass man Tag und Nacht zur Stelle ist, wann immer sie Hilfe brauchen. Zuverlässigkeit ist für uns das A und O.“


 

Zusammenarbeit erhöht die Zuverlässigkeit

Um die Zuverlässigkeit seiner Schlepperflotte zu erhöhen, wandte sich Moran bei der Einführung einer neuen Antriebsstrangkonstruktion an SKF mit der Bitte, an Bord einiger neuer Schiffe eine Anwendungsüberprüfung und eine Vor-Ort-Inspektion durchzuführen. Dabei sollten Schwingungsdaten erfasst und analysiert werden.

Scott Thompson, Spezialist für zuverlässigkeitsorientierte Instandhaltung bei SKF, führte an Bord der Key E. Moran bei voller Motorleistung Geschwindigkeitsmessungen durch und benutzte die Technik der Hüllkurven-Beschleunigung sowie ein Verfahren zur Bestimmung der Betriebsschwingformen (Operating Deflection Shape – ODS), um Quellen für schädigende Schwingungen zu ermitteln. In seinem Bericht stellte Scott die wahrscheinlichsten Ursachen und mögliche Lösungen zusammen.

Unterdessen arbeitete die SKF Anwendungstechnikerin Rachel Braddick eng mit dem Antriebsstrangkonstrukteur von Moran zusammen und nahm eine Sichtprüfung vor, um Schmierungsempfehlungen abgeben zu können. Diese Maßnahme erfolgte im Zusammenhang mit der Anwendungsüberprüfung, die auf der zu erwartenden Belastung und Betriebsgeschwindigkeit basierte.

Darüber hinaus wurde bei den Verfahren zum Einbau von Lagern einiges geändert. Das Nachrichten der Kardanwellen soll im Rahmen der geplanten Wartung erfolgen. Das gleiche gilt für die Schmierung der Schilde, Gelenklager und Greifer sowie für die Ölumlaufschmierung der Hauptlager und Antriebe.

 

 

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