Grundsätzliches zu Lagern in Schraubenverdichtern für die Gasindustrie
Eine optimale Lagerwahl kann die Gebrauchsdauer eines Lagers verlängern und die Kompressorleistung verbessern
Eine optimale Lagerwahl kann die Gebrauchsdauer eines Lagers verlängern und die Kompressorleistung verbessern
Die Verwendung von Schraubenverdichtern in Erdgasanlagen hat in den letzten zehn Jahren ständig zugenommen, und dieser Trend hält weiter an. Das ist vor allem auf die niedrigeren Gasdrücke in vielen älteren Erdgasfeldern zurückzuführen, die Installation und Betrieb von Kolbenkompressoren unrentabler machen. Gegenwärtig findet man Schraubenverdichter sowohl in Süßgas- (enthält kein H2S) als auch in Sauergasanlagen (mit H2S). Sie sitzen am Bohrlochkopf, fördern Erdgas aus dem Boden und erhöhen den Druck zur Einspeisung von Gas in die Pipelines. Mit dem zunehmenden Einsatz von Schraubenverdichtern wächst auch die Bedeutung einer wichtigen Verdichterkomponente, nämlich des Wälzlagers. Für die Leistung eines Schraubenverdichters spielen die Lager eine entscheidende Rolle. Lagerbedingte Probleme können nämlich die Zuverlässigkeit eines Kompressors beeinträchtigen und im Extremfall zu katastrophalen Defekten und zum Zwangsabbruch der Gasproduktion führen. Bohrlöcher und Abgaswäschestationen liegen oft in abgelegenen, unwegsamen Gegenden, was die Reparaturen schwierig und teuer macht. Obwohl manchmal Standby-Kompressoren zur Verfügung stehen, müssen auch diese zur Vorbeugung ernsthafter Probleme gewartet werden.
Deshalb tunzuverlässigkeitsbewusste Experten der Gasindustrie und Bohrlochbetreiber gut daran, lagerbedingten Problemen vorzubeugen. Ein erster wichtiger Schritt ist, sich mit den Grundzügen der Lagerfunktion in Schraubenverdichtern vertraut zu machen und sich über die Spezifikation der richtigen Lageranordnung, -typen und -werkstoffe für Verdichteranwendungen zu informieren.
Bei Doppelschraubenverdichtern drehen sich zwei ineinandergreifende Rotoren im Verdichtergehäuse in entgegengesetzer Richtung. Vom Saugstutzen wird das Gas in eine Kammer zwischen der Gehäusewand und den beiden Rotoren gesogen. Wenn sich die Rotoren drehen, verkleinern sich die Kammern stetig, das Gas wird komprimiert und tritt allmählich aus. Erdgasfeldverdichter werden in der Regel von Gasmotoren betrieben, entweder direkt oder über ein Getriebe.
Die Funktion von Wälzlagern in Schraubenverdichtern besteht darin, die Verdichterrotoren präzise radial und axial zu positionieren und die Rotorlasten angemessen zu unterstützen. Die Lager befinden sich jeweils auf der Saug- und auf der Druckseite; in Anzahl und Konfiguration variieren sie je nach Last und Anwendungsvorgaben.
In der Regel sitzenzwei Zylinderrollenlager am Saugstutzen und unterstützen je einen Verdichterrotor. Ein zweites Paar Zylinderrollenlager sitzt am Druckstutzen. Einige Verdichter haben Gleitlager zur radialen Unterstützung. Die Druckseite hat zwei oder mehr Axiallager, wobei es sich normalerweise um einreihige Schrägkugellager oder Vierpunktlager (QJ-Lager) handelt. Diese Lager unterstützen ausschließlich Axiallasten.
Bei der Gasverdichtung steigt die Temperatur. In den Verdichtungsraum eingespritztes Öl schmiert die Schrauben, dichtet Leckagen ab und kühlt das Gas. Nach dem Austritt zusammen mit dem komprimierten Gas und nach der Trennung schmiert dasselbe Öl die Lager und kühlt sie.
Die Betreiber müssen sich der Risiken bewusst sein, die durch Injektion von zu viel Öl in Schraubenverdichtern entstehen. Erdgas besteht aus einer Mischung aus Gasen und normalerweise Wasserdampf, manchmal auch Säuren und Schwefelwasserstoff. Übermäßige Ölinjektion kann zu übermäßiger Kühlung führen, mit Wasser- und Säurekondensation als Folge. Die Kondensate vermischen sich mit dem Öl und beeinträchtigen die Lagerschmierung, führen zu Korro-sion und können so Lagerdefekte verursachen.
Das Öl muss die richtige Viskosität haben und darf keine emulgierenden Additive enthalten. Öle für Motorkurbelgehäuse sind in der Regel nicht als Kompressoröle geeignet. Es müssen regelmäßig Ölproben genommen und auf Degradation, Viskosität und Wassergehalt hin untersucht werden.
Erdgas enthältzudem Fest-stoffe, die Lager und andere Komponenten beschädigen können. Zur entsprechenden Vorbeugung müssen die Kompressoren mit effizienten Ölfiltern ausgerüstet sein.
Saures Erdgas, das reich an Schwefelwasserstoff (H2S) ist, stellt ein besonders schwieriges Problem dar. Bei gehärteten Stählen und anderen Werkstoffen mit Restspannungen können schwefelbedingte Spannungsrisse auftreten. Hierbei handelt es sich um ein für niedrige Spannungsverhältnisse recht typisches Sprödbruchphänomen. Zudem kann sich Schwefelwasserstoff mit Wasser verbinden und korrosive Schwefelsäure (H2SO4) bilden.
Lagerkäfige sollten immer aus spannungsfreien Werkstoffen hergestellt sein, damit keine schwefelbedingten Spannungsrisse auftreten. Bohrlochbetreiber müssen bei der Spezifikation von Kompressorlagern sehr sorgfältig bei der Käfigwerkstoffwahl sein.
Polyamidkäfige aus glasfaserverstärkten Spritzgusspolymer sind eine denkbare Lösung. Diese Käfige haben sich bereits erfolgreich in Sauergasanwendungen mit Betriebstemperaturen von bis zu 70 °C bewährt. Höhere Temperaturen können jedoch zu einer vorzeitigen Alterung von Polyamiden führen. Jetzt bietet sich allerdings eine neue Lösung in Form von PEEK an, einem polymeren Werkstoff mit überragender Temperatur- und Alterungsresistenz. PEEK eignet sich nicht zuletzt auch dank seiner niedrigen Reibung und geringen Verschleissrate hervorragend als Käfigmaterial in Lageranwendungen mit Mangelschmierung.
Traditionell hatdie Erdgasindustrie bisher wegen der potentiellen Gefahr von schwefelbedingten Spannungsrissen von der Verwendung von Messing und anderen „gelben“ Metallen in Verdichtern und Pipelines abgesehen. Bei eigenspannungsfreiem Messing dagegen besteht keine Gefahr von Spannungsrissen. Massivkäfige aus Messing-Schleudergussrohren weisen keine Eigenspannungen auf. Etliche einreihige Schrägkugellager, Vierpunktlager und Zylinderrollenlager sind mit diesem Käfigtyp erhältlich. Obwohl eigentlich unüblich in der Industrie, bauen einige Hersteller von Schraubenverdichtern seit Mitte der 1980er Jahre erfolgreich solche Messingkäfige für Sauergas-Kompressorlager ein.
Käfige aus Messingblech sind für Sauergasverdichter ungeeignet, da der Pressvorgang Eigenspannungen im Material hinterlässt.
Die Betreiber von Verdichtern fragen normalerweise Stahlmassivkäfige an. Obwohl bei Massivstahl keine Spannungsrisse auftreten, besteht ein größeres Risiko, dass es zu Metall-Anschmierungen zwischen Käfigtaschen und Wälzkörpern kommt, besonders bei marginaler Schmierung. Dank PEEK und spannungsfreier Massivkäfige aus Messing gibt es jetzt also keinen Grund mehr für die Verwendung von Stahlmassivkäfigen.
Zur Sicherstellungeiner zuverlässigen Funktion müssen Wälzkörper aus gehärtetem Stahl verwendet werden. Komponenten aus gehärtetem Stahl können allerdings durch Schwefelwasserstoff beschädigt werden.
SKF hat die Aufbringung spezieller Beschichtungen zum Schutz von Lagerstählen in Sauergasanwendungen untersucht. Im SKF Engineering and Research Centre in den Niederlanden haben SKF Wissenschaftler die wichtigsten Eigenschaften für Beschichtungsmaterialien identifiziert. Die Schichthärte muss sicher am Lagerstahl haften und darf unter Last nicht abplatzen. Die Schicht darf auch nicht porös sein, damit kein Schwefelwasserstoff eindringen kann. Obwohl NoWear® Lager noch nicht in stärkerem Umfang in Schraubenverdichtern eingesetzt werden, können sie in einigen schwierigen Fällen durchaus eine Lösung darstellen.
Noch vielversprechender ist die Verwendung einer neuen superzähen Edelstahlqualität für Lager, die gegen schwefelbedingte Spannungsrissbildung resistent ist. SKF entwickelt und testet derzeit solche Stahl-qualitäten, und die Ergebnisse der Praxistests in Sauergas-Schraubenverdichtern sind äußerst vielversprechend. Bei diesen neuen Lagern bestehen die Kugeln und Wälzkörper aus Keramik. Eine Alternativlösung ist die Verwendung von NoWear® Lagern, die sich durch eine reibungsarme Keramikbeschichtung auf den Wälz-körpern aus hoch stickstoffhaltigem Edelstahl auszeichnen. Die NoWear-Beschichtung bietet sehr geringe Reibung, einen Schutz gegen Anschutzschmierungen und reduzierten Verschleiß, allerdings ist NoWear nicht dicht genug, um die Diffusion von Schwefelwasserstoff zu verhindern. NoWear-beschichtete Lager stellen eine Lösung in schwierigen Fällen dar, bei schlechter Schmierung oder niedrigen Lasten.
Die neue Leistungsklasse der SKF Explorer Lager überzeugt durch noch bessere Stahlqualität und Wärmebehandlung. Die neuen einreihigen SKF Explorer Schrägkugellager für den universellen paarweisen Einbau, Vierpunktlager und Zylinderrollenlager haben eine längere Gebrauchsdauer als herkömmliche Lager in anspruchsvollen Schraubenverdichteranlagen.
Nachdem Kompressorenlager ausgewählt und eingebaut sind, müssen sie auch überwacht werden. Manuelle Überwachungsgeräte für die periodische Kontrolle bzw. fest installierte Geräte für die Online-Über-
wachung können Trenddaten liefern und eventuelle Lagerbeschädigungen im Frühstadium feststellen. So hat der Bohrlochbetreiber die Möglichkeit, Instandhaltung und Reparaturen für Außerbetriebnahmen zu planen.