Krafterzeugung mit Tradition

Schwedens größtes Wasserkraftwerk ist auch nach 56 Jahren immer noch in Topform

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Schwedens größtes Wasserkraftwerk ist auch nach 56 Jahren immer noch in Topform

Seit über 100 Jahrenwird in Schweden Strom in Wasserkraftwerken erzeugt. Sie produzieren sicher und emissionsfrei erneuerbare Energie, indem Wasser durch Turbinen fließt. Schweden deckt nahezu 50 Prozent seines Energiebedarfs auf diese Weise.

Wasserkraftwerke gibt es überall im Land, aber die meisten sind an den großen Flüssen in Nordschweden, nördlich des Polarkreises.

In dieser beeindruckenden und endlosen Wildnis arbeiten die Kraftwerke rund um die Uhr sieben Tage in der Woche nach einem sorgfältig ausgeklügelten Plan, der den unmittelbaren Energiebedarf des Landes und die ständig variierenden Wasserstände der Stauseen berücksichtigt.

„Strom ist eine Frischware“, meint Göran Öhlund, Projektleiter bei Vattenfall Power Consultant AB. Er hat 40 Jahre Erfahrung mit Wasserkraftwerken. „Was wir produzieren, wird sofort verbraucht. Im Gegensatz zur Atomkraft ist Wasserkraft wesentlich leichter zu regulieren. Wir können die Produktion je nach Bedarf erhöhen oder reduzieren.“

Das staatliche Energieversorgungsunternehmen Vattenfall wies 2007 einen Umsatz von 15,2 Milliarden Euro aus. Einschließlich der Produktion in Finnland, Polen, Dänemark und Deutschland belief sich die gesamte Energieerzeugung des Unternehmens im selben Jahr auf 167,6 Terawattstunden (1 Terawatt = 1.000.000 Megawatt). Diese Zahl umfasst alle Arten der Energieproduktion.

Schwedens Wasserkraftwerke liefern 30,8 Terawattstunden (TWh). Sechzehn Prozent davon entfallen auf die 15 Kraftwerke von Vattenfall entlang des 460 Kilometer langen Lule-Flusses im Norden des Landes.

Der Fluss entspringt im landschaftlich schönen Sarek, einer Gebirgslandschaft an der norwegischen Grenze, und fließt in südöstliche Richtung bis zur Stadt Luleå, wo er schließlich in den Bottnischen Meerbusen mündet.

Das größte Kraftwerk am Lule-Fluss heißt Harsprånget und ist das größte Schwedens, wenn es um die Leistung geht. Es liegt etwa 30 Kilometer nördlich von Jokkmokk, einem Ort mit 5.600 Einwohnern in der historischen Provinz Lappland, der für seinen Wintermarkt bekannt ist. Hier bieten die Samen seit über 400 Jahren alljährlich im Februar ihre Waren an.

 

Wegen der Lagedes Ortes am Ufer des Lule-Flusses bedeutet Jokkmokk wörtlich „Flussbiege“. Und Harsprånget lässt sich mit „Hasensprung“ übersetzen.

Die anderen Wasserkraftwerke am Lule-Fluss mit seinem stark veränderten Lauf haben ähnlich exotische Namen wie Ritsem, Vietas, Satisjaure, Porjus, Seitevare, Parki, Randi, Akkats, Letsi, Ligga, Messaure, Laxede, Boden und Vitjärv. Die meisten von ihnen liegen dort, wo sich einstmals natürliche Wasserfälle oder Stromschnellen befanden. „Der Lule-Fluss deckt 16 Prozent des schwedischen Energiebedarfs“, erklärt Öhlund von Vattenfall. „Man könnte auch sagen, alle Lampen in Schweden werden mit Wasserkraft aus dem Lule-Fluss betrieben.“

 

Der Ausbau des KraftwerksHarsprånget, das heute zwei TWh pro Jahr produziert und eine Gesamtleistung von 970 MW hat, begann um 1920, er wurde jedoch aufgrund der Rezession nach dem Ersten Weltkrieg ebenso wie viele andere Kraftwerksprojekte aufgegeben. Nach der Wiederaufnahme der Bauarbeiten im Jahre1945 konnte der erste Generator 1951 in Betrieb genommen werden.

Harsprånget ist weitgehend unbemannt. Abgesehen von einigen Wartungstechnikern, die das Kraftwerk täglich besuchen, wird die Anlage von Vattenfalls 100 Kilometer entfernten zentralen Leitstelle in Vuollerim gesteuert.

1952 weihte der damalige König von Schweden, Gustav VI. Adolf, mehr als nur ein Kraftwerk ein. An den Feierlichkeiten nahmen 1.700 Personen teil. Gleichzeitig wurde auch die 1.000 Kilometer lange 400-kV-Hochspannungsleitung in Betrieb genommen, die die Stromerzeugung von Harsprånget mit Hallsberg in Mittelschweden verband. Dies war ein Meilenstein beim Bau eines landesweiten Stromnetzes in Schweden.

Während die meisten Dämme und Überläufe am Lule-Fluss von der Uferstraße aus sichtbar sind, wurden die zentralen Anlagen dieses Kraftwerks wie Maschinenhallen und mehrere Kilometer Ausgleichsbecken, Zugangstunnel und Abflussrohre 60 Meter unterhalb der Erdoberfläche verlegt.

Die fünf Turbinen von Harsprånget sind mit fünf separaten Generatoren verbunden. Zusammen mit der dazugehörigen Ausrüstung ist jede von ihnen so groß wie ein fünfstöckiges Gebäude. Vier Turbinen befinden sich in einer 100 Meter langen und 60 Meter breiten Halle, die unterhalb des Damms aus dem Granit geschlagen wurde. Jede Turbine hat ihren eigenen Zulauf. Einer Informationstafel vor Ort zufolge handelt es sich bei dem 50 Meter hohen Damm um einen Steinschüttdamm mit Betonkern als Stützkörper. Für die Errichtung wurden zwei Millionen Kubikmeter Geröll benötigt. Diese Menge ist vergleichbar mit der Menge an Gesteinsmaterial, die beim Bau der Cheops-Pyramide in Ägypten verwendet wurde.

Wenn sich an dem 1,4 Kilometer langen Damm die Schleusentore zu den fünf Turbinen öffnen, stürzen 1.000 Kubikmeter Wasser pro Sekunde 107 Meter tief in die Schaufelräder der Turbinen und versetzen die enormen Achsen in eine Drehbewegung mit Geschwindigkeiten von über 107 Umdrehungen pro Minute. Das Drehmoment der Achse wird an die Welle eines Generators weitergeleitet, der die mechanische Energie in elektrische umwandelt.

Das größte Turbine-Generator-Aggregat von Harsprånget, „Gerhard“ (sie haben alle einen Namen) kann nahezu 500 Kubikmeter Wasser pro Sekunde bewältigen und ist damit die leistungsstärkste Anlage dieser Art in Schweden. Sie wurde 1980 in Betrieb genommen.

Die Turbine hat einen Durchmesser von fast 17 Metern, und das Rotationsgewicht von Achse und Laufrad beträgt über 1.000 Tonnen. Die Generatorleistung von 475 MW ist vergleichbar mit der Leistung des Atomkraftwerks Ringhals, das sich ebenfalls im Besitz von Vattenfall befindet.


Eine Basis für zustandabhängige Instandhaltung

Während eines geplanten Wartungsstopps im schwedischen Wasserkraftwerk Harsprånget beschloss Vattenfall, zwei seiner Turbine-Generator-Aggregate mit dem Online-Zustandsüberwachungssystem von SKF auszustatten.

An der großen „Gerhard“-Turbine, mit seinen 475 MW die größte Schwedens, wurden die Systeme MasCon 48 und MasCon 16 installiert. Die kleinere 190-MW-Turbine erhielt eine identische Ausstattung.

Vattenfall hatte zuvor SKF Systeme in vier anderen Kraftwerken am Lule-Fluss installiert. Die Wahl der Ausrüstung lag also auf der Hand.

Die Sensoren sollen in naher Zukunft mit Vattenfalls zentraler Leitstelle in Vuollerim am Lule-Fluss verbunden werden.

„Bei der Entwicklung einer geeigneten Sensorkonuration für die verschiedenen Turbinen arbeitete das Projektteam von SKF eng mit Vertretern von Vattenfall zusammen“, erklärt Hans Steding, Leiter SKF Nordic Region, Service Division. „Zur Überwachung von Turbinenunwuchten und Verschleiß der Gleitlager wurden Niederfrequenz-Beschleunigungsmesser zusammen mit entsprechenden Sensoren angebracht.“ Alle Daten werden vom SKF @ptitude Industrial Decision Support System erfasst und gespeichert, das wiederum über einen OPC Server mit Vattenfalls eigenem Steuersystem verbunden ist. Das Kraftwerk Harsprånget profitiert vor allem von der kontinuierlichen Überwachung der Schwingungsniveaus sowie von der mitgelieferten Analysesoftware.

„SKF besitzt eine hohe Sachkompetenz auf diesem Gebiet“, sagt Göran Öhlund, Projektleiter bei Vattenfall Power Consultant AB. „Es handelt sich um ein äußerst nützliches Werkzeug. Noch bevor ein Problem auftritt, sagt uns das System Bescheid.“

 

 

 

 

 

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