Lager, die nicht nur umlaufen
Für die oszillierende Bewegung einer Welle werden vier verschiedene Antriebe eingesetzt: Kurvenscheibe mit Nuten, Schneckengetriebe und mechanische oder pneumatische Steuerung. Bei Kurvenscheiben und Schneckengetrieben ist das Verhältnis von Drehzahl zu Oszillation konstant, bei mechanischer und pneumatischer Steuerung hingegen ist die Oszillation von der Drehzahl unabhängig.
Spezielle Zylinderrollenlager ermöglichen Rotation und Oszillation zur gleichen ZeitDie Lagerung einer Welle, die changiert, also gleichzeitig rotiert und oszilliert, ist für den Konstrukteur eine besondere Herausforderung. Solche Wellen findet man in vielen Branchen, etwa in Farb- und Feuchtverreibwalzen in Druckmaschinen, im Textilmaschinenbau und in Bandschleifmaschinen und Lederschleifmaschinen.
Dieser Artikel beschreibt anhand der Lagerung von Farbverreibwalzen in Druckmaschinen den Aufbau dieser sogenannten. Changierlager, ihre Auslegung durch Berechnung und ihre Schmierung.
Farbverreibwalzen, die die Druckfarbe auf den umlaufenden Druckzylindern verteilen, wurden früher in Gleitlagern abgestützt. Sie werden immer häufiger durch Wälzlager ersetzt. Zylinderrollenlager mit verbreitertem Innenring haben sich besonders bewährt, weil die Linearbewegung im Lager selbst aufgenommen werden kann.
Weiterhin werden für Changierwalzen folgende Lager eingesetzt:
- Nadellager mit verbreitertem Innenring
- Rillenkugellager/Linearlager-Kombinationen
- Einstellnadellager mit verbreitertem Innenring
- Nadellager/Gelenklager-Kombinationen
- mehrreihige Kugellager für Schaberwalzen
- einreihige Kugellager mit spezieller Käfigführung.
Für die oszillierende Bewegung einer Welle werden vier verschiedene Antriebe eingesetzt: Kurvenscheibe mit Nuten, Schneckengetriebe und mechanische oder pneumatische Steuerung. Bei Kurvenscheiben und Schneckengetrieben ist das Verhältnis von Drehzahl zu Oszillation konstant, bei mechanischer und pneumatischer Steuerung hingegen ist die Oszillation von der Drehzahl unabhängig.
Lager für Farbverreibwalzen
Lager für Farbverreibwalzen sind grundsätzlich einreihige Zylinderrollenlager der Bauform NU. Der verbreiterte Innenring ermöglicht große Linearbewegungen in axialer Richtung im Lager. Der Rollensatz wird dabei zwischen zwei festen Borden am Außenring geführt. Diese Lager bestehen aus:
- Standardaußenring
- Standardrollensatz
- Standardkäfig
- speziellem Innenring.
Tabelle 1 zeigt das Vorzugssortiment. Es können aber auch andere Größen gefertigt werden. Diese Lager haben standardmäßig eine Radialluft größer als Normal (C3), damit sich nicht im Betrieb das Lager aufgrund der stärkeren Erwärmung des Innenrings gegenüber dem Außenring verklemmt.
In Tabelle 1 bezeichnet s den maximal möglichen axialen Weg des Changierlagers aus der Mittellage, also die Strecke, die der Außenring gegenüber dem Innenring aus der Mittellage bewegt werden kann.
Betriebsbedingungen
Bei der betrachteten Anwendung ist die Welle, auf der die Lager sitzen, fest mit der Walze verbunden, auf der die Farbe verrieben wird. Es gibt auch andere changierende Anwendungen, bei denen Welle und Walze eine getrennte Lagerung, die sogenannte Vierlagerung, besitzen. Diese Lagerung wird im vorliegenden Artikel aber nicht behandelt.
Die Zylinderrollen in den Changierlagern rollen in Umfangsrichtung und gleiten gleichzeitig im rechten Winkel zur Rollrichtung auf dem Innenring. Dieses relative Gleiten S wird als Verhältnis der Gleitstrecke a zur Rollstrecke r definiert.
(1)
Ist eine konstante axiale Verschiebung auf dem Innenring gegeben, wird das relative Gleiten bei konstanter Gleitgeschwindigkeit nach folgender Gleichung bestimmt:
(2)
Für die axiale Verschiebung auf dem Außenring ergibt sich:
(3)
mit
a | = Amplitude der axialen Oszillation, entspricht halbem Hub [mm] |
dm | = mittlerer Durchmesser des Lagers = 0.5 (d + D) [mm] |
Dw | = Durchmesser des Wälzkörpers [mm] |
F | = Durchmesser der Innenringlaufbahn [mm] |
E | = Durchmesser der Außenringlaufbahn [mm] |
na | = Frequenz der axialen Oszillation [min-¹] |
ne | = Drehzahl des Außenrings [min-¹] |
ni | = Drehzahl des Innenrings [min-¹] |
Bei sinusförmigem Verlauf der Axialgeschwindigkeit (z.B. kurbelgetriebene Hubbewegung) pendelt das relative Gleiten zwischen einem Maximalwert und dem Nullpunkt. Der Maximalwert beträgt 1,575 mal dem Wert bei konstanter axialer Oszillationsgeschwindigkeit.
Diagramm 1 zeigt die graphische Darstellung der Formel 2 und 3 und gilt für ein mittleres relatives Gleiten, das einer konstanten axialen Oszillationsgeschwindigkeit entspricht.
Erfahrungsgemäß kann als Auslegungskriterium für Changierlager der Zusammenhang des relativen Gleitens S und der statischen Tragsicherheit s0 gewählt werden. Diese Erkenntnis ist in speziellen Versuchen bestätigt worden. Die statische Tragsicherheit s0 ist die statische Tragzahl des Lagers C0 dividiert durch die äquivalente statische Lagerbelastung P0, also
(4)
mit P0= Fr = Radialbelastung des Lagers. Eine gute Leistungsfähigkeit des Lagers ergibt sich nur, wenn der Schnittpunkt des relativen Gleitens S und der statischen Tragsicherheit s0 oberhalb der Kurve aus Diagramm 2 liegt. Außerdem sollte der Wert von s0 immer größer als 5 sein. Wenn diese beiden Kriterien nicht erfüllt sind, kann das Lager möglicherweise vorzeitig ausfallen. Es muss ebenfalls die rechnerische Lebensdauer des Lagers mit der klassischen Lebensdauergleichung (nach ISO 281:1990) errechnet werden:
(5)
mit
L10 | = nominelle Lebensdauer [Millionen Umdrehungen] |
C | = dynamische Tragzahl [N] |
P | = äquivalente dynamische Lagerbelastung [N] |
p | = Exponent der Lebensdauergleichung; Rollenlager: p = 10/3 |
Da Zylinderrollenlager nur radiale Belastungen aufnehmen können, gilt: P = Fr = Radialbelastung des Lagers.
Schmierung
Die Schmierung eines Wälzlagers ist ein sehr wichtiger Punkt für die Betriebssicherheit der Lagerung, denn sie entscheidet, ob das Lager die theoretisch berechnete Lebensdauer erreichen kann oder ob es frühzeitig ausfällt. Die Erfahrungen aus der Praxis haben gezeigt, dass für Zylinderrollenlager mit verbreitertem Innenring Fettschmierung geeignet ist. Auch der allgemeine Trend in der Druckindustrie geht in Richtung Fettschmierung und wartungsfreie Einheiten.
Es ist jedoch wichtig, dass die richtige Fettsorte in der richtigen Menge ins Lager eingebracht wird. Wegen der Gleitbewegungen im Lager von Farbverreibwalzen sollte ein Fett mit Hochdruckzusätzen verwendet werden. Das SKF Wälzlager-Schmierfett LGEP 2 hat sich bewährt.
Dieses Fett
- hat ein mineralisches Grundöl mit einer kinematischen Viskosität von 200 mm²/s bei 40 °C,
- hat als Dickungsmittel Lithiumseife
- kann bei Temperaturen von –20 °C bis +110 °C eingesetzt werden
- hat Konsistenzklasse 2 nach NLGI
SKF Schmierfett LGEP 2 ist - gut geeignet für starke Schwingungen und Stoßbelastungen
- gut geeignet für hohe Belastungen
- besitzt guten Korrosionsschutz
- besitzt gute Wasserbeständigkeit.
Die Fettmenge für die Erstbefettung errechnet sich aus:
(6)
mit
Qinit | = Schmiermenge [cm³] |
D | = Außendurchmesser des Lagers [mm] |
C | = Breite des Außenringes [mm] |
Die Fettmenge für die Nachschmierung richtet sich nach der Nachschmierfrist des Betreibers. Ein Richtwert errechnet sich aus:
(7)
mit
Qrel | = Nachschmiermenge [cm³] |
D | = Außendurchmesser des Lagers [mm] |
B | = Breite des Innenrings [mm] |
ti | = Schmierintervall des Betreibers [h] |
tf | = Nachschmierfrist aus dem SKF Hauptkatalog Nr. 4000 [h] |
Normalerweise liegt die Nachschmierfrist nach den Vorgaben des Betreibers bei 1000 bis 2000 Stunden. Die maximale Nachschmierfrist laut SKF Hauptkatalog (Skala b) beträgt 25.000 Stunden. Es ist darauf zu achten, dass das Lager nicht zu sehr mit Fett gefüllt wird, denn dadurch erhöht sich die Lagerreibung und damit auch die Temperatur im Lager. Außerdem ist nach der Befettung eine Einlaufphase vorzusehen.
Schlussfolgerung
Wegen der bei Farbverreibwalzen vorherrschenden Lastbedingungen, gleichzeitige Rotation und Axialbewegung, werden an das Lager hohe Anforderungen gestellt.
Die SKF Lösung für diesen Anwendungsfall ist ein Zylinderrollenlager mit verbreitertem Innenring. Diese Lager erfüllen alle Anforderungen und nehmen die Axialverschiebung im Lager selbst auf. Die Auslegung von Zylinderrollenlagern anhand der hier dargelegten Formeln und Diagrammen hat sich in der Praxis bewährt und kann als Auslegungsrichtlinie für Changierlager gelten.
Andreas Kraus
SKF GmbH, Schweinfurt, Deutschland