Industrie
Roboter im Erdölgeschäft

Roboter im Erdölgeschäft

Das norwegische Unternehmen Robotic Drilling Systems A/S verändert mit seinen Robotern die Ölförderung. Die Maschinen können bei den gefährlichsten Arbeiten auf Bohrinseln Menschen ersetzen und gleichzeitig große Kosten einsparen.

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Roboter sind in der Industrie überall im Einsatz. Eine Ausnahme ist der Erdöl- und Erdgas­sektor, der wegen vollkommen ausreichender Gewinne dem Trend nur langsam gefolgt ist. Nach zehnjähriger Entwicklungsarbeit bietet Robotic Drilling Systems A/S, ein kleines Forschungs- und Roboterfertigungsunternehmen mit 30 Mitarbeitern und Sitz im norwegischen Sandnes, vier elektrische Präzisions-Roboter für den Einsatz auf Bohrplattformen an. Sie sollen schwierige Aufgaben automatisieren, die normalerweise von Menschen im gefährlichen „roten Bereich“ der Plattformen ausgeführt werden. Die Branche zeigt sich hochinteressiert, setzt man doch alles daran, angesichts fallender Ölpreise rentabel zu bleiben.

Mit Robotern leiten wir die Zukunft auf den Ölplattformen ein.
Jimmy Bostrøm, chief operating officer, RDS

Robotic Drilling Systems (RDS) mit Hauptver­waltung in der Nähe von Stavanger, Norwegens Erdöl-Hauptstadt, hat sich vorgenommen, die technologische Lücke in der Branche zu füllen. In den letzten zehn Jahren hat RDS (ehemals Seabed Rig) vier Industrieroboter entwickelt, die auf einer Ölplattform Bohrvorgänge effizienter, sicherer und kostengünstiger ausführen – ganz ohne menschliches Zutun. Die äußerst präzisen und schnellen RDS-Roboter haben ein hohes Maß an autonomer Steuerung. Das System umfasst einen Pipe Handler, einen „Drillfloor“-Schwerlastroboter, eine elektrische Verschraubvorrichtung, genannt Electric Roughneck, und eine Fördereinheit. Diese Einheiten wirken zusammen, um Rohre und andere Elemente des Bohrgestänges in die richtige Stellung zu bringen und mit dem geeigneten Drehmoment zu verschrauben.

Komplett­angebot

Robotic Drilling Systems A/S arbeitet seit 2014 eng mit SKF Norwegen zusammen. Die Kooperation begann mit der Entwicklung eines leistungsstarken kundenspezifischen Aktuators für die elektrische Verschraubvorrichtung „Electric Roughneck“. Der Roboter verschraubt die Bohrgestänge mit dem entsprechenden Drehmoment – eine Aufgabe, die bisher von Menschenhand ausgeführt wurde. Für die extremen räumlichen Begrenzungen dieser Arbeit präsentierten die Techniker von SKF eine passende Lösung.

“Wir liefern verschiedene SKF Standardprodukte wie Lager und Zubehör, aber auch Schmiersysteme,” erklärt Morten Nilsen, Großkundenbetreuer Industriemarkt bei SKF Norwegen.

Jimmy Bostrøm
Jimmy Bostrøm, chief operating officer, RDS

„Majestätisch, nicht wahr?“, sagt Jimmy Bostrøm, Chief Operating Officer bei RDS, und zeigt auf den Pipe Handler RPH 3 500. Die Stahlkonstruktion, die einer Attraktion im Vergnügungspark ähnelt, bringt gerade ein Rohr aus der horizontalen in die vertikale Stellung. „Ein 3-Meter-Arm, der ein Gewicht von über 3,5 Tonnen hebt, arbeitet mit der Präzision von einem Millimeter. Ich kenne kein anderes Robotersystem auf dem Markt, das ein so präzises Handling von Bohrgestängen ermöglicht“, erklärt Bostrøm.

„Bei der Erdöl- und Erdgasförderung werden die Bohrgestänge immer noch von Menschen gehandhabt, den so genannten ‚Roughnecks‘“, fährt Bostrøm fort. „Es ist ein schwieriges, schmutziges und gefährliches Umfeld für die Roughnecks, deren Berufsbild sich im Laufe der Jahre kaum verändert hat. Mit Robotern leiten wir die Zukunft ein.“

Robotic Drilling Systems

Robotic Drilling Systems A/S (RDS) im norwegischen Sandnes setzt Robotertechnik für komplett unbemannte Bohrvorgänge auf Ölplattformen ein.

Das Unternehmen wurde 2003 unter dem Namen Seabed Rig gegründet. Schnell erkannte man jedoch den dringenden Bedarf für Robotersysteme an Land und auf Bohrinseln.

RDS wird vom Norwegischen Forschungsrat sowie von Shell, ConocoPhillips, Total, ENI und Innovasjon Norge unterstützt. Im August 2017 entschieden die RDS Haupteigentümer, ihren gesamten RDS Besitz an Nabors Industries zu verkaufen.

„Roten Bereich“ der Platt­formen
Die Roboter von RDS können schwierige Aufgaben automatisieren, die sonst Menschen im gefährlichen „roten Bereich“ der Platt­formen ausführen.

RDS ist ein Liebling der Medien in Norwegen. Einem Bericht der norwegischen Tageszeitung Dagens Næringsliv zufolge kann das neue RDS-Robotersystem für Ölplattformen Erdölunternehmen bei der schwierigen Aufgabe helfen, trotz weltweit sinkender Ölpreise – von 100 US-Dollar pro Barrel vor einigen Jahren auf derzeit rund 50 USD – die Rentabilität zu verbessern.

„Wer erfolgreich sein will, muss die Betriebs­kosten niedrig halten und die Effizienz steigern“, meint Bostrøm und wiederholt damit das Mantra, das in vielen Branchen zu hören ist.

Laut einem Weißbuch des Weltwirtschafts­forums (WEF) vom März 2017 zum Thema The New Era of Automation können die ­Robotersysteme von RDS auf einer Ölplattform bis zu 40 Arbeits­tage pro Jahr einsparen – eine beachtliche Zahl, können doch die Betriebskosten einer durchschnittlichen Offshore-Bohrinsel leicht auf 500.000 US-Dollar pro Tag ansteigen.

Ein Drillfloor-Roboter von RDS
Ein Drillfloor-Roboter von RDS im Einsatz auf einer Bohrinsel.

Dank Spitzenkompetenz und viel Goodwill von der Industrie erntet RDS jetzt die Früchte seiner Forschungs- und Entwicklungsbemühungen. Im Mai 2016 konnte das Unternehmen den ersten Pipe Handler an einen Kunden auf einer Ölplattform außerhalb Europas verkaufen. Ein weiteres Geschäft erfolgte im Oktober 2016 mit Odfjell Drilling.
 

„Unsere Technologie hat sich nachweislich bewährt“, sagt Bostrøm. „Wir befinden uns zurzeit in einer sehr spannenden Geschäftsphase. Wir liefern nicht nur ein funktionierendes Produkt, sondern bieten auch eine Amortisierung der Investi­tionen innerhalb von ein bis zwei Jahren. Das sind angesichts der aktuellen Marktbedingungen beträchtliche Einsparungen für Bohrinselbetreiber. Wenn die Nachfrage steigt, können wir problemlos größere Stückzahlen fertigen, weil wir nur mit erstklassigen Lieferanten arbeiten, die über eine hohe Lieferkapazität verfügen. Unser Ziel ist, in ein paar Jahren 50 Roboter pro Jahr bereitstellen zu können.“

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