Streben nach Spitzenleistung

Wer als Kraftwerksbetreiber eine Verfügbarkeit von mehr als 90 Prozent garantieren will, braucht eine extrem effi ziente Instandhaltungsstrategie. AES Cartagena in Spanien weiß, wie man die Maschinerie in Gang hält

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Wer als Kraftwerksbetreiber eine Verfügbarkeit von mehr als 90 Prozent garantieren will, braucht eine extrem effi ziente Instandhaltungsstrategie. AES Cartagena in Spanien weiß, wie man die Maschinerie in Gang hält

Es ist kaum 60 Jahre her,da war das Escombreras-Tal außerhalb der Hafenstadt Cartagena in der südspani­­­schen Provinz Murcia ein dünn bevölkertes Trockengebiet mit spärlicher Vegetation und einem kleinen heruntergekommenen Fischerdorf. Der Bau einer Ölraffinerie Anfang der 1950er Jahre brachte jedoch den Aufschwung in diese ärmliche Region und löste eine Entwicklung aus, die sich bis heute fortgesetzt hat. Vor allem in den letzten Jahren hat sich im Zuge der Liberalisierung des spanischen Strommarktes eine ständig wachsende Zahl von Energieerzeugern in Escombreras, dem sog. „Valle de la Energia“ (Energietal), angesiedelt. Der jüngste Neuzugang ist der amerikanische Konzern AES, der im August 2006 hier ein Kombikraftwerk mit einer Stromerzeugungskapazität von 1.200 Megawatt in Betrieb nahm. Die in drei Etappen unterteilte Anlaufphase erstreckte sich über drei Monate, von August bis Oktober.

AES ist ein junges Unternehmen. Es wurde 1981 von Roger Sant und Dennis Bakke gegründet. Beide hatten für die amerikanische Regierung im Energiesektor gearbeitet. Als die Regierung mit der Privatisierung des Energiemarktes begann, ergriffen sie diese Chance und machten sich selbstständig. Heute gehört AES zu den weltweit führenden Energieerzeugern.

In Spanien ist AES seit 1998. Es begann mit einem erfolgreichen Angebot für eine Konzession zum Bau und Betrieb eines Kraftwerks auf einem Gelände im Escombreras-Tal, das sich im Besitz der Hafenbehörde von Cartagena befand. Der erste Spatenstich für das auf 700 Millionen Euro geschätzte Projekt erfolgte im August 2004. Es handelt sich um ein konventionelles Kombikraftwerk mit drei unabhängigen einstuen 400-Megawatt-Einheiten, die jeweils mit einer Gasturbine vom Typ Mitsubishi 701F, einem Dampferzeuger und einer Dampfturbine ausgestattet sind. Das Kraftwerk ist für den Betrieb mit zwei verschiedenen Brennstoffen ausgelegt: Es arbeitet in erster Linie mit Erdgas, kann jedoch bei Bedarf auch auf Erdöl umgestellt werden. Statt eines Kühlturms wird Seewasser verwendet, das über einen speziellen Tunnel in die Anlage gelangt.

Die beiden größten Anteilseigner des Projekts sind AES selbst und Gaz de France. Gaz de France liefert überdies das Erdgas und ist der einzige Abnehmer. Der brasilianische Ingenieur, Italo Freitas, der für das Anlagenmanagement verantwortlich ist, erklärt dazu:

„Es ist eine Partnerschaft. AES hat mit Gaz de France eine Vereinbarung (Tolling Agreement), nach der Gaz de France das Erdgas liefert, während wir Strom produzieren und die Verfügbarkeit der Anlage gewährleisten. Der von uns erzeugte Strom wird von Gaz de France auf dem Markt verkauft.“ Für den französischen Partner ist es ein praktisches Arrangement, fügt er hinzu, „weil damit der Kraftwerksbetreiber, in dem Falle wir, für den effizienten Betrieb der Anlage verantwortlich ist.“ Für AES heißt das, das Kraftwerk muss optimal betrieben werden und rund um die Uhr verfügbar sein. „Wir müssen nämlich eine Verfügbarkeit von rund 93 Prozent garantieren“, erklärt er.

Um das zu erreichen, braucht man eine wohl durch-dachte und äußerst effiziente Wartungs- und Instandhaltungsstrategie. „Wir haben nur einen äußerst gerin-gen Spielraum für wartungs- oder reparaturbedingte Betriebsunterbrechungen“, fährt Freitas fort. „Wenn wir die Vertragsbedingungen nicht erfüllen, müssen wir Strafe zahlen.“ Das schlimmste Szenario wäre, wenn AES die vereinbarte Energiemenge nicht liefern könnte und deshalb gezwungen wäre, die Energie auf dem freien Markt zu kaufen.

 

Einen nahezu kontinuierlichenBetrieb sicherzustellen, ist ein Problem, das nur durch optimales Anlagenmanagement gelöst werden kann. Das wiederum verlangt eine sorgfältige Überwachung der Anlagen, um festzustellen, welche Komponenten ordnungsgemäß funktionieren und bei welchen ein Reparatur- oder Austauschbedarf abzusehen ist. „Zunächst stellten wir uns die Frage: Welche Teile der Ausrüstung sind am wichtigsten?“, erzählt Freitas. Alle Geräte und Anlagen wurden in vier Kategorien unterteilt: ‚kritisch‘, ‚wichtig‘, ‚weniger kritisch‘ und ‚erfordert nur reaktive Wartung‘. „Kritische Ausrüstungsteile“, erläutert Freitas, „beeinflussen die Gesundheit und Sicherheit des Personals, den Produktions ausstoß oder die Wärmeentwicklung. Sie sind redundant vorhanden, wobei das Backup-System ohne Verzug in Betrieb genommen werden kann. Wichtige Ausrüstungsteile sind zwar weniger kritisch, aber dennoch redundant vorhanden. Komponenten der Kategorie ‚erfordert nur reaktive Wartung’ können so lange benutzt werden, bis sie irgendwann ausgetauscht werden müssen, da sie keine Auswirkungen auf die Betriebskosten oder die Funktionsfähigkeit der Anlage insgesamt haben.“

„In unserer Branche ist es wichtig, eventuelle Fehler schnell zu analysieren“, kommentiert der Geschäftsführer, Mark Green. „Nur wenn das Kraftwerk betriebsbereit ist, können wir Geld verdienen.“

Ausgehend von diesen Definitionen brauchte AES ein geeignetes Überwachungssystem. „Eine höhere Zuverlässigkeit erfordert eine größere Anzahl von Sensoren“, stellt Freitas fest. „Es müssen ganz einfach Sensoren installiert werden, die Vibrationen und Temperaturen erfassen und Anomalien identifizieren können. Nach eingehender Überprüfung vieler verschiedener Optionen entschied sich AES für das SKF Konzept zur Steigerung der Anlageneffizienz „Asset Efficiency Optimization“. Es kombiniert auf einzigartige Weise ein wissensbasiertes Anlagen-Management System mit den jeweils beim Kunden vorhandenen Betriebsbedingungen und erlaubt so, die Anlageneffizienz zu steigern.

 

Einige Komponenten sind permanentmit Sensoren versehen. In anderen Fällen kontrolliert ein Wartungs­techniker regelmäßig die Ausrüstung mit einem PDA (Personal Data Assistant), an dem ein Sensor angeschlossen ist. Die erfassten Daten werden über den PDA in das System eingegeben. AES hat nicht nur den Vorteil, ein Problem sofort identifizieren zu können. Auch die Wahrscheinlichkeit eines eventuellen Ausfalls innerhalb der nächsten Monate wird berechnet.

„Nachdem das System alle Informationen über mögliche Störungen erhalten hat, sagt es voraus, ob in einem, in zwei oder in drei Monaten ein Ausfall zu erwarten ist“, erklärt Freitas. Das bedeutet weniger Betriebsunterbrechungen, geringerer Wartungsaufwand, frühzeitigere und effizientere Planung der erforderlichen Reparaturarbeiten und letztendlich auch niedrigere Betriebskosten. Mit anderen Worten, das System hilft AES bei der Umsetzung eines der erklärten Unternehmenswerte: Spitzenleistung anstreben. Die herkömmliche Auffassung von Wartung wird hier auf den Kopf gestellt. Es geht weniger darum, ein Problem zu lösen, nachdem es eingetreten ist, sondern vielmehr, es von vornherein zu verhindern. „Wartung wird nicht mehr als Kostenfaktor betrachtet, sondern als Investition, die eine Rendite abwirft“, sagt Green.

Im Kraftwerk von Escombreras wurde das SKF System direkt beim Bau integriert. Zurzeit untersuchen AES und SKF die Möglichkeit, bereits fertiggestellte und in Betrieb befindliche Kraftwerke in anderen Teilen der Welt mit diesem System nachzurüsten.


SKF@ptitude hält das Kraftwerk in Gang

AES beschloss, für das Kraftwerk in Cartagena eine Anlagenmanagementlösung einzuführen, um eventuelle Störungen in der Betriebssicherheit und Produktion rechtzeitig voraussagen zu können. Das Unternehmen entschied sich für „Asset Efficiency Optimization“, das SKF Konzept zur Steigerung der Anlageneffizienz. Dabei werden Sensoren an kritischen Ausrüstungskomponenten angebracht und an MasCon48-Online- Wartungseinheiten angeschlossen, die in strategischen Abständen überall im Kraftwerk platziert sind. Diese Einheiten sind sieben Tage pro Woche rund um die Uhr in Betrieb und leiten die von den Sensoren erfassten Daten an einen Zentralrechner weiter. Ergänzend dazu bietet SKF den MARLIN Datenmanager sowie SKF Microlog, bequeme und mobile Lösungen um Daten zu sammeln und zu speichern, die dann schnell ausgelesen und analysiert werden können. Wenn der Zentralrechner die Daten erhalten hat, wird mit Hilfe des SKF Machine Analyst und dem SKF@ptitude Decision Support System eine Diagnose erstellt. Abhilfemaßnahmen werden mittels der Instandhaltungssoftware CMMS-SAP (Computerized Maintenance Management System) vorge­schlagen und ein entsprechender Auftrag wird ausgestellt.

 

 

 

 

 

 

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