Erfolgversprechende Tests für effizientere Wartung von Sidneys Bahnbetrieb
Vielversprechende Ergebnisse erzielt Downer Rail & Transit Systems seit einiger Zeit bei Tests mit zwei Zustandsüberwachungslösungen von SKF. Das Unternehmen trägt die Hauptverantwortung für die Instandhaltung des Schienenpersonennahverkehrs im Raum Sydney.
Sydney ist die größte Stadt Australiens und eines der schnellsten wachsenden Ballungsgebiete des Landes. Das 800 Kilometer umfassende Schienennahverkehrsnetz hat eine zentrale Bedeutung bei der Beförderung der 5 Millionen Einwohner. Es wird von der staatlichen Behörde Sydney Trains betrieben. Auf den acht Zentralen Linien werden jährlich nahezu 400 Millionen Bahnfahrten absolviert.
Für die Instandhaltung der Schienenfahrzeuge des Nahverkehrnetzes in Sydney ist hauptsächlich Downer Rail & Transit Systems verantwortlich. Das Unternehmen ist Teil der 150 Jahre alten Downer Group und unterhält im geografischen Zentrum der Stadt das gigantische Auburn Maintenance Centre. Hier werden die Waratah A-Set Züge von Sydney Trains sowie Schienenfahrzeuge anderer Eigentümer gewartet.
„Wir sind für die Wartung von allen Komponenten verantwortlich – von den Rädern, Radsatzlagern, Fahrmotoren und Drehgestellen über das Exterieur und Interieur der Wagen bis hin zu den Türen und dem Stromabnehmer auf dem Dach“, erklärt Frank Lukacevic, leitender Maschinenbauingenieur bei Downer.
Zeit- und laufleistungsbasierte Instandhaltung
Wie die meisten anderen Bahnbetriebe weltweit hat auch Downer seine Instandhaltungsprogramme bisher auf der Grundlage von Zeit- und laufleistungsbasierten Modellen strukturiert. Sobald Zugkomponenten sich dem Ende ihrer vom Erstausstatter empfohlenen Nutzungsdauer nähern, werden sie ausgetauscht. Aber angesichts des Aufwärtstrends im Personennahverkehr suchen Downer und die Betreiber der Schienenfahrzeuge, die Downer wartet, ständig nach Mitteln, um Betriebszeit und Verfügbarkeit der Züge zu verlängern.
Deshalb erhielten Lukacevic und Christian Douglas, Leiter Assetstrategie bei Downer, den Auftrag, nach neuen Möglichkeiten zu suchen, um Ausfälle zu reduzieren und die Nutzungsdauer von Bauteilen auf sichere Weise zu verlängern. Die potenziellen Vorteile von zustandsbasierter Instandhaltung stehen dabei im Mittelpunkt ihres Interesses. Könnte die Überwachung von Komponenten in Echtzeit dazu beitragen, den vorzeitigen Austausch von Teilen weitgehend zu vermeiden, und ließen sich dabei Kosten und Wartungsaufwand verringern, ohne die Sicherheit zu gefährden?
Versuch mit Zustandsüberwachungssystemen
Als SKF 2020 Downer zwei Zustandsüberwachungssysteme für Schienenfahrzeuge vorschlug, die in anderen Teilen der Welt bereits erfolgreich im Einsatz waren, wurden die beiden Ingenieure neugierig. Sie waren bereit, die Technologien zu testen.
Wie Lokesh Jain, Leiter Geschäftsentwicklung Schienenfahrzeuge bei SKF, erklärt, handelt es sich bei dem einen System um ein kabelloses, autarkes Zustandsüberwachungssystem für die Lager in Drehgestellen von Personenzügen. Es heißt SKF Insight Rail wird an den Radsatzlagern angebracht und erfasst Schwingungs- und Temperaturdaten, die regelmäßig via Mobilfunk an eine Benutzeroberfläche übermittelt werden.
Das andere System, SKF IMx-Rail, ist ein anspruchsvolleres mehrkanaliges Zustandsüberwachungssystem für eine breite Palette von Komponenten wie Radsatzlager, Räder, Getriebe und Fahrmotoren. Die Leistungsdaten werden kontinuierlich in die SKF Cloud hochgeladen und in einem Ferndiagnosezentrum analysiert. Die Kunden erhalten Warnmeldungen vom Diagnoseteam und können über eine benutzerfreundliche Oberfläche Schlüsseldaten abrufen.
Downer beschloss, die IMx Rail-Lösung versuchsweise in zwei Drehgestelle eines Schienenfahrzeugs der Waratah A-Serie in Sydney einzubauen. Das System lieferte nicht nur Daten über die acht Lager im Inneren der Drehgestelle, sondern erfasste und übermittelte auch umfassende Informationen über den Zustand der beiden Fahrmotoren und Getriebe.
SKF Insight Rail ist ein einfacheres System: 64 Einheiten wurden an den Radsatzlagern eines achtteiligen Zuges montiert, um den Zustand jedes einzelnen Radsatzlagers zu überwachen. Weitere 32 Einheiten wurden zur Überwachung der Radsatzlager in einem separaten vierteiligen Zug eingebaut.
Downer wollte mit den beiden Systemen jeweils unterschiedliche Ziele erreichen. Mit Insight Rail testeten Douglas und Lukacevic, inwieweit sich die Lösung als Zustandsüberwachungssystem für alle Fahrzeuge eignen würde. IMx Rail sollte zur Erfassung von Basisdaten über Drehgestellkomponenten dienen, um sie gemeinsam mit Forschungspartnern näher zu untersuchen. Auf längere Sicht könnten solche Daten dann als Grundlage für die Einführung von Zustandsüberwachungssystemen in der gesamten Fahrzeugflotte dienen.
Imponierende Daten
Nach mehr als einem Jahr der Erprobung haben die beiden Systeme ermutigende Ergebnisse geliefert. Besonders beeindruckt waren Lukacevic und Douglas von der Datenqualität des IMx-Systems. Es habe ihr Wissen über den Alterungs- und Verschleißprozess von Komponenten erheblich vertieft.
„Es gibt akustische streckenseitige Systeme zur Überwachung von Radlagern, aber bisher konnten wir keine Daten von Fahrmotoren und Getrieben ermitteln“, sagt Lukacevic. „Das hat sich mit IMx Rail geändert. Wir waren tatsächlich in der Lage, gewisse Fehler im Zahneingriff unserer Getriebe zu erkennen. Wir konnten sehen, wie sie sich im Laufe der Zeit verändern. Wenn sich daraus der Schluss ziehen lässt, dass sich der Zustand nur sehr langsam verschlechtert, dann können wir in Zukunft wagen, ein Getriebe länger im Einsatz zu lassen, ohne Maßnahmen zu ergreifen.“
Erfassung von Gleisschäden
Neben der extrem hohen Daten- und Analysequalität ist für Downer auch die Kapazität von IMx Rail zur Erfassung von Erschütterungen ein großer Vorteil. Da das System kontinuierlich Daten sammelt und übermittelt, kann es auch mögliche Gleisschäden feststellen.
„Wir sind in der Lage, das gesamte Streckennetz [des Zuges] zu erfassen und Punkte mit besonders hoher Schwingungsbelastung zu identifizieren. Das war vorher nicht möglich“, so Douglas. „Jetzt können wir den Streckennetzbetreiber darüber informieren, was wir beobachtet haben, und auf diese Weise unsere Beziehung stärken – ein echter Mehrwert.“
Bisher konnten wir keine Daten über Fahrmotoren und Getriebe ermitteln.
Frank Lukacevic, leitender Maschinenbauingenieur bei Downer
Das Insight-System im Streckennetz des Personennahverkehrs von Sydney optimal zu nutzen, war anfangs gar nicht so einfach: Wegen der kurzen Entfernungen zwischen einigen Haltestellen konnte das Downer-Team das Potenzial des Systems bei der Erfassung und Übermittlung von relevanten Daten zunächst nicht voll ausschöpfen. Deshalb wurde eine erweiterte, auf diese besondere Herausforderung zugeschnittene Konfiguration eingesetzt, die allerdings die Akkulaufzeit reduzierte.
SKF arbeitet nun gemeinsam mit den Ingenieuren von Downer an Veränderungen des Systems und an einer Anpassung an die örtlichen Gegebenheiten.
Früherkennung
Trotz einiger Anfangsschwierigkeiten gab es auch ermutigende Ergebnisse. So erkannte Insight zum Beispiel einen Radlagerfehler fast zwei Wochen früher als die streckenseitigen Sensoren.
Eine solche Frühwarnfunktion könne einen ganz wesentlichen Beitrag leisten, sagt Lukacevic: „Wir erhalten mehr Zeit für die Wartungsplanung. Das wiederum heißt, wir können Wartungsarbeiten durchführen, ohne andere Tätigkeiten zu beeinträchtigen oder Züge irgendwo abzustellen, die dann für den Einsatz nicht zur Verfügung stehen.“
Downer arbeitet bei der Erprobung der Systeme weiterhin eng mit SKF zusammen.
Rosige Zukunftsaussichten
Obwohl sich die Testphase noch in einem frühen Stadium befindet, sind sich Lukacevic und Douglas darüber einig, dass der Zustandsüberwachung die Zukunft der Instandhaltung im Schienenpersonenverkehr gehört.
„Zustandsbasierte Überwachung bietet klare Vorteile in puncto Effizienz und Wettbewerbsfähigkeit“, weiß Douglas. „Wenn Komponenten nicht so schnell ausgetauscht werden müssen, verbraucht man weniger Ressourcen und weniger Strom. Das spart Zeit und Geld.“
Nigel Herbert, der bei SKF als Geschäftsleiter Schienenfahrzeuge für Queensland, New South Wales und Neuseeland tätig ist, lobt Downer für das Engagement des Teams bei der Untersuchung des Potenzials von zustandsbasierten Überwachungssystemen.
„Die Eisenbahnindustrie ist überall in der Welt eher vorsichtig. Systeme wie SKF Insight und IMX Rail haben jedoch bereits bewiesen, dass sie bei der Instandhaltung von Schienenfahrzeugen die Effizienz deutlich steigern und die Kosten senken können“, sagt er. „Downer hilft dabei, diese Technologie in Australien voranzutreiben, und wir sind der Ansicht, dass das Unternehmen von den zahlreichen Vorteilen profitieren wird.“