Bodenständige Windkraft
Windkraft für eine CO2-arme Erzeugung von Strom erfreut sich zunehmender Beliebtheit, weswegen Windkraftwerke immer größer werden. Ein kleines Unternehmen in der Schweiz geht in die andere Richtung und baut niedrigere und leisere Windturbinen.
Zusammenfassung
WEPFER TECHNICS AG
Sitz: Andelfingen, nahe Zürich, Schweiz
Gegründet: 1991 (Hans Wepfer macht sich selbstständig); 2002 wird Wepfer Technics gegründet
Geschäftsbereiche: Vertrieb von Landmaschinen, Entwicklung und Bau von Landmaschinen und industrieller Ausrüstung, Bau von Windturbinen
Beschäftigte: 11
Links
Ansprechpartner Verkauf
Pierre Rosa, Pierre.Rosa@skf.com
Windkraft ist die beste Art, Strom mit sehr geringer CO2-Belastung zu erzeugen. Der Trend geht in Richtung immer größere Windturbinen. Der Schweizer Erfinder und Tüftler Hans Wepfer hat jedoch eine kleine effiziente Windturbine entwickelt, die mehr oder weniger zwischen die Häuser eines Wohnviertes oder die Gebäude eines Industriegeländes passt.
Wepfer hat sein Unternehmen, Wepfer Technics, in Andelfingen nahe Zürich auf seiner Erfindungsgabe aufgebaut. Er hat Rasenmäher, eine Sanddorn-Erntemaschine und einen Rohrkantenfräser für die gleichzeitige Bearbeitung der Außen- und Innenseite eines Rohres entwickelt.
„Wenn jemand zu uns kommt und sagt, er brauche etwas, das es noch nicht gibt, dann erfinden wir es“, erklärt Wepfer. Er hat mehrere Patente auf seinen Namen eingetragen, und einige seiner Produkte werden weltweit vertrieben.
Der Idee für die Windturbine lag Wepfers Verständnis für Flugzeugpropeller zugrunde. Er hat einen Pilotenschein. Angesichts des hohen Bedarfs an Energiequellen mit geringem CO2-Ausstoß war es für den Schweizer naheliegend, seine Kenntnisse über Propeller für die Entwicklung einer Windturbine als Grundlage zu nutzen.
Seine Recherchen zu diesem Thema führten ihn in eine Richtung, die keineswegs dem gegenwärtigen Trend in der Windkraftindustrie entsprach. Er erklärt: „Alles, was man tut, sollte man gründlich untersuchen. Manchmal kommt es dabei vor, dass man vom Bekannten ins Unbekannte gelangt.“
Während die Windkraftindustrie im allgemeinen immer größere Turbinen entwickelt – es gibt inzwischen Windräder mit 60 Meter langen Rotorblättern und 140 Meter hohen Masten, die bis zu sieben Megawatt produzieren –, erzeugt sein Prototyp mit knapp 16 Metern Nabenhöhe und sieben Meter langen Rotorblättern nur 83 Kilowatt. Drei nebeneinander auf derselben Tragkonstruktion montierte Windräder mit einer Gesamtkapazität von 250 Kilowatt stehen auf einem Industriegelände in der Nähe von Schaffhausen. Sie werden von EKS, einem örtlichen Stromanbieter betrieben, der die Anlage nach ihrem Erfinder „Windmill3 Hans“ benannt hat.
Die drei Turbinen drehen sich gleichzeitig über den Dächern der Gebäude, aber sie sind so leise, dass sie das dort beschäftigte Personal nicht stören. Wepfer hatte sogar einen früheren Prototyp nur 30 Meter von seinem Schlafzimmerfenster entfernt aufgestellt. „Ich musste nachts aufstehen und nachschauen, ob die Anlage immer noch in Gang war“, erinnert er sich. „Hören konnte ich das nicht.“
Wepfers Konzept basiert auf einem innovativen Rotordesign, dessen sechs Blätter wesentlich breiter und flacher sind als die herkömmlicher Dreiblattkonstruktionen. Mit sechs Blättern ist die Geschwindigkeit an der Rotorspitze nur halb so hoch wie die eines Dreiblattrotors ähnlicher Größe, was Wepfer zufolge mehrere Vorteile hat. Einer davon ist der ruhige Lauf. Mit 45 Dezibel ist der Geräuschpegel vergleichbar mit dem einer leisen Konversation.
Die Laufruhe von Wepfers Windkraftanlage ist auch der Grund, warum es kein Problem sein wird, eine Genehmigung dafür zu bekommen, glaubt er. Man kann sie ohne weiteres in Wohngebieten oder auf einem Industriegelände errichten, weil sie ihre Umgebung nicht übertönt. Sie ermöglicht dezentralisierte Stromerzeugung, reduziert Übertragungsverluste und entlastet das Netz.
Die großen flachen Rotorblätter sind keine Gefahr für Vögel oder Fledermäuse. Laut Wepfer nehmen die Tiere die Rotoren als große Scheiben wahr und kommen erst gar nicht in ihre Nähe. Bisher ist noch kein Tier durch Kontakt mit dem Prototypen zu Schaden gekommen, aber EKS vergleicht zurzeit die Zahl der Vögel und Fledermäuse vor und nach der Installation des Windkraftwerks. Es könnte sein, dass diese Tiere ganz einfach die Gegend meiden, seit die großen Scheiben ihre Flugbahn stören.
Der wichtigste Vorteil ist jedoch die Effizienz des neuartigen Windkraftwerks. „Unsere Anlage kann schon bei einer Windgeschwindigkeit von 1,5 Metern pro Sekunde Strom erzeugen. Herkömmliche Windturbinen brauchen mindestens drei bis 3,5 Meter pro Sekunde“, führt Wepfer aus. „Außerdem braucht die Anlage bei einem Sturm nicht abgeschaltet zu werden. Wir verändern nur den Anstellwinkel, und die Turbine kann wie geplant weiterarbeiten.“
Die Entwicklung einer so innovativen Konstruktion verlief allerdings nicht ohne Probleme. Der schwerste Rückschlag war der Augenblick, als ein Rotorblatt herunterfiel und verschiedene Aspekte des Prototyps neu berechnet werden mussten. In der jüngsten Version sind diese Probleme durch Rotorblätter aus kohlefaserverstärktem Kunststoff statt der ursprünglichen Aluminium-/Stahlkonstruktion, eine größere Hauptwelle und einen veränderten Mechanismus zur Steuerung des Anstellwinkels gelöst.
Wepfer bereitet sich nun auf die Serienfertigung vor. Der Prototyp war mit viel Handarbeit verbunden und somit ziemlich kostspielig. Die Serienfertigung ermöglicht eine effizientere Produktion mit weniger Materialaufwand. „Für den Prototyp haben wir 60 Tonnen Stahl verbraucht. Durch Veränderungen bei der Tragkonstruktion lässt sich das um einiges reduzieren“, meint Wepfer. Einige Komponenten müssen extern gefertigt werden, da die Kapazität in Wepfers Werk nicht ausreicht.
Das Interesse an seinem Konzept ist groß. „Wir haben Anfragen und Besuche aus allen Teilen der Welt – sogar aus China und Nordkorea“, kommentiert Wepfer. „Wir beabsichtigen außerdem, unser Produktangebot auszubauen.“
Die Windkraftanlage wird als Einzelkonstruktion oder mit zwei, drei und sogar vier Turbinen an einer Tragkonstruktion in kleineren und größeren Versionen erhältlich sein. Wepfer räumt allerdings ein, dass es eine obere Grenze für die Größe geben muss, da das Konzept ansonsten seine Vorteile verliert.
„Das ist ein Meilenstein in meiner Erfinderlaufbahn“, betont er. „Für uns ist das ein gewaltiges Projekt, und es unterscheidet sich grundlegend von allem anderen, was wir derzeit anbieten. Es ist eine bedeutende Erfindung, davon bin ich überzeugt.“
Für Wepfer ist das jedoch längst nicht das Ende seiner Erfindertätigkeit. „Ich habe schon neue Ideen für andere Produkte, aber ich verrate nicht, welche“, schließt er.
Zentrale Elemente
SKF stattet Wepfers neue Windkraftanlage mit drei zentralen Elementen aus. Die gesamte Konstruktion rotiert auf einer SKF Drehverbindung, die in ein 2,5 Meter großes Zahnrad eingelassen ist. Die Hauptwelle wird an beiden Enden von Pendelrollenlagern und Gehäusen aus dem Hause SKF gehalten, und der hydraulische Mechanismus zur Steuerung des Stellwinkels läuft in zwei Schrägkugellagern.