Boldrini mag es heiss … und kalt

Manche mögen’s heiß, wie in dem Filmklassiker mit Marilyn Monroe, und andere kalt. Das italienische Maschinenbauunternehmen Boldrini mag beides

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Hitze ist ein integrierter Bestandteil von Metallbearbeitungsprozessen zum Beispiel in der Flugzeug-, Mineralöl- und Kernkraftindustrie. Das Walzen von Blechen, Biegen von Rohren und Formen von Speichertanks und Kesselböden sind relativ einfache Vorgänge, wenn die Metalle wie etwa Legierungen oder Edelstahl vor dem Umformen erwärmt werden.

Andere Prozesse wiederum bevorzugen Kälte. Dicke Schalenelemente lassen sich besser durch Kaltverformung fertigen, weil dabei die Metallstruktur nicht beeinträchtigt wird, wie bei der Warmverformung, bei der Temperaturen bis zu 1.000 °C erreicht werden.

„Für dicke Schalenelemente ist Kaltverformung eine bessere Methode als Warmwalzen oder Schmieden“, erklärt der gelernte Ingenieur Rino Boldrini, der in vierter Generation das italienische Maschinenbauunternehmen Boldrini SpA leitet.

Boldrini SpA baut Walzenbiegemaschinen, hydraulische Pressen und schlüsselfertige Lösungen für die Fertigung von Schneide- und Bördelmaschinen, Kesselböden, Speichertanks und Anlagen zur Innenhochdruck-Umformung. Zum Produktangebot des Unternehmens gehören außerdem die Maschinen, auf denen Schlüsselkomponenten für die Energieindustrie, den Flugzeugbau und andere Industriezweige hergestellt werden. Aufgrund dieses breiten Kunden-Spektrums mit zum Teil sehr hohen Ansprüchen, wie im Falle der Kernkraftindustrie, ist Boldrini gezwungen, sowohl Anlagen für Warmverformung (Rotex-Maschinen) als auch Ausrüstung für Kaltverformung (Bördelmaschinen) bereitzustellen.

 

Rino Boldrini siehtden Auftrag seines Unternehmens darin, „zuverlässige und einfache Fertigungsmaschinen von hoher Qualität zu bauen, die mindestens 40 Jahre lang einwandfrei funktionieren.“ Als Beweis für den Erfolg von Boldrini SpA zählt er eine ganze Reihe von Anlagen auf, die schon fast ein halbes Jahrhundert in Betrieb sind.

Die Langlebigkeit der Boldrini-Maschinen ist jedoch kein Hindernis für Modernisierung. Im Gegenteil, meint Boldrini, „wir sind immer offen für neue Technologie gewesen. Deshalb deckt unser heutiges Maschinensortiment auch die Bedürfnisse solcher Branchen ab, die es noch gar nicht gab, als mein Urgroßvater das Unternehmen gründete“.

Francesco Boldrini gründete Impresa Boldrini 1905 in Ferrara unweit von Bologna. Anfang der 1930er Jahre leitete Francescos Sohn Prosperino das Geschäft. Im Zuge der Weltwirtschaftskrise hatten sich die Methoden in der Agrarindustrie verändert, und es herrschte eine völlig neue politische Situation in Italien. Deshalb beschloss er, auf den Bau von Profilbiegemaschinen und Blechwalzen umzusteigen. 1933 kam die erste italienische Profilbiegemaschine und 1939 die erste Rundbiegemaschine auf den Markt.

 

Zwei Jahre nach Kriegsende, 1947, zog Boldrini von Ferrara nach Cremona um, weil hier die Transport- und Kommunikationsmöglichkeiten besser waren. Das Geschäft boomte in der Nachkriegszeit. Der Schwerpunkt der Produktion lag auf Schneidemaschinen, Profilbiegemaschinen und mechanischen Pressen zur Herstellung von gekümpelten Kesselböden. 1953 eröffnete Boldrini eine zweite Fabrik in Mailand, wo sich auch heute noch der Hauptsitz des Unternehmens befindet.

Ein Durchbruch kam 1959, als Prosperino Boldrini eine einzigartige Konstruktion für eine Bördelmaschine patentieren ließ, die eine bis heute unübertroffene Bandbreite von unterschiedlichen Blechstärken bearbeiten konnte. 1975 gelang es Boldrini, eine Rotex-Maschine für die Warmverformung von Böden in einer Weise zu verbessern, wie es seitdem keinem anderen Wettbewerber gelungen ist. Boldrinis Rotex übernimmt den gesamten Prozess vom flachen Rohling bis zum fertig gebördelten Boden und arbeitet dabei sowohl mit Warm- als auch mit Kaltumformung.

Dank dieser und anderer Fortschritte zählten bereits in den 1960er Jahren renommierte Unternehmen der Kernkraft- und Mineralölindustrie aus allen Teilen der Welt zu den Kunden von Boldrini. „Wir sind führend beim Bau von Maschinen zur Herstellung von Kesselböden und Druckbehältern für Kernreaktoren“, kommentiert Rino Boldrini.

Auf dem 7.000 Quadratmeter großen Fabrikgelände in Mailand sind heute 35 Mitarbeiter beschäftigt. Sie bauen etwa 20 Maschinen pro Jahr, wobei jede Maschine nach Kundenvorgaben gefertigt wird und alle internationalen Qualitäts- und Sicherheitsstandards einschließlich der strengen Auflagen der Kernkraftindustrie erfüllt. Zu den Metallen zählen unlegierte Stähle, Edelstahl und Speziallegierungen, die durch Warm- oder Kaltumformung bearbeitet werden. Die Kosten für diese Maschinen variieren von 200.000 bis zehn Millionen Euro. SKF ist Boldrinis bevorzugter Lagerlieferant, und das schon so lange, wie die derzeitige Unternehmensleitung zurückdenken kann.


Bei Multiplattformen zählt die Größe

2006 nahm Boldrini einen Auftrag von einer chinesischen Firma in Fushun an. Das Projekt war eine Herausforderung, weil der Kunde für die Fertigung von Schalenelementen mit einer Wandstärke von 162 Millimetern und einer Breite von 3.000 Millimetern Maschinen haben wollte, die sowohl für Kalt- als auch für Warmumformung ausgelegt waren. „So etwas war bis dahin mit Warmumformung gemacht worden. Dabei hätten die Schalenelemente, um die es hier ging, einen Teil ihrer Festigkeit und ihrer Eigenschaften eingebüßt“, erklärt der Konstruktionsingenieur Antonio Cerutti von Boldrini.

Nach achtmonatiger Entwicklung hatte Boldrini eine Maschine konzipiert, für die Pendelrollenlager von 900 Millimetern Durchmesser erforderlich waren, also wesentlich größere Lager als für Blechwalzen üblich. „Wir wandten uns an SKF“, erinnert sich Cerutti. „Wir hatten die Lager bereits bestellt und baten nun um Hilfe bei der Installation, weil SKF das Know-how hat.“

SKF und die SKF Tochter Vogel erarbeiteten zusammen mit Boldrini eine Lösung für eine Multiplattform einschließlich der entsprechenden Lager, Dichtungen, Schmiermittel und Serviceleistungen. SKF schlug beispielsweise vor, die Wellen zu modifizieren, um einen eventuellen Austausch der Lager zu erleichtern. Außerdem empfahl SKF die Installation eines sensorbasierten Warnsystems, das die Techniker frühzeitig auf mögliche Probleme aufmerksam machen und somit Produktionsverzögerungen verhindern könnte. „Ein solches Sensorsystem war neu für uns, aber es war wegen der Größe der Lager und der Maschine absolut notwendig“, kommentiert Cerutti. Die Temperatursensoren geben zudem beim Warmwalzen von Blechen ein Warnsignal ab, wenn eine voreingestellte Temperatur überschritten wird. Die Walze wird automatisch angehoben und so lange gekühlt, bis die richtige Temperatur während des gesamten Produktionszyklus sichergestellt werden kann.

Die Blechwalzmaschine, eine der weltweit größten ihrer Art, wurde im Sommer 2008 fertiggestellt. Acht Mitarbeiter von Boldrini reisten nach Fushun, um sie im November und Dezember desselben Jahres zu installieren und Probe zu fahren. Das Ergebnis fiel zur vollen Zufriedenheit des Kunden aus. „Sie ist nicht nur die größte, sondern auch die leistungsstärkste“, fasst der Geschäftsführer Rino Boldrini zusammen.


Multiplattform

  • Vier große SKF Pendelrollenlager an den beiden unteren Zylindern (variable Achsen)
  • Zwei große SKF Pendelrollenlager am oberen Zylinder
  • Stangen- und Kolbendichtungen, die von SKF Economos für die Kolben der Zylinder entwickelt wurden.
  • SKF Anwendungstechniker prüften in der Entwicklungsphase Größe, Lebensdauer und Installation der Lager und optimierten Komponenten und sonstige Ausrüstungsteile, die in Verbindung mit den Lagern verwendet werden sollten.
  • SKF Reliability Systems montierte und testete die Lager, überwachte die Schwingungen während der Inbetriebnahme der Maschine und prüfte den Maschinenbetrieb.
  • SKF Vogel lieferte ein betriebsfertiges zentrales Schmiersystem.

 

 

 

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