Eine Frage der Kultur
Die litauische Papierfabrik Grigiškės hatte Probleme mit der Zuverlässigkeit ihrer Anlagen. Ein Team von SKF Experten leistete einen wichtigen Beitrag zur Reduzierung ungeplanter Stillstände, steigerte die Anlageneffizienz und optimierte die Instandhaltung.
Fakten
AB Grigiškės
– AB Grigiškės ist seit über 190 Jahren in der Papierindustrie tätig und derzeit der größte Hersteller von Tissue-Papier in den baltischen Staaten. Die Produktpalette umfasst Toilettenpapier, Papierhandtücher und Papierservietten sowie Wellpappe in unterschiedlichen Ausführungen.
– Grigiškės war der erste litauische Papierhersteller mit einem Qualitätszertifikat nach ISO 9001 und konnte 2012 als erstes Unternehmen in Litauen Produkte (Hygienepapiere) anbieten, die mit dem EU Ecolabel (EU-Flower) ausgezeichnet worden waren.
– Grigiškės beschäftigt rund 300 Mitarbeiter.
Links
Ansprechpartner Verkauf
Vytenis Galkis, Vytenis.Galkis@skf.com
Am Ufer des Flusses Neris nahe der litauischen Hauptstadt Vilnius produziert Grigiškės auf einem 57 Hektar großen Gelände Papier und Karton. Die Fabrik wurde schon 1823 gegründet, baute aber erst 2012 eine moderne Produktionslinie für die Herstellung von Wellpappe.
In der Instandhaltungswerkstatt und im Lager herrscht penible Ordnung. Sie hilft bei der effizienten Verwaltung der Vielzahl von Komponenten und sorgt dafür, dass bei Bedarf die richtigen Ersatzteile zur Verfügung stehen.
So war es jedoch nicht immer. Als 2001 neue Eigentümer die Muttergesellschaft AB Grigiškės übernahmen, hatte die Papierfabrik zu kämpfen. Als erstes wurden die Geschäftsprozesse umstrukturiert.
„Der technische Service war einer jener Bereiche, in denen Prozesse und Systeme eingeführt werden mussten, um Klarheit über die aktuellen Geschehnisse zu schaffen, so dass die Techniker nach festgelegten Anweisungen und Verfahren ihre Arbeit tun konnten“, erklärt der Geschäftsführer von AB Grigiškės, Robertas Krutikovas.
Eine von SKF Litauen 2007 vorgenommene Analyse ergab, dass die Instandhaltungsstrategie der Papierfabrik einer Überprüfung bedurfte. Grigiškės brauchte eine regelmäßige zustandsabhängige Instandhaltung und ein computergestütztes Instandhaltungsmanagement-System (CMMS) – wichtige Voraussetzungen, um Instandhaltungsmaßnahmen zum richtigen Zeitpunkt und effizient durchführen zu können.
Das Unternehmen beschloss, vorhandene Instandhaltungsoptimierungsverfahren anzuwenden und die Prozesse zu beschleunigen. Zu diesem Zweck beauftragte man erfahrene Spezialisten mit der Umsetzung von Veränderungen. AB Grigiškės wollte die richtigen Prozesse und Systeme einführen, modernes Know-how nutzen und unter Beibehaltung seines technischen Personals die Instandhaltungskultur in der Fabrik verändern. Die komplette Auslagerung der Instandhaltung an ein Serviceunternehmen war mit Risiken verbunden, weil man im Falle einer Vertragskündigung nicht ohne weiteres zu einer Inhouse-Lösung hätte zurückkehren können.
Anfang 2011 unterzeichneten AB Grigiškės und SKF Litauen einen Vertrag über zuverlässigkeitsorientierte Instandhaltung (Proactive Reliability Maintenance, PRM). In den folgenden zwölf Monaten wurde die Instandhaltungsabteilung komplett umorganisiert. SKF Berater und Techniker von AB Grigiškės stellten eine Datenbank der Fabrik-Ausstattung zusammen, in der 3.000 Geräte und Anlagen und deren Hierarchie erfasst wurden. Gleichzeitig führten sie ein computergestütztes Instandhaltungsmanagement-System ein. Für die einzelnen Maschinen und Anlagen entwickelten sie jeweils Instandhaltungsstrategien nach dem zuverlässigkeitsorientierten Konzept von SKF, das für den Werksbetrieb kritische Maschinenausfälle definiert und somit auch wirtschaftliche Aspekte sowie die Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz beeinflusst.
Darüber hinaus wurde ein zustandsabhängiges Instandhaltungssystem mit kontinuierlichen Verbesserungsmaßnahmen und einer Fehlerursachenanalyse (RCFA) auf den Weg gebracht. Die Techniker von AB Grigiškės erhielten zudem eine Schulung in der Analyse von Lagerausfällen, Erkennung von Fehlerursachen und Entwicklung von Lösungsstrategien zur Vermeidung von Fehlerwiederholungen.
Die Ersatzteil- und Schmierstoffbestände wurden überprüft, die Schmierung wurde optimiert und das Personal lernte, mit Hilfe des Datensammlers SKF Microlog Schwingungsmessungen vorzunehmen und für Schmierverfahren das CMMS einzusetzen. Die Schulungen nahmen insgesamt über 1.000 Arbeitsstunden in Anspruch.
SKF Litauen stellte für dieses Projekt ein Team von elf Spezialisten aus unterschiedlichen Fachbereichen wie Projektmanagement, Instandhaltungsstrategien und CMMS-Implementierung zusammen.
„Die größte Herausforderung bestand darin, die Instandhaltungskultur zu verändern. Aber die starke Einbindung der Unternehmensführung von AB Grigiškės in das Projekt und deren Engagement waren sehr hilfreich bei der Überwindung aller Hindernisse“, sagt Vytenis Galkis, Geschäftsführer von SKF Litauen. „Die Mitarbeiter änderten ihre Einstellung, als sie erkannten, welche Vorteile sie persönlich von diesen Neuerungen haben würden – keine Notfalleinsätze mehr mitten in der Nacht oder an Weihnachten, um einen plötzlichen Maschinenausfall zu beheben.“
Im Zuge des Projekts hat sich die „Instandhaltungs-Kultur“ beträchtlich verändert. Bei zustandsabhängiger Instandhaltung werden Schwingungsdaten, Temperaturwerte und Geräuschpegel mit Hilfe der SKF @ptitudeAnalyst-Software kontinuierlich analysiert. Auf diese Weise lässt sich der Wartungs-, Reparatur- und Austauschbedarf frühzeitig feststellen.
Auch der Ablauf ist rationeller geworden. Die Techniker erhalten ihren Arbeitsauftrag und wissen, was sie zu tun haben, welche Werkzeuge sie brauchen, welche Ersatzteile erforderlich sein könnten und wo sie zu finden sind. Sie identifizieren die zu schmierenden Teile und können exakt angeben, welcher Schmierstoff in welcher Menge benötigt wird.
Deutliche und messbare Ergebnisse ließen bei Grigiškės nicht lange auf sich warten. Die ungeplanten Stillstände der wichtigsten Papiermaschine gingen 2012 um 41,8 Prozent und 2013 um weitere 12,3 Prozent zurück. Auch Anzahl und Dauer der geplanten Stillstände schrumpften. Die Anlageneffizienz der Maschine stieg in diesen zwei Jahren von 77 auf 85 Prozent.
Dank dieser Ergebnisse konnten Instandhaltungskosten und Personalbestand trotz Erweiterung des Maschinenparks und einem Produktionsanstieg von 30 Prozent allein 2013 auf dem gleichen Niveau gehalten werden.
„Wir haben zum Beispiel unsere Wälzlagerkosten um 50 Prozent gesenkt, obwohl wir inzwischen nur Premium-Lager einkaufen“, meint Krutikovas. „Das liegt daran, dass wir sie erst dann austauschen, wenn es wirklich erforderlich ist – also nicht zu früh, wenn sie immer noch einwandfrei funktionieren, und definitiv nicht zu spät, wenn dadurch beträchtliche Schäden entstehen könnten.“
Das Projekt ist laut Krutikovas noch nicht abgeschlossen. Die Verbesserung der Instandhaltung ist ein zyklischer Prozess, bei dem die Ergebnisse der einen Phase den Input für die nächste bilden. Auf diese Weise erkennen die Techniker, wie sie ein Problem lösen und eine Aufgabe schneller und besser ausführen können.
„Wir bekommen oft Besuch von anderen Unternehmen, die mit uns über unsere Erfahrungen bei der Einführung dieses Instandhaltungssystems sprechen wollen. Sie möchten wissen, welche Herausforderungen wir zu bewältigen hatten, und sich selbst ein Bild vom Unterschied zwischen unserer früheren und der heutigen Situation machen“, schließt Krutikovas.
Die größte Errungenschaft von Grigiškės – die Veränderung einer Kultur – zeigt, dass die Fähigkeit, etwas zu verändern, ein entscheidender Vorteil ist, der 190 Jahre lang das Überleben der Papierfabrik gesichert hat.
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